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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 27.06.2024, RV/4100582/2018

DB- und DZ-Pflicht für Bezüge eines nicht wesentlich beteiligten Geschäftsführers

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden***Ri1***, die Richterin Mag. Melanie Maier sowie die fachkundigen Laienrichter ***1*** und ***2*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch WP switax Wirtschaftsprüfung & Steuerberatung GmbH, August-Jaksch-Straße 64, 9020 Klagenfurt am Wörthersee, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Spittal Villach vom betreffend Dienstgeberbeitrag 2012, Dienstgeberbeitrag 2013, Dienstgeberbeitrag 2014, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2012, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2013 und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2014, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***Sf*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Streit zwischen den Verfahrensparteien besteht darüber, ob die von der ***Bf1*** (in der Folge: Bf.) in den Jahren 2012 bis 2014 an ihren Geschäftsführer ausbezahlten Vergütungen in die Beitragsgrundlagen für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einzubeziehen sind.

Bei der Bf. fand eine gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben betreffend die Jahre 2012 bis 2014 statt. Festgestellt wurde, dass der Geschäftsführer mittelbar und unwesentlich an der Bf. beteiligt sei. Die jährlichen Geschäftsführerbezüge in Höhe von 20.000 Euro würden daher dem Dienstgeberbeitrag und dem Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag unterliegen.
Die belangte Behörde schloss sich dieser Rechtsansicht an und erließ am die verfahrensgegenständlichen Bescheide. Folgende Nachforderungen wurden festgesetzt:

Dienstgeberbeitrag 2012 900 Euro
Dienstgeberbeitrag 2013 900 Euro
Dienstgeberbeitrag 2014 900 Euro
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2012 82 Euro
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2013 82 Euro
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2014 82 Euro
Summe 2.946 Euro.

In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde wurde vorgebracht, dass der Geschäftsführer mittelbar und nicht wesentlich an der Bf. beteiligt sei. Aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen mit der Bf. sei er gegenüber der Generalversammlung weisungsfrei. Er beziehe Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, die einkommensteuerpflichtig seien und sohin nicht dem Dienstgeberbeitrag bzw. dem Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag und der Kommunalsteuer unterliegen würden. Daher werde die ersatzlose Aufhebung und Durchführung einer mündlichen Senatsverhandlung beantragt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht wesentlich beteiligte Geschäftsführer - von seltenen Ausnahmen abgesehen - in einem (steuerlichen) Dienstverhältnis der GmbH stehen. Bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer, der zu weniger als 50% an der Gesellschaft beteiligt sei und der auch über keine Sperrminorität verfüge, stelle sich demnach die Problematik, dass er keinem "fremden" Willen unterliegen und daher die Geschäftsführung nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses ausüben könne, von vornherein nicht. Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Gesellschaft werde demnach durch jede nach außen hin als auf Dauer angelegte erkennbare Tätigkeit hergestellt.

Im gegenständlichen Fall liege nach Ansicht der belangten Behörde mit der (unstrittigen) Ausübung der Geschäftsführertätigkeit über mehrere Jahre hindurch unzweifelhaft ein Dauerschuldverhältnis vor. Es könne daher davon ausgegangen werden, dass eine Eingliederung in den Organismus des Unternehmens vorliege. Im Geschäftsführervertrag sei ein Passus, der ausdrücklich eine völlige Weisungsfreistellung festlege, nicht enthalten. Die Tatsache, dass der Geschäftsführer bei der Erbringung seiner Leistungen an keine bestimmte Arbeitszeit und an keinen bestimmten Arbeitsort gebunden sei und er sich auf Kosten durch Dritte vertreten lassen könne, schließe eine weitere arbeitsbezogene Weisungsgebundenheit nicht aus. Damit werde ein Nachweis über das Bestehen einer Weisungsfreiheit des Geschäftsführers nicht erbracht.

Weiters führte die belangte Behörde aus, dass aufgrund der Fixentlohnung gem. § 4 des Geschäftsführervertrags, dem Anspruch auf Weiterzahlung bei Krankheit und Invalidität
gem. § 5 und dem Ersatz sämtlicher Auslagen, die im Interesse der Gesellschaft getätigt wurden, gem. § 6 des Geschäftsführervertrags, auch kein Unternehmerwagnis vorliege. Es sei daher im gegenständlichen Fall davon auszugehen, dass die gegenständlichen Geschäftsführerbezüge aufgrund eines Dienstverhältnisses ausbezahlt worden seien.

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag hat die Bf. kein ergänzendes Vorbringen erstattet.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht mit Vorlagebericht vom zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung im Sinne der Beschwerde-vorentscheidung.

Aufgrund eines Wechsels der steuerlichen Vertretung wurde der Vorlagebericht samt Beilagen dem nunmehrigen steuerlichen Vertreter mit Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom übermittelt.

Mit Schreiben vom erstattete der steuerliche Vertreter ein ergänzendes Vorbringen, wonach bei der Weisungsgebundenheit zwischen der sachlichen Weisungsgebundenheit gegenüber der Generalversammlung und der persönlichen Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber zu unterscheiden sei. Die sachliche Weisungsgebundenheit für sich habe für die Qualifizierung als Dienstverhältnis keine Relevanz, sondern nur die persönliche Weisungsgebundenheit. Dazu verwies der steuerliche Vertreter auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2013/13/0046. Die persönliche Weisungsgebundenheit sei im Geschäftsführervertrag in § 3, 2. Absatz explizit ausgeschlossen. Der Geschäftsführer trage auch ein entsprechendes Unternehmerrisiko, da er sich auf eigene Kosten durch Dritte vertreten lassen könne. Gem. § 5 behalte er z.B. im Krankheitsfall den Anspruch auf Entgelt nur, wenn er aus eigenem für eine entsprechende Vertretung sorge und auch die hiefür anfallenden Kosten trage. Daher handle es sich im vorliegenden Fall um ein einkommensteuerpflichtiges freies Dienstverhältnis gem. § 22 Z 1 lit b EStG, sodass auch keine Dienstgeberbeiträge und auch keine Kommunalsteuerpflicht anfalle, da diese Abgaben lediglich für freie Dienstverhältnisse gem. § 4 Abs. 4 ASVG anfallen würden.

In der Stellungnahme vom führte die belangte Behörde aus, dem Geschäftsführervertrag könne im Unterschied zum Sachverhalt im oa. Erkenntnis nicht entnommen werden, dass die persönliche Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers dezidiert ausgeschlossen worden sei. Das Finanzamt bleibe daher bei seiner Ansicht, dass die Dienstgeberbeiträge samt Zuschlägen zu Recht vorgeschrieben worden seien.

Am fand die mündliche Senatsverhandlung im Beisein des steuerlichen Vertreters der Bf. und der Amtsvertreterin statt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf. ist eine mit Gesellschaftsvertrag vom ***3*** errichtete und im österreichischen Firmenbuch unter der ***4*** eingetragene Kapitalgesellschaft mit dem Sitz in der politischen Gemeinde ***5***, der Geschäftsanschrift "***6***" und dem Geschäftszweig "***7***". ***8*** (in der Folge: GF) fungiert seit als Geschäftsführer, wobei er diese Tätigkeit zunächst gemeinsam mit einem weiteren Geschäftsführer ausübte. Von bis vertrat er die Bf. als alleiniger Geschäftsführer. Der GF war in den Beschwerde-jahren zu 25 % an der ***9*** beteiligt. Diese Gesellschaft hält einen Anteil von 10% an der Bf., sodass eine mittelbare nicht wesentliche Beteiligung des GF mit einem Anteil von 2,5% vorliegt.

Am schloss die Bf. mit dem GF einen schriftlichen Vertrag über die Geschäftsführung für die Dauer von weiteren drei Jahren, beginnend mit ab; demnach ist der GF berechtigt und verpflichtet, die Gesellschaft nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages und einer etwaigen Geschäftsordnung zu vertreten und die Geschäfte der Gesellschaft zu führen. Ihm obliegt die Leitung und Überwachung des Unternehmens im Ganzen. Laut Vertrag ist der GF bei der Erbringung seiner Leistungen an keine bestimmte Arbeitszeit und an keinen bestimmten Arbeitsort gebunden. Für Auslagen, die ausschließlich im Interesse der Gesellschaft getätigt werden, erhält der GF eine Vergütung in Höhe der tatsächlich verausgabten Beträge. Für Fahrten mit dem eigenen KFZ oder einem anderen Verkehrsmittel kann er der Bf. Kilometergelder verrechnen. Für die ordnungsgemäße Erbringung seiner Leistungen hat der GF Anspruch auf ein Entgelt in der Höhe von 20.000 Euro jährlich. Eine Vertretung im Krankheitsfall auf eigene Kosten wäre zulässig gewesen; wenngleich ein Vertretungsfall in den Beschwerdejahren nicht eingetreten ist. Das vereinbarte Entgelt ist dem GF in den Beschwerdejahren jeweils zur Gänze zugeflossen.

Ein ausdrücklicher Ausschluss der Weisungsgebundenheit des GF ist im Geschäftsführervertrag nicht enthalten. Neben diesem Vertrag gab es keine weiteren Regelungen in Bezug auf die Tätigkeit des GF. Ebensowenig lag eine gesellschaftsvertragliche Sonderbestimmung vor.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zu Errichtung, Sitz, Unternehmenszweck und Geschäftsführung basieren auf den aktenkundigen Urkunden und der Einsichtnahme des Bundesfinanzgerichtes in das offene Firmenbuch. Ebenso gehen daraus die Beteiligungsverhältnisse hervor, aus denen prozentual das Beteiligungsausmaß des GF folgt. Das Vorliegen einer nicht wesentlichen mittelbaren Beteiligung in den Beschwerdejahren ist unstrittig.

Aufgabenbereich und Befugnis sowie Pflichten und Verantwortlichkeit des GF ergeben sich aus § 1 und § 2 des im Gerichtsakt aufliegenden Geschäftsführervertrages. Die Vertragsdauer folgt aus § 7, wobei es offenkundig zu einer Verlängerung nach Ablauf von drei Jahren kam, da der GF seine Tätigkeit bis Oktober 2019 ausgeübt hat. Die Feststellungen zu Arbeitsort, Arbeitszeit, Weisungsgebundenheit, Entgelt und Auslagenersatz basieren auf § 3 bis § 6 des Geschäftsführervertrages:

Dass die dem GF laut § 4 zustehenden Bezüge in Höhe von 20.000 Euro in den Beschwerde-jahren zur Gänze zugeflossen sind, ist unstrittig. Zur Feststellung, dass ein Krankheitsfall in den Beschwerdejahren nicht eingetreten ist, wurde vom steuerlichen Vertreter in der mündlichen Verhandlung nichts Gegenteiliges vorgebracht. Die in § 6 des Geschäftsführervertrages getroffenen Regelungen zum Ersatz von Auslagen des GF und Kostenersatz in Form von Kilometergeldern wurden laut Angaben des steuerlichen Vertreters tatsächlich so gelebt.

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO haben die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Die Feststellung, dass es zusätzlich zum Geschäftsführervertrag keine weiteren Regelungen in Bezug auf die Tätigkeit des GF gegeben hat, basiert auf den Angaben des steuerlichen Vertreters in der mündlichen Verhandlung. In der Formulierung des § 3 Abs. 2 des Vertrages ist nach Ansicht des erkennenden Senates kein Ausschluss der Weisungsgebundenheit zu erblicken. Auch in den sonstigen Vertragsbestimmungen ist ein derartiger Ausschluss nicht enthalten. Unstrittig ist, dass eine gesellschaftsvertragliche Weisungsfreistellung nicht vorlag.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Rechtliche Grundlagen
Gemäß § 41 Abs. 1 FLAG 1967 haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.

Gemäß § 41 Abs. 2 FLAG sind Dienstnehmer Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, freie Dienstnehmer im Sinne des § 4 abs. 4 ASVG sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988.

Der Beitrag des Dienstgebers ist gemäß § 41 Abs. 3 FLAG von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht. Beitragspflichtige Arbeitslöhne sind dabei Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit a und b EStG sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art iSd § 22 Z 2 EStG und an freie Dienstnehmer iSd § 4 Abs. 4 ASVG ausbezahlte Bezüge.

Die Verpflichtung zur Entrichtung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag, der von der in § 41 FLAG festgelegten Bemessungsgrundlage zu erheben ist, wird durch § 122 Abs. 7 und 8 Wirtschaftskammergesetz 1998 normiert.

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind gemäß § 25 Abs. 1 lit. a EStG Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis. Dazu zählen auch Pensionszusagen, wenn sie ganz oder teilweise anstelle des bisher gezahlten Arbeitslohns oder der Lohnerhöhungen, auf die jeweils ein Anspruch besteht, gewährt werden, ausgenommen eine lohngestaltende Vorschrift im Sinne des § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6 sieht dies vor.

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind gemäß § 25 Abs. 1 lit b EStG 1988 auch Bezüge und Vorteile von Personen, die an Kapitalgesellschaften nicht wesentlich im Sinne des § 22 Z 2 beteiligt sind, auch dann, wenn bei einer sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2) aufweisenden Beschäftigung die Verpflichtung, den Weisungen eines anderen zu folgen, auf Grund gesellschaftsvertraglicher Sonderbestimmung fehlt.

Gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Ein Dienstverhältnis ist weiters dann anzunehmen, wenn bei einer Person, die an einer Kapitalgesellschaft nicht wesentlich im Sinne des § 22 Z 2 leg. cit. beteiligt ist, die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b leg. cit. vorliegen.

Rechtliche Würdigung
Im vorliegenden Beschwerdefall ist der GF an der Bf. nicht wesentlich beteiligt. Strittig war, ob die an ihn bezahlten Beträge als DB- und DZ-pflichtige Bezüge und Vorteile aus einem Dienstverhältnis anzusehen sind. Die Sonderbestimmung des § 25 Abs 1 Z 1 lit b EStG ist nicht anwendbar, da es keine gesellschaftsvertragliche Weisungsfreistellung gab. Bei Fehlen einer gesellschaftsvertraglichen (Sonder-)Regelung ist das Vorliegen eines Dienstverhältnisses bei nicht wesentlich beteiligten Gesellschaftern auf Grund des tatsächlich gegebenen Sachverhaltes nach den Kriterien des § 47 Abs. 2 erster und zweiter Satz EStG 1988 zu prüfen.

Nach dieser Norm liegt ein Dienstverhältnis dann vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet, wobei das Vorliegen eines steuerrechtlichen Dienstverhältnisses nicht davon abhängt, ob ein Arbeitsverhältnis iSd Arbeitsrechts gegeben ist. Eine Tätigkeit kann daher steuerrechtlich auch dann als im Dienstverhältnis erbracht anzusehen sein, wenn auf sie arbeitsrechtliche Vorschriften, wie etwa die Abfertigungs- oder die Urlaubsregelungen, die arbeitsrechtliche Kündigungsregelung oder die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, keine Anwendung finden (). Der Umstand, dass laut § 3 Abs. 3 des Geschäftsführervertrages die Regelungen des Arbeitsrechts nicht anzuwenden seien, ist folglich für die steuerrechtliche Beurteilung nicht ausschlaggebend.

Vielmehr ist nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH der Begriff "Dienstverhältnis" anhand zweier Kriterien, nämlich der Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers zu beurteilen ist. Zudem hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass (nur) in Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, auf weitere Abgrenzungskriterien wie etwa auf das Fehlen eines Unternehmerrisikos Bedacht zu nehmen ist ().

Grundsätzlich sind zur Beurteilung einer Leistungsbeziehung die vertraglichen Abmachungen heranzuziehen. Weicht die tatsächliche Durchführung der vereinbarten Tätigkeit jedoch von diesen ab, ist stets das im konkreten Einzelfall verwirklichte Gesamtbild der Tätigkeit entscheidend (). Im gegenständlichen Fall konnte festgestellt werden, dass es neben dem Geschäftsführervertrag vom keine weiteren vertraglichen Regelungen gab. Für das Bundesfinanzgericht ergaben sich auch keine Anhaltspunkte, dass die vom GF tatsächliche geleistete Tätigkeit von der vertraglich vereinbarten Tätigkeit abgewichen ist; diesbezüglich wurde auch vom Bf. kein Vorbringen erstattet. Für die Beurteilung der Frage, ob ein steuerliches Dienstverhältnis vorlag, ist somit der Wortlaut des Geschäftsführervertrages entscheidend. Wie der erkennende Senat in freier Beweiswürdigung festgestellt hat, wurde in diesem Vertrag kein Ausschluss der Weisungsgebundenheit vereinbart. Der beschwerdegegenständliche Sachverhalt unterscheidet sich somit wesentlich vom Sachverhalt im Erkenntnis, auf welches der steuerliche Vertreter in seinem ergänzenden Schriftsatz vom verwiesen hat, da in dieser Beschwerdesache die Weisungsfreiheit ausdrücklich vereinbart war ().

Das weitere zu prüfende Kriterium der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Betriebes wird durch jede nach außen hin als auf Dauer angelegte erkennbare Tätigkeit hergestellt, mit der der Unternehmenszweck der Gesellschaft, sei es durch ihre Führung, sei es durch operatives Wirken auf ihrem Betätigungsfeld, verwirklicht wird ( mwN.). Auch steht es der Eingliederung nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht entgegen, wenn der Geschäftsführer seine Arbeitszeit in einem hohen Ausmaß auch anderen Unternehmen widmet oder er auch Geschäftsführerfunktionen für andere Unternehmen ausübt (). Da der GF kontinuierlich seit dem Jahr 2005 seine Aufgaben wahrgenommen hat, ist dieses Merkmal nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes erfüllt. Die Eingliederung in den betrieblichen Organismus wurde von der Bf. im Übrigen auch nicht in Abrede gestellt.

Wie dargelegt, hat sich für den erkennenden Senat ergeben, dass die nach der einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorrangig zu prüfenden Kriterien der Weisungsgebundenheit sowie der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus im vorliegenden Fall gegeben sind. Das Bestehen eines steuerrechtlichen Dienstverhältnisses im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 ist daher zu bejahen. Auf weitere Abgrenzungskriterien ist diesfalls nicht Bedacht zu nehmen, wiewohl eine Prüfung anhand weiterer Abgrenzungskriterien zu keinem anderen Ergebnis führen würde.

Wenn in der Beschwerde vorgebracht wird, dass der GF ein Unternehmerrisiko zu tragen hatte, so ist dem die einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten. Das für eine selbständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko besteht darin, dass der Leistungserbringer die Möglichkeit hat, im Rahmen seiner Tätigkeit die Einnahmen und Ausgaben maßgeblich zu beeinflussen und solcherart den finanziellen Erfolg seiner Tätigkeit weitgehend zu gestalten (). Wie festgestellt werden konnte, hat der GF hat eine jährliche Fixentlohnung von 20.000 Euro erhalten. Dem Umstand einer eingeräumten Vertretungsbefugnis kommt nur eingeschränkte Bedeutung zu, wenn diese tatsächlich nicht in Anspruch genommen wird. Ein Unternehmerrisiko auf der Einnahmenseite ist somit nicht erkennbar. Für Auslagen, die ausschließlich im Interesse der Gesellschaft getätigt wurden, erhielt der GF eine Vergütung in Höhe der tatsächlich verausgabten Beträge. Für Fahrten mit dem eigenen KFZ oder einem anderen Verkehrsmittel konnte der GF der BF Kilometergelder verrechnen. Somit wurden dem GF sämtliche für die ordnungsgemäße Verrichtung seiner Tätigkeit Betriebsmittel seitens der Bf. zur Verfügung gestellt, sodass auch ein ausgabenseitiges Unternehmerrisiko nicht erkennbar ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht orientierte sich an der höchstgerichtlichen Judikatur, wobei entscheidungswesentlich die in freier Beweiswürdigung vorgenommene Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes war.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 41 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 47 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 22 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 122 Abs. 7 und 8 WKG, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998
§ 25 Abs. 1 lit. b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.4100582.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at