Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.06.2024, RV/7100136/2018

Schätzung nicht erklärter Erlöse einer GmbH; verdeckte Ausschüttung an den Gesellschafter; Differenz in der Lebensdeckungsrechnung des Gesellschafters kann aufgrund des Trennungsprinzips nicht der Kapitalgesellschaft als fehlende Einnahmen hinzugerechnet werden.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht fasst durch die Richterin Mag. Maria Daniel über die Beschwerde der Bf***, Bf-Adr*** vertreten durch Mag. Robert Dax, Lindenstraße 20, 6020 Innsbruck, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 1/23 (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer 2009, vom betreffend Wiederaufnahme der Umsatz- und Körperschaftsteuer 2009, vom betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer 2010 und 2011, vom betreffend Wiederaufnahme der Umsatz- und Körperschaftsteuer 2010 und 2011 sowie gegen die Haftungsbescheide betreffend Kapitalertragsteuer 2009 bis 2011 des Finanzamtes Wien 1/23 (nunmehr Finanzamt Österreich) jeweils vom

1. den Beschluss:

Die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Wiederaufnahme der Umsatz- und Körperschaftsteuer der Jahre 2009 bis 2011 wird als gegenstandslos erklärt.

Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

und erkennt 2. zu Recht:

Die Bescheide betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer 2009 bis 2011 und die Haftungsbescheide betreffend Kapitalertragsteuer 2009 bis 2011 werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilagen angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensverlauf

Im Zuge einer für den Zeitraum 2009 bis 2011 durchgeführten Außenprüfung wurden im Wege der Schätzung folgende Beträge den erklärten Verlusten hinzugerechnet:


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2009
2010
2011
Laut Erklärung
-14.624,52
-8.128,49
-7.506,19
Schätzung
50.000,00
30.000,00
30.000,00
Gewinn laut AP
35.375,48
21.871,51
22.493,81

Die durch die AP geschätzten Einnahmen wurden der Umsatzsteuer unter Anwendung des Normalsteuersatzes unterzogen.

Ausgehend von den dem Gesellschafter-Geschäftsführer zur Verfügung stehenden Einnahmen, ergebe sich bei Berücksichtigung der Lebenshaltungskosten ein Minderbetrag iHv 2.350 Euro im Monat (28.200 Euro im Jahr).

Hinsichtlich eines gewährten Privatdarlehens von einem rumänischen Bekannten seien der AP keine Unterlagen vorgelegt worden.

Nach Ansicht der Behörde berechtige ein nicht festgestellter Vermögenszuwachs zur Annahme, dass die Mittel dafür aus nicht einbekannten Einkünften stammen.

Die Beschwerdeführerin habe die laufenden privaten Kosten des Gesellschafters übernommen. Es seien keine Rückzahlungen seitens des Gesellschafters erfolgt. Ein Teil der Kosten sei Ende des Jahre 2009 auf ein Verrechnungskonto umgebucht worden. Diesbezügliche Vereinbarungen seien der belangten Behörde nicht vorgelegt worden.

Der Gesellschafter-Geschäftsführer der Beschwerdeführerin sei im Jahr 2009 zur Mitarbeit an einem Projekt eines deutschen Unternehmens (A*** GmbH) in Rumänien eingeladen worden. Die Beschwerdeführerin habe diesem deutschen Unternehmen eine Honorarnote (Nr. 2) für den Zeitraum Juni 2009 iHv 5.000 Euro zuzüglich Kostenersatz iHv 1.200 Euro in Rechnung gestellt. Dieses Honorar sei in der Buchhaltung der Beschwerdeführerin nicht als Einnahme erfasst worden. Eine Honorarnote "1" liege ebenfalls nicht vor.

Das rumänische Unternehmen "T***" habe ebenfalls mehrere Honorare der A*** GmbH für Beratungsleistungen durch den Gesellschafter-Geschäftsführer der Beschwerdeführerin in Rechnung gestellt. Als Unterzeichner scheine Herr K*** auf. Da als Bankverbindung der rumänischen Firma ein österreichisches Bankkonto angegeben sei, sei es schlüssig, dass die Beschwerdeführerin die Leistungen erbracht habe.

Die Kontoauszüge seien nicht vollständig vorgelegt worden. Eine lückenlose Nachvollziehbarkeit der Kontobewegungen sei nicht möglich gewesen.

Da aufgrund der Feststellungen eine formelle und materielle Ordnungsmäßigkeit der Buchhaltung nicht gegeben sei, habe die Betriebsprüfung einen griffweisen Betrag von 50.000 Euro dem erklärten Verlust hinzugerechnet.

Bezüglich dieser Zurechnung liege eine verdeckte Ausschüttung an den Gesellschafter vor. Zwar habe die Gesellschaft dem Gesellschafter offiziell keinen Geschäftsführergehalt ausbezahlt, jedoch dessen private Kosten ohne Rückzahlungsvereinbarung getragen. Zudem sei die Bestreitung der Lebenshaltungskosten und die Verbuchung von Erträgen offen geblieben. Honorare seien erlösmäßig nicht erfasst worden.

Analog dazu wurde in den Jahren 2010 und 2011 ein griffweiser Betrag iHv 30.000 Euro, der den Lebenshaltungskosten des Gesellschafters entspreche, pro Jahr hinzugerechnet.

Hinsichtlich der verdeckten Ausschüttungen wurden KESt-Haftungsbescheide betreffend der Jahre 2009 bis 2011 erlassen.

In der Beschwerde (vormals Berufung) vom bringt die Beschwerdeführerin vor, dass sämtliche im Betriebsprüfungsbericht angeführten Feststellungen unrichtig bzw fehlerhaft seien.

Sämtliche Buchungen seien EDV-mäßig erfasst gewesen. Der Buchhaltungssaldo habe mit dem Saldo des Bankauszuges exakt übereingestimmt.

Die Beschwerdeführerin habe entgegen den Feststellungen der Betriebsprüfung im Prüfungszeitraum keine Umsätze getätigt.

Mangels erzielter Erträge sei der Alleingesellschafter K*** in Vorlage getreten und habe Aufwendungen der GmbH bezahlt und diese mangels Barmittel der GmbH nicht ersetzt bekommen. Die Beschwerdeführerin sei somit Schuldnerin gewesen. Dementsprechend seien in der Bilanz "Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern" ausgewiesen.

Die Feststellungen der AP, wonach das geprüfte Unternehmen die laufenden privaten Kosten des Gesellschafters übernommen habe, sei daher nicht erklärbar.

Nicht die Kapitalgesellschaft habe dem Gesellschafter einen Vorteil gewährt, sondern der Gesellschafter sei für die Kosten der Gesellschaft in Vorlage getreten.

In der Stellungnahme vom zur Berufung führte die belangte Behörde aus, dass die nicht vollständige Vorlage der Bankauszüge einen formellen Mangel iSd § 132 BAO begründe. Es gehöre nicht zu den Pflichten der Abgabenbehörde nicht oder nur unzureichend vorgelegte Aufzeichnungen, die der Abgabepflichtige zu führen hat, zu rekonstruieren. Auch wenn die Salden keine Differenzen aufweisen, sei daher eine Schätzungsbefugnis der Behörde gegeben.

Es sei keine Stellungnahme erfolgt aus welchen Mitteln der Gesellschafter-Geschäftsführer seine Lebenshaltungskosten in den Jahren 2009 bis 2011 bestritten habe. Dem Ersuchen der AP, den Geldfluss und die Mittel durch Dokumentation zeitnaher Abhebungsbelege des Darlehensgebers sowie Einzahlungen des Darlehensnehmers auf den jeweiligen Konten glaubhaft zu machen, sei nicht entsprochen worden.

Die AP habe daher angenommen, dass den geltend gemachten Aufwendungen in den Steuererklärungen auch Einnahmen gegenübergestanden seien.

Es bestehe ferner Aufklärungsbedarf hinsichtlich des österreichischen Bankkontos auf Rechnungen einer rumänischen Firma, welches dem Gesellschafter-Geschäftsführer der Beschwerdeführerin zuzurechnen sei. Obwohl die Beschwerdeführerin im maßgeblichen Zeitraum keine bzw nur geringe Umsätze getätigt habe, seien Aufwendungen geltend gemacht worden.

Neben der Frage aus welchen Mitteln die privaten Lebenshaltungskosten bestritten wurden, sei auch fraglich, woher der Gesellschafter-Geschäftsführer die finanziellen Mittel hatte, Barmittel der Beschwerdeführerin zur Verfügung zu stellen.

In der Gegenäußerung vom wies die steuerliche Vertretung darauf hin, dass die Abgabenbehörde die Beschwerdeführerin in keiner Phase des Betriebsprüfungsverfahrens aufgefordert habe, fehlende Unterlagen nachzureichen.

Durch das mehrmalige Hin- und Herschicken der Unterlagen zwischen Wien und Innsbruck sei der Verlust einzelner Belege erklärbar. Ferner hätte die belangte Behörde fehlende Bankauszüge bei der kontoführenden Bank anfordern können.

Der Gesellschafter habe in der Niederschrift vom Auskunft über die Mittelherkunft zur Bestreitung der Aufwendungen für den Prüfungszeitraum 2009 geleistet. Da die Ausdehnung des Prüfungszeitraums auf die Jahre 2010 und 2011 erst am erfolgte, sei eine Stellungnahme für diese Zeiträume am nicht möglich gewesen.

Darlehensgewährung unter Freunden ohne Vertrag würden "täglich unzähligemale" abgeschlossen.

Willkürliche Schätzungen im Bereich der Körperschaftsteuer würden nicht die in § 1 UStG normierten Voraussetzungen der Umsatzsteuerpflicht erfüllen.

Der Gesellschafter habe seiner Gesellschaft Barmittel zur Bestreitung der unmittelbaren Kosten zur Verfügung gestellt. Für die Erhebung der Körperschaftsteuer sei die Mittelherkunft auf Seiten des Gesellschafters unerheblich.

Laut einem an die belangte Behörde verfassten Schreiben des Gesellschafters vom , seien die vom Investor "A***" übernommenen Kosten mit Ausnahme der Monate Mai und Juni an eine rumänische Gesellschaft überwiesen worden, da die Kosten ausschließlich in Rumänien angefallen seien. Im Mai und Juni 2009 seien Überweisungen an das Privatkonto des Gesellschafters erfolgt. Ab Ende 2009/2010 habe der Investor die Kosten nicht länger "zögernd" getragen.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen.

Mit Eingabe vom stellte die Beschwerdeführerin den Antrag, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Mit Verfügung vom wurde der Akt zum Stichtag neu zugeteilt.

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom wurde der Beschwerdeführerin gem § 85 Abs 2 BAO aufgetragen, die fehlende Begründung hinsichtlich der Beschwerde gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer der Jahre 2009 bis 2011 nachzuholen. Es wurde eine Frist von 4 Wochen gewährt. Der Mangel wurde nicht behoben.

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom wurde die Beschwerdeführerin über Ausgangspunkte, Überlegungen und Schlussfolgerungen zur beabsichtigten Schätzung der Betriebseinnahmen sowie beabsichtigten Kürzung diverser Betriebsausgaben in Kenntnis gesetzt und ihr die Möglichkeit geboten, zu diesen Ausführungen Stellung zu nehmen bzw zweckdienliche Unterlagen zum Nachweis der betrieblichen Veranlassung der am Konto 7150 verbuchten Werbeaufwendungen zu übermitteln.

Es erfolgte keine Stellungnahme.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Strittig ist in diesem Verfahren die Schätzungsbefugnis und Schätzungsmethode wegen Nichtordnungsmäßigkeit der Buchhaltung und ungeklärter Deckung des Lebensaufwandes des Gesellschafter-Geschäftsführers sowie die damit im Zusammenhang stehende Umsatzsteuerpflicht.

Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Wien, hat in den jeweiligen Körperschaftsteuererklärungen der Jahre 2009 bis 2011 Verluste erklärt. Sie verfügt über keine weiteren Betriebsstätten in der EU.

Der Sitz des Unternehmens befindet sich im streitgegenständlichen Zeitraum an der damaligen Wohnadresse des alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers K***. Herr K*** ist derzeit nicht mehr in Österreich wohnhaft. Eine aktuelle Adresse ist dem Bundefinanzgericht nicht bekannt.

Die Gewinn- und Verlustrechnung der Beschwerdeführerin stellt sich im beschwerdegegenständlichen Zeitraum laut Saldenlisten wie folgt dar:


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Konto
Bezeichnung
2009
2010
2011
6000
Nettogehälter
4.288,20
-
-
6500
Gesetzlicher Sozialaufwand
2.163,52
73,44
-
6520
L/DB/DZ
435,88
-
-
6530
Kommunalabgabe
136,40
-
-
6531
U-Bahn Abgabe
10,08
-
-
7144
Kammerumlage
131,50
46,00
-
7150
sonstiger Werbeaufwand
759,78
53,68
-
7240
Instandhaltungen
-
43,98
32,40
7250
Betriebsversicherungen
400,80
-
-
7335
Reisespesen
2.494,99
863,83
325,10
7380
Telefon, Telex und Telefax
1.766,39
2.479,92
2.065,10
7390
Porto und sonst Postgeb
2,85
9,50
12,19
7400
Büromiete
3.854,10
3.759,97
3.446,23
7600
Büromaterial
428,64
49,90
119,74
7610
Steuerberatung
1.469,04
-
800,00
7620
Fachliteratur
118,80
-
-
7650
Aufwand für Inserate
54,88
-
152,64
7820
Abschreibungen
159,25
318,50
318,50
8280
Zinsen für Bankkredite, Darlehen
476,35
429,77
234,29
8281
Anspruchszinsen Finanzamt
77,14
-
-
8520
Körperschaftsteuer
1.750,00
1.750,00
1.750,00
8521
Körperschaftsteuer Vorjahre
- 4.591,17
-
-

Am Konto "3481 Verrechnungskonto K***" wurden diverse Aufwendungen erfasst, die durch den Gesellschafter-Geschäftsführer bezahlt und gegen entsprechende Aufwandskonten gebucht wurden. Der Saldo dieses Kontos wurde am Ende des jeweiligen Jahres auf das Konto "3480 - Darlehen von Gesellschaftern" umgebucht.

Das Konto 3480 weist im maßgeblichen Zeitraum folgende Salden aus:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
117.611,45 Euro
136.058,83 Euro
142.430,77 Euro

Am Koto 3480 (Darlehen von Gesellschafter) wurden keine Aufwandszinsen verbucht.

Auf dem Konto "3481 - Verrechnungskonto K***" wurden neben Aufwendungen für Miete, Büromaterial und Versicherungen auch Reise-, Restaurant-, und Telefonkosten verbucht (zB "keb miete, cat, libro büromaterial, repa kopien, taxi, a1, schwarzes kamel, rossini, cafe westend, chinarest, parken, thalia, hotel athen" …). Über dieses Konto wurden ferner diverse Abgabenzahlungen verbucht (zB "fa zlg, gkk 09, db+dz kommabg 10, ku 2009, ubahnabg"…).

Im Jahr 2010 weisen die einzelnen Buchungen am Konto "3481 - Verrechnungskonto - K***" weder Gegenkonto noch Buchungstexte auf. Am Konto 7335 (Reisepesen) ist neben diversen Aufwendungen für "cat" "taxi" und "tanken" ein Flug nach Athen iHv 265,80 Euro verbucht.

Im Jahr 2011 wurden über das Verrechnungskonto "3481" fast ausschließlich Miet- und Telefonaufwendungen verbucht.

Für den Privatanteil der Wohnung wurden jährlich rund 82 % der Energie- und Mietaufwendungen wieder ausgebucht.

In den Büchern der Beschwerdeführerin sind mit Ausnahme des Darlehens von Gesellschaftern (Konto 3480) keine weiteren Darlehen ersichtlich.

Auf dem Konto "7150 sonstiger Werbeaufwand" wurden im Jahr 2009 überwiegend Restaurationsumsätze gebucht ("schwarzes kamel, rossini, cafe westend, konditorei oberlaa, cafe fabios" …).

Der sonstige Werbeaufwand im Jahr 2010 iHv 53,68 Euro betrifft ausschließlich Restaurationsumsätze ("vom fass, fabios, stadtwirt").

Laut Umsatzsteuererklärungen der Jahre 2009 bis 2011 wurden weder Umsätze erklärt, noch Vorsteuerbeträge geltend gemacht.

Am stellte die Beschwerdeführerin der A*** GmbH in Deutschland eine Honorarnote (Nr. 2) "laut Beratungsvertrag vom Mai 2009" für den Zeitraum Juni 2009 iHv ingesamt 6.200 Euro ohne Umsatzsteuer aus. Diese Honorarnote enthielt eine Kostenpauschale iHv 1.200 Euro. Als Bankverbindung wurde das Konto mit dem IBAN 123*** bei der Bank Austria Unicredit Group angegeben.

Am stellte das rumänische Unternehmen T*** der A*** GmbH für den Zeitraum Oktober 2009 Leistungen "laut Beratungsvertrag" iHv insgesamt 6.200 Euro ohne Umsatzsteuer aus. Diese Honorarnote enthielt eine Kostenpauschale iHv 1.200 Euro. Unter dem Namen der T*** ist der Name des Gesellschafters der Beschwerdeführerin angeführt. Als Bankverbindung wurde ebenfalls das Konto mit dem IBAN 123*** bei der Bank Austria Unicredit Group angegeben.

Die beiden Fakturen weisen gewisse Ähnlichkeiten in Form und Schrift auf.

Die Saldenlisten der Beschwerdeführerin weisen im streitgegenständlichen Zeitraum weder Forderungen aus Lieferungen und Leistungen noch dementsprechende Erlöse auf.

Laut Finanzbuchhaltung verfügt die Beschwerdeführerin im Zeitraum 2009 bis 2011 über ein Konto bei der "Bank Austria CA" mit der Bezeichnung "xxx***". In den Grunddaten der Finanzverwaltung ist folgende aktuelle Bankverbindung angegeben: "IBAN ATxxx***".

Ein Konto mit dem IBAN 123*** ist weder in der Finanzbuchhaltung der Beschwerdeführerin noch in deren Grunddaten erfasst.

Der vom Bundesfinanzgericht mittels Beschluss vom angeforderte Beratungsvertrag wurde nicht vorgelegt.

Die Haftungsbescheide betreffend Kapitalertragsteuer 2009 bis 2011 sind im Finanzamt in Verstoß geraten und liegen dem Bundesfinanzgericht nicht vor. Diese sind der Beschwerdeführerin laut Ausführungen in der Beschwerde am zugestellt worden.

Beweiswürdigung

Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus den Grunddaten der Beschwerdeführerin, den vorgelegten, teilweise im Verfahrensverlauf zitierten Aktenteilen sowie aus dem Arbeitsbogen und der darin befindlichen Unterlagen und Dokumenten der Betriebsprüfung.

In freier Beweiswürdigung geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass die Beschwerdeführerin jedenfalls eine weitere Honorarnote iHv 6.200 Euro an die A*** GmbH ausgestellt hat, da die vorliegende Honorarnote vom mit der Ziffer 2 gekennzeichnet ist.

Da monatliche Kosten betreffend Projekte mit der Firma A*** GmbH über das Verrechnunskonto "K***" im Aufwand der Beschwerdeführerin im Jahr 2009 verbucht wurden ("ün bukarest, fh amsterdam, fh bremen, aiport service taxi, hotel athen"…) und korrespondierende Erträge fehlen, ist es schlüssig anzunehmen, dass weitere Honorarnoten nicht im Rechenwerk der Beschwerdeführerin erfasst wurden.

In der von der Beschwerdeführerin ausgestellten Honorarnote Nr. 2 vom wird überdies auf einen "Beratungsvertrag vom Mai 2009" verwiesen. Das Bundesfinanzgericht geht daher davon aus, dass dieser Vertrag zwischen der Beschwerdeführerin und dem deutschen Unternehmen geschlossen wurde.

Zwar wird auf der von der T*** ausgestellten Honorarnote Nr. 6 vom ebenfalls auf einen "Beratungsvertrag" verwiesen, jedoch geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass dieser Vertrag tatsächlich mit der Beschwerdeführerin abgeschlossen wurde, da diese bereits in der im Juni ausgestellten Honorarnote auf einen Beratungsvertrag mit der A*** GmbH verwiesen hat und auch auf der Honorarnote Nr. 6 das gleiche österreichisches Bankkonto wie auf der Honorarnote Nr. 2 angeführt ist.

Die Ausführungen des Gesellschafters, wonach das Projekt von der A*** GmbH in weiterer Folge nicht mehr unterstützt wurde bzw die Kosten nicht länger bzw "zögernd" übernommen wurden, erscheinen glaubhaft, da auch der Aufwand für Reisekosten dementsprechend in den folgenden Jahren gesunken ist. Das Bundesfinanzgericht geht daher davon aus, dass die an die A*** GmbH verrechneten Honorare analog den Reisekosten gesunken sind.

Rechtliche Würdigung

1. Gegenstandsloserklärung

Die Beschwerdeführerin wurde mit Beschluss vom aufgefordert, den Mangel der fehlenden Begründung betreffend die Beschwerde gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer 2009 bis 2011 binnen einer Frist von 4 Wochen zu beheben, andernfalls die Beschwerde als zurückgenommen gilt (§ 85 Abs 2 BAO).

Da die Beschwerdeführerin den Mangel innerhalb der Frist nicht behoben hat, gilt die Beschwerde insoweit als zurückgenommen. Die Beschwerde hinsichtlich der Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Körperschafsteuer und Umsatzsteuer 2009 bis 2011 ist daher gem § 278 BAO iVm § 256 Abs 3 BAO als gegenstandslos zu erklären.

2. Schätzung und verdeckte Ausschüttung

Gem § 184 Abs 3 BAO sind die Grundlagen für die Abgabenerhebung unter anderem dann zu schätzen, wenn die Bücher und Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher und Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Die Beschwerdeführerin hat im Juni 2009 eine Honorarnote an die A*** GmbH in Rastede (D) ausgestellt. Laut Sachverhalt wurden Aufwendungen, jedoch keine Erlöse auf den Konten der Beschwerdeführerin verbucht. Es liegen daher geeignete Gründe vor, die an der sachlichen Richtigkeit der Bücher und Aufzeichnungen zweifeln lassen.

Im Gegensatz zu einer Personengesellschaft ist eine Kapitalgesellschaft ein vom Gesellschafter getrenntes selbständiges Rechtssubjekt.

Aus der Rechtspersönlichkeit der Kapitalgesellschaft leitet sich für das Steuerrecht das Trennungsprinzip ab, das auch steuerlich wirksame Leistungsbeziehungen zwischen dem Gesellschafter (allenfalls auch dem Alleingesellschafter) und der Kapitalgesellschaft ermöglicht. Der Gesellschafter-Geschäftsführer ist nicht für den eigenen Betrieb, sondern für den der Kapitalgesellschaft und somit für einen fremden Betrieb tätig. ().

Analog zum Trennungsprinzip kann daher eine Differenz in der Lebensdeckungsrechnung des Gesellschafter-Geschäftsführers nicht der Kapitalgesellschaft als fehlende Einnahmen bzw steuerbare Umsätze hinzugerechnet werden. Umso weniger können diese der GmbH durch die belangte Behörde hinzugerechneten fiktiven Einnahmen als verdeckte Ausschüttungen an den Gesellschafter beurteilt werden.

Eine verdeckte Ausschüttung nach § 8 Abs 2 KStG 1988 setzt voraus, dass dem Gesellschafter Vorteile zu Lasten der Gesellschaft gewährt werden. "Unter verdeckten Ausschüttungen iSd § 8 Abs 2 KStG 1988 sind alle außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung gelegenen Zuwendungen einer Körperschaft an Anteilsinhaber zu verstehen, die das Einkommen der Körperschaft vermindern und ihre Wurzel in der Anteilsinhaberschaft haben" (vgl zB ).

Das Verrechnungskonto der Beschwerdeführerin mit ihrem Gesellschafter ist in der Kontoklasse 3 erfasst. Es handelt sich um eine Verbindlichkeit der Gesellschaft gegenüber ihrem Gesellschafter. Mangels Vorteilsgewährung an den Gesellschafter liegen daher keine verdeckten Ausschüttungen vor.

Die von der Beschwerdeführerin ausgestellte und nicht verbuchte Honorarnote an das deutsche Unternehmen A*** GmbH vom iHv 6.200 Euro weist als Leistungserbringerin die Beschwerdeführerin aus. Da monatliche Kosten betreffend Projekte mit der Firma A*** GmbH über das Verrechnunskonto "K***" im Aufwand der Beschwerdeführerin im Jahr 2009 verbucht wurden, sind die damit im Zusammenhang stehenden nicht verbuchten Einnahmen ebenfalls der GmbH zuzuordnen. Da diese Honorarnote mit der Ziffer 2 nummeriert ist, wird durch das Bundesfinanzgericht angenommen, dass auch eine Honorarnote mit der Ziffer 1 ausgestellt worden ist.

Da im Laufe des Jahre 2009 weitere Aufwendungen iZm dem Projekt der Firma A*** GmbH auf den Konten der Beschwerdeführerin verbucht wurden, ist mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass weitere Honorare nicht auf den Erlöskonten der Beschwerdeführerin erfasst wurden.

Ausgehend von dem in der Honorarnote Nr. 2 angeführten Beratungsvertrag vom Mai 2009 werden vom Bundesfinanzgericht für das Jahr 2009 im Schätzungswege nicht verbuchte Erlöse iHv jeweils 6.200 Euro für den Zeitraum Mai bis Dezember (somit insgesamt 49.600 Euro) angenommen.

Im Jahr 2010 wurden Reisespesen iHv 863,83 Euro verbucht. Dieser Betrag entspricht in etwa 35% der Reisekosten des Jahres 2009. Analog zu den sinkenden Reisekosten werden durch das Bundesfinanzgericht im Jahr 2010 nicht verbuchte Erlöse iHv 17.000 Euro angesetzt.

Für das Jahr 2011 werden durch das Bundesfinanzgericht lediglich die verbuchten Reisespesen iHv 325,10 Euro ("athen hotel") als Auslagenersatz den Erlösen hinzugerechnet, da aufgrund der sinkenden Reisepesen anzunehmen ist, dass das Projekt mit dem deutschen Unternehmen beendet wurde.

Mehrgewinne einer Kapitalgesellschaft, die in ihrem Betriebsvermögen keinen Niederschlag gefunden haben, sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als den Gesellschaftern verdeckt zugeflossene Ausschüttungen anzusehen (vgl zB /).

Gem § 93 Abs 1 EStG 1988 wird bei inländischen Einkünften aus Kapitalvermögen die Einkommensteuer durch Steuerabzug erhoben (Kapitalertragsteuer).

Unter sonstige Bezüge aus Anteilen an einer GmbH iSd § 27 Abs 3 Z 1 lit a EStG 1988 fallen auch verdeckte Ausschüttungen.

Die Kapitalertragsteuer beträgt im maßgeblichen Zeitraum 25 %. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren liegen keine Hinweise vor, dass die Kapitalertragsteuer vom Gesellschafter getragen wird. Da die Übernahme der Kapitalertragsteuer für den Gesellschafter eine weitere verdeckte Ausschüttung begründet, beträgt die Kapitalertragsteuer 33,33% vom Ausschüttungsbetrag.

Berechnung der Kapitalertragsteuer:


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2009
2010
2011
Euro
Euro
Euro
verdeckte Ausschüttung
49.600,00
17.000,00
325,10
33,30%
33,30%
33,30%
KESt
16.516,80
5.661,00
108,26
Bemessungsgrundlage (rückgerechnet)
66.067,20
22.644,00
433,03

Allfällige Säumniszuschläge sind entsprechend anzupassen.

3. Nicht abzugsfähige Aufwendungen

Gem § 12 Abs 1 KStG 1988 iVm § 20 Abs 1 Z 3 EStG 1988 dürfen Repräsentationsaufwendungen nicht als Aufwendungen abgezogen werden. Darunter fallen auch Aufwendungen oder Ausgaben anlässlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden. Weist der Steuerpflichtige nach, dass die Bewirtung der Werbung dient und die betriebliche oder berufliche Veranlassung weitaus überwiegt, können derartige Aufwendungen oder Ausgaben zur Hälfte abgezogen werden.

Laut vorliegender Unterlagen wurde die betriebliche oder berufliche Veranlassung der einzelnen Aufwandsbuchungen des Kontos "7150 - sonstiger Werbeaufwand" in den Jahren 2009 (iHv 759,78 Euro) und 2010 (iHv 53,68 Euro) nicht nachgewiesen. Die Aufwendungen sind daher gem § 12 Abs 1 KStG 1988 iVm § 20 Abs 1 Z 3 EStG 1988 nicht abzugsfähig und berechtigten auch nicht zum Vorsteuerabzug.

4. Umsatzsteuer

§ 3a Abs 6 UStG 1994 bestimmt:

"Eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer im Sinne des Abs 5 Z 1 und 2 ausgeführt wird, wird vorbehaltlich der Abs 8 bis 16 und Art 3a an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, ist stattdessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend."

Nach Art 196 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem schuldet der Steuerpflichtige oder die nicht steuerpflichtige juristische Person mit einer Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer, für den/die eine Dienstleistung nach Artikel 44 erbracht wird, die Mehrwertsteuer, wenn die Dienstleistung von einem nicht in diesem Mitgliedstaat ansässigen Steuerpflichtigen erbracht wird.

Nach Artikel 44 der RL 2006/112/EG gilt als Ort einer Dienstleistung an einen Steuerpflichtigen, der als solcher behandelt wird, jener Ort, an dem dieser Steuerpflichtige den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat (Generalklausel B2B).

Die Beschwerdeführerin hat weder Sitz noch eine Betriebsstätte in Deutschland und erbrachte diverse Dienstleistungen an ein deutsches Unternehmen.

Die erbrachten Dienstleistungen der Beschwerdeführerin an die A*** GmbH sind daher nach § 3a Abs 6 UStG 1994 im Inland nicht steuerbar, sondern unterliegen in Deutschland dem Reverse Charge System. Es fällt somit keine Umsatzsteuer im Inland an.

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die zu lösenden Rechtsfragen beschränken sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet wurden und solche, welche im Gesetz eindeutig gelöst sind. Im Übrigen hängt der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab. Tatfragen sind kein Thema für eine ordentliche Revision. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 27 Abs. 3 Z 1 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 256 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 278 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 184 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 12 Abs. 1 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 93 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 8 Abs. 2 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 3a Abs. 6 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Art. 44 RL 2006/112/EG, ABl. Nr. L 347 vom S. 1
Art. 196 RL 2006/112/EG, ABl. Nr. L 347 vom S. 1
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100136.2018

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