Verfahrenshilfe – Einzel – Beschluss, BFG vom 29.05.2024, VH/7100002/2024

Verfahrenshilfeantrag eines subsidiär Schutzberechtigten - keine besonderen Schwierigkeiten rechtlicher Art

Entscheidungstext

Beschluss-Verfahrenshilfe

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** über den Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe des Antragstellers ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch ***Ev***, ***Ev-Adr***, als gesetzlicher Erwachsenenvertreter, vom , eingelangt beim Bundesfinanzgericht am , für das Beschwerdeverfahren betreffend Beschwerde gegen die Abweisungsbescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Antrag auf Familienbeihilfe und Antrag auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung, Sozialversicherungsnummer ***Nr***, beschlossen:

Der Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe gemäß § 292 BAO wird abgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Am langte beim Bundesfinanzgericht ein Antrag vom auf Bewilligung der Verfahrenshilfe des Antragstellers, vertreten durch seinen gesetzlichen Erwachsenenvertreter, ein. Der Erwachsenenvertreter legte einen Auszug aus dem Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis bei, die gesetzliche Erwachsenenvertretung ist seit eingetragen und gilt bis . Der Erwachsenenvertreter ist der Bruder des Antragstellers.

Beantragt wurde Verfahrenshilfe für die Bescheidbeschwerde gegen die Abweisungsbescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Antrag auf Familienbeihilfe und Antrag auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung. Begründet führte der Erwachsenenvertreter aus, dass die Entscheidung des Finanzamtes falsch sei, sein Bruder seit dem 14. Lebensjahr krank sei und nie gearbeitet habe. Als Beilage legte er unter anderem einen fachärztlichen Befundbericht vom vor, in dem mehrere Diagnosen angeführt sind.

Am legte der Erwachsenenvertreter eine Mitteilung des Fonds Soziales Wien bzw. der Caritas Wien betreffend Auszahlungsstopp der Grundversorgungsleistungen ab Jänner 2024 vor. Dieser wurde aufgrund eines KFZ-Besitzes bis zur Klärung verfügt, ob der KFZ-Besitz als Härtefall in der Grundversorgung genehmigt werde.

Mit Beschluss vom setzte das BFG die belangte Behörde über den direkt beim BFG eingebrachten Verfahrenshilfeantrag in Kenntnis und forderte die belangte Behörde auf, die Akten des Verwaltungsverfahrens vollständig vorzulegen.

Ergänzend wurde die belangte Behörde aufgefordert,
- dazu Stellung zu nehmen, dass die vom Antragsteller übermittelten Abweisungsbescheide an ***Bf*** zu Handen ***V***, ***V-Adr***, und nicht zu Handen ***Ev***, ***Ev-Adr***, zugestellt wurden,
- allenfalls dazu Stellung zu nehmen, dass gemäß den Angaben im Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe vom nach § 9 Abs. 3 ZustG mit die Heilung der Zustellung durch tatsächliches Zukommen an ***Ev***, ***Ev-Adr***, erfolgte.

Mit übermittelte die belangte Behörde die Akten. In einer Stellungnahme führte die belangte Behörde zusammenfassend aus, dass wohl irrtümlich der oben genannte Erwachsenenschutzverein als Erwachsenenvertreter für den Antragsteller vermerkt wurde und daher systemseitig automatisch die Zustellung der Bescheide an den Erwachsenenschutzverein verfügt wurde. Vom Erwachsenenschutzverein wurde der Behörde am telefonisch bestätigt, dass die Bescheide ***Ev*** persönlich übergeben wurden.

Am teilte der Erwachsenenvertreter mit, dass der Auszahlungsstopp der Grundversorgungsleistungen aufgehoben wurde und bestätigte per E-Mail-Nachricht vom , dass sein Bruder auch die letzten führ Jahre schon Leistungen aus der Grundversorgung erhalten habe.

Über den Verfahrenshilfeantrag wurde erwogen:

Entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Der Antragsteller ***Bf***, geb. am ***Bf-Geb***, stellte am durch seinen gesetzlichen Erwachsenenvertreter ***Ev*** einen Eigenantrag auf Familienbeihilfe sowie einen Antrag auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung, jeweils rückwirkend ab 01/2018.

Der Antrag auf Familienbeihilfe wurde von der belangten Behörde am mit folgender Begründung abgewiesen: "Ihnen wurde der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Sie erhalten nur dann Familienbeihilfe, wenn Sie arbeiten und keine Leistung aus der Grundversorgung beziehen (§ 3 Abs. 4 Familienlastenausgleichsgesetz 1967)."

Der Antrag auf Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung wurde von der belangten Behörde ebenfalls am mit folgender Begründung abgewiesen: "Der Erhöhungsbetrag wegen einer erheblichen Behinderung wird als Zuschlag zur allgemeinen Familienbeihilfe gewährt. Da für Sie die allgemeine Familienbeihilfe nicht zusteht, kann auch der Erhöhungsbetrag nicht ausgezahlt werden."

Die Zustellung der Abweisungsbescheide erfolgte an ***Bf*** z.H. ***V***, ***V-Adr*** und damit nicht an den oben angeführten gesetzlichen Erwachsenenvertreter. Der Erwachsenenvertreter ist der Bruder des Antragstellers und die gesetzliche Erwachsenenvertretung zumindest seit im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis eingetragen. Andere Zustellungsbevollmächtigte wurden nicht bekannt gegeben.

Die Abweisungsbescheide sind dem Erwachsenenvertreter jedoch am tatsächlich zugekommen.

Der Antragsteller, geboren am ***Bf-Geb***, ist syrischer Staatsbürger und als subsidiär Schutzberechtigter aufenthaltsberechtigt im Bundesgebiet. Der Antragsteller bezog in den letzten fünf Jahren vor Stellung der Anträge auf (erhöhte) Familienbeihilfe durchgehend Leistungen aus der Grundversorgung. Ein zwischenzeitlich verfügter Auszahlungsstopp ab Jänner 2024 wurde wieder aufgehoben und bezieht der Antragsteller weiterhin Grundversorgungsleistungen. Der Antragsteller bezieht zusätzlich seit Mindestsicherung. Diese umfasst eine Leistung zur Deckung des Lebensunterhaltes und den Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfes, eine Mietbeihilfe sowie einen Zuschlag für InhaberInnen eines Behindertenpasses. Die Leistungen aus der Grundversorgung in Höhe von 260,00 EUR monatlich und Mietzuschuss von Grundversorgung in Höhe von 165,00 EUR werden angerechnet. Der Antragsteller hat einen von bis gültigen Behindertenpass, der einen Grad der Behinderung von 100% ausweist.

Beweiswürdigung

Die Feststellungen zum Sachverhalt ergeben sich aus den Angaben und Beilagen des Verfahrenshilfeantrages, aus ergänzenden Angaben des Erwachsenenvertreters, den vorgelegten Akten sowie der übermittelten Stellungnahme der belangten Behörde.

Rechtliche Beurteilung

Rechtsgrundlagen

Gemäß § 292 Abs. 1 BAO ist auf Antrag einer Partei (§ 78), wenn zu entscheidende Rechtsfragen besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art aufweisen, ihr für das Beschwerdeverfahren Verfahrenshilfe vom Verwaltungsgericht insoweit zu bewilligen,
1. als die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten und
2. als die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Gemäß § 292 Abs. 6 BAO ist der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist bis zur Vorlage der Bescheidbeschwerde bei der Abgabenbehörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzubringen. Wird der Antrag vor Ablauf der Frist zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde beim Verwaltungsgericht eingebracht, so gilt dies als rechtzeitige Einbringung. […]

Gemäß § 292 Abs. 7 Z 1 BAO kann der Antrag ab Erlassung des Bescheides, der mit Beschwerde angefochten werden soll, gestellt werden.

Gemäß § 292 Abs. 8 BAO hat der Antrag zu enthalten
1. die Bezeichnung des Bescheides (Abs. 7 Z 1) […],
2. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
3. die Entscheidung der Partei, ob der Kammer der Wirtschaftstreuhänder oder der Rechtsanwaltskammer die Bestellung des Verfahrenshelfers obliegt,
4. eine Darstellung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers und der wirtschaftlich Beteiligten.

Gemäß § 292 Abs. 9 BAO ist ein bei der Abgabenbehörde vor Vorlage der Bescheidbeschwerde eingebrachter Antrag unter Anschluss der Verwaltungsakten unverzüglich dem Verwaltungsgericht vorzulegen.

Gemäß § 292 Abs. 10 BAO hat das Verwaltungsgericht über den Antrag mit Beschluss zu entscheiden. Hat das Gericht die Bewilligung der Verfahrenshilfe beschlossen, so hat es die Kammer der Wirtschaftstreuhänder bzw. die Rechtsanwaltskammer hievon zu benachrichtigen.

Gemäß § 292 Abs. 11 BAO hat die Kammer der Wirtschaftstreuhänder bzw. die Rechtsanwaltskammer mit Beschluss den Wirtschaftstreuhänder bzw. Rechtsanwalt zu bestellen, dessen Kosten die Partei nicht zu tragen hat. Wünschen der Partei über die Auswahl der Person des Wirtschaftstreuhänders oder Rechtsanwaltes ist im Einvernehmen mit dem namhaft gemachten Wirtschaftstreuhänder bzw. Rechtsanwalt nach Möglichkeit zu entsprechen. Von der Bestellung sind die Abgabenbehörde und das Verwaltungsgericht zu verständigen.

Wird der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb einer für die Einbringung der Beschwerde (§ 243, § 283), des Vorlageantrages (§ 264) oder einer im Beschwerdeverfahren gegenüber dem Verwaltungsgericht einzuhaltenden Frist gestellt, so beginnt gemäß § 292 Abs. 12 BAO diese Frist mit dem Zeitpunkt, in dem
1.der Beschluss über die Bestellung des Wirtschaftstreuhänders bzw. Rechtsanwaltes zum Vertreter und der anzufechtende Bescheid dem Wirtschaftstreuhänder bzw. Rechtsanwalt bzw.
2. der den Antrag nicht stattgebende Beschluss der Partei
zugestellt wurde, von neuem zu laufen.

Zur Antragstellung

Gemäß § 292 Abs. 7 Z 1 BAO kann der Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe frühestens ab Erlassung des Bescheides, der mit Beschwerde angefochten werden soll, gestellt werden. Die Wirksamkeit von Erledigungen (somit deren rechtliche Existenz) setzt gemäß § 97 Abs. 1 BAO grundsätzlich voraus, dass sie dem Adressaten bekannt gegeben wird. Die Bekanntgabe erfolgt gemäß § 97 Abs. 1 lit. a BAO bei schriftlichen Erledigungen - abgesehen von hier nicht relevanten Ausnahmen - durch Zustellung. Ein Bescheid gilt demnach erst mit seiner Bekanntgabe bzw. Zustellung an denjenigen, für den er seinem Inhalt nach bestimmt ist, als erlassen (vgl. ; Ritz, BAO7 § 97 Rz 1).

Für den Antragsteller ist ein gesetzlicher Erwachsenenvertreter bestellt. Andere Zustellungsbevollmächtigte wurden nicht bekannt gegeben. Die Zustellung hat an den gesetzlichen Vertreter zu erfolgen, wobei eine Zustellung "zu Handen" des gesetzlichen Vertreters ausreichend ist (vgl. ).

Scheint der gesetzliche Vertreter nicht als Empfänger auf, ist eine Heilung nach § 9 Abs. 3 ZustG durch tatsächliches Zukommen möglich (Bumberger/Schmid, Praxiskommentar zum Zustellgesetz § 9 E 99 bis E 102, Stand , rdb.at).

Gemäß festgestelltem Sachverhalt sind die Abweisungsbescheide dem gesetzlichen Vertreter am zugekommen. Der Zustellmangel ist damit geheilt. Der Verfahrenshilfeantrag wurde daher nach Erlassung der Bescheide gestellt.

Der Antrag wurde vor Vorlage der Bescheidbeschwerde direkt beim Bundesfinanzgericht eingebracht. Wird der Antrag vor Ablauf der Frist zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde beim Verwaltungsgericht eingebracht, so gilt dies nach § 292 Abs. 6 zweiter Satz BAO als rechtzeitige Einbringung. Am war die Beschwerdefrist noch offen, sodass die Einbringung als rechtzeitig gilt.

Die belangte Behörde wurde über den Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe in Kenntnis gesetzt und unter sinngemäßer Anwendung des § 292 Abs. 10 BAO zur Vorlage der Verwaltungsakten aufgefordert. Dem hat die belangte Behörde entsprochen.

Besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art

Nach § 292 Abs. 1 BAO ist Voraussetzung für die Bewilligung von Verfahrenshilfe, dass die zu entscheidenden Rechtsfragen "besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art" aufweisen.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , G 302/2019, ausgesprochen, dass die in § 292 Abs. 1 BAO verwendete Formulierung "besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art" verfassungskonform zu interpretieren sei.

Bei der Beurteilung, ob die zu entscheidenden Rechtsfragen besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art aufweisen, ist daher nicht darauf abzustellen, ob im Verfahren objektiv schwierige Fragen rechtlicher Art zu entscheiden sind. Sondern es ist zu überprüfen, ob im konkreten Einzelfall für den Antragsteller besondere Schwierigkeiten bestehen. Dabei sind alle Umstände des Falles wie der Streitgegenstand, die begründeten Erfolgsaussichten des Rechtsschutzsuchenden, die Bedeutung des Rechtsstreites für diesen, die Komplexität des geltenden Rechtes und des anwendbaren Verfahrens sowie die Fähigkeiten des Rechtsschutzsuchenden, sein Anliegen wirksam zu verteidigen, abzuwägen. Auch besondere Schwierigkeiten bei der Ermittlung des rechtserheblichen Sachverhaltens, also Fragen tatsächlicher Natur, können einen Anspruch auf Verfahrenshilfe begründen, zumal Tatsachenfragen regelmäßig in Rechtsfragen münden. Es sind auch stets die Fähigkeiten des betroffenen Antragstellers zu berücksichtigen, sein Anliegen wirksam zu verteidigen.

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass es nicht darauf ankommt, ob die im Verfahren zu lösenden Rechtsfragen objektiv als schwierig zu beurteilen sind, sondern ob für den Antragssteller besondere Schwierigkeiten bestehen, sodass dem Antragsteller ohne die Gewährung von Verfahrenshilfe, insbesondere ohne die Beiziehung eines Rechtsanwaltes bzw. Steuerberaters, ein effektiver Zugang zum Gericht verwehrt wäre.

Dem gegenständigen Verfahrenshilfeantrag liegen ein Eigenantrag auf Familienbeihilfe gemäß § 6 FLAG 1967 und ein Antrag auf den Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967 zugrunde. Der Antragsteller hat unstrittig den Status eines subsidiär Schutzberichtigten. Die streitgegenständlichen Rechtsfragen sind:

  • Welche Voraussetzungen sieht das Gesetz für den Eigenantrag eines subsidiär schutzberechtigten Antragstellers vor?

  • Bezog der Antragsteller im Streitzeitraum Leistungen aus der Grundversorgung?

  • Ist relevant, dass der Antragsteller laut dem Vorbringen im Verfahrenshilfeantrag aufgrund einer Krankheit nie gearbeitet hat?

Gemäß § 3 FLAG 1967 haben Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe.

§ 3 Abs 4 FLAG 1967 ist als lex specialis für Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, anwendbar und normiert für diese Personengruppe weitere Voraussetzungen für einen Eigenanspruch auf Familienbeihilfe. Subsidiär Schutzberechtigte haben Anspruch auf Familienbeihilfe, sofern sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind. Anspruch besteht auch für Kinder, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde.

Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom Ra 2017/16/0160 zur Prüfung eines Eigenantrages die Kriterien des § 3 Abs 4 erster Satz FLAG 1967 herangezogen (hier zum Fall der Erwerbstätigkeit). Auch das BFG hat mehrmals ausgesprochen, dass die Kriterien des § 3 Abs 4 erster Satz FLAG 1967 heranzuziehen sind (s etwa , , ). In der letztgenannten Entscheidung brachte das BFG zum Ausdruck, dass § 3 FLAG 1967 auch anzuwenden ist, wenn sich das Beschwerdevorbringen auf § 6 FLAG 1967 stützt. Eine diesbezügliche Beschwerde an den VfGH hat dieser mit Beschluss vom abgelehnt.

Daher werden der Prüfung des Verfahrenshilfeantrages die Kriterien des § 3 Abs 4 erster Satz FLAG 1967 zugrundgelegt.

Anspruch auf Familienbeihilfe besteht nach dem Gesetzeswortlaut des § 3 Abs 4 erster Satz FLAG 1967 nicht, wenn (und solange) der Antragsteller Leistungen aus der Grundversorgung erhält (Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG² § 3 Rz 281 mwN). Wird gleichzeitig Grundversorgung und (unter Anrechnung der Grundversorgungsleistungen) Sozialhilfe (Mindestsicherung) bezogen, greift der Ausschluss infolge Bezugs von Leistungen der Grundversorgung (Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG² § 3 Rz 285e mwN).

Dass der Antragsteller im beantragten Zeitraum Leistungen aus der Grundversorgung erhalten hat, konnte bereits im Zuge der Erhebungen zum Verfahrenshilfeantrag geklärt werden. Ferner wäre es möglich, Bestätigungen der Grundversorgungsstelle einzuholen. Dieser Aspekt stellt den Antragsteller daher vor keine besonderen Schwierigkeiten bei der Ermittlung des rechtserheblichen Sachverhaltes.

Ferner besteht nach dem Gesetzeswortlaut nur Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn eine subsidiär schutzberechtigte Person unselbständig oder selbständig erwerbstätig ist. Laut Vorbringen im Verfahrenshilfeantrag hat der Antragsteller aufgrund einer Krankheit nie gearbeitet und wäre damit gar nicht erwerbsfähig.

Die Frage der Erwerbsfähigkeit stellt sich bei erheblich behinderten subsidiär Schutzberechtigten jedoch in der Praxis nicht, weil diese üblicherweise unter die Grundversorgung ieS fallen (Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG² § 3 Rz 285f mwN). Dies trifft auch im vorliegenden Fall zu. Die Argumentation ist daher nicht geeignet, eine Rechtsfrage besonderer Schwierigkeit rechtlicher Art aufzuzeigen.

Liegen schon die gesetzlichen Voraussetzungen des § 3 Abs 4 FLAG 1967 als lex specialis nicht vor, erübrigt sich eine nähere Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen nach § 6 FLAG 1967 (Eigenanspruch) bzw § 8 Abs 4 FLAG 1967 (Erhöhungsbetrag). Für den Antrag auf Verfahrenshilfe bedeutet dies, dass sich auch in diesem Zusammenhang keine Rechtsfragen mit besonderen Schwierigkeiten rechtlicher Art stellen.

Weiters wird auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen, wonach in einem Verfahren, in dem keine Vertretungspflicht besteht, im Hinblick auf die bestehende Manuduktionspflicht und den Grundsatz der materiellen Wahrheit der Beigebung eines Rechtsanwaltes oder eines Steuerberaters als Verfahrenshelfer Ausnahmecharakter zukommt (). Eine solche Ausnahme liegt im vorliegenden Fall nicht vor.

Da somit nach rechtlicher Würdigung des BFG gegenständlich bereits die Voraussetzung der "Rechtsfragen von besonderer Schwierigkeit rechtlicher Art" iSd § 292 Abs. 1 BAO nicht vorliegt, waren die weiteren, gemäß § 292 Abs. 1 Z 1 und 2 BAO für die Gewährung der Verfahrenshilfe ausschlaggebenden Kriterien (Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts, Rechtsverfolgung weder mutwillig noch aussichtslos) keiner gesonderten Prüfung mehr zu unterziehen.

Der Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe war daher spruchgemäß abzuweisen.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt hier nicht vor. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten Judikatur des VwGH und des VfGH.

Belehrung und Hinweise

Dem Antragsteller steht das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (Freyung 8, 1010 Wien) zu erheben. Die Beschwerde ist direkt beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlichen Ausnahmen - durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Personen mit geringem Einkommen und Vermögen können einen Antrag auf Gebührenbefreiung und/oder auf kostenlose Beigebung einer Rechtsanwältin oder eines Rechtsanwaltes stellen. Der Verfahrenshilfeantrag selbst ist gebührenfrei und muss nicht von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Es muss aber die Rechtssache, für die Verfahrenshilfe begehrt wird, angegeben und bekannt gegeben werden, ob die beschwerdeführende Partei von der Entrichtung der Eingabengebühr befreit werden will und/oder ob ihr eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt beigestellt werden soll. Das Antragsformular samt Vermögensbekenntnis kann beim Verfassungsgerichtshof elektronisch, postalisch oder persönlich eingebracht werden. Das Formular für postalische oder persönliche Einbringung liegt in der Geschäftsstelle des Verfassungsgerichtshofes auf; es kann auch von der Website des Verfassungsgerichtshofes (www.vfgh.gv.at; im Bereich Kompetenzen und Verfahren / Verfahrenshilfe) heruntergeladen werden. Die Einbringung per E-Mail ist keine zulässige Form der elektronischen Einbringung. Zur Vorgangsweise für die elektronische Einbringung und zu weiteren Informationen wird auf die Website des Verfassungsgerichtshofes verwiesen.

Dem Antragsteller steht das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung, wenn das Bundesfinanzgericht dies in seinem Spruch zugelassen hat, eine ordentliche, ansonsten eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Die Revision ist schriftlich innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung der Entscheidung beim Bundesfinanzgericht, 1030 Wien, Hintere Zollamtsstraße 2b, einzubringen. Sie ist - abgesehen von den gesetzlichen Ausnahmen - durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt (in Abgaben- und Abgabenstrafsachen auch von einer Steuerberaterin bzw. einem Steuerberater oder einer Wirtschaftsprüferin bzw. einem Wirtschaftsprüfer) abzufassen und einzubringen. Bei entsprechend ungünstiger Einkommens- und Vermögenslage kann Verfahrenshilfe gewährt werden. Wird die Verfahrenshilfe bewilligt, entfällt die Eingabengebühr und es wird eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt bestellt, die oder der den Schriftsatz verfasst. Der Antrag ist im Falle der ordentlichen Revision beim Bundesfinanzgericht einzubringen. Das Antragsformular ist elektronisch auf der Website des Bundesfinanzgerichtes (https://www.bfg.gv.at/public/faq.html) erhältlich. Zur Erhebung einer außerordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof (Postfach 50, 1016 Wien) einzubringen; bereits der Antrag hat diesfalls eine Begründung zu enthalten, warum die Revision für zulässig erachtet wird. Das Antragsformular für postalische oder persönliche Einbringung ist im Servicecenter des Verwaltungsgerichtshofes (Judenplatz 11, 1010 Wien) oder elektronisch auf der Website des Verwaltungsgerichtshofes (www.vwgh.gv.at; im Bereich Verfahren/Verfahrenshilfe) erhältlich, auf welche auch zur Vorgangsweise für die elektronische Einbringung und zu weiteren Informationen verwiesen wird.

Die für eine allfällige Beschwerde oder Revision zu entrichtenden Eingabengebühren von 240,00 Euro ergeben sich aus § 17a Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 und § 24a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985.

Die belangte Behörde ist nicht Partei des Verfahrens betreffend Gewährung der Verfahrenshilfe, ihr steht daher kein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss zu (vgl. ; ).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 3 Abs. 4 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 292 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:VH.7100002.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at