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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.05.2024, RV/7100704/2021

Pendlerpauschale bei mehreren Wohnsitzen

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/7100704/2021-RS1
wie RV/5101796/2014-RS1
§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. f EStG 1988 ist im Wortlaut nicht eindeutig, zumal bei der Berücksichtigung des Pendlerpauschales im Falle des Bestehens mehrerer Wohnsitze entweder der zur Arbeitsstätte nächstgelegene Wohnsitz oder der Familienwohnsitz für die Berechnung des Pendlerpauschales maßgeblich ist.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK


Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Robert Posch in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch AMA Steuerberatungs- Wirtschaftstreuhand GmbH, Rotenturmstraße 17/13, 1010 Wien, über die Beschwerde vom , gegen die Bescheide des Finanzamtes Bruck, Eisenstadt Oberwart vom , betreffend die Wiederaufnahme Einkommensteuer 2013 bzw. Einkommensteuer für 2013 sowie vom , betreffend Wiederaufnahme Einkommensteuer 2014, Aufhebung Einkommensteuer 2015 gemäß § 299 BAO sowie Einkommensteuer 2014 und 2015, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht

Ia.) erkannt:
Die Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide Einkommensteuer der Jahre 2013 und 2014 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerde gegen die Einkommensteuer der Jahre 2013 bis 2015 wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Ib.) beschlossen:
Die Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO betreffend Einkommensteuer 2015 wird zurückgewiesen.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

***Bf1***, (Beschwerdeführer, in der Folge Bf.) erzielt Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit.
Die Einkommensteuerbescheide der Jahre 2013 bis 2015 ergingen zunächst erklärungsgemäß.

Mit Ergänzungsersuchen vom wurde dem Bf. mitgeteilt, dass die Veranlagungen dieser Jahre zunächst ohne inhaltliche Prüfung erfolgt und nunmehr einer nachprüfenden Kontrolle unterzogen worden seien.
Von seinem Arbeitgeber sei seit dem Jahr 2013 das Pendlerpauschale berücksichtigt worden, das grundsätzlich von der nächstgelegenen Wohnmöglichkeit zu berücksichtigen sei.
Der Bf. verfüge lt. Aktenlage seit 1992 über einen Wohnsitz in x und auch sein Arbeitsplatz sei in Wien gelegen, weswegen beabsichtigt werde, ihm das Pendlerpauschale abzuerkennen.
Zudem wurde der Bf. aufgefordert, Belege für die von ihm beantragten Sonderausgaben vorzulegen.

Mit Antwortschreiben vom legte der Bf. mehrere, vom Finanzamt angeforderte Belege zu den von ihm beantragten Sonderausgaben vor.
Zum Pendlerpauschale erläuterte der Bf., dass es aus privaten und familiären Gründen notwendig sei, seine Fahrten zur Arbeitsstätte von seinem Hauptwohnsitz in y, Ortsgemeinde z zu beginnen.
Daneben sei zu berücksichtigen, dass er als Ortsfeuerwehrkommandant von y und Vorstand der ortsinternen Fernwärmeanlage tätig sei und als Eigentümer eines Hauses samt landwirtschaftlichen Flächen dort diverse Arbeiten verrichten müsse.
Sein Hauptwohnsitz befinde sich im Burgenland (y).

Mit einem weiteren Ersuchen um Ergänzung des Finanzamtes vom wurde dem Bf. vorgehalten, dass die Arbeitsstätte nach der Lebenserfahrung vom nächstgelegenen Wohnsitz angefahren werde.
Der Bf. sei verheiratet und Vater mehrerer Kinder. Es sei nicht glaubhaft, dass er 8 bis 10 mal monatlich seine Arbeitsstätte von einem 160 Kilometer entfernten Wohnsitz ansteuere, obwohl sein Familienwohnsitz nur 8 Kilometer von der Arbeitsstätte entfernt und auch seine Gattin am Ort des Familienwohnsitzes einer Beschäftigung nachgegangen sei.
Der Bf. werde aufgefordert, den von ihm behaupteten Sachverhalt, d.h. mehrmaliges monatliches Pendeln zu seinem 160 Kilometer entfernten Wohnsitz, anhand von Unterlagen nachzuweisen.
Sonderausgaben betreffend Wohnraumschaffung und Kirchenbeiträge könnten nur in Höhe der Differenzbeträge in Bezug auf die, von seiner Gattin bereits beantragten Kosten berücksichtigt werden.

Ob dem Finanzamt eine (lt. Bf. mit mail ergangene) Beantwortung des Ergänzungsersuchens zuging, ist aus den vorgelegten Akten nicht ersichtlich.

Mit Bescheiden vom 8. bzw. erließ das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart im wiederaufgenommenen Verfahren Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2013 sowie 2014. Der Einkommensteuerbescheid für 2015 wurde gemäß § 299 BAO aufgehoben und durch einen gleichzeitig erlassenen Sachbescheid ersetzt.
Die abgeänderten Bescheide wurden entsprechend den Darstellungen lt. Ergänzungsersuchen begründet, die Sonderausgaben teilweise gekürzt und das Pendlerpauschale nicht anerkannt.

Mit Eingabe vom erhob der Bf. Beschwerde gegen sämtliche o.a. Bescheide. Er habe das Ergänzungsersuchen vom fristgerecht mit e-mail vom beantwortet und sämtliche angeforderten Unterlagen beigelegt.
Es liege kein Grund für eine Wiederaufnahme vor.
Der Beschwerde wurde ein mit datiertes Schreiben beigelegt, in dem der Bf. die von seiner Gattin bzw. ihm beantragten Sonderausgaben ziffernmäßig darstellt und Belege vorlegt, die diese Darstellung stützen.
Die Beträge stellen sich wie folgt dar:


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2013
2014
2015
Sonderausgaben Wohnraumschaffung
Buwog
4.706,22
4.898,01
4.948,94
Wohnbauförderung Burgenland
723,07
723,07
723,07
Wohnbauförderung Burgenland
723,07
723,07
723,07
6.152,36
6.344,15
6.395,08
davon ***Bf1***
3.684,22
3.298,10
3.148,94
davon K
2.468,14
3.047,40
3.246,14
6.152,36
6.345,50
6.395,08
Kirchensteuer gesamt
310,00
323,00
392,50
davon ***Bf1***
155,00
165,00
197,55
davon K
155,00
158,00
195,00
310,00
323,00
392,55


Zum Nachweis der vom Bf. zwischen seinem Hauptwohnsitz und der Arbeitsstätte unternommenen Fahrten legte der Bf. 3 Gutachten gemäß § 57a Abs. 4 KFG 1967 vor:
- vom , Renault Megane, Km-Stand: 355.185
- vom , Renault S3L, Km-Stand: 59.677
- vom , Renault S3L, Km-Stand: 109.328

Die Beschwerden wurden mit Beschwerdevorentscheidungen vom , betreffend Wiederaufnahme- und Sachbescheid Einkommensteuer für 2013, bzw. vom , betreffend Wiederaufnahme- und Sachbescheid Einkommensteuer 2014 und mit gleichem Datum betreffend Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO (Einkommensteuer 2015) und Sachbescheid Einkommensteuer 2015 abgewiesen.
Die Wiederaufnahmebescheide wurden damit begründet, dass der Behörde im Verfahren neue Umstände zur Kenntnis gelangt worden seien, die ihr bei Veranlagung nicht bekannt waren. Der Aufhebungsbescheid (§ 299 BAO) betreffend die Einkommensteuer 2015 sei gerechtfertigt, da sich der Spruch des erklärungsgemäß veranlagten Bescheides als nicht richtig erwiesen habe.
Die geänderten Sachbescheide wurden damit begründet, dass es der Lebenserfahrung widerspreche, mehrmals in der Woche statt vom Nebenwohnsitz in x (Fahrtszeit 18 Minuten), die Arbeitsstätte vom Hauptwohnsitz in y2 (Fahrtzeit 150 Minuten) aus anzufahren.
Mangels weiterer vorgelegter Kfz-Gutachten für die Jahre 2011, 2012 und 2014 seien die beigebrachten Gutachten (aus 2015 und 2017) ausgewertet worden. Daraus ergebe sich, dass für einen Zeitraum von 12 Monaten kalkulatorisch 24.825,50 Kilometer zurückgelegt worden seien. Im Fall der behaupteten 8 monatlichen Fahrten zum Hauptwohnsitz ergäbe sich eine jährliche Kilometerleistung von 30.720 Kilometer ungeachtet allfälliger privat zurückgelegter Fahrten, sodass die Angaben des Bf. unglaubwürdig seien.
Auf die, die Höhe der Sonderausgaben betreffende Vorlage von Unterlagen wurde nicht eingegangen.

Die steuerliche Vertretung brachte nach Fristverlängerungen mit Eingabe vom einen Vorlageantrag ein.
Der Vorlageantrag richtet sich gegen die Bescheide über die Beschwerdevorentscheidung betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Einkommensteuer der Jahre 2013 bis 2015.

Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht mit Vorlagebericht vom vorgelegt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:


rechtliche Grundlagen:

§ 16 Abs. 1 EStG 1988 lautet (auszugsweise):
(1) Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen und Ausgaben für den Erwerb oder Wertminderungen von Wirtschaftsgütern sind nur insoweit als Werbungskosten abzugsfähig, als dies im folgenden ausdrücklich zugelassen ist. Hinsichtlich der durchlaufenden Posten ist § 4 Abs. 3 anzuwenden. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Werbungskosten sind auch:

6. Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:
a) Diese Ausgaben sind durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 Z 1) abgegolten. Nach Maßgabe der lit. b bis j steht zusätzlich ein Pendlerpauschale sowie nach Maßgabe des § 33 Abs. 5 Z 4 ein Pendlereuro zu. Mit dem Verkehrsabsetzbetrag, dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.

f) Bei Vorliegen mehrerer Wohnsitze ist für die Berechnung des Pendlerpauschales entweder der zur Arbeitsstätte nächstgelegene Wohnsitz oder der Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) maßgeblich.

§ 18 Abs. 1 Z 3 lit. b + d EStG 1988 lautet:
(1) Folgende Ausgaben sind bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind:

3.
Ausgaben zur Wohnraumschaffung oder zur Wohnraumsanierung:

b) Beträge, die verausgabt werden zur Errichtung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes, mit dem eine umfassende Amtshilfe besteht, gelegen sind. Eigenheim ist ein Wohnhaus mit nicht mehr als zwei Wohnungen, wenn mindestens zwei Drittel der Gesamtnutzfläche des Gebäudes Wohnzwecken dienen. Das Eigenheim kann auch im Eigentum zweier oder mehrerer Personen stehen. Das Eigenheim kann auch ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden sein. Eine Eigentumswohnung muss mindestens zu zwei Dritteln der Gesamtnutzfläche Wohnzwecken dienen. Das Eigenheim oder die Eigentumswohnung muss unmittelbar nach Fertigstellung dem Steuerpflichtigen für einen Zeitraum von zumindest zwei Jahren als Hauptwohnsitz dienen. Auch die Aufwendungen für den Erwerb von Grundstücken zur Schaffung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen durch den Steuerpflichtigen oder durch einen von ihm Beauftragten sind abzugsfähig.

d) Rückzahlungen von Darlehen, die für die Schaffung von begünstigtem Wohnraum oder für die Sanierung von Wohnraum im Sinne der lit. a bis lit. c aufgenommen wurden, sowie Zinsen für derartige Darlehen. Diesen Darlehen sind Eigenmittel der in lit. a genannten Bauträger gleichzuhalten.


§ 18 Abs. 1 Z 3 lit. b EStG 1988 (idF vor dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111) lautete:
b)Beträge, die zur Errichtung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen verausgabt werden. Eigenheim ist ein Wohnhaus im Inland mit nicht mehr als zwei Wohnungen, wenn mindestens zwei Drittel der Gesamtnutzfläche des Gebäudes Wohnzwecken dienen. Das Eigenheim kann auch im Eigentum zweier oder mehrerer Personen stehen. Das Eigenheim kann auch ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden sein. Eigentumswohnung ist eine Wohnung im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes 2002, die mindestens zu zwei Dritteln der Gesamtnutzfläche Wohnzwecken dient. Auch die Aufwendungen für den Erwerb von Grundstücken zur Schaffung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen durch den Steuerpflichtigen bzw. einen von ihm Beauftragten sind abzugsfähig.

§ 18 Abs. 3 EStG 1988 lautet (auszugsweise)
In Ergänzung des Abs. 1 wird bestimmt:
1. Ausgaben im Sinne des Abs. 1 Z 2, 3 und 5 kann der Steuerpflichtige auch dann absetzen, wenn er sie für seinen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) und für seine Kinder (§ 106) leistet.

§ 260 Abs. 1 BAO lautet:
Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie
a) nicht zulässig ist oder
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Gemäß § 264 Abs. 5 BAO obliegt dem Verwaltungsgericht die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge.

§ 299 BAO lautet:
(1) Die Abgabenbehörde erster Instanz kann auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.
(2) Mit dem aufhebenden Bescheid ist der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden. Dies gilt nur, wenn dieselbe Abgabenbehörde zur Erlassung beider Bescheide zuständig ist.
(3) Durch die Aufhebung des aufhebenden Bescheides (Abs. 1) tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung (Abs. 1) befunden hat.


§ 303 BAO lautet (auszugsweise):
(1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und

b) Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne grobes Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten, oder

(4) Eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen ist unter den Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a und c und in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.


Wiederaufnahme der Verfahren für die Jahre 2013 und 2014
Der Beschwerdeschrift ist zu entnehmen, dass das Ergänzungsersuchen vom am fristgerecht beantwortet wurde und daher kein Grund für eine Wiederaufnahme vorlag.
Im Vorlageantrag wird dazu weiters ausgeführt, dass die elektronische Übermittlung der Daten im Zuge der Erklärungen verbunden mit der mangelnden Überprüfung durch die Behörde keinen Wiederaufnahmegrund darstellt, da eine solche durch die Behörde jederzeit möglich gewesen wäre.

Mit dieser Ansicht befindet sich der Bf. im Irrtum.
Wie schon in den Beschwerdevorentscheidungen ausgeführt, ist für die Wiederaufnahme des Verfahrens entscheidend, ob der Sachverhalt bei Erlassung des Bescheides so vollständig bekannt war, dass er bereits in diesem Verfahren zu einer richtigen Entscheidung hätte gelangen können.
Die erklärungsgemäß veranlagten Erstbescheide betreffend der Jahre 2013 bzw. 2014 ergingen am bzw. am .
Der Behörde lagen zum Zeitpunkt der Erlassung der Sachbescheide keine weiteren Hinweise darauf vor, auf welche Umstände sich das vom Arbeitgeber berücksichtigte Pendlerpauschale gründete.
Da die vom Bf. nach Durchführung eines Vorhalteverfahrens im Zuge einer nachprüfenden Kontrolle der Bescheide dazu getätigten Erklärungen die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales nicht zu rechtfertigen vermochten, ergingen inhaltlich rechtswidrige Sachbescheide (siehe unten) und war die Wiederaufnahme des Verfahrens für diese Jahre nicht zu beanstanden.
Die Behörde hat nämlich auch das von ihr zu beachtende Ermessen richtig ausgeübt, ist doch dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit Vorrang von jenem der Rechtsbeständigkeit zu geben (vgl. Ritz, BAO6, § 303 Rz. 68) und führte die Aberkennung des Pendlerpauschales lt. Lohnzetteln, das zunächst für die Jahre 2013 i.H.v. € 1.344,- und 2014 i.H.v. € 2.448,- berücksichtigt worden war, zu nicht bloß geringfügigen steuerlichen Auswirkungen.

Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2015 gemäß § 299 BAO
Wurde in der Beschwerde noch der Bescheid über die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2015 (gemäß § 299 BAO) angefochten, richtet sich der von der steuerlichen Vertretung eingebrachte Vorlageantrag gegen einen nicht ergangenen Wiederaufnahmebescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2015.
Ein (weiterer) Vorlageantrag betreffend die Abweisung der Beschwerde den Bescheid zur Aufhebung des Einkommensteuerbescheides gemäß § 299 BAO liegt nicht vor und es ist auch aus dem Textteil des Vorlageantrages nicht zu erkennen, dass dieser gegen den Aufhebungsbescheid Einkommensteuer gemäß § 299 BAO gerichtet wäre, richtet sich doch auch die Begründung gegen die (nicht erfolgte) Wiederaufnahme des Verfahrens.

Gemäß Ritz, BAO6, § 264 Rz. 17 ist § 260 Abs. 1 BAO über die Zurückweisung wegen Unzulässigkeit oder nicht fristgerechter Einbringung sinngemäß für Vorlageanträge anzuwenden.

Die Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO war daher mangels (fristgerechter) Einbringung eines Vorlageantrages gemäß § 264 Abs. 5 BAO zurückzuweisen.

Sachbescheide Einkommensteuer 2013 bis 2015
Der Vorlageantrag richtet sich, wie im Gegensatz zum Titel des Schreibens aus dem Inhalt der Eingabe hervorgeht, nicht ausschließlich gegen die Wiederaufnahmebescheide.
Der Textierung ist vielmehr zu entnehmen, dass die Eingabe auch die Sachbescheide Einkommensteuer der Jahre 2013 bis 2015 betrifft.
Entscheidend ist, ob aus dem gesamten Inhalt der Bescheidbeschwerde hervorgeht, wogegen sie sich richtet (vgl. Ritz, BAO6, § 250 Rz. 5 mwN).
Das BFG geht, wie auch die Behörde, davon aus, dass sich der Vorlageantrag auch gegen die Sachbescheide richtet.

Den Beschwerdevorentscheidungen bzw. dem Vorlageantrag sind bezüglich der bekämpften Bescheide lediglich Ausführungen zum Beschwerdepunkt ,Pendlerpauschale' zu entnehmen.
Der Bf. verweist in seiner Beschwerde aber auch auf eine Eingabe vom , von der die Behörde spätestens als Beilage zur Beschwerde Kenntnis erlangt hat.
In diesem Schreiben werden die von der Behörde gekürzten Sonderausgabenbeträge thematisiert und Belege beigebracht.
Die darin dargelegten Umstände haben in die Beurteilung der Sachbescheide durch das Bundesfinanzgericht einzufließen.

a) Sonderausgaben für Wohnraumschaffung bzw. Kirchenbeiträge
Die Behörde hat, auf Grundlage der vom Bf. am übermittelten Unterlagen sowie den Abgabenerklärungen seiner Gattin festgestellt, dass diese ebenfalls unter § 18 Abs. 1 Z 3 und 5 EStG 1988 fallende Sonderausgaben (Wohnraumschaffung, Kirchenbeiträge) beantragt hat.
Die vom Bf. beantragten Sonderausgaben wurden betraglich um jene bereits von seiner Gattin geltend gemachten Sonderausgaben gekürzt. Auf die Begründung der Sachbescheide wird verwiesen.
Vorgelegt wurde mit der Beschwerde Unterlagen eines e-mails vom , aus denen hervorgeht, dass die Gattin des Bf. Darlehensmittel für die Rückzahlung eines Darlehens zur Errichtung eines Wohnhauses in den Jahren
2013 i.H.v. € 4.706,22
2014 i.H.v. € 4.898,91
2015 i.H.v. € 4.948,94
geleistet hat.
Aus einer vom Bf. vorgelegten Berechnung geht hervor, dass er sowie seine Gattin anteilsmäßig Sonderausgaben beantragt haben.

Gemäß § 18 (3) EStG 1988 kann der Steuerpflichtige Ausgaben im Sinne des Abs. 1 Z 2, 3 und 5 auch dann absetzen, wenn er sie für seinen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) und für seine Kinder (§ 106) leistet.

Der Bf. hat in dem mit datierten Schreiben die von ihm bzw. seiner Gattin K beantragten Sonderausgaben ziffernmäßig belegt, die sich in Ansehung der beigelegten Belege als zutreffend erweisen.
Dem Bf. stehen daher für die Jahre 2013 bis 2015 wie von ihm beantragt, Sonderausgaben mit folgenden Bemessungsgrundlagen (unter Bedachtnahme auf die der diesbezüglich einschränkenden Bestimmung des § 18 Abs. 3 Z 2 EStG 1988 (Höchstbetrag, Sonderausgabenviertel, Einschleifbestimmung) zu. Anmerkung: Die Bemessungsgrundlage 2014 war geringfügig um € 1,35 zu kürzen, was bezogen auf den im Bescheid zu berücksichtigenden Betrag zu keinen Konsequenzen führte.


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Wohnraumschaffung
2013
3.684,22
2014
3.296,75
2015
3.148,94


Auch die vom Bf. geltend gemachten Sonderausgaben für Kirchenbeiträge sind nach Vorlage entsprechender Nachweise (Zahlungsbelege) in den Einkommensteuerbescheiden zu berücksichtigen.


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Kirchenbeiträge
2013
155,00
2014
165,00
2015
197,55


b) Pendlerpauschale
Der Bf. hat gemäß Eintragung im zentralen Melderegister seit bis dato einen Nebenwohnsitz in x und seit bis dato seinen Hauptwohnsitz in y1.
Seine Gattin K ist seit in y1 (Hauptwohnsitz) gemeldet. Eine Meldung für einen Nebenwohnsitz liegt nicht vor.
Die Kinder des Bf., F1 und F2 waren im fraglichen Zeitraum bis dato an der Adresse in Wien hauptgemeldet.
F2a war zudem im Zeitraum bis in y1 nebengemeldet.
Die Kinder des Bf. standen somit im Prüfungszeitraum im 12-14 (N) bzw. 17-19 (D) Lebensjahr.

Wie das Finanzamt in einem Ergänzungsersuchen vom unwidersprochen festgestellt hat, ist die Gattin des Bf. am Familienwohnsitz (in Wien) ihrer Berufstätigkeit nachgegangen und haben seine Kinder die Schule in Wien besucht.
Vom Finanzamt dem Bundesfinanzgericht übermittelten Unterlagen (mail vom ) bestätigen diese Darstellung.
Der Bf. ist in Wien (J) nichtselbstständig tätig.

Aus einer für die Geltendmachung von Sonderausgaben für die Gattin des Bf. vorliegenden Bestätigung gemäß § 18 Abs. 1 Z 3 lit d EStG 1988 für das Jahr 2015 geht hervor, dass die in Wien gelegene Wohnung mit einer Nutzfläche von 86,17m2 auch von ihr bewohnt wird.

Familienwohnsitz ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jener Ort, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehepartner oder ein unverheirateter Steuerpflichtiger mit seinem in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partner einen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Personen bildet (vgl. ; , 96/15/0006).

Der Darstellung des Bf. vom , wonach sein Lebensmittelpunkt im wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sozialen Bereich im Burgenland liegt, ist angesichts der dargelegten Umstände, d.h. seiner, sowie der beruflichen Tätigkeit seiner Gattin in Wien und dem Umstand, dass seine Kinder in Wien die Schule besuchen und die Familie dort auch über eine den üblichen Wohnbedürfnissen entsprechende Wohnung verfügt, nicht zu folgen.
Dass er an seinem Wohnsitz im Burgenland die Funktion als Ortsfeuerwehrkommandant bekleidete bzw. im Vorstand der örtlichen Fernwärmeanlage war, vermag nichts an dieser Beurteilung zu ändern (auch der Hauptmeldung des Bf. im zentralen Melderegister an seiner burgenländischen Adresse ist diesbezüglich lediglich indizieller Charakter zuzumessen), ist für das Bundesfinanzgericht doch als erwiesen anzunehmen, dass der Bf. mit seiner Gattin und seinen Kindern einen Hausstand in der in Wien gelegenen Wohnung unterhielt, der seinen Lebensmittelpunkt darstellte.
Das Bundesfinanzgericht geht in Ansehung der genannten Umstände davon aus, dass sich der Familienwohnsitz im berufungsverfangenem Zeitraum in x befand.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit f EStG 1988 ist bei Vorliegen mehrerer Wohnsitze für die Berechnung des Pendlerpauschales entweder der zur Arbeitsstätte nächstgelegene Wohnsitz oder der Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) maßgeblich.

Da der Familienwohnsitz gegenständlich mit dem der Arbeitsstelle nächstgelegenen Wohnsitz zusammenfällt, stand dem Bf. das Pendlerpauschale nicht zu.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Steuern betragen:


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Einkommensteuer
2013
Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit
34.390,78
Pendlerpauschale lt. Lohnzettel
1.344,00
Pauschbetrag Werbungskosten
-132,00
Gesamtbetrag d. Einkünfte
35.602,78
Sonderausgaben
Viertel Wohnraumschaffung
-730,00
Kirchenbeitrag
-155,00
Kinderfreibeträge
-264,00
Einkommen
34.453,78
Steuer vor Absetzbeträgen
9.195,38
Verkehrsabsetzbetrag
-291,00
Arbeitnehmerabsetzbetrag
-54,00
Steuer nach Absetzbeträgen
8.850,38
Steuer so. Bezüge
0% f.d. ersten 620
0,00
6% für die restlichen 5.597,28
335,84
Einkommensteuer
9.186,22
anrechenbare Lohnsteuer
-8.562,47
Rundung
0,25
festgesetzte Einkommensteuer
624,00
Einkommensteuer
2014
Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit
34.997,95
Pendlerpauschale lt. Lohnzettel
2.448,00
Pauschbetrag
-132,00
Gesamtbetrag d. Einkünfte
37.313,95
Sonderausgaben
Viertel Wohnraumschaffung
-730,00
Kirchenbeitrag
-165,00
Kinderfreibeträge
-264,00
Einkommen
36.154,95
Einkommensteuer vor Absetzbeträgen
9.930,53
Verkehrsabsetzbetrag
-291,00
Arbeitnehmerabsetzbetrag
-54,00
Steuer nach Absetzbeträgen
9.585,53
Steuer so. Bezüge
0% f.d. ersten 620
0,00
6% für die restlichen 5.833,59
350,02
Einkommensteuer
9.935,55
anrechenbare Lohnsteuer
-9.135,30
Rundung
-0,25
festgesetzte Einkommensteuer
800,00
Einkommensteuer
2015
Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit
36.119,99
Pendlerpauschale lt. Lohnzettel
2.448,00
Pauschbetrag
-132,00
Gesamtbetrag d. Einkünfte
38.435,99
Sonderausgaben
Viertel Wohnraumschaffung
(60.000,00-38435,99)*(787,24-60)/23.600 +60
-724,50
Kirchenbeitrag
-197,55
a.g. Belastung
Aufwendungen vor Selbstbehalt
-1.015,00
Selbstbehalt
1.015,00
Kinderfreibetrag
-132,00
Einkommen
37.381,94
Einkommensteuer vor Absetzbeträgen
10.460,77
Verkehrsabsetzbetrag
-291,00
Arbeitnehmerabsetzbetrag
-54,00
Steuer nach Absetzbeträgen
10.115,77
Steuer so. Bezüge
0% f.d. ersten 620
0,00
6% für die restlichen 5.983,78
359,03
Einkommensteuer
10.474,80
anrechenbare Lohnsteuer
-9.331,00
Rundung
0,20
festgesetzte Einkommensteuer
1.144,00

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da sich die Unzulässigkeit des gegenständlich zu beurteilenden Pendlerpauschales unmittelbar aus der gesetzlichen Bestimmung ergibt, war eine ordentliche Revision als nicht zulässig zu erklären.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100704.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at