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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 27.06.2024, RV/4100170/2024

Nicht fristgerechte Erfüllung eines Mängelbehebungsauftrages iZm einer nicht formgerecht eingebrachten Bescheidbeschwerde

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022 (ergangen zu Steuernummer ***BF1StNr1*** ) den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde wird gemäß § 85 Abs. 2 iVm § 278 Abs. 1 lit b Bundesabgabenordnung (BAO) als zurückgenommen erklärt.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Mit Vorhalteschreiben vom wurde der Beschwerdeführer (Bf) vom Finanzamt aufgefordert, eine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2022 einzureichen, da ein Pflichtveranlagungstatbestand vorliege. Die darin gesetzte Frist () ließ der Bf ungenützt verstreichen.

Mit Datum veranlagte die Behörde von Amts wegen und erließ einen Einkommensteuerbescheid (ANV). In der Bescheidbegründung führte die Behörde aus, dass sie zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen berechtigt gewesen sei, da der Bf seiner Verpflichtung zur Einreichung einer Steuererklärung nicht nachgekommen sei.

Mit Bescheidbeschwerde vom wandte sich der Bf gegen den ergangenen Einkommensteuerbescheid mit der Begründung, dass er derzeit arbeitslos sei und sich vom bis zum aufgrund eines operativen Eingriffes im Krankenstand befunden habe. Er ersuche um Überprüfung des erlassenen Einkommensteuerbescheides. So habe er für seine studierende Tochter ***T***, für die er unterhaltspflichtig sei, monatlich einen Betrag von € 200 an Unterhaltszahlungen geleistet.

Mit Datum erließ das Finanzamt einen Mängelbehebungsauftrag. Darin stellte die Behörde fest, dass die eingebrachte Beschwerde nicht den Inhaltserfordernissen des § 250 Abs. 1 BAO entspreche. So fehle die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten werde sowie welche Änderungen konkret beantragt werden. Weiter sei auch ein Nachweis über die tatsächliche Verausgabung der Unterhaltsleistungen (Bescheid über die Höhe der Unterhaltsverpflichtung oder schriftliche Vereinbarung über die Höhe der Unterhaltsverpflichtung sowie Zahlungsnachweise) erforderlich.

Die Behörde setzte dem Bf eine Frist zur Behebung der vorliegenden Mängel bis zum ; gleichzeitig wies diese darauf hin, dass bei Versäumnis dieser Frist die Bescheidbeschwerde ex lege als zurückgenommen gelte.

Dieser Mängelbehebungsauftrag wurde am Tag seiner Erlassung () in die Databox des Bf eingespeist und stand diesem zum Abruf zur Verfügung.

Mit Datum erließ die Behörde eine Beschwerdevorentscheidung und sprach darin aus, dass die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2022 als zurückgenommen gelte, da dem erteilten Auftrag zur Mängelbehebung nicht entsprochen worden sei. Dieser Bescheid wurde dem Bf mit Datum im elektronischen Wege (Databox) zugestellt.

Mit der beim Finanzamt am eingelangten Eingabe (tit. "Mängelbehebungsauftrag Einkommensteuerbescheid 2022"), datiert mit , teilte der Bf der Behörde mit, dass im bekämpften Bescheid die Pendlerpauschale für die Wegstrecke zwischen ***Ort1***, ***Str1*** und ***Ort2***, ***Str2**, keine Berücksichtigung gefunden habe. Aus diesem Grunde sei die im Bescheid ausgewiesene Steuerberechnung nicht korrekt. In Bezug auf die Unterhaltszahlungen legte der Bf eine eidesstattliche Erklärung der Kindesmutter vor, mit welcher diese bestätigt, dass sie ihrer Tochter "monatlich einen Betrag in Höhe von EUR 200 persönlich bei einem Betreuungsbesuch in bar übergebe".

Mit Eingabe vom (beim Finanzamt eingelangt am ) beantragte der Bf die Vorlage seiner Beschwerde an das Verwaltungsgericht. Begründend führte dieser aus, dass aufgrund von Krankheit die Stellungnahme zum Mängelbehebungsauftrag verspätet beim Finanzamt eingelangt sei. Zudem sei er seit September 2023 arbeitslos bzw. arbeite nur geringfügig.

Mit Vorhalt vom wurde der Bf ersucht, eine unterzeichnete Bestätigung der Kindesmutter über den Erhalt der monatlichen Unterhaltszahlungen vorzulegen. Zum Beschwerdepunkt "Pendlerpauschale" wurde dieser aufgefordert Angaben zum Wohnort und zur Arbeitsstätte zu machen sowie die Anzahl der Tage pro Kalendermonat, an denen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte absolviert wurden, bekanntzugeben.

Dieser Vorhalt blieb unbeantwortet.

Die Behörde legte die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

In ihrem Vorlagebericht führte diese wörtlich aus:

"Die Beschwerde gegen den Erstbescheid wurde vom Bf. fristgerecht eingebracht. Allerdings entspricht die Beschwerde nicht den Erfordernissen des § 250 Abs. 1 lit b und c BAO, weshalb inhaltliche Mängel im Sinne des § 85 Abs. 2 BAO vorliegen. Die Behörde war daher verpflichtet einen Mängelbehebungsauftrag zu erlassen. Der Mängelbehebungsauftrag wurde am erlassen und am selben Tag in der Databox zugestellt. Dem Bf. wurde aufgetragen, die Mängel gemäß § 85 Abs. 2 BAO bis zum zu beheben, da ansonsten das Anbringen als zurückgenommen gilt. Da der Bf. dem Mangelbehebungsauftrag nicht innerhalb der gesetzten Frist nachgekommen ist, wurde die Beschwerde mit als zurückgenommen erklärt. Der Eintritt dieser Folge kann auch durch etwaige nach Fristablauf vorgenommene (verspätete) Mängelbehebungen nicht mehr beseitigt werden (vgl. ).

Gemäß § 85 Abs. 2 BAO muss von der Behörde eine angemessene Frist zur Mängelbehebung vorgesehen werden. Eine Frist ist im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs dann angemessen im Sinne der Mängelbehebungsvorschriften, wenn die Fristbemessung den besonderen Verhältnissen sachgerecht Rechnung trägt und der Bf. in die Lage versetzt wird, dem Auftrag innerhalb der gesetzten Frist ordnungsgemäß nachzukommen (vgl. ).

Die Frist zur Behebung der Mängel erstreckte sich vom bis zum , und war somit im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insgesamt ausreichend, um dem Bf. Gelegenheit zu bieten die Mängel zu beheben.

Die Behörde beantragt daher die Abweisung der Beschwerde."

Das Gericht hält zum vorliegenden Sachverhalt fest:

Die Behörde trug dem Bf mit Mängelbehebungsauftrag vom auf, seine nicht den Inhaltserfordernissen des § 250 Abs. 1 lit. b und c BAO entsprechende Bescheidbeschwerde zu verbessern und bekannt zu geben, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird sowie welche Änderungen beantragt werden. Explizit hingewiesen wurde darauf, dass bei Nichtbeachtung der gesetzten Frist (Fristende ) für die Mängelbeseitigung die Rechtsfolge des § 85 Abs. 2 BAO eintrete, wonach die Beschwerde als zurückgenommen gelte.

Erst mit der am bei der Behörde eingelangten Eingabe (datiert mit ) kam der Bf dem erteilten Mängelbehebungsauftrag nach.

Mit der am selben Tage erlassenen Beschwerdevorentscheidung stellte das Finanzamt fest, dass die Beschwerde wegen nicht fristgerechter Mängelbehebung als zurückgenommen gelte.

Fraglich ist nunmehr, ob die Zurücknahmefiktion des § 85 Abs. 2 BAO auch dann zur Anwendung gelangt, wenn dem Auftrag zur Mängelbehebung verspätet, also nach dem Ende der gesetzten Frist, Rechnung getragen wird.

Gemäß § 250 Abs. 1 BAO idF des BGBl. I Nr. 14/2013 hat eine Bescheidbeschwerde zu enthalten:
a) die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;
b) die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;
c) die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;
d) eine Begründung.

Sollte eine Bescheidbeschwerde den gesetzlichen Formvoraussetzungen nicht entsprechen, so gelangt die Bestimmung des § 85 Abs. 2 leg. cit. zu Anwendung.

Diese Bestimmung ordnet an:

"Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht."

In seinem Erkenntnis vom , 2006/15/0157, hatte der Verwaltungsgerichtshof die Frage zu beurteilen, welche Rechtsfolgen einem Steuerpflichtigen mit der nicht fristgerechten Erfüllung eines im Rahmen des Berufungsverfahrens vom Finanzamt auferlegten Mängelbehebungsauftrages erwachsen.

Der Verwaltungsgerichtshof hielt in seiner Sentenz ua. fest:

"Wird einem berechtigten behördlichen Auftrag zur Mängelbehebung überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder zwar innerhalb der gesetzten Frist aber - gemessen an dem sich an den Vorschriften des § 250 Abs. 1 BAO orientierten Mängelbehebungsauftrag - unzureichend entsprochen, gilt die Berufung kraft Gesetzes als zurückgenommen. Der Eintritt dieser Folge wird durch den auf diese Rechtstatsache Bezug nehmenden, von der Behörde im Sinne des § 275 BAO (Anmerkung: idF des BGBl I Nr. 20/2009) zu erlassenden (verfahrensrechtlichen) Bescheid nicht begründet, sondern festgestellt, und kann somit durch nach Fristablauf vorgenommene (verspätete) Mängelbehebungen nicht mehr beseitigt werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 90/14/0225). Die Frist zur Behebung von Mängeln einer Berufung ist zwar verlängerbar, einem dementsprechenden Antrag kommt jedoch keine fristhemmende Wirkung zu (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2002/15/0166). Der Abgabepflichtige kann auch nicht darauf vertrauen, dass eine bereits gesetzte Frist verlängert wird (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , 92/13/0215). (...)"

Der VwGH hielt zudem fest, dass ein Zurücknahmebescheid dann gesetzwidrig wäre, wenn kein Mangel im Sinne des § 250 BAO vorgelegen bzw. der Mangel beseitigt oder die gesetzte Frist nicht angemessen gewesen wäre.

Im vorliegenden Fall setzte die Behörde dem Bf eine Frist zur Beseitigung der inhaltlichen Mängel der eingebrachten Beschwerde. Diese zweiwöchige Frist ist in Ansehung des aufgetragenen Mängelbehebungsumfanges angemessen. Der erteilte Auftrag zur Mängelbehebung ist sachlich begründet, zumal die eingebrachte Beschwerde den inhaltlichen Voraussetzungen des § 250 Abs. 1 BAO nicht gerecht wird.

Wenn der Bf diese Frist, welche mit dem Tag der Zustellung des Auftrages, also jenem Zeitpunkt, mit welchem das finanzamtliche Schreiben in Databox eingespeist und demnach zum Abruf bereit steht, ohne mit der Behörde Kontakt aufzunehmen, verstreichen lässt, so hat dieser die Rechtsfolgen zu tragen.

Der Einwand, dass die Mängelbehebung "auf Grund von Krankheit" verspätet beim Finanzamt eingelangt sei, vermag nicht zu verfangen. In seiner Beschwerdeeingabe führt der Bf an, er habe sich in der Zeit vom bis zum wegen der erfolgten operativen Versorgung seines Nabelbruches im Krankenstand befunden. Für die Annahme, dass der Bf in der Zeit zwischen dem und dem aufgrund einer Erkrankung daran gehindert gewesen wäre mit der Behörde in Kontakt zu treten und eine Erstreckung der Frist zu beantragen, liegen keinerlei Hinweise oder gar Nachweise vor.

Selbst wenn der Bf aufgrund einer plötzlich und unerwartet eintretenden Erkrankung an der fristgerechten Erfüllung des Mangelbehebungsauftrages gehindert gewesen wäre (dafür gibt es allerdings keine Anhaltspunkte), so könnte eine Fristversäumnis der vorliegenden Art nicht im Beschwerdeverfahren erfolgreich bekämpft werden, sondern wäre die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 308 BAO das prozessuale Mittel der Wahl (gewesen).

Anzumerken ist, dass im vorliegenden Fall der Bf nicht einmal den von der Behörde erlassenen Ergänzungsvorhalt zum Vorlageantrag vom beantwortet hat.

Aufgrund der hier gegebenen eindeutigen Rechtslage war der vorliegende Beschluss zu fassen und eine meritorische Prüfung des Falles nicht vorzunehmen.

Begründung nach § 25a Abs. 1 VwGG

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die genannten Voraussetzungen liegen gegenständlich allesamt nicht vor.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 250 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.4100170.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at