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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.05.2024, RV/7104016/2023

Anwendbarkeit der Befreiung nach § 3 Abs. 1 Z 3 GrEStG beim Erwerb durch eine anerkannte Kirche vor der Novellierung durch BGBl. I Nr. 110/2023

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse Rauhofer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Arno Georg Sauberer, Neubaugürtel 41, 1150 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Grunderwerbsteuer zu ***1***, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Grunderwerbsteuererklärung vom zu ***1***

Mit Grunderwerbsteuerklärung vom wurde dem Finanzamt Österreich (kurz FA) über FinanzOnline zu ***1*** ein am zwischen dem ***HILFSVEREIN*** im Bund ***X*** als Veräußererin und der ***Bf1*** (die nunmehrige Beschwerdeführerin, kurz Bf.) als Erwerberin abgeschlossener Übergasvertrag vom angezeigt.

Dabei wurde beim Steuersatz "Erwerb durch andere als Art. 1 § 26a Abs .1 Z. 1 GGG Personenkreis (un-teilentgeltlich) inkl. Verlassenschaften" und als Befreiungsbestimmung "gemäß § 3 Abs. 1 Z. 3 GrEStG" erklärt.

Mit der Erklärung wurde dem FA der Zugangscode für den im Urkundenarchiv gespeicherten Übergabsvertrag samt 2 Beilagen bekanntgegeben.

Grunderwerbsteuerbescheid vom

Mit Bescheid vom setzte das FA die Grunderwerbsteuern gegenüber der Bf. ausgehend von einer Bemessungsgrundlage iHv € 1.324.453,14 unter Anwendung des Stufentarifes mit € 36.605,86 fest.

Die Begründung des Bescheides lautet wie folgt:

"Nach § 3 Abs. 1 Z3 GrEStG ist der unentgeltliche Erwerb eines Grundstückes durch Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen, die der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke nach Maßgabe der § 34 bis 47 BAO in der jeweils geltenden Fassung dienen, befreit. In § 38 Abs. 1 BAO ist geregeltKirchliche sind solche Zwecke, durch deren Erfüllung gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgemeinschaften gefördert werden. Somit umfasst die Regelung ausschließlich Tätigkeiten durch einen Rechtsträger, die sich auf die Förderung von gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften beziehen.Durch § 38 BAO werden aber nicht die gesetzlich anerkannten Kirchen oder Religonsgemeinschaften selbst wegen der Förderung kirchlicher Zwecke begünstigt sondern nur Rechtsträger, die der anerkannten Kirche oder Religionsgemeinschaft dienen.Erfolgt ein unentgeltlicher Erwerb durch eine anerkannte Kirche oder Religionsgemeinschaft selbst, liegt kein nach § 3 Abs. 1 Z3 GrEStG befreiter Erwerbsvorgang vor."

Beschwerde

Gegen diesen Bescheid brachte die Bf. fristgerecht am Beschwerde ein und beantragte die Aufhebung des Bescheides mit folgender Begründung:

"§ 3 Abs 1 Z 3 GrEStG lautet: Von der Besteuerung sind ausgenommen ... der unentgeltliche Erwerb eines Grundstückes durch Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen, die der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke nach Maßgabe der §§ 34 bis 47 BAO in der jeweils geltenden Fassung dienen.

Der Rechtsträger muss somit ausschließlich und unmittelbar der Förderung von gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§ 34 Abs 1 BAO). Kirchliche Zwecke sind solche, durch deren Erfüllung gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgemeinschaften gefördert werden.

Aus den parlamentarischen Materialien zum § 3 Abs 1 Z 3 GrEStG idF des Gemeinnützigkeitsgesetzes 2015 ist klar ersichtlich, dass die Intention des Gesetzgebers bestand, derartige Rechtsträger steuerfrei zu stellen; es sollen unentgeltliche Grundstückserwerbe durch gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Institutionen, wie Vereine, Stiftungen, gemeinnützige GmbHs, aber auch Körperschaften öffentlichen Rechtes, wie die ***Bf1***, begünstigt werden. Diesbezüglich wird u.a. in den Materialien festgehalten:

"zu Art 4 - Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes: Unentgeltliche Grundstückserwerbe durch gemeinnützige Körperschaften sollen zukünftig ohne grunderwerbsteuerliche Belastung erfolgen können"

Der Gesetzgeber wollte somit mit dieser Bestimmung wie überhaupt im Gemeinnützigkeitsgesetz 2015 - derartige gemeinnützige Rechtsträger grundsätzlich fördern. Eine Unterscheidung, wie in dem angefochtenen Bescheid erwähnt, dass nicht die "gesetzlich anerkannten Kirchen oder Religionsgemeinschaften selbst wegen der Förderung kirchlicher Zwecke begünstigt" werden sollen, sondern nur "Rechtsträger die der anerkannten Kirche oder Religionsgemeinschaft dienen" geht weder aus dem Gesetz, noch aus den Materialien des Gesetzes hervor. Mit dem Hinweis auf die "Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke nach Maßgabe der §§ 34 bis 47 BAO" wollte der Gesetzgeber lediglich eine weitere Auflistung, was diese Zwecke sind, vermeiden.

Genauso wie "gemeinnützige Rechtsträger" der Förderung "gemeinnütziger Zwecke" dienen, so dienen Kirchen, wie die Beschwerdeführerin, (als öffentlichrechtliche Körperschaft) der Förderung "kirchlicher Zwecke".

Im Übrigen wurde bisher die ***Bf1*** als im Sinne der §§ 34ff BAO begünstigter Rechtsträger anerkannt. Die Beiträge unserer Mitglieder an die Kirche sind Sonderausgaben; der ***Bund X***, dem wir angehören, ist in die Liste spendenbegünstigter Einrichtungen des BMF aufgenommen usw.

Aber selbst, wenn man der Argumentation des angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheides folgt und darauf abstellt, dass der Rechtsträger, um im Sinne des § 3 Abs 1 Z 3 GrESt bzw. des § 38 BAO begünstigt zu sein, "kirchliche Zwecke fördern" muss, die "anerkannten Kirchen oder Religionsgemeinschaften dienen", trifft dies auf die ***Bf1*** jedenfalls zu, da deren kirchliche Handlungen auch die weiteren ***Y*** unterstützen und fördern. So sind im Rahmen dieser Kirche zahlreiche Aktivitäten und Handlungen (Predigerdienste, Seelsorge, Mentoring, gemeinsame Gottesdienste usw.) darauf ausgerichtet, anderen Kirchen (wie beispielsweise den eigenständigen Gemeinden in ***A***, ***B*** usw.) zu dienen und diese zu fördern.
Die ***Bf1*** fördert daher auch in diesem Sinne die "gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften"

Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Zur Begründung wurde abermals ausgeführt, dass durch § 38 BAO nicht die gesetzlich anerkannten Kirchen oder Religionsgemeinschaften selbst wegen derFörderung kirchlicher Zwecke begünstigt werde, sondern nur Rechtsträger, die der anerkannten Kirche oder Religionsgemeinschaft dienen.Der unentgeltliche Erwerb durch die Bf. als gesetzlich anerkannte Kirche sei kein gemäß § 3 Abs. 1 Z3 GrEStG befreiter Erwerbsvorgang.

Vorlageantrag

Am beantragte die Bf. die Vorlage der Beschwerde ans BFG. Darin rügte die Bf., dass in der Beschwerdevorentscheidung auf die vorgebrachten Argumente nicht eingegangen worden sei.

Die Bf. diene wohl kirchlichen Zwecken im Sinne der BAO. Es sei zu berücksichtigten, dass sie ein Teil des Bundes ***X*** (***X***) sei und dieser wiederum Teil der ***Y*** (***Y***). Damit seien alle kirchlichen Handlungen darauf ausgerichtet, den Kultus innerhalb der ***Y*** zu unterstützen, zu fördern und weiterzutragen. Die Bf. unterstütze somit durch zahlreiche Aktivitäten (Gemeinsame Veranstaltungen, Seelsorge, Mentoring, Predigtdienste usw.) die anderen ***Y***.

Im Übrigen diene das gegenständliche Grundstück der Ausübung des Gottesdienstes und werde vom ***HILFSVEREIN*** an die Bf. übertragen. In erster Linie deshalb, da die Vereinskonstruktion (Hilfsverein) zu höheren bürokratischen Aufwendungen und Mehrkosten für die Gemeinde führe. Die Bf. fördere daher auch in diesem Sinne die "gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften.

Abschließend beantragte die Bf., die Aufhebung des Bescheides und die Erlassung eines neuen Bescheides, mit dem die gesetzliche Grunderwerbsteuerbefreiung berücksichtigt werde.

Vorlage der Beschwerde ans BFG

Mit Vorlagebericht vom legte das FA die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Im Vorlagebericht gab das FA eine Stellungnahme ab, in der unter Hinweis auf Laber/Zeiler in Pinetz/Schragl/Siller/Stefaner, GrEStG, § 3 RZ 199ff abermals ausgeführt wurde, dass kein nach § 3 Abs. 1 Z 3 GrEStG befreiter Erwerbsvorgang vorliege, weil ein unentgeltlicher Erwerb durch eine anerkannte Kirche oder Religionsgesellschaft selbst erfolgt sei.

Beweiserhebung durch das BFG

Von der zuständigen Richterin des BFG wurde zunächst Beweis erhoben durch Einsicht in die vom FA elektronisch vorgelegten Teile des Bemessungsaktes sowie bei FinanzOnline zur gegenständlichen Erfassungsnummer und ergibt sich daraus der oben dargestellte Verfahrensablauf.

Weiters erfolgten Recherchen des BFG auf www.bundeskanzleramt.gv.at/agenda/Kultusamt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit Übergabsvertrag vom erwarb die ***Bf1*** (kurz Bf.) die Liegenschaft ***EZ*** ***KG*** ***ORT*** samt dem darauf errichteten Kirchengebäude, dass der Ausübung des Gottesdienstes und damit religiösen Zwecken dient, vom ***HILFSVEREIN*** im Bund ***X***.

Als einziges Entgelt wurde in Punkt Drittens die Übernahme einer pfandrechtlich sichergestellten Kreditschuld mit einem aushaftenden Betrag iHv € 294.523,20 zur weiteren Verzinsung, Tilgung und Rückzahlung vereinbart.

Der Grundstückswert der Liegenschaft samt Gebäude beträgt € 1.324.453,14.

Mit Verordnung der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom ***DATUM***, ***BGBL II***, wurde aufgrund des § 2 des Gesetzes betreffend die gesetzliche Anerkennung von Religionsgesellschaften und des § 11 BekGG die Anerkennung der Anhänger ***...***, ***...*** ***Y*** als Kirche (Religionsgesellschaft) mit der Bezeichnung "***Y***" ausgesprochen.

Die "***Y***" umfassen alle Kirchengemeinden, die dem Bund der Baptistengemeinden in Österreich, dem Bund ***X***, ***...*** ***...*** angehören. Insgesamt zählen die "***Y***" rund 200 ***kirchliche*** Gemeinden in allen Bundesländern.

Bei der Bf. handelt es sich um eine Ortsgemeinde der "***Y***" und damit um eine Kultusgemeinde iSd § 4 des Gesetzes betreffend die gesetzliche Anerkennung von Religionsgesellschaften und kommt ihr nach Artikel V Abs. 1 lit. d der Verfassung der "***Y***" die Stellung einer selbständigen Körperschaft öffentlichen Rechtes zu.

Der ***HILFSVEREIN*** im Bund ***X*** ist ein Verein iSd Vereinsgesetzes, eingetragen im Vereinsregister unter der ZVR-Zahl ***xxx***. Die Übertragung der Liegenschaft an die Bf. erfolgte in erster Linie deshalb, da die Vereinskonstruktion (Hilfsverein) zu höheren bürokratischen Aufwendungen und Mehrkosten für die Kirchengemeinde führte.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen gründen sich auf die Angaben der Bf. in ihren Schriftsätzen und die von ihr vorgelegte Unterlagen (insbesondere der als Beilage ./2 dem Übergabsvertrag angeschlossenen Amtsbestätigung des Bundeskanzleramtes, Abt. II/4 (Kultusamt) zur Gz. ***yyy***) sowie die damit im Einklang stehenden Recherchen des BFG auf www.bundeskanzleramt.gv.at/agenda/Kultusamt (insbesondere dem Inhalt der vom Kultusamt herausgegebenen Broschüre "Religionen in Österreich"). Auch das Finanzamt ist in seiner Begründung stets davon ausgegangen, dass die Bf. eine gesetzlich anerkannte Kirche ist und ihr die Eigenschaft einer Körperschaft öffentlichen Rechtes zukommt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Gemäß § 1 Abs 1 GrEStG 1987 unterliegen der Grunderwerbsteuer ua. die folgenden Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen:

1. ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet.

Nach § 3 Abs. 1 Z 3 GrEStG 1987 in der Fassung BGBl. I Nr. 160/2015 ist der unentgeltliche Erwerb eines Grundstückes durch Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen, die der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke nach Maßgabe der §§ 34 bis 47 BAO in der jeweils geltenden Fassung dienen.

§ 34 BAO lautet wie folgt:

"Die Begünstigungen, die bei Betätigung für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke auf abgabenrechtlichem Gebiet in einzelnen Abgabenvorschriften gewährt werden, sind an die Voraussetzungen geknüpft, dass die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, der die Begünstigung zukommen soll, nach Gesetz, Satzung, Stiftungsbrief oder ihrer sonstigen Rechtsgrundlage und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar der Förderung der genannten Zwecke dient. …"

Gemäß § 38 Abs 1 BAO sind solche Zwecke kirchlich, durch deren Erfüllung gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften gefördert werden.

Nach § 38 Abs. 2 BAO gehören zu den kirchlichen Zwecken insbesondere die Errichtung, Erhaltung und Ausschmückung von Gottes(Bet)häusern und kirchlichen Gemeinde(Pfarr)häusern, die Abhaltung von Gottesdiensten, von kirchlichen Andachten und sonstigen religiösen oder seelsorglichen Veranstaltungen, die Ausbildung von Geistlichen und Ordenspersonen, die Erteilung von Religionsunterricht, die Beerdigung und Pflege des Andenkens von Toten in religiöster Hinsicht, ferner die Verwaltung des Kirchenvermögens, die Besoldung der Geistlichen und der kirchlichen Dienstnehmer, die Alters- und Invalidenversorgung dieser Personen und die Versorgung ihrer Witwen und Waisen einschließlich der Schaffung und Führung besonderer Einrichtungen (Heime) für diesen Personenkreis.

Nach § 39 BAO liegt ausschließliche Förderung vor, wenn folgenden fünf Voraussetzungen zutreffen:

"1. Die Körperschaft darf, abgesehen von völlig untergeordneten Nebenzwecken, keine anderen als gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen.

2. Die Körperschaft darf keinen Gewinn erstreben. Die Mitglieder dürfen keine Gewinnanteile und in ihrer Eigenschaft als Mitglieder keine sonstigen Zuwendungen aus Mitteln der Körperschaft erhalten.

3. Die Mitglieder dürfen bei ihrem Ausscheiden oder bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft nicht mehr als ihre eingezahlten Kapitalanteile und den gemeinen Wert ihrer Sacheinlagen zurückerhalten, der nach dem Zeitpunkt der Leistung der Einlagen zu berechnen ist.

4. Die Körperschaft darf keine Person durch Verwaltungsausgaben, die dem Zweck der Körperschaft fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen (Vorstandsgehälter oder Aufsichtsratsvergütungen) begünstigen.

5. Bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall des bisherigen Zweckes darf das Vermögen der Körperschaft, soweit es die eingezahlten Kapitalanteile der Mitglieder und den gemeinen Wert der von den Mitgliedern geleisteten Sacheinlagen übersteigt, nur für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verwendet werden.

Nach § 41 Abs. 1 BAO muss die Satzung der Körperschaft eine ausschließliche und unmittelbare Betätigung für einen gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zweck ausdrücklich vorsehen und diese Betätigung genau umschreiben; als Satzung im Sinn der §§ 41 bis 43 gilt auch jede andere sonst in Betracht kommende Rechtsgrundlage einer Körperschaft.

Gemäß § 41 Abs. 2 BAO liegt eine ausreichende Bindung der Vermögensverwendung im Sinn des § 39 Z. 5 vor, wenn der Zweck, für den das Vermögen bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zweckes zu verwenden ist, in der Satzung (Abs. 1) so genau bestimmt wird, dass auf Grund der Satzung geprüft werden kann, ob der Verwendungszweck als gemeinnützig, mildtätig oder kirchlich anzuerkennen ist.

Nach § 42 BAO muss die tatsächliche Geschäftsführung einer Körperschaft auf ausschließliche und unmittelbare Erfüllung des gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zweckes eingestellt sein und den Bestimmungen entsprechen, die die Satzung aufstellt.

Nach § 43 BAO müssen die Satzung (§ 41) und die tatsächliche Geschäftsführung (§ 42), um die Voraussetzung für eine abgabenrechtliche Begünstigung zu schaffen, den Erfordernissen der BAO bei der Körperschaftsteuer während des ganzen Veranlagungszeitraumes, bei den übrigen Abgaben im Zeitpunkt der Entstehung der Abgabenschuld entsprechen.

Seit der am in Kraft getreten Novellierung durch BGBl. I Nr. 110/2023 lautet die Befreiungsbestimmung des § 3 Abs. 1 Z. 3 GrEStG 1987 wie folgt (Hervorhebung durch das BFG):

"Der unentgeltliche Erwerb eines Grundstückes durch Körperschaften, Körperschaften öffentlichen Rechtes, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen, die der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke nach Maßgabe der §§ 34 bis 47 BAO in der jeweils geltenden Fassung dienen."

Die erläuternden Bemerkungen (2086 der Beilagen XXVII. GP - Regierungsvorlage - Erläuterungen) dazu lauten wie folgt (Hervorhebung wiederum durch das BFG):

"Mit dem Gemeinnützigkeitsgesetz 2015, BGBl. I Nr. 160/2015, wurde unter anderem eine Befreiung für unentgeltliche Erwerbe durch gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Körperschaften im Grunderwerbsteuergesetz 1987 geschaffen. Dabei wird auf die §§ 34 bis 47 der Bundesabgabenordnung verwiesen. Aufgrund dieses Verweises ist nicht klar, ob Körperschaften öffentlichen Rechtes (zB Kirchen), die gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen, aber nur aufgrund ihrer Rechtspersönlichkeit als Körperschaften öffentlichen Rechts nicht von diesen Bestimmungen der Bundesabgabenordnung erfasst sind, die Befreiung in Anspruch nehmen können. Dies soll durch explizite Aufnahme der Körperschaften öffentlichen Rechtes in den Text der Befreiung klargestellt werden."

Im gegenständlichen Fall ist unstrittig, dass der Zeitpunkt des (möglichen) Entstehens der Grunderwerbsteuerschuld der ist. Ebenso ist unstrittig, dass der Erwerbsvorgang gemäß § 7 Abs. 1 lit. a GrEStG als unentgeltlich gilt, beträgt doch die Gegenleistung für die Liegenschaft mit einem Grundstückswert iHv € € 1.324.453,14 lediglich € 294.523,20 und damit deutlich unter als 30%.

Die Bf. war im Zeitpunkt des (möglichen) Entstehens der Grunderwerbsteuerschuld als Ortsgemeinde eine Kultusgemeinde iSd § 4 AnerkG und diente damit als Teil der "***...***" der Förderung einer gesetzlich anerkannten Kirche.

Auch wenn der Wortlaut der Befreiungsbestimmung im Zeitpunkt des (möglichen) Entstehens der Grunderwerbsteuerschuld unklar war (siehe dazu die oben zitierten erläuternden Bemerkungen bei der im Jahr 2023 erfolgten Novellierung), so entspricht es jedenfalls dem Sinn und Zweck der Begünstigung nicht nur Erwerbe durch Hilfsvereine einer gesetzlich anerkannten Kirche (wie es hier die bisherige Liegenschaftseigentümerin war), sondern auch Erwerbe durch die anerkannte Kirche selber zu begünstigen. Auch nach den erläuternden Bemerkungen soll die Ergänzung der Worte "Körperschaft öffentlichen Rechtes" nur der Klarstellung dienen und wurde demnach der Anwendungsbereich der Begünstigungsbestimmung nicht verändert.

Der Bf. ist unstrittig eine anerkannte Kirche und damit eine Körperschaft öffentlichen Rechts, weshalb ihr die Befreiung von der Grunderwerbsteuer nach § 3 Abs. 1 Z. 3 GrEStG für den am abgeschlossenen Übergabsvertrag zukommt.

Nur der Vollständigkeit wegen wird bemerkt, dass bei einer Verneinung der Voraussetzungen der Befreiung nach § 3 Abs. 1 Z. 3 GrEStG hier allenfalls auch eine Befreiung nach § 2 der Steuerliche Sonderregelungen für die Ausgliederung von Aufgaben der Körperschaften öffentlichen Rechts, BGBl. I Nr. 142/2000 idF BGBl. I Nr. 27/2019 in Betracht gekommen wäre, da hier viel dafür spricht, dass mit der Übertragung der Liegenschaft vom Hilfsverein an die Bf. auch eine Rückgängigmachung einer Ausgliederung und Aufgabenübertragung (Aufgabe der Erhaltung des Kirchengebäudes) verknüpft war.

Der Beschwerde wird daher Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zu der hier gegenständlichen Rechtsfrage, ob Erwerbe durch Körperschaften öffentlichen Rechtes (hier durch eine gesetzlich anerkannte Kirche) auch bereits vor der Novellierung der Befreiungsbestimmung des § 3 Abs. 1 Z: 3 GrEStG durch BGBl. I Nr. 110/2023 bereits begünstigt waren, liegt bisher keine Rechtsprechung des VwGH vor und war daher die Revision zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7104016.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at