Keine Werbungskosten für eine doppelte Haushaltsführung bei Wegverlegung des Familienwohnsitzes vom Beschäftigungsort, wobei im Nahbereich des neuen Familienwohnsitzes keine (ortsgebundene) Tätigkeit ausgeübt wird.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Namen des Richters*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Thomas Kollaczia-Putz, Annagasse 3-3A/35, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind am Ende der Entscheidungsgründe unter dem Punkt 3.1.2 unter "c.) Berechnung der Einkommensteuer 2018" zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
***Bf1*** (in der Folge als Beschwerdeführerin "Bf." bezeichnet) brachte am ihre Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung 2018 ein und begehrte insbesondere Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten.
Am wurde seitens des Finanzamtes an die Bf. ein Vorhalt übermittelt und folgende Fragen an die Bf. gestellt:
"- Leben Sie in Partnerschaft? Wenn ja, seit wann. Daten des Partners sind bitte bekanntzugeben (Versicherungsnummer, Name, Anschrift)
- Wo ist Ihr Partner beschäftigt? Wo befindet sich der Dienstort ihres Partners?
- Dienstverträge von Ihnen und Ihrem Partner sind bitte vorzulegen.
- Mietvertrag oder Kaufvertrag vom Familienwohnsitz sind bitte vorzulegen. Wem gehört das Haus/die Wohnung und wer kommt für die Betriebskosten auf? Belege bitte vorlegen.
- Wie oft fahren Sie vom Arbeitsort zum Familienwohnsitz und mit welchem Verkehrsmittel? Bekommen Sie vom Arbeitsgeber dafür Kostenersätze?
- Bitte geben Sie Ihre Versicherungsnummer bekannt"
Dieser Vorhalt wurde seitens der Bf. beantwortet wie folgt:
"Sehr geehrte Frau ***Name Finanzbedienstete***, die Steuerpflichtige lebt mit Herrn ***Vorname*** ***Nachname des Lebensgefährten***, Sozialversicherungsnummer ***XXXX/TTMMJJ*** zusammen, und zwar schon in der Schweiz vor ihrem Zuzug nach Österreich. Herr ***Nachname des Lebensgefährten*** ist ebenfalls Pilot bei der Firma ***Name Firma*** und ist nach seinem Wegzug aus der Schweiz am nach Österreich an die ***neuer Familienwohnsitz*** zurückgezogen. Die Firma ***Name Firma*** ist eine ***EU-Land*** Firma, sein Dienstort ist ***Name Stadt*** in ***Land in Asien***. Herr ***Nachname des Lebensgefährten*** ist Eigentümer dieses Hauses. Die Betriebskosten werden gemeinsam bezahlt. Die Steuerpflichtige fliegt üblicherweise mehrmals im Monat zu Ihrem Arbeitsort mit dem Flugzeug (üblicherweise muss sie dafür Euro 25,00 bezahlen), circa einmal alle zwei Monate fährt sie aber auch mit dem Auto; eigene Kostenersätze gibt es dafür nicht. Die Steuerpflichtige hat keine Sozialversicherungsnummer in Österreich. Mit gewohnter vorzüglicher Wertschätzung"
Der Einkommensteuerbescheid 2018 wurde am erlassen und wurden in diesem die Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten nicht berücksichtigt. Begründend führte das Finanzamt im Wesentlichen aus, dass "die Begründung des Haushaltes in ***Ort des neuen Familienwohnsitzes*** aus rein privaten Gründen" erfolgt sei.
In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde vom brachte die Bf. vor, dass die Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung gegeben sein und beantragte die Berücksichtigung von Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung (und Familienheimfahrten) i.d.H.v. € 3.087,49.
Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. Das Finanzamt begründete die abweisende Beschwerdevorentscheidung wie folgt:
"Werbungskosten iSd § 16 EStG 1988 eines Arbeitnehmers sind Aufwendungen oder Ausgaben, die beruflich veranlasst sind. Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen oder Ausgaben
- objektiv im Zusammenhang mit einer nichtselbständigen Tätigkeit stehen und
- subjektiv zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen geleistet werden oder den Steuerpflichtigen unfreiwillig treffen und- nicht unter ein steuerliches Abzugsverbot fallen.
Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden.
Die Beibehaltung des Familienwohnsitzes ist aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen. Der Grund, warum Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung dennoch als Werbungskosten bei den aus der Erwerbstätigkeit erzielten Einkünften Berücksichtigung finden, liegt darin, dass derartige Aufwendungen so lange als durch die Erwerbstätigkeit veranlasst gelten, als dem Erwerbstätigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann. Dies bedeutet aber nicht, dass zwischen den für eine solche Unzumutbarkeit sprechenden Gründen und der Erwerbstätigkeit ein ursächlicher Zusammenhang bestehen muss. Die Unzumutbarkeit kann ihre Ursachen sowohl in der privaten Lebensführung, als auch in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder in einer Erwerbstätigkeit seines (Ehe-)Partners haben (; ; , 2001/13/0216).
Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung können immer nur so lange vorliegen, bis der Familienwohnsitz an den Beschäftigungsort verlegt wurde. Die Begründung eines eigenen Haushaltes am Beschäftigungsort bei gleichzeitiger Beibehaltung des Familienwohnsitzes (doppelte Haushaltsführung) ist beruflich veranlasst, wenn der Familienwohnsitz
- vom Beschäftigungsort des Steuerpflichtigen so weit entfernt ist, dass ihm eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann und entweder
- die Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes nicht privatveranlasst ist oder
- die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort nicht zugemutet werden kann.
Unzumutbarkeit der täglichen Rückkehr ist grundsätzlich dann anzunehmen, wenn der Familienwohnsitz vom Beschäftigungsort mehr als 80 Kilometer entfernt ist und die Fahrzeit mehr als eine Stunde beträgt (). Abzustellen ist jedenfalls auf das tatsächlich benutzte Verkehrsmittel.
Ein Familienwohnsitz (§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. f und § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988) liegt dort, wo
- ein in (Ehe)Partnerschaft oder in Lebensgemeinschaft lebender Steuerpflichtiger oder
- ein alleinstehender Steuerpflichtiger seine engsten persönlichen Beziehungen (z.B. Familie, Freundeskreis) und einen eigenen Hausstand hat.
Der Steuerpflichtige hat einen eigenen Hausstand, wenn er eine Wohnung besitzt, deren Einrichtung seinen Lebensbedürfnissen entspricht. Ein eigener Hausstand liegt jedenfalls nicht vor, wenn der Steuerpflichtige Räumlichkeiten innerhalb eines Wohnverbandes einer oder mehrerer Person(en), die nicht (Ehe)Partner sind oder mit denen keine Lebensgemeinschaft besteht, mitbewohnt.
Bei einer dauernden Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes ist keine private Veranlassung zu unterstellen, wenn der Ehegatte (im Falle der eheähnlichen Gemeinschaft der Partner) des Steuerpflichtigen oder der Steuerpflichtige selbst am Familienwohnsitz steuerlich relevante, ortsgebundene Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 EStG 1988 aus einer aktiven Erwerbstätigkeit in Höhe von mehr als 6.000 Euro jährlich erzielt (vgl. ; ) oder die Einkünfte in Bezug auf das Familieneinkommen von wirtschaftlicher Bedeutung sind ().
Betragen die Einkünfte des (Ehe)Partners oder des Steuerpflichtigen am Familienwohnsitz höchstens 6.000 Euro, machen sie jedoch mehr als ein Zehntel der Einkünfte des Steuerpflichtigen aus, kommt den Einkünften des (Ehe-)Partners bzw. des Steuerpflichtigen eine wirtschaftliche Bedeutung zu, die aus der Sicht des Steuerpflichtigen die Unzumutbarkeit eines Wechsels des Familienwohnsitzes bewirken kann.
Private Veranlassung ist hingegen zu unterstellen, wenn der Steuerpflichtige in anderen Fällen den bisherigen Familienwohnsitz deswegen beibehält, weil er dort z.B. ein Eigenheim errichtet hat.
Die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort ist z.B. unzumutbar:
- Bei ständig wechselnder Arbeitsstätte (z.B, bei einem Bauarbeiter, bei saisonal Beschäftigten oder bei Vorliegen einer Arbeitskräfteüberlassung). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn eine häufige Abberufung zu entsprechend weit entfernten Arbeitsstellen gegeben ist. Die abstrakte Möglichkeit einer Abberufung reicht dazu aber nicht aus, es muss sich vielmehr um eine konkret, ernsthaft und latent drohende Möglichkeit einer solchen Abberufung handeln (). Eine ständig wechselnde Arbeitsstätte liegt nicht mehr vor, wenn die Arbeitsstätte fünf Jahre beibehalten wurde.
- Wenn von vornherein mit Gewissheit anzunehmen ist, dass die auswärtige Tätigkeit mit vier bis fünf Jahren befristet ist (vgl. ; zu einem auf zwei Jahre befristeten Projekt). Angesichts einer absehbaren befristeten Entsendung an einen anderen Beschäftigungsort ist es dem (auch alleinstehenden) Steuerpflichtigen nicht zumutbar, den gewählten Familienwohnsitz aufzugeben.
- Bei Unzumutbarkeit der (Mit)Übersiedlung von pflegebedürftigen Angehörigen ().
- Solange auf Grund fremdenrechtlicher Bestimmungen ein Familiennachzug nicht möglich ist (vgl. ; ).
- Wenn im gemeinsamen Haushalt am Familienwohnsitz unterhaltsberechtigte und betreuungsbedürftige Kinder wohnen und zusätzlich eine (Mit)Übersiedlung der gesamten Familie aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar ist. Die wirtschaftlichen Gründe sind dabei immer in Verbindung mit dem Vorliegen unterhaltsberechtigter, minderjähriger Kinder zu sehen. Es ist daher davon auszugehen, dass bei volljährigen Kindern (ausgenommen z.B. bei Pflegebedürftigkeit des Kindes) grundsätzlich keine Ortsgebundenheit des haushaltsführenden Elternteils mehr besteht.
Liegen die Voraussetzungen für eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung nicht vor oder sind sie weggefallen (z.B. (Ehe)Partner beendet seine berufliche Tätigkeit), können die Kosten für eine beruflich veranlasste Begründung eines zweiten Haushalts am Beschäftigungsort vorübergehend als Werbungskosten geltend gemacht werden. Dabei ist von einer angemessenen Frist auszugehen, die sich nach den Möglichkeiten der Beschaffung eines Familienwohnsitzes (bei Alleinstehenden eines Wohnsitzes) im Einzugsbereich des Beschäftigungsortes orientiert. Die Frage, ob bzw. wann dem Steuerpflichtigen die Verlegung seines (Familien-)Wohnsitzes zumutbar ist, kann nicht schematisch vom Ablauf eines bestimmten Zeitraums abhängig gemacht werden; vielmehr sind die Verhältnisse des Einzelfalls zu berücksichtigen (). Im Allgemeinen wird aber
- für verheiratete, in eheähnlicher Gemeinschaft oder in Gemeinschaft mit einem minderjährigen Kind lebende Arbeitnehmer ein Zeitraum von zwei Jahren,
- für allein stehende Arbeitnehmer ein Zeitraum von sechs Monaten ausreichend sein.
Die Beibehaltung der bisherigen Wohnung am Beschäftigungsort bei Verlegung des Familienwohnsitzes an einen auswärtigen Ort ist grundsätzlich nicht beruflich veranlasst. Wird aber erstmals ein gemeinsamer Familienwohnsitz am Beschäftigungsort des einen (Ehe)Partners gegründet und der andere (Ehe)Partner muss, weil er seine bisherige Erwerbstätigkeit beibehält, auch seinen bisherigen Wohnsitz außerhalb der üblichen Entfernung vom neuen Familienwohnsitz beibehalten, so sind seine durch die Beibehaltung erwachsenden Mehraufwendungen als Werbungskosten abzugsfähig.
Da Ihr Partner auf selbständiger Basis als Pilot arbeitet und daher keine ortsgebundenen Einkünfte bezieht, sind die Voraussetzungen für die Berücksichtigung der doppelten Haushaltsführung nicht gegeben.
Wie der VwGH im Erkenntnis vom , 93/15/0244 ausführt, liegt der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort, dann können die Mehraufwendungen für eine "doppelte Haushaltsführung", wie z.B. für die Wohnung am Beschäftigungsort und die Kosten für Familienheimfahrten, nur dann steuerlich berücksichtigt werden, wenn die doppelte Haushaltsführung beruflich bedingt ist; ist die Wahl oder Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort hingegen auf der privaten Sphäre zuzuordnende Gründe zurückzuführen, sind die daraus entstandenen Aufwendungen nicht abzugsfähig (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , ZI. 90/13/0030; Hofstätter-Reichel, Einkommensteuergesetz 1972 - Kommentar § 16 Abs. 1 Z. 6, Tz 1).
Den Ausführungen in der Beschwerde, dass die Beibehaltung des Familienwohnsitzes immer durch Umstände veranlasst sind, die außerhalb der Erwerbstätigkeit liegen, ist folgendes entgegenzuhalten: Ihr Vertrag bei der ***Name Dienstgeberin der Bf.*** mit der Zweigniederlassung in ***Name Dienstort*** wurde mit abgeschlossen.
Da Sie bereits zu diesem Zeitpunkt wussten, dass Ihr Arbeitsort in der Schweiz sein würde und gleichzeitig Ihr Partner als Pilot auf selbständiger Basis arbeitet, erfolgte die Begründung eines Haushaltes in ***Ort des neuen Familienwohnsitzes*** aus rein privaten Gründen, weshalb die Aufwendungen gern. § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 nicht abzugsfähig sind.
Die geltend gemachten Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung iHv 3.087,49 Euro können daher nicht als Werbungskosten iSd § 16 Abs. 1 EStG 1988 anerkannt werden."
Im Vorlageantrag vom brachte die Bf. vor:
"Ich stelle in offener Frist den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz, da die Beschwerde vom als unbegründet abgewiesen wurde. Begründung: Die Begründung des Finanzamtes, die Werbungskosten der doppelten Haushaltsführung nicht anzuerkennen, liegt zusammengefasst darin, dass der Partner der Steuerpflichtigen als selbständiger Pilot arbeitet und daher nach Ansicht des Finanzamtes keine ortsgebundenen Einkünfte bezieht. Übersehen wird dabei aber, dass es sich bei diesem Familiensitz um ein langjähriges Eigenheim handelt; die Begründung des Haushaltes in ***Ort des neuen Familienwohnsitzes*** erfolgte daher aus nachvollziehbaren, lebensnahen Umständen. Eine Begründung des Familienwohnsitzes am Sitz der Zweitniederlassung in ***Name Dienstort*** entspräche hingegen nicht dem üblichen Verhalten (Anmerkung: Bei einem Familienwohnsitz in der Schweiz wären beide Steuerpflichtigen nicht in Österreich steuerpflichtig). Überdies sprechen auch wirtschaftliche Gründe dagegen, da der Verkauf des Einfamilienhauses aufgrund des eingetragenen Veräußerungs- und Belastungsverbotes nicht möglich ist. Der Grundbuchsauszug liegt dem Finanzamt bereits vor. Weiters stelle ich den Antrag auf eine mündliche Verhandlung"
Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte deren Abweisung.
Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde diese Beschwerdesache der Gerichtsabteilung 1005 zur Erledigung zugewiesen.
In der mündlichen Verhandlung vom führte die Bf. insbesondere aus, dass seit dem Jahr 2012 eine Lebensgemeinschaft mit ihrem Lebensgefährten und seit dem Jahr 2015 ein gemeinsamer Wohnsitz in der ***Ort alter Familienwohnsitz*** in der Schweiz bestanden habe.
Das Haus in ***Ort des neuen Familienwohnsitzes*** habe eine Größe von 250m² und werde aktuell von der Bf. und ihrem Lebensgefährten alleine bewohnt. Auch trage die Bf. regelmäßig Teile der Betriebskosten. Zum Nachweis der Tragung der Betriebskosten wurde dem BFG im Rahmen der mündlichen Verhandlung ein Screenshot von drei Überweisungen aus dem Jahr 2023 gemailt. Nach dem Vorbringen der Bf. handle es sich bei dem Haus in ***Ort des neuen Familienwohnsitzes*** um den Familienwohnsitz der Bf. und deren Lebensgefährten.
Bei der Adresse in ***Adresse der Eltern der Bf. in EU-Land*** handle es sich um den Wohnsitz der Eltern der Bf.
Neben den Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung hat die Bf. auch noch andere Werbungskosten steuerlich geltend gemacht, insbesondere Aufwendungen für eine Reisetasche und einen Samsonite-Koffer sowie Kosten für den Umzug, wobei die Rechnung auf den Lebensgefährten der Bf. lautet.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:
Die Lebensgemeinschaft zwischen der Bf. und ihrem Lebensgefährten besteht seit dem Jahr 2012. Seit dem Jahr 2015 lebten die Bf. und ihr Lebensgefährte zusammen in der Schweiz an der Adresse ***Ort alter Familienwohnsitz***. Dort war sohin der Familienwohnsitz der Bf. und ihres Lebensgefährten.
Beginnend mit nahm die Bf. eine Beschäftigung bei der ***Name Dienstgeberin der Bf.*** als Pilotin (Captain) an. Die Homebase der Bf. war in ***Name Dienstort*** in der Schweiz.
Der Lebensgefährte der Bf. nahm im Jahr 2018 eine Tätigkeit bei der ***Name Firma*** als Pilot an - sein Dienstort war im beschwerdegegenständlichen Jahr 2018 in ***Name Stadt*** in ***Land in Asien***. Der Lebensgefährte der Bf. bezog aus seiner selbständigen Tätigkeit im Jahr 2018 ein Einkommen von € 770,01.
Die Bf. verlegte ihren Wohnsitz wegen Neuaufnahme der Tätigkeit bei der ***Name Dienstgeberin der Bf.*** in die Nähe des Beschäftigungsortes, nämlich in die ***Wohnort der Bf. am Beschäftigungsort***. Die Bf. mietete eine Wohnung in der Große von 80,8m² zuzüglich einer Loggia von 8,4m², einer Veranda von € 4,3m² und einer Garage (laut Mietvertag hat die Garage TOP G5 eine Größe von 27,6m²). Das Mietverhältnis war auf 3 Jahre befristet.
Der Lebensgefährte der Bf. und die Bf. verlegten ihren Familienwohnsitz von der der Adresse ***Ort alter Familienwohnsitz*** in das Haus in ***neuer Familienwohnsitz***. Dieses Haus hatte der Lebensgefährte mit Übergabsvertrag vom von seinen Eltern übertragen erhalten. Ob diesem Haus war ein Veräußerungs- und Belastungsverbot zu Gunsten der Eltern des Lebensgefährten und ein Fruchtgenussrecht zu Gunsten der Mutter des Lebensgefährten einverleibt.
Die Bf. und ihr Lebensgefährte hatten ihren Familienwohnsitz von der Adresse ***Ort alter Familienwohnsitz*** nach ***neuer Familienwohnsitz*** und sohin vom Tätigkeitsort der Bf. wegverlegt. Die Tätigkeit des Lebensgefährten der Bf. (als Pilot mit seinem Dienstort in ***Name Stadt*** in ***Land in Asien***) wurde nicht in der Nähe des neuen Familienwohnsitzes (in ***Ort des neuen Familienwohnsitzes***) ausgeübt. Die Verlegung des Familienwohnsitzes erfolgte sohin nicht in die Nähe des Ortes der Beschäftigung des Lebensgefährten der Bf. oder der Bf. selbst.
Die Bf. hat die Kosten für eine Reisetasche, einen Samsonite-Koffer und Umzugskosten als Werbungskosten steuerlich geltend gemacht, wobei die Rechnung für die Umzugskosten auf den Lebensgefährten der Bf. lautet. Von den Aufwendungen für ein iPhone und ein iPad hat die Bf. einen Privatanteil von 20% ausgeschieden.
2. Beweiswürdigung
Das Bestehen der Lebensgemeinschaft zwischen der Bf. und deren Lebensgefährten seit dem Jahr 2012 und das Bestehen eines gemeinsamen Familienwohnsitzes in der Schweiz ab dem Jahr 2015 ergeben sich aus den diesbezüglich glaubwürdigen Angaben der Bf. und sind unstrittig.
Die Aufnahmen der Tätigkeiten durch die Bf. und deren Lebensgefährten jeweils als Pilotin bei der bei der ***Name Dienstgeberin der Bf.*** mit Homebase in ***Name Dienstort*** in der Schweiz sowie als Pilot bei der ***Name Firma*** mit Dienstort in ***Name Stadt*** in ***Land in Asien*** ergeben sich aus dem Vorbringen der Bf. im Laufe des Beschwerdeverfahrens und sind unstrittig.
Die Begründung des Wohnsitzes der Bf. in der ***Wohnort der Bf. am Beschäftigungsort*** und die Größe der Wohnung ergeben sich aus dem vorgelegten Mietvertrag und ist unstrittig.
Die Verlegung des Familienwohnsitzes vom bisherigen Familienwohnsitz in ***Ort alter Familienwohnsitz*** zum neuen Familienwohnsitz in ***neuer Familienwohnsitz*** ergibt sich aus dem Vorbringen der Bf. und der Aktenlage und ist unstrittig.
Dass in der Nähe des neuen Familienwohnsitzes in ***neuer Familienwohnsitz*** weder der Tätigkeitsort der Bf. noch der Tätigkeitsort des Lebensgefährten der Bf. liegt und sohin der Familienwohnsitz nicht in die Nähe des Beschäftigungsortes eines der beiden Lebensgefährten verlegt worden ist, ergibt sich aus der Aktenlage und ist unstrittig.
Dass dem Lebensgefährten das Haus in der ***neuer Familienwohnsitz*** übergeben worden ist und dass ob dieser Liegenschaften (***EZ XX und EZ YY***, KG ***ZZZZZ*** ***Ort des neuen Familienwohnsitzes***) Belastungs- und Veräußerungsverbote zu Gunsten der Eltern des Lebensgefährten der Bf. und auch ein Fruchtgenussrecht zu Gunsten der Mutter des Lebensgefährten der Bf. einverleibt worden ist, ergibt sich aus dem Grundbuch und ist unstrittig.
Dass die Bf. die Kosten für eine Reisetasche, einen Koffer, für ein iPad (abzüglich eines Privatanteiles von 20%) und ein iPhone (abzüglich eines Privatanteiles von 20%) steuerlich geltend gemacht hat, ergibt sich aus der Aktenlage (vorgelegte Rechnungen) und ist unstrittig. Dass die Bf. Umzugskosten steuerlich geltend gemacht hat, wobei die Rechnung auf den Lebensgefährten der Bf. lautet, ergibt sich aus der Aktenlage (vorgelegte Rechnung) und ist ebenfalls unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)
3.1.1. Gesetzliche Grundlagen
Gemäß § 7 Abs. 1 und 2 EStG 1988 sind bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt (abnutzbares Anlagevermögen), die Anschaffungs- oder Herstellungskosten gleichmäßig verteilt auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzusetzen (Absetzung für Abnutzung). Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer bemisst sich nach der Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung.
Wird das Wirtschaftsgut im Wirtschaftsjahr mehr als sechs Monate genutzt, dann ist der gesamte auf ein Jahr entfallende Betrag abzusetzen, sonst die Hälfte dieses Betrages.
Gemäß § 13 EStG 1988 können die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von abnutzbaren Anlagegütern als Betriebsausgaben abgesetzt werden, wenn diese Kosten für das einzelne Anlagegut 400 Euro nicht übersteigen (geringwertige Wirtschaftsgüter).
Gemäß § 16 Abs. 1 erster Satz Einkommensteuergesetz (EStG) 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 sind Werbungskosten auch die Ausgaben für Arbeitsmittel (zB Werkzeug und Berufskleidung). Ist die Nutzungsdauer der Arbeitsmittel länger als ein Jahr, ist Z 8anzuwenden.
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 sind Werbungskosten auch die Absetzungen für Abnutzungen und für Substanzverringerungen (§§ 7 und 8).
Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden.
Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, nicht abgezogen werden.
Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde soweit sie die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
Gemäß § 279 Abs. 1 2. Satz BAO ist das Verwaltungsgericht berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
3.1.2. Rechtliche Beurteilung (Fettdruck durch BFG):
a.)Doppelte Haushaltsführung:
Vorweg wird an dieser Stelle - um Wiederholungen zu vermeiden - auf die unter dem Punkt Verfahrensverlauf wiedergegebenen, zutreffenden rechtlichen Ausführungen der belangten Behörde in der Beschwerdevorentscheidung vom zur doppelten Haushaltsführung verwiesen und gelten die dort gemachten Ausführungen ausdrücklich auch an dieser Stelle als angeführt.
Von einer doppelten Haushaltsführung wird gesprochen, wenn aus beruflichen Gründen zwei Wohnsitze geführt werden, und zwar einer am Familienwohnort (Familienwohnsitz) und einer am Beschäftigungsort (Berufswohnsitz). Als Arbeits-, Tätigkeits- oder Beschäftigungsort ist nur jener Ort zu verstehen, der eine persönliche Anwesenheit zur Arbeitsleistung erfordert, sodass der Steuerpflichtige an diesem Ort wohnen muss (z.B. ).
Liegt der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort, dann können die (Mehr)Aufwendungen für "Familienheimfahrten" bzw. "doppelte Haushaltsführung", wie z.B. für die Wohnung am Beschäftigungsort und die Kosten für Familienheimfahrten, nur dann steuerlich berücksichtigt werden, wenn die doppelte Haushaltsführung beruflich bedingt ist. Die doppelte Haushaltsführung ist dann als beruflich veranlasst anzusehen, wenn die Gründung des zweiten Hausstandes einen objektiven Zusammenhang mit der Berufstätigkeit aufweist (). Eine berufliche Veranlassung in diesem Sinne liegt hingegen nicht vor, wenn der Arbeitnehmer seinen Familienwohnsitz aus privaten Gründen vom bisherigen Wohnort, der auch der Beschäftigungsort ist, wegverlegt und am Beschäftigungsort einen zweiten Hausstand führt (, ; , und ).
Die Beibehaltung eines Familienwohnsitzes ist aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblich weiter Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, nicht durch die Erwerbstätigkeit, sondern durch Umstände veranlasst, die außerhalb der Erwerbstätigkeit liegen. Der Grund, warum Aufwendungen für Familienheimfahrten und Kosten der Wohnung am Beschäftigungsort dennoch als Betriebsausgaben oder Werbungskosten bei den aus der Erwerbstätigkeit erzielten Einkünften Berücksichtigung finden, liegt darin, dass derartige Aufwendungen solange als durch die Einkünfteerzielung veranlasst gelten, als dem Steuerpflichtigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann. Die Unzumutbarkeit kann ihre Ursache insbesondere in der privaten Lebensführung des Steuerpflichtigen oder in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Ehegatten/Lebensgefährten haben (, , ).
Als Familienwohnsitz gilt nach der Rechtsprechung jener Ort, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehegatten oder ein unverheirateter Steuerpflichtiger mit seinem in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partner einen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Person bildet (). Die nichteheliche (bzw. eheähnliche) Lebensgemeinschaft wird bei Berücksichtigung der doppelten Haushaltsführung der Ehe gleichgestellt.
Die Beibehaltung der bisherigen Wohnung am Beschäftigungsort bei Verlegung des Familienwohnsitzes an einen auswärtigen Ort ist in der Regel nicht beruflich veranlasst (Jakom/Lenneis, EStG, 2017, § 16 Rz 56).
Die Wegverlegung des Familienwohnsitzes vom Beschäftigungsort des Abgabepflichtigen wegen der Aufnahme einer Beschäftigung des Ehegatten an einem anderen Ort ist nicht durch die Erwerbstätigkeit des Abgabepflichtigen veranlasst und führt deshalb nicht zu berücksichtigungsfähigen Werbungskosten ().
Die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (; ; ). Die Gründe für die Beibehaltung sind daher jährlich von der Abgabenbehörde zu prüfen.
Insoweit danach Kosten für Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten) abzugsfähig sind, werden sie in § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 mit dem höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 angeführten Betrag begrenzt.
Im vorliegenden Fall hatten die Bf. und deren Lebensgefährte im Jahr 2012 eine Lebensgemeinschaft und im Jahr 2015 einen Familienwohnsitz in der ***Ort alter Familienwohnsitz*** in der Schweiz begründet.
Im Jahr 2018 hat die Bf. eine Tätigkeit als Pilotin (Captain) bei der ***Name Dienstgeberin der Bf.*** in ***Name Dienstort*** in der Schweiz aufgenommen und ihren Wohnsitz in die Nähe des Beschäftigungsortes, in die ***Wohnort der Bf. am Beschäftigungsort*** verlegt. Die Bf. mietete an dieser Adresse eine Wohnung in der Große von 80,8m² zuzüglich einer Loggia von 8,4m², einer Veranda von € 4,3m² und einer Garage (in der Größe von 27,6m²). Das Mietverhältnis war auf 3 Jahre befristet. Die von der Bf. gemietete Wohnung wäre auf Grund ihrer Größe ohne weiteres für die Begründung eines Familienwohnsitzes geeignet gewesen, eine Begründung eines Familienwohnsitzes durch die Bf. und deren Lebensgefährten erfolgte an dieser Adresse (***Wohnort der Bf. am Beschäftigungsort***) jedoch auch deswegen nicht, weil dem Lebensgefährten der Bf. das Haus in ***neuer Familienwohnsitz*** übertragen und weil der Mietvertrag über die Wohnung in *** befristet abgeschlossen worden war.
Ebenfalls im Jahr 2018 verlegte der Lebensgefährte der Bf. und die Bf. selbst ihren Familienwohnsitz nach ***neuer Familienwohnsitz***. Der Dienstort des Lebensgefährten der Bf. war bei der Firma ***Name Firma*** in ***Name Stadt*** in ***Land in Asien***.
Die Verlegung des Familienwohnsitzes von der Adresse ***Ort alter Familienwohnsitz*** zur Adresse ***neuer Familienwohnsitz*** erfolgte deswegen, weil der Lebensgefährte der Bf. von seinen Eltern ein Haus übertragen erhalten hat. Die Begründung des neuen Familienwohnsitzes im ***Ort des neuen Familienwohnsitzes*** erfolgte daher nicht in der Nähe des Dienstortes des Lebensgefährten des Bf. (***Name Stadt*** in ***Land in Asien***) und war die Anwesenheit des Lebensgefährten in ***Ort des neuen Familienwohnsitzes*** für seine Tätigkeit als Pilot mit Dienstort ***Name Stadt*** in ***Land in Asien*** auch nicht erforderlich. Die Verlegung des Familienwohnsitzes von ***Ort alter Familienwohnsitz*** nach ***neuer Familienwohnsitz*** stand daher - entgegen dem Vorbringen der Bf. in der mündlichen Verhandlung - objektiv nicht im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Lebensgefährten des Bf. als Pilot für die Firma ***Name Firma*** mit Dienstort in ***Name Stadt*** in ***Land in Asien***.
Zu dem Vorbringen der Bf., dass die Begründung des Familienwohnsitzes in ***Ort des neuen Familienwohnsitzes*** aus nachvollziehbaren und lebensnahen Umständen erfolgte, ist festzuhalten, dass die Wegverlegung des Familienwohnsitzes vom Beschäftigungsort, weil am neuen Familienwohnsitz ein Eigenheim zur Verfügung steht, aus rein privaten Gründen erfolgt ist.
Die Wegverlegung des Familienwohnsitzes vom Beschäftigungsort ohne, dass eine Begründung des Familienwohnsitzes in der Nähe des neuen Beschäftigungsortes erfolgt ist und ohne dass die Anwesenheit des Lebensgefährten der Bf. an diesem neuen Familienwohnsitz erforderlich gewesen ist, mag zwar in Ansehung der vorliegenden Umstände (Übertragung eines Hauses mit einer Wohnfläche von ca. 250m²) nachvollziehbar sein. Die Verlegung des Familienwohnsitzes weg von dem Tätigkeitsort der Bf. ohne dass eine Verlegung dieses Familienwohnsitzes in die Nähe des neuen Tätigkeitsortes des Lebensgefährten der Bf. erfolgt wäre und ohne dass die Anwesenheit des Lebensgefährten der Bf. an diesem neuen Familienwohnsitz erforderlich gewesen wäre, erfolgte aber im vorliegenden Fall ausschließlich aus privaten Gründen, nämlich, weil dem Lebensgefährten der Bf. das Haus im ***Ort des neuen Familienwohnsitzes*** übertragen worden ist.
Daran, dass die Wegverlegung des Familienwohnsitzes nach ***Ort des neuen Familienwohnsitzes*** aus privat veranlassten Gründen erfolgt ist und in keinem objektiven Zusammenhang mit der Tätigkeit des Lebens-gefährten der Bf. gestanden hat, ändert auch der Umstand nichts, dass sich die Bf. (zumindest im Jahr 2023) teilweise an den Betriebskosten des Hauses in ***Ort des neuen Familienwohnsitzes*** beteiligt hat.
Es ist Sache des Steuerpflichtigen, der Abgabenbehörde oder dem Verwaltungsgericht die Gründe zu nennen, aus denen er die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung als unzumutbar ansieht. Die Abgabenbehörde oder das Verwaltungsgericht ist in einem solchen Fall nicht verhalten, nach dem Vorliegen auch noch anderer als der vom Steuerpflichtigen angegebenen Gründe für die behauptete Unzumutbarkeit zu suchen (; ).
Mit dem Vorbringen seitens der Bf., dass ein Verkauf des Hauses in ***neuer Familienwohnsitz*** auf Grund der eingetragenen Veräußerungs- und Belastungsverbote nicht möglich gewesen wäre, ist festzuhalten, dass die Bf. damit vorbringt, dass eine Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar gewesen wäre. Die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Aufgabe des Familienwohnsitzes muss sich aus Umständen von erheblichem objektivem Gewicht ergeben. Eine persönliche Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reicht nicht aus (; ).
Wirtschaftliche Gründe, die die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort unzumutbar machen, können z.B. angenommen werden, wenn der Verkauf des Einfamilienhauses bzw. der Wohnung am Familienwohnsitz aufgrund der Lage in einem strukturschwachen Gebiet zu erheblichen Vermögenseinbußen führen würde. Die Anschaffung einer adäquaten Wohnung am Beschäftigungsort wäre aus dem Erlös nicht möglich.
Im vorliegenden Fall hätte aber die Bf. bereits eine Mietwohnung bewohnt, die als Familienwohnsitz ohne weiteres geeignet gewesen wäre. Die Bf. und ihr Lebensgefährten wären daher nicht verhalten gewesen, das Elternhaus des Lebensgefährten zu verkaufen, um in der Nähe des Beschäftigungsortes einen Familienwohnsitz begründen zu können. Außerdem ist unter Zugrundelegung des seitens der Bf. vorgelegten Dienstvertrages davon auszugehen, dass die Bf. und ihr Lebensgefährte sehr wohl wirtschaftlich in der Lage gewesen wären, in der Nähe des Beschäftigungsortes einen Familienwohnsitz zu begründen.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die Wegverlegung des Familienwohnsitzes an die Adresse ***neuer Familienwohnsitz*** objektiv nicht im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Lebensgefährten des Bf. als Pilot für die Firma ***Name Firma*** mit Dienstort in ***Name Stadt*** in ***Land in Asien*** gestanden hat und dass die Verlegung des Familienwohnsitzes an diese Adresse ausschließlich deswegen, weil der Lebensgefährte der Bf. von seinen Eltern ein Haus übertragen erhalten hat und sohin aus rein privaten Gründen erfolgt ist.
Die belangte Behörde hat daher die Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung aus diesen Gründen zu Recht nicht zuerkannt und war die Beschwerde daher in diesem Punkt abzuweisen.
b.)Arbeitsmittel, geringwertige Wirtschaftsgüter
Die Bf. hat die folgenden Aufwendungen als Werbungskosten (Arbeitsmittel, sonstige Werbungskosten, geringwertige Wirtschaftsgüter) steuerliche geltend gemacht:
Zu diesen Aufwendungen ist festzuhalten, dass die Ausgaben für eine Reisetasche, die nach dem Vorbingen der Bf. selbst zu 80% beruflich und zu 20% privat verwendet wird, als Aufwendungen der Lebensführung gemäß § 20 EStG 1988 nicht zu Werbungskosten gemäß
§ 16 Abs. 1 EStG 1988 führen.
Von den Aufwendungen für die übrigen Arbeitsmittel (iPad, iPhone) waren - wie dies bereits die belangte Behörde in dem Einkommensteuer-Erstbescheid 2018 zutreffend ausgeführt hat - im Schätzungsweg (gemäß § 184 BAO) Privatanteile von 40% auszuscheiden. Die Bf. hatte eine private Nutzung der Arbeitsmittel im Ausmaß von nur 20% nicht nachgewiesen, weswegen die Privatanteile seitens des Bundesfinanzgerichts mit 40% geschätzt worden sind.
Ausgaben für einen Samsonite-Koffer führen als Kosten der Lebensführung gemäß § 20 EStG 1988 nicht zu Werbungskosten gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988.
Kosten für einen Mietwagen, die der Lebensgefährte der Bf. wirtschaftlich getragen hat, führen bei der Bf. mangels Abfluss nicht zu Werbungskoten gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988.
Von den steuerlich geltend gemachten Werbungskosten konnten daher folgende Aufwendungen als Werbungskosten gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 anerkannt werden:
Der angefochtene Bescheid war daher hinsichtlich dieses Beschwerdepunktes zum Nachteil der Bf. abzuändern.
c.)Berechnung der Einkommensteuer 2018
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Zu Werbungskosten auf Grund einer doppelten Haushaltsführung im Allgemeinen und zu Werbungskosten aus einer doppelten Haushaltsführung bei Wegverlegung des Familienwohnsitzes vom Beschäftigungsort im speziellen existiert - wie im gegenständlichen Erkenntnis dargelegt - eine umfangreiche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und ist das Bundesfinanzgericht mit diesem Erkenntnis von dieser höchstgerichtlichen Judikatur nicht abgewichen, weswegen auszusprechen war, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig ist.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 7 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 13 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 184 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7104914.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at