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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.06.2024, RV/7101764/2024

Werbungskosten und außergewöhnliche Belastungen eines Politikers

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Renate Schohaj in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich, Dienststelle Graz-Stadt, vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022 zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Einkommensteuer für das Jahr 2022 wird festgesetzt mit 1.599 Euro.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Erinnerung vom wurde der Beschwerdeführer (Bf.) zur Übermittlung der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2022 bis spätestens aufgefordert.

Mangels Einreichung einer Abgabenerklärung hat die belangte Behörde die Bemessungsgrundlagen im Schätzungswege gemäß § 184 BAO ermittelt und die Einkommensteuer 2022 mit Bescheid vom in der Höhe von 2.471 Euro festgesetzt.

Mit Eingabe vom erhob der Bf. fristgerecht Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2022. Am übermittelte der Bf. die Erklärung L1 zur Arbeitnehmerveranlagung 2022 in Papierform.

Mit Ergänzungsersuchen vom wurde der Bf. aufgefordert, die gewünschten Bescheidänderungen anhand einer nachvollziehbaren Aufstellung und unter Vorlage der entsprechenden Belege glaubhaft bis spätestens zu machen.

Mit Eingabe vom übermittelte der Bf. die für die im Rahmen der Veranlagung der Einkommensteuer 2022 geltend gemachten Werbungskosten erforderlichen Belege.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom änderte die belangte Behörde den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2022 dahingehend ab, als sie beruflich veranlasste Reisekosten in der Höhe von 440,32 Euro als Werbungskosten sowie Krankheitskosten in der Höhe von 1.312,62 Euro als außergewöhnliche Belastung berücksichtigte.

Am beantragte der Bf. über Finanz Online die Entscheidung über seine Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht und bringt vor, dass Aufwendungen in der Höhe von 1.232,40 Euro im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Tierschutzbeauftragter der ***Partei*** als Repräsentationsaufwand zu sehen sei. Des Weiteren sei der Pflichtbeitrag zur ÖGK in der Höhe von 1.372,02 Euro nicht berücksichtigt worden sei.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der Bf. bezog im Streitjahr 2022 neben seinen nichtselbständigen Einkünften der ***Partei*** in der Höhe von 5. 640 Euro weitere nichtselbständige Einkünfte der ***1*** GmbH in der Höhe von 883,34 Euro, der ***2*** GmbH in der Höhe von 20.138,68 Euro, der ***3*** GmbH in der Höhe von 80,88 Euro sowie Krankengelder der österreichischen Gesundheitskasse.

Im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Tierschutzbeauftragter der ***Partei*** beantragt er die Berücksichtigung folgender Werbungskosten:

Kilometergelder

Der Bf. beantragt die Berücksichtigung von Reisekosten im Ausmaß von 440,32 Euro und legt eine handschriftliche Reisekosten-Aufstellung vor, aus welcher für alle Fahrten die Fahrtstrecke in Kilometern vom Ausgangsort zum Veranstaltungsort ersichtlich ist. Die berufliche Veranlassung wird lediglich für die Sommergespräche mit den entsprechenden Daten dargelegt.

Die Aufzeichnungen enthalten des Weiteren keinerlei Angaben über das verwendete Fahrzeug, über Kilometerstände (am Beginn und am Ende jeder Fahrt), über die Abfahrts- und Ankunftszeiten, die Fahrtdauer, den Reiseweg und den Zweck der Fahrt.

Die Aufzeichnungen wirken so, als ob sie nicht laufend geführt, sondern nachgeschrieben worden sind.

Repräsentationsaufwendungen

Bei den seitens des Bf. im Streitjahr 2019 geltend gemachten Repräsentationsaufwendungen im Ausmaß von insgesamt 1.232,40 Euro handelt es sich einerseits um Bewirtungsspesen in der Höhe von 860,81 Euro, für welche eine handschriftliche Auflistung und die entsprechenden Gasthausrechnungen vorgelegt werden. Andererseits handelt es sich um Aufwendungen für Blumen in der Höhe von 66,30 Euro und Geschenke in der Höhe von 305,29 Euro.

Sozialversicherungsbeiträge

Der Bf. macht Pflichtbeiträge für das Jahr 2022 an die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) in der Höhe von 1.372,02 Euro als Werbungskosten geltend.

Des Weiteren macht der Bf. Krankheitskosten in der Höhe von 1.368,62 Euro als außergewöhnliche Belastung im Zusammenhang mit einer 60% Behinderung geltend.

2. Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig. Dagegen sprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich.

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 sind die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abzugsfähig.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 sind Aufwendungen für die Lebensführung nicht abzugsfähig, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt oder sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen (Aufteilungsverbot).

1. Werbungskosten

Km-Gelder

Fahrtkosten in Form von Kilometergeldern sind steuerlich nur dann als Werbungskosten anzuerkennen, wenn ihre berufliche Veranlassung und die tatsächlich zurückgelegten konkreten Fahrtstrecken mit einwandfreien Nachweisen belegt werden. Der berufliche Zweck und die Fahrtstrecken müssen eindeutig erwiesen oder zumindest glaubhaft gemacht werden. Dies ist schon im Hinblick darauf erforderlich, dass gleichartige Aufwendungen im Bereich der privaten Lebensführung anfallen, was eine klare Abgrenzung erforderlich macht (vgl. ).

Der Nachweis (die Glaubhaftmachung) von Fahrtkosten hat mit einem Fahrtenbuch oder mit sonstigen geeigneten Unterlagen zu erfolgen. Solche Aufzeichnungen haben zumindest das Datum, die Dauer, die Strecke, den Zweck und den Kilometerstand bei Beginn und Ende der Reise und die gefahrenen Kilometer zu enthalten. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann von einem einwandfreien Nachweis nicht gesprochen werden, wenn die Aufzeichnungen zum Beispiel keine Angaben über das verwendete Kraftfahrzeug und über die Anfangs- und Endkilometerstände von beruflichen Fahrten enthalten (vgl. ).

Die dem Nachweis der beruflich veranlassten Fahrten und der tatsächlich zurückgelegten Fahrtstrecken dienenden Aufzeichnungen müssen hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein. Dazu gehört auch, dass solche Aufzeichnungen zeitnah und in geschlossener Form geführt werden. Die erforderlichen Angaben müssen in einer gebundenen oder jedenfalls in einer in sich geschlossenen Form festgehalten werden, die nachträgliche Einfügungen oder Veränderungen ausschließt oder zumindest deutlich als solche erkennbar werden lässt. Weisen sie inhaltliche Unregelmäßigkeiten auf, kann dies die materielle Richtigkeit der Kilometerangaben infrage stellen (vgl. Renner, SWK 2008, 728).

Die vom Bf. vorgelegten Aufstellungen sind entsprechend der vorstehenden Erwägungen für den Nachweis oder die Glaubhaftmachung der beruflichen Veranlassung der darin angegebenen Fahrten und der tatsächlich zurückgelegten Fahrtstrecken nicht geeignet. Abgesehen davon, dass insbesondere die jeweiligen Kilometerstände nicht angeführt sind, ist aus dem einheitlichen, homogenen Aufbau zu schließen, dass die Listen im Nachhinein angefertigt wurden.

Wenngleich sich die vom Bf. vorgelegten Fahrtenaufzeichnungen angesichts der oben genannten Kriterien als mangelhaft geführt erweisen, unterliegen sie dennoch der freien Beweiswürdigung. Demnach ist das Bundesfinanzgericht der Auffassung, dass die Kosten jener Fahrten, deren berufliche Veranlassung aus den vorgelegten Aufzeichnungen zweifelsfrei und klar hervorgeht, als Werbungskosten anzuerkennen sind. Folglich sind Fahrtkosten, die im Zusammenhang mit politischen Veranstaltungen stehen und daher die berufliche Veranlassung glaubhaft machen, als abzugsfähige Werbungskosten anzuerkennen.

Konkret handelt es sich dabei um die Fahrten zu den Sommergesprächen 2022 am 30.6., 7.7., 14.7., 21.7., 28.7., 4.8., 11.8., 18.8., 25.8. und im Ausmaß von insgesamt 200 km, für welche Fahrtkosten in der Höhe von 84 Euro (0,42 Euro/km x 200 km) als abzugsfähige Werbungskosten berücksichtigt werden. Die übrigen geltend gemachten Fahrtkosten, welche den beruflichen Zweck der Fahrt nicht erkennen lassen, sind steuerlich nicht anzuerkennen.

Repräsentationsaufwendungen

a. Bewirtungsspesen

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 dürfen Repräsentationsaufwendungen oder Repräsentationsausgaben bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden. Darunter fallen auch Aufwendungen oder Ausgaben anlässlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden. Weist der Steuerpflichtige nach, dass die Bewirtung der Werbung dient und die betriebliche oder berufliche Veranlassung weitaus überwiegt, können derartige Aufwendungen oder Ausgaben zur Hälfte abgezogen werden.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind unter "Repräsentationsaufwendungen" alle Aufwendungen zu verstehen, die zwar durch den Beruf des Steuerpflichtigen bedingt sind bzw. im Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften anfallen, die aber auch sein gesellschaftliches Ansehen fördern, es ihm also ermöglichen, zu "repräsentieren" (vgl. mwN).

Das gesellschaftliche Ansehen fördert nicht nur die Bewirtung, die ein Unternehmer Geschäftsfreunden, sondern gleichermaßen die Bewirtung, die ein politischer Funktionär anderen Personen, welcher Art immer - etwa möglichen Wählern oder anderen politischen Funktionären - zuteilwerden lässt (so ). So können auch Bewirtungen anlässlich von konkreten Wahlveranstaltungen bei einem politischen Funktionär zu steuerlich absetzbaren Aufwendungen führen (vgl. ). In diesem Zusammenhang ist jedoch nachzuweisen, dass dem Steuerpflichtigen die Aufwendungen tatsächlich erwachsen sind, dass mit der einzelnen Aufwendung ein Werbezweck verbunden war und dass die berufliche Veranlassung weitaus überwogen hat (vgl. ).

Das Vorliegen der Voraussetzungen muss vom Steuerpflichtigen für jede einzelne Aufwendung nachgewiesen werden; eine bloße Glaubhaftmachung im Sinn des § 138 Abs. 1 BAO, wonach die Aufwendungen dem Werbungszweck gedient haben, reicht nicht aus (vgl. ). Die bloße Vorlage von Restaurantrechnungen (vgl. ) bzw. Wirtshauszetteln (vgl. ) wird als nicht ausreichend angesehen.

Da es nicht nur auf die weitaus überwiegende berufliche Veranlassung, sondern auch darauf ankommt, dass der Werbezweck wesentlicher Charakter der Veranstaltung ist, können auch nur Bewirtungen anlässlich von konkreten Wahlveranstaltungen, die ein politischer Funktionär einberuft, um politische Angelegenheiten den Bürgern (Wählern) nahe zu bringen, also Veranstaltungen, die der Wahlwerbung dienen, bei ihm zu steuerlich absetzbaren Aufwendungen führen (vgl. dazu ).

Der Bf. hat eine handschriftliche Auflistung von Bewirtungskosten in der Höhe von 860,81 Euro vorgelegt und diese durch beigelegte Gasthausrechnungen belegt. Der Hinweis "Parteimitglied", "Tierschutz" oder "Interessent" in der handschriftlichen Auflistung bzw. in den vorgelegten Rechnungen lässt weder auf die berufliche Veranlassung noch auf den mit der Bewirtung in Zusammenhang stehenden Werbezweck für das politische Amt des Bf. schließen. Da keine weitergehenden Informationen betreffend die geltend gemachten Bewirtungskosten im Lichte der oben angeführten höchstgerichtlichen Rechtsprechung seitens des Bf. beigebracht wurden, ist die Abzugsfähigkeit der geltend gemachten Bewirtungsspesen zur Gänze zu versagen.

b. Geschenke und Blumen

Repräsentationsaufwendungen (Geschenke udgl.) sind - auch im Fall des Vorliegens eines damit verbundenen Werbezwecks - nicht abziehbar (vgl. ). Aufwendungen für gesellige Zusammenkünfte, wie Geburtstagsfeiern oder die Bewirtung von Arbeitskollegen, aber auch Gelegenheitsgeschenke gehören sohin zu den nichtabzugsfähigen Repräsentationsaufwendungen (vgl. mwN). Durch die gesellschaftliche Stellung des Geschenkgebers bedingte Aufwendungen der Lebensführung und damit nicht als Werbungskosten abzugsfähig sind folglich insbesondere kleinere Sachgeschenke, wie Wein, Sekt, Bonbonnieren usw. (vgl. ).

Da im streitgegenständlichen Fall eine ausschließliche berufliche Veranlassung bzw. eine entsprechende Werbewirksamkeit nicht nachgewiesen wurden, sind die vom Bf. anlässlich diverser Gratulationen verschenkten Sachgeschenke (Gutscheinkarte für Parteimitglied, Geschenkmünzen, Geschenk, Dehner Gutschein in der Höhe von insgesamt 305,29 Euro) sowie Blumen in der Höhe von 66,30 Euro entsprechend der Judikatur als nicht abzugsfähige Repräsentationsaufwendungen zu qualifizieren (siehe dazu Kofler/Wurm in Doralt et al., EStG-Kommentar (20. Lfg, 2018) § 20 Rz 84) und nicht als Werbungskosten anzuerkennen.

c) Sozialversicherungsbeiträge

Die seitens des Bf. an die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) geleisteten Pflichtbeiträge aufgrund einer geringfügigen Beschäftigung in der Höhe von 1.372,02 Euro sind als Werbungskosten zu berücksichtigen.

2. Außergewöhnliche Belastungen

Die im Zusammenhang mit einer 60% Behinderung geltend gemachten Krankheitskosten in der Höhe von 1.368,62 Euro sind abzüglich der Parkgebühren in der Höhe von 56,00 Euro, welche bereits mit den Fahrtkosten zum Spital abgegolten wurden, als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht hat die verfahrensgegenständlichen Rechtsfragen unter Berücksichtigung der angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gelöst. Im Übrigen waren Tatfragen zu beurteilen, die nicht revisibel sind. Es lag damit insgesamt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, weshalb die (ordentliche) Revision nicht zulässig ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101764.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at