Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.06.2024, RV/4100120/2020

Säumniszuschlag bei Einwendungen gegen Wiederaufnahmebescheide und Sachbescheide

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Kanzlei Kleiner Eberl Brandstätter Steuerberatung GmbH, Burgring 22, 8010 Graz, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Klagenfurt vom betreffend Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen hinsichtlich Kapitalertragsteuer 2011 bis 2015 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Bei der Beschwerdeführerin fand im Jahr 2018 eine Außenprüfung betreffend Umsatzsteuer, Kapitalertragsteuer und Körperschaftsteuer, jeweils für die Jahre 2011 bis 2015, statt. Im Anschluss daran erließ die belangte Behörde unter anderem Haftungsbescheide betreffend Kapitalertragsteuer für die Jahre 2011 bis 2015.

Mit Bescheiden vom setzte die belangte Behörde Säumniszuschläge betreffend Kapitalertragsteuer, jeweils für die Jahre 2011 bis 2015, fest.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom , bei der belangten Behörde am eingegangen, Beschwerde. Begründend führte die Beschwerdeführerin lediglich aus, dass sich die Bescheide betreffend Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen hinsichtlich Kapitalertragsteuer am abgabenrechtlichen Schicksal der Haftungs- und Umsatzsteuerbescheide orientieren.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde hinsichtlich der streitgegenständlichen Bescheide vom ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass es sich hierbei um abgeleitete Bescheide handle, welche sich am abgabenrechtlichen Schicksal der Bescheide für die Kapitalertragsteuer orientieren.

Mit Eingabe vom beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

Am legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesfinanzgerichts vom wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung 5010 zugewiesen.

Mit Schreiben vom zog die Beschwerdeführerin den Antrag auf mündliche Senatsverhandlung hinsichtlich des streitgegenständlichen Verfahrens zurück.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die belangte Behörde erließ am Haftungsbescheide hinsichtlich der Kapitalertragsteuer für die Jahre 2011 bis 2015.

Diese Abgaben waren am für das Jahr 2011, am für das Jahr 2012, am für das Jahr 2013, am für das Jahr 2014 und am für das Jahr 2015 fällig.
Die Abgaben wurden zu ihrem jeweiligen Fälligkeitstag nicht entrichtet.

Mit Bescheiden vom setzte die belangte Behörde Säumniszuschläge betreffend


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  • Kapitalertragsteuer 2011
€ 274,26
  • Kapitalertragsteuer 2012
€ 581,87
  • Kapitalertragsteuer 2013
€ 547,31
  • Kapitalertragsteuer 2014
€ 802,43
  • Kapitalertragsteuer 2015
€ 29.741,44

fest.

2. Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen basieren auf dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 217 Abs. 1 BAO sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten, wenn eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird.
Der erste Säumniszuschlag beträgt gemäß
§ 217 Abs. 2 BAO 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Der Säumniszuschlag im Sinne des § 217 BAO ist eine objektive Rechtsfolge der verspäteten Entrichtung einer Abgabe. Die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben, sind (grundsätzlich) unbeachtlich. Bemessungsgrundlage des Säumniszuschlages ist die nicht rechtzeitig entrichtete Steuer, unabhängig davon, ob die Festsetzung der Stammabgabe bzw. der Bescheid, mit dem ein Arbeitgeber zur Haftung für Lohnsteuer herangezogen wird, rechtskräftig oder mit Berufung angefochten ist ().

Im Zusammenhang mit der Verhängung des Säumniszuschlages nach § 217 Abs. 1 BAO kommt es allein auf den Zeitpunkt der Entrichtung an. Die Abgabenbehörden sind bei Vorliegen der objektiven Tatbestandsmerkmale zur Vorschreibung des Säumniszuschlages unter Ausschluss jedweden Ermessens verpflichtet, wobei die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages bereits mit Ablauf des für die Entrichtung der betreffenden Abgaben maßgebenden Fälligkeitstages entsteht ().
Die Beschwerdeführerin hat die streitgegenständlichen Abgaben zu ihren Fälligkeitstagen nicht entrichtet und hat primär Einwendungen gegen die Wiederaufnahmebescheide und gegen die Sachbescheide erhoben. Sie hat keine Gründe vorgebracht, die gegen die objektive Säumnisfolge gemäß § 217 Abs. 1 und 2 BAO sprechen würden, und sind solche Gründe auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht hervorgekommen. Die Voraussetzungen des § 217 Abs. 1 iVm Abs. 2 BAO für die Festsetzung erster Säumniszuschläge sind folglich erfüllt.

Nach der ständigen Rechtsprechung stößt es auf keine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Bedenken, wenn über Beschwerden gegen die Säumniszuschlagsbescheide entschieden wird, obwohl über die gegen die Stammabgabenbescheide gerichteten Beschwerden noch nicht abgesprochen wurde ().
Somit kann über die verfahrensgegenständliche Beschwerde betreffend die Festsetzung der Säumniszuschläge entschieden werden, ohne die Entscheidung im Beschwerdeverfahren zu den Haftungs- und Abgabenbescheiden abzuwarten. Im Übrigen hat im Falle der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen (§ 217 Abs. 8 BAO).

Gemäß § 272 Abs. 2 Z 1 BAO obliegt die Entscheidung dem Senat, wenn dies beantragt wird. Der Antrag ist zurücknehmbar (Ritz/Koran, BAO7, § 272 Rz5 mwN). Gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 BAO hat über die Beschwerde eine mündliche Verhandlung stattzufinden, wenn es beantragt wird. Der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist zurücknehmbar ().
Da die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf mündliche Senatsverhandlung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zurückgezogen hat, konnte eine mündliche Senatsverhandlung unterbleiben.

Insgesamt war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Lösung der verfahrensgegenständlichen Rechtsfrage ergibt sich eindeutig aus dem Gesetz bzw. wurde der ständigen Rechtsprechung des VwGH gefolgt. Es liegt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor und es war spruchgemäß zu entscheiden.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.4100120.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at