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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.05.2024, RV/7500132/2024

Verwaltungsstrafe Parkometerabgabe: Aktivierung eines elektronischen Parkscheines und Beanstandung in selber Minute

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard Konrad über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , Geschäftszahl MA67/111111/2023, betreffend Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl der Stadt Wien 2005/51 in Verbindung mit § 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBI für Wien 2006/9 in der Fassung LGBl für Wien 2012/24, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am , im Beisein des Schriftführers AD Rudolf Keinberger, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG iVm § 24 Abs 1 BFGG und § 5 WAOR hat die beschwerdeführende Partei einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 12,00 €, das sind 20% der verhängten Geldstrafe, zu leisten.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens (12,00 €) sind gemeinsam mit der Geldstrafe (60,00 €) und dem Beitrag zu den Kosten der belangten Behörde (10,00 €),
insgesamt 82,00 €, binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Erkenntnisses an den Magistrat der Stadt Wien zu entrichten.

III. Gemäß § 25 Abs 2 BFGG wird der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde bestimmt.

IV. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art 133 Abs 6 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gemäß § 25a Abs 4 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) kraft Gesetzes nicht zulässig.

Begründung

Verlauf des Verfahrens

Mit Straferkenntnis vom , GZ MA67/111111/2023, hat der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, als belangte Behörde Herrn ***Bf1*** (in weiterer Folge: Beschwerdeführer) angelastet, er habe die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt, indem er das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen W-6789 (A) am um 11:10 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1160 Wien, Hasnerstraße 129, abgestellt habe, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben.

Dadurch habe der Beschwerdeführer die Rechtsvorschrift des § 5 Abs 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl der Stadt Wien Nr. 51/2005, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl für Wien Nr. 9/2006, in der geltenden Fassung, verletzt.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung werde über den Beschwerdeführer gemäß § 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von 60,00 € verhängt sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden festgesetzt.
Ferner habe der Beschwerdeführer gemäß § 64 Abs 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG einen Betrag von 10,00 € als Mindestbeitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) betrage daher 70,00 €.

Begründend führte die belangte Behörde aus:

"Sie haben das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug an der im Spruch bezeichneten Örtlichkeit und zur angeführten Zeit in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültig entwerteten/aktivierten Parkschein gesorgt zu haben. Die Übertretung wurde Ihnen mit Strafverfügung angelastet. Im Einspruch wendeten Sie im Wesentlichen ein, zum Zeitpunkt der Beanstandung einen gültigen elektronischen Parkschein gebucht zu haben. Sie übermittelten einen Screenshot des gebuchten Parkscheines.
Beweis wurde durch Einsicht in den Verwaltungsstrafakt erhoben.

Dazu wird festgestellt:

Unbestritten blieb, dass das verfahrensgegenständliche Fahrzeug zur Tatzeit an der Tatörtlichkeit von Ihnen abgestellt worden war. Die Aktivierung eines elektronischen Parkscheines erfolgt durch Übermittlung einer SMS oder im Wege einer vom Systembetreiber zur Verfügung gestellten Internet-Applikation über das Internet Protokoll (IP) an das elektronische System. Über das Mobiltelefon bzw. das (mobile) Endgerät ist die beabsichtigte Parkdauer sowie das behördliche Kennzeichen des abgestellten mehrspurigen Kraftfahrzeuges einzugeben, sofern das behördliche Kennzeichen nicht bereits im Zuge der Einrichtung des Benutzerkontos im System erfasst wurde (Abstellanmeldung).

Danach ist die Rückmeldung des elektronischen Systems durch SMS oder im Wege einer vom Systembetreiber zur Verfügung gestellten Internet-Applikation über das Internet Protokoll (IP) über die durchgeführte Transaktion abzuwarten (Bestätigung).

Wird die Abstellanmeldung durch das elektronische System bestätigt, gilt die Abgabe als entrichtet oder darf das mehrspurige Kraftfahrzeug für einen fünfzehn Minuten nicht übersteigenden Zeitraum abgestellt werden (§ 7 Abs. 2 und 3 der Kontrolleinrichtungenverordnung, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 29/2013, in der geltenden Fassung).

Ihre offensichtliche Annahme, die Gültigkeit des elektronischen Parkscheins beginne mit der Sekunde 00 der Minute des Einlangens der Bestätigung - womit Sie gleichsam eine Rückwirkung unterstellen, sodass beispielsweise bei Erhalt der Bestätigungs-SMS um 11:10:50 Uhr die Gültigkeit des Parkscheins um 11:10:00 Uhr beginnen würde - findet im Parkometergesetz und den dazu ergangenen Verordnungen keine Deckung.

Entscheidend ist, ob sich der*die Lenker*in von seinem*ihrem Fahrzeug entfernt, bevor er*sie die Bestätigung der Abstellanmeldung erhält (die Parkometerabgabe nur dann zu entrichten, wenn man ein Parkraumüberwachungsorgan bemerkt, wäre andernfalls nicht ausgeschlossen).

Dies war gegenständlich nach den Feststellungen des Parkraumüberwachungsorgans, gegen deren Richtigkeit im Hinblick darauf, dass dieses zur Wahrheit verpflichtet ist sowie dessen Eingaben in das elektronische Überwachungsgerät zeitgleich in der zentralen Datenbank erfasst werden und damit einer ständigen Kontrolle unterliegen, keine Bedenken bestehen, der Fall.

Dass die Parkscheinaktivierung in derselben Minute wie die Beanstandung erfolgt ist, ändert daher nach den vorliegenden Verhältnissen an der nicht zeitgerechten Aktivierung nichts.

Da die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeugs (also unverzüglich, bevor sich der*die Lenker*in vom Fahrzeug entfernt) zu entrichten ist und die Abgabe bei Verwendung elektronischer Parkscheine (erst) als entrichtet gilt, wenn die Abstellanmeldung durch das elektronische System bestätigt wird, haben Sie den Tatbestand der Abgabenverkürzung nach § 4 Parkometergesetz 2006 verwirklicht, die objektive Tatseite ist daher gegeben (vgl. ).

Es sind im Zuge des Verfahrens daher keine Tatsachen hervorgekommen, die zu dessen Einstellung führen könnten.

Die angelastete Übertretung war somit als erwiesen anzusehen.

Jeder*jede Lenker*in eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der*die ein solches in einer Kurzparkzone abstellt, muss bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten (§ 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung).

Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaubt bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liegt im gegenständlichen Fall nicht vor.

Sie haben daher den objektiven Tatbestand der angelasteten Übertretung verwirklicht."

Weiters enthält das Straferkenntnis die maßgeblichen Bestimmungen für die Strafbemessung (§ 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006, § 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991), erläutert diese näher und führt die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Strafzumessungsgründe an (hier: Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschwerdeführers seien, soweit diese der Behörde bekannt gewesen seien, berücksichtigt worden, wie auf eventuell vorhandene verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen Bedacht genommen worden sei).

Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und brachte begründend vor:

"Ich kann mich nur wiederholen und sagen das ich einen gültigen Parkschein hatte. Da wir aber leider nicht weiter kommen beantrage ich eine mündliche Verhandlung."

Die Magistratsabteilung 67 legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurden dem Beschwerdeführer die Rechtsgrundlagen für die Beanstandung, die Chronologie der Beanstandung (Datenbankauszug) mit drei Beanstandungsfotos übersendet und ihm nach Rechtsinformation gemäß § 13a AVG iVm § 24 VStG Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb einer Frist von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses geboten.

In seiner fristgerechten Stellungnahme vom brachte der Beschwerdeführer unter Beilage von einer Kopie des Parkscheines mit der Nummer 45678 das Folgende vor:

"Ich hatte von Magistrat eine Strafe erhalten das ich am um 11:10h keinen gültigen Parkschein hatte, was eigentlich nicht der fall war, ich hatte einen Parkschein per Handy APP gebucht um 11:10h dies lege ich auch bei. Als ich den Magistrat mitgeteilt habe das ich einen gültigen Parkschein habe fingen sie an ausreden zu finden das es sich dabei auch um Sekunden handeln kann, das ich anscheinend nicht beim Fahrzeug war als ich den Parkschein gebucht habe. Auf der Strafe und auch auf der APP ist keine Sekundenanzeige zu sehen aus diesen Grund werde ich die Strafe nicht anerkennen. Ich hebe bis jetzt jede meiner Strafen bezahlt und habe mich nicht beschwert da ich den Fehler gemacht habe aber nicht in diesen Fall. Das Magistrat kann uns nicht einfach eine APP zur Verfügung stellen und wir als Bürger müssen ihre Fehler Bezahlen weil die App anscheinend nicht zu 100% Fehlerfrei ist. Mir geht es hier nicht um die 36€ sondern um Gerechtigkeit mit klaren Worten gesagt die Strafe ist um 11:10h gestellt worden der Parkschein ist um 11:10h gestellt worden keine Sekundenzähler weder auf der Strafe und auch nicht auf der APP, somit habe ich einen Gültigen Parkschein gehabt. Ich hoffe Ihnen hiermit geholfen zu haben und stehe ihnen gerne zur Verfügung."

In der mündlichen Verhandlung vom brachte der Beschwerdeführer insbesondere vor, dass er noch nie das Auto verlassen habe, ohne einen Parkschein zu aktivieren und verwies auf mögliche technische Störungen im System.

Die Zeugin (Meldungslegerin) konnte sich an die konkrete Beanstandung nicht mehr erinnern.

Über die Beschwerde wurde erwogen

1. Sachverhalt

***Bf1*** (Beschwerdeführer) hat das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen W-6789 (A) in 1160 Wien, Hasnerstraße 129, abgestellt, sodass es dort am Freitag um 11:10 Uhr gestanden ist.

Der Beschwerdeführer hatte dieses Fahrzeug für die Abstellzeit nicht mit einem (Papier)Parkschein gekennzeichnet, sondern aktivierte einen elektronischen Parkschein mit der Nr. 45678 um 11:10:46 Uhr.

Das Parkraumüberwachungsorgan A0000 führte um 11:10:10 Uhr eine Kontrolle dieses Fahrzeuges hinsichtlich der Aktivierung eines elektronischen Parkscheines durch elektronische Abfrage durch. Zum Abfragezeitpunkt lag keine gültige Aktivierung vor und befand sich der Beschwerdeführer nicht beim abgestellten Fahrzeug bzw. hatte sich zuvor vom Fahrzeug wegbewegt.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt lässt sich aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus den Wahrnehmungen des Kontrollorgans der Parkraumüberwachung A0000, dessen Anzeigedaten, den zum Beanstandungszeitpunkt aufgenommenen Fotos sowie aus dem aktenkundigen (Gratis)Parkschein mit der Nr. 45678 schließen.

Das Bundesfinanzgericht hat zudem eine Chronologie der Amtshandlung zum Beweis dafür eingeholt, dass zur Tatzeit anzeigekonform kein (elektronischer) Parkschein für das beanstandete Kraftfahrzeug gebucht war.

Der Chronologie kann entnommen werden:
1. Das Überwachungsorgan hat um 11:10:10 Uhr eine Kontrolle durchgeführt hat. Die Antwort vom Server war "null".

[...]

2. Der Beschwerdeführer hat um 11:10:46 Uhr (Entrytime) die Buchung veranlasst. Der Parkschein wurde in der gleichen Sekunde (11:10:46) validiert (Validationsstatus: DELIVERED).

[...]

Das Kontrollorgan der Parkraumüberwachung nahm im Zuge der Beanstandung drei Fotos auf. Auf den Fotos ist keine Person ersichtlich. Da der Beschwerdeführer seine Parkscheinbuchung um 11:10:46 Uhr Systemzeit elektronisch bestätigt bekommen hat, kann die Bestätigung dieser Buchung nur in Abwesenheit des Beschwerdeführers vom Fahrzeug empfangen worden sein.

Wenn der Beschwerdeführer behauptet, er habe das Fahrzeug noch nie verlassen, ohne einen Parkschein zu aktivieren, so ist ihm entgegen zu halten, dass der von der belangten Behörde vorgelegte Datenauszug, die Beanstandungsfotos und die Wahrnehmungen des Parkraumüberwachungsorgans im eindeutigen Widerspruch zu seinem Vorbringen stehen. Es kann demnach nur entweder der vom Beschwerdeführer vorgebrachte oder der im Akt belegte Sachverhalt vorliegen.

An der Echtheit und Richtigkeit der aktenkundigen Unterlagen ist aber nicht zu zweifeln. Einerseits brachte der Beschwerdeführer lediglich unbegründet und vage vor, es könne eine technische Störung gewesen sein. Andererseits drohen dem Parkraumüberwachungsorgan erhebliche strafrechtliche Konsequenzen, was den zu würdigenden Dokumenten eine besondere Beweiskraft verleiht.

Damit ist für den erkennenden Richter iSd § 45 Abs 2 AVG erwiesen, dass der Beschwerdeführer erst nach der Abfrage durch das Überwachungsorgan um 11:10:10 Uhr seinen elektronischen 15-Minuten-Gratisparkschein mit der Nr. 45678 um 11:10:46 Uhr gebucht und bestätigt bekommen hat.

Somit war im Zeitpunkt der Beanstandung kein Parkschein gelöst und bestätigt.

3. Rechtliche Beurteilung (Spruchpunkt I.)

Objektives Tatbild

Gemäß § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO) eine Abgabe zu entrichten.

Gemäß § 5 Abs 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung gilt die Abgabe mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

Gemäß § 5 Abs 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung sind zur Entrichtung der Abgabe der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten Kontrollmaßnahmen mitzuwirken.

Als Hilfsmittel zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften der Verordnung des Wiener Gemeinderates, mit der für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird, sind Parkscheine nach dem Muster der Anlagen oder elektronische Parkscheine zu verwenden (§ 1 der Verordnung des Wiener Gemeinderates über die Art der zu verwendenden Kontrolleinrichtungen in Kurzparkzonen, kurz Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl Nr 2013/29).

§ 7 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung normiert:

"(1) Abgabepflichtige, die ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einer Kurzparkzone abstellen, haben dafür zu sorgen, dass während der Dauer seiner Abstellung ein elektronischer Parkschein aktiviert ist.

(2) Die Aktivierung eines elektronischen Parkscheines erfolgt durch Übermittlung einer SMS oder im Wege einer vom Systembetreiber zur Verfügung gestellten Internet-Applikation über das Internet Protokoll (IP) an das elektronische System. Über das Mobiltelefon bzw das (mobile) Endgerät ist die beabsichtigte Parkdauer sowie das behördliche Kennzeichen des abgestellten mehrspurigen Kraftfahrzeuges einzugeben, sofern das behördliche Kennzeichen nicht bereits im Zuge der Einrichtung des Benutzerkontos im System erfasst wurde (Abstellanmeldung). Danach ist die Rückmeldung des elektronischen Systems durch SMS oder im Wege einer vom Systembetreiber zur Verfügung gestellten Internet-Applikation über das Internet Protokoll (IP) über die durchgeführte Transaktion abzuwarten (Bestätigung).

(3) Wird die Abstellanmeldung durch das elektronische System bestätigt, gilt die Abgabe als entrichtet oder darf das mehrspurige Kraftfahrzeug für einen fünfzehn Minuten nicht übersteigenden Zeitraum abgestellt werden."

Der Verwaltungsgerichtshof brachte deutlich zum Ausdruck, dass eine "Kulanzzeit" zwischen Abstellen des Fahrzeuges und der Entrichtung der Parkometerabgabe in der Kontrolleinrichtungsverordnung vorgesehenen Form nicht vorgesehen sei (). Bereits der Wortsinn "Beginn des Abstellens" lege die Interpretation dahin nahe, dass die Parkometerabgabe mit der Verwirklichung des "Abstellens" zu entrichten sei. Entferne sich der Lenker vom "abgestellten" Fahrzeug (auch nur zur Besorgung von Parkscheinen), so verwirkliche er bereits den Tatbestand der Abgabenverkürzung nach § 4 (Wiener) Parkometergesetz 2006.

In Anlehnung an die Judikatur des VwGH vertritt das Bundesfinanzgericht in seiner ständigen Rechtsprechung die Auffassung, dass auch bei einer Zeitgleichheit der Bestätigungsmeldung und der Beanstandung durch ein Parkraumüberwachungsorgan eine fahrlässige Abgabenverkürzung vorliegt (vgl hiezu ergangene und im Internet unter https://findok.bmf.gv.at/ veröffentlichte Erkenntnisse - "Aktivierung des elektronischen Parkscheines und Beanstandung durch das Parkraumüberwachungsorgan in derselben Minute"; - "SMS-Bestätigung nicht beim Fahrzeug abgewartet"; - "Bestätigung des elektronischen Parkscheins in Minute der Beanstandung"; - "Elektronischer Parkschein zu spät gelöst"; - "Beanstandung durch das Kontrollorgan und Buchung des Handyparkscheines innerhalb einer Minute"; - "Elektronischer Parkschein in gleicher Minute wie Abfrage des Meldungslegers gebucht"; - "Handyparken, SMS-Bestätigung in gleicher Minute").

Angemerkt wird noch, dass auf Internetseiten darauf hingewiesen wird, bei Verwendung von "Handy-Parken" die Bestätigung über die Aktivierung des elektronischen Parkscheines beim Fahrzeug abzuwarten.

So findet sich zum Beispiel auf der Website der Stadt Wien (https://www.wien.gv.at/verkehr/parken/kurzparkzonen/gebuehren/parkschein/handyparken.html) folgender Hinweis zum Handyparken:

"Bestätigung abwarten

Die Parkgebühr gilt erst dann als bezahlt, wenn Sie nach der Parkscheinbuchung die Bestätigung via SMS oder HANDYPARKEN-App erhalten haben. Erst dann wird der entsprechende Betrag von Ihrem Parkkonto abgebucht.

Bleiben Sie bis zum Erhalt der Bestätigung bei Ihrem Fahrzeug. So kann verhindert werden, dass von einem Kontrollorgan eine Abfrage des Kennzeichens und eine darauffolgende Beanstandung wegen eines fehlenden Parkscheins vorgenommen wird. Wenn Sie keine Bestätigung erhalten, müssen Sie einen Papierparkschein ausfüllen."

Der Abstellort befand sich unstrittig in einer ordnungsgemäß verordneten Kurzparkzone.

Da der Beschwerdeführer sein Kraftfahrzeug in einer Kurzparkzone ohne Aktivierung eines Parkscheines abgestellt hat, ist das objektive Tatbild von § 5 Abs 2 Parkometerabgabeverordnung erfüllt.

Verschulden

Gemäß § 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006 sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 € zu bestrafen.

Das Verwaltungsstrafgesetz (VStG) normiert in § 5 Abs 1 VStG den Tatbestand der Schuld. Gemäß dieser Bestimmung genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift nichts Anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähig ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht.

Die den Straftatbestand normierende relevante Verwaltungsvorschrift findet sich in § 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl 2006/9 idF LGBl 2012/45, die keine qualifizierten Schuldvoraussetzungen fordert.

Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet, nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbestand entspricht (§ 6 Abs 1 StGB).

Den Beschwerdeführer trifft somit die Verpflichtung, sich vor dem Abstellen des Fahrzeuges mit den einschlägigen parkometerabgabenrechtlichen Vorschriften bzw. deren praktischen Anwendbarkeit auseinanderzusetzen und sich im Falle von Unklarheiten bei der belangten Behörde zu informieren.

Indem der Beschwerdeführer die Bestätigung der Buchung des Parkscheines nicht beim Kraftfahrzeug abgewartet hat, hat er die Bestimmung des § 7 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung nicht befolgt. Er hat somit fahrlässig gehandelt und damit auch das subjektive Tatbild verwirklicht.

Strafbemessung

Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu € 365,00 zu bestrafen (§ 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006).

Gemäß § 10 Abs 1 VStG richten sich Strafart und Strafsatz nach den Verwaltungsvorschriften, soweit im VStG nicht anderes bestimmt ist.

Gemäß § 19 Abs 1 VStG sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat Grundlage für die Bemessung der Strafe.

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.

Bei der Strafbemessung ist gemäß § 19 VStG darauf Bedacht zu nehmen, dass ein öffentliches Interesse an der Abgabenentrichtung besteht. Werden die hiefür vorgesehenen Kontrolleinrichtungen nicht oder unrichtig entwertet, entgehen der Gemeinde Wien unter Umständen die entsprechenden Abgaben. Angesichts der hohen Hinterziehungs- und Verkürzungsanfälligkeit der Parkometerabgabe ist eine Bestrafung in einer Höhe geboten, die sowohl eine individualpräventive als auch eine generalpräventive Wirkung entfaltet.

Die Bemessung der Strafe ist eine Ermessensentscheidung der Behörde, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist, allerdings muss die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheinen (vgl. ; ).

Eine Schuldeinsicht war beim Beschwerdeführer im Rahmen des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens nicht zu erkennen. Der Milderungsgrund eines reumütigen Geständnisses kommt für ihn daher nicht in Betracht.

Der Aktenlage nach kommt dem Beschwerdeführer der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugute, was von der belangten Behörde bereits gewürdigt wurde.

Das in der mündlichen Verhandlung erklärte Einkommen von 1.100,00 € netto, nicht vorhandenes Vermögen und Sorgepflichten für drei Kinder im Alter von 14, 16 und 18 Jahren sind bei der Strafbemessung mildernd zu berücksichtigen.

Weitere Milderungsgründe wurden nicht vorgebracht und haben sich auch aus dem Verwaltungsverfahren nicht ergeben.

Angesichts der Wichtigkeit einer effizienten Parkraumbewirtschaftung ist der objektive Unrechtsgehalt der Tat an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, erheblich. Aus diesen Gründen erscheint eine Geldstrafe von 60,00 € nicht als unverhältnismäßig, zumal dieser Betrag ohnehin im unteren Bereich des bis 365,00 € reichenden Strafrahmens angesiedelt ist und zudem die Höhe der Strafe vor allem geeignet sein soll, eine general- und spezialpräventive Funktion zu erfüllen. Auch die festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe ist keineswegs überhöht.

Kostenentscheidung (Spruchpunkt II.)

Da die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 64 VStG in Höhe von 10% der Strafen festzusetzen sind (mindestens jedoch mit zehn Euro), wurden sie somit in Höhe von 10,00 € korrekt festgesetzt.

Gemäß § 52 Abs 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Gemäß § 52 Abs 2 VwGVG ist dieser Betrag für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen.

Die beschwerdeführende Partei hat daher gemäß § 52 Abs 2 VwGVG weitere 12,00 € als Kostenbeitrag zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu leisten.

Vollstreckung (Spruchpunkt III.)

Gemäß § 52 Abs 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs 2 vorzugehen.

Gemäß § 25 Abs 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.

Hier erweist sich der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 Anm 6).

Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt IV.)

Art 133 B-VG normiert:

"(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.

(6) Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes kann wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben: 1. wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet; 2. die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht; […]

(9) Auf die Beschlüsse der Verwaltungsgerichte sind die für ihre Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Artikels sinngemäß anzuwenden. Inwieweit gegen Beschlüsse der Verwaltungsgerichte Revision erhoben werden kann, bestimmt das die Organisation und das Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes regelnde besondere Bundesgesetz."

§ 25a VwGG normiert:

"(4) Wenn in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache 1. eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und 2. im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde, ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig."

Weil nach § 4 Abs 1 des Wiener Parkometergesetzes 2006 lediglich eine Geldstrafe von bis zu 365,00 € und keine primäre Freiheitsstrafe verhängt werden darf, ist eine Revision durch den Beschwerdeführer unzulässig (, mwN).

Das Erkenntnis basiert im Wesentlichen auf der Klärung von Sachverhaltsfragen. Wo Rechtsfragen aufgetaucht sind, wurden diese entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet (siehe Begründung Punkt 3.) Die Revision für die belangte Behörde ist daher unzulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7500132.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at