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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.06.2024, RV/7102695/2023

Fahrtkosten als Werbungskosten bei nicht ordnungsgemäßem Fahrtenbuch

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Regina Vogt in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

In der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2020 beantragte die Beschwerdeführerin (Bf.) die Berücksichtigung von Werbungskosten i.H. von insges. € 2.046,98.

Mit Ergänzungsersuchen vom wurde die Bf. um Klärung u.a. folgender Fragen ersucht:

……………

Bitte teilen Sie uns auch Ihren beruflichen Aufgabenbereich mit und informieren Sie uns, wie die Ausgaben mit Ihrem Beruf Zusammenhängen. Begründen Sie daher die konkrete berufliche Notwendigkeit jeder Position in der Kostenaufstellung.

Haben Arbeitgeber oder Förderstellen wie z. B. Land oder Arbeiterkammer Ihre Kosten ganz oder teilweise ersetzt? Dann geben Sie uns bitte die Höhe bekannt.

Bei beantragten Fahrtkosten benötigen wir folgende Unterlagen:

……

Bei Benützung des eigenen KFZ geben Sie uns bitte den genauen Streckenverlauf inkl.

Anfangs- und Endadresse, Datum, Uhrzeit und den beruflichen Zweck bekannt (z.B.

Fahrtenbuch).

Da dieses Ergänzungsersuchen unbeantwortet blieb, wurde in der Veranlagung mit Bescheid vom nur das Werbungskostenpauschale i.H. von € 60.- berücksichtigt.

Hinsichtlich Arztkosten und Versicherungsbeiträgen wurde darauf verwiesen, dass eine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung bzw Sonderausgaben auf Grund der Einkommenshöhe jeweils nicht in Frage kämen.

Im Zuge der Beschwerde vom legte die Bf. u.a folgende Auflistung der beantragten Kosten sowie ein Fahrtenbuch vor:

Arztrechnungen & Honorare: 1.236,

FAB 2020 (Versicherung): 230,

Betriebsratsumlage: 83,30,

Energiekosten Homeoffice (Strom, Internet - 20% von März bis Dezember anteilig): 136,02.

Lt. einer handschriftlich beigefügten Berechnung der Internetkosten betrugen diese insges. € 339, wovon 20%= € 67,80 geltend gemacht würden.

Fahrtenbuch: 1.910,50.

Das Fahrtenbuch besteht aus einer Tabelle. In vier Spalten sind ein Datum, eine Fahrtstrecke, eine Kilometeranzahl unter der Überschrift "Beruflich" angegeben. Die vierte Spalte lautet "privat", dort befindet sich kein Eintrag. Die Fahrtstrecken führen i.d.R. vom Wohnort (abgekürzt WO) zum Dienstort (DO) zu einzelnen Adressen, bei denen fallweise auch Familiennamen angegeben sind.

Die Summe der gefahrenen Kilometer ergibt 4.549, die von der Bf. mit dem amtlichen Kilometergeld von 0,42 multipliziert wird und somit Kosten von insges. € 1.910,58 ergibt. Die Bf. verweist darauf, dass ihr keine Kosten vom Arbeitgeber ersetzt worden seien.

In der Beschwerdevorentscheidung vom wurden Werbungskosten i.H.von € 219,32 anerkannt, die sich aus € 83,30 Betriebsratsumlage und € 136,02 für Energiekosten und Internet (67,80) im Homeoffice zusammensetzen.

Am stellte die Bf. einen Vorlageantrag. Im Zuge weiterer Ergänzungesersuchen legte die Bf. am den Dienstvertrag, die Berechnung der Kosten für Internet und Strom, sowie ein um Privatfahrten und Straßennamen, sofern bisher nur eine Postleitzahl angegeben war, ergänztes Fahrtenbuch vor.

Die Beschwerde wurde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht vorgelegt:

Die belangte Behörde beantragtedie Anerkennung von Arbeitsmittel KZ 719 in Höhe von 67,80 €, Reisekosten KZ 721 in Höhe von 735,76 € und sonstige Werbungskosten KZ 724 in Höhe von 83,30 € (Betriebsratsumlage) und nahm zu den strittigen Positionen "Energiekosten Homeoffice" und "Fahrtkosten" wie folgt Stellung:

Energiekosten Homeoffice:

Die Kosten für das Internet können laut Antrag (siehe Auflistung im Antwortschreiben vom ) in Höhe von 67,80 € berücksichtigt werden. Diese werden der Kennzahl 719 "Arbeitsmittel" zugerechnet.

Die Kosten für Strom können nicht berücksichtigt werden, weil diese im Zusammenhang mit einem im Wohnungsverband gelegenen Arbeitszimmer stehen und dieses nicht den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit bildet. Der Abzug der Kosten für Strom ist demnach nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit d EStG 1988 zu versagen.

Reisekosten:

Der Nachweis der Fahrtkosten bzw. von beruflich gefahrenen Kilometern hat grundsätzlich mittels eines Fahrtenbuches zu erfolgen. Dieses hat die beruflichen und privaten Fahrten zu enthalten (so etwa VwGH , 2176/63; uvam). Damit ein Fahrtenbuch einen tauglichen Nachweis darstellt, muss es fortlaufend, übersichtlich und in chronologischer Reihenfolge lückenlos geführt sein (Doralt, aaO, § 16 Tz 220); es müssen jedenfalls folgende Daten festgehalten werden ():

• Datum der Fahrt;

• Kilometerstand am Beginn und am Ende jeder Fahrt und die Fahrtstrecke in Kilometern;

• Abfahrts- und Ankunftszeiten sowie die Fahrtdauer;

• Ausgangsort und Zielort jeder Fahrt;

• Reiseweg, und zwar so, dass er mit einer Straßenkarte nachvollzogen werden kann;

• Zweck jeder einzelnen Fahrt. Wenn im Zuge einer einheitlichen beruflichen Fahrt mehrere Kunden besuchtwerden, so ist der Name jedes einzelnen Kunden anzuführen. Ein bloß allgemein gehaltener Hinweis, etwa "Kundenbesuche", ist als Zweckangabe jedenfalls zu vage.

Ein mit Hilfe eines Computerprogrammes elektronisch geführtes Fahrtenbuch genügt den Anforderungen nur dann, wenn nachträgliche Veränderungen an den zu einem früheren Zeitpunkt eingegebenen Daten nach der Funktionsweise des verwendeten Programms technisch ausgeschlossen sind ().

Ein solches ordnungsgemäße Fahrtenbuch ist im gegenständlichen Fall nicht vorliegend.

In der am vorgelegten Auflistung fehlen die Kilometerstände, die Abfahrts- und Ankunftszeiten, die Fahrtdauer, ein nachvollziehbarer Reiseweg und der Zweck jeder einzelnen Fahrt. Die Merkmale eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuches, welches berufliche Fahrten nachvollziehbar machen soll, sind somit nicht erfüllt.

Die am vorgelegte Auflistung wurde vor allem in Hinblick auf private Kilometer und Kilometerstände ergänzt. Bei den Kilometerständen wurde zwischen KFZ Golf und KFZ Mercedes unterschieden. Laut der ursprünglichen Auflistung wurde auf Grund einer Reparatur auch mit dem KFZ des Bruders gefahren.

Bei dem vorgelegten "Fahrtenbuch" kam es somit offensichtlich zu nachträglichen Änderungen. Widersprüchlich erscheint hier auch die nunmehrige Angabe der privaten Kilometer und der Kilometerstände zu der ursprünglich eingereichten Auflistung, in der explizit darauf hingewiesen wurde, dass es keine genauen Kilometer Angaben gibt.

Fraglich erschien in der Auflistung auch, dass "weite Reisen" nahezu ausschließlich an Freitagen

(Wochenendnähe, möglicherweise auch am Nachmittag), Wochenenden oder an Feiertagen erfolgten. Esentspricht nicht der Lebenserfahrung, dass weite, ausschließlich beruflich veranlasste Fahrten an solchen Tagen durchgeführt werden. In Hinblick auf diese Reisen erging das Ergänzungsersuchen vom . Fragliche Fahrten wurden im Ergänzungsersuchen mit Datum aufgelistet. Es erscheint bei den restlichen Fahrten glaubhaft, dass diese beruflich bedingt sind.

In der Beantwortung wurde allgemein ausgeführt, dass es keine fix definierten Arbeitszeiten gebe und dass man sich an die Kunden richte und somit in Ausnahmefällen Kundentermine an Sonntagen oder Feiertagen stattfinden. In der beiliegenden Auflistung gab es noch kurze Ergänzungen. Zu einer umfassenden Aufklärung des Sachverhaltes führte die Beantwortung jedoch nicht. Nach wie vor blieben die genaue Wegstrecke und der genaue Reisezweck offen. Entgegen der Ausführung, dass Kundentermine nur in Ausnahmefällen an Sonn- und

Feiertagen durchgeführt wurden, spricht die tatsächliche Geltendmachung von "weiten Reisen" vorwiegend an Freitagen, Wochenenden und Feiertagen (wie bereits ausgeführt).

Im vorgelegten Dienstvertrag findet sich ab eine Bestellung zum Verkaufsberater, als Dienstort wird Wien genannt, ein weiterer örtlicher Tätigkeitsbereich wird - etwa durch Beilagen zum Dienstvertrag - nicht genannt. Zudem wurde ein Nachtrag zum Dienstvertrag beigelegt, welcher ab 01.0.12021 gültig ist und die Bezeichnung VertriebsCoach Sales Talents enthält.

Auf Grund der Ausführungen im Antwortschreiben wird es zusätzlich als glaubhaft angesehen, dass die Fahrten

am , 23.01- und beruflich bedingt sind.

Als glaubhaft werden 1441 Kilometer bzw. Reisekosten in Höhe von 605,22 € angesehen.

Fraglich erscheinen folgende Fahrten (3108km):

-

- (Angabe ***1*** in Auflistung)

-

-

- : Fronleichnam

-

-

-

-

-

-

Bezüglich der Fahrt am sind die Fahrtkosten insofern fraglich, weil sich ab der Nebenwohnsitz am ***1*** 3 (bisheriger Hauptwohnsitz) befindet.

……………..

Da kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch vorliegt und die berufliche Notwendigkeit nicht mit anderen Unterlagen nachgewiesen werden konnte, können die dahingehenden Kosten im Schätzungsweg mit 10% berücksichtigt werden (3.108 Kilometer). Dies ergibt pauschale Reisekosten in Höhe von 130,54.€.

Es ergibt sich somit eine Summe von 735,76.€ (605,22.€ + 130,54 €).

Der Bf. wurde mit Schreiben des Bundesfinanzgerichtes vom die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Diese antwortete per E-Mail vom wie folgt:

Das mit dem Strom des Homeoffices ist für mich mit Ihrer Erklärung nun endgültig erledigt. Vielen Dank.

Die angefragten Fahrten aus dem Fahrtenbuch möchte ich Ihnen gern erklären und ergänzen - hoffe das passt in dieser Form:

Ich habe neben meiner Tätigkeit unter anderem auch einen eigenen, kleinen Kundenstock behalten aus meiner Zeit im aktiven Verkaufsaußendienst. Die meisten Kundinnen und Kunden habe ich abgetreten, den "engsten Kreis" jedoch behalten. Diese Kunden werden von mir weiterhin serviciert und aktiv betreut. Natürlich befindet sich in meinem engsten Kundenstock auch jemand aus meiner Familie. (***1*** ist mein ehem. Hauptwohnsitz).

Im Falle eines tatsächlichen Besuchs weil ich dort in meiner Versicherungsberater-Rolle aktiv bin führe ich natürlich auch zurecht diese Fahrten an, natürlich ausschließlich diese. Mein Freundes- und Familienkreis erstreckt sich in kleinem Teil in die Weststeiermark, Bezirk Voitsberg und Bärnbach, aber auch nach Kärnten, der Rest davon befindet sich ausschließlich in Wien und Umgebung. Das Meiste kann ich Telefonisch und in Mailform abfedern, zu einer guten Beratung gehört es aber auch Kunden persönlich zu besuchen, ähnlich einer Servicevereinbarung - legt man die Fahrtenbücher aus der Vergangenheit nebeneinander kann man das sehr gut beobachten das das in der Vergangenheit immer passierte, und das unter anderem auch von den wenigen Kunden die ich betreuen darf geschätzt wird, sonst würde mein Nebenprovisionsverdienst ja wegbrechen.

Bei einigen neuen Lebenssituationen macht genau das den Unterschied aus - wenn etwa beim Eigenheim ein Baufortschritt in der Polizze festgehalten wird oder ein Neugeborenes auf die Welt gekommen ist, hier nicht nur den Vertrag per Mail zu verschicken sondern hier auch vorort zu sein.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf. war im verfahrensgegenständlichen Jahr als Verkaufsberaterin für eine Versicherung tätig. Ihr Dienstort war und ist Wien. Die Bf. arbeitete auch im "Homeofffice".

Zusätzlich hat sie, wie ihren Ausführungen glaubhaft zu entnehmen ist, einen eignen, kleinen Kundestock aus ihrer früheren Tätigkeit als Außendienstmitarbeiterin beibehalten, den sie nachwievor auch dadurch betreut, dass sie, falls gewünscht, diese Kunden an ihren Wohnsitzen aufsucht. Zu diesem Kundenkreis besteht eine über das im Geschäftsleben übliche Maß hinausgehende persönliche Nahebeziehung, wird dieser doch auch von ihr selbst als Freundes-und Familienkreis bezeichnet, der sich abgesehen von Wien (an ihrem ehemaligen Hauptwohnsitz) und Umgebung auch in der Weststeiermark, Bezirken Voitsberg und Bärnbach und in Kärnten befindet.

Die Aufzeichnung der mit ihrem Privatfahrzeug bzw. mit dem Fahrzeug ihres Bruders gefahrenen Kilometer erfolgte in tabellarischer Form, wobei zunächst eine Tabelle vorgelegt wurde, in der keine Privatfahrten aufgezeichnet waren und in weiterer Folge eine Tabelle, in der auch Privatfahrten ausgewiesen waren, sowie Fahrten, die mit dem Fahrzeug des Bruders der Bf. durchgeführt worden waren. Auch wurden die ursprünglich nur mit Postleitzahlen angegebenen Adressen teilweise um Straßennamen ergänzt.

Hausnummern fehlen generell. Auch werden die Straßennamen nicht kontinuierlich bei jeder Fahrt angeführt oder nur Ortsbezeichnungen ohne Kundennamen (z.B. 15.1.: 1220, ***Platz, 28.1.: 1220, 8.8.: 1220, ***gasse.), Fallweise findet sich die Bezeichnung "Kd" mit einem Familiennnamen, allerdings außer in einem Fall, nie mit genauer Wohnadresse. Einzig die ***2***) lässt sich als eindeutig definiertes Ziel erklären.

Die Fahrt am 9.11. enthält den Vermerk "***5***".

2. Beweiswürdigung

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den von der belangten Behörde vorgelegen Verwaltungsakt und weitere Ermittlungen des Bundesfinanzgerichtes.

Gemäß § 115 Abs. 1 BAO haben die Abgabenbehörden die abgabenpflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind.

Zu erforschen ist die materielle Wahrheit (Ritz BAO6 § 115 Tz 4).

Gemäß §119 Abs. 1BAO sind die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsame Umstände vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen.

Gemäß § 119 Abs. 2 BAO dienen der Offenlegung insbesondere die Abgabenerklärungen, Anmeldungen, Anzeigen, Abrechnungen und sonstige Anbringen des Abgabepflichtigen, welche die Grundlage für abgaberechtliche Feststellungen, für die Festsetzung der Abgaben, für die Freistellung von diesen oder für Begünstigungen bilden oder die Berechnungsgrundlagen der nach einer Selbstberechnung des Abgabepflichtigen zu entrichtenden Abgaben bekanntgeben.

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat im Übrigen die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Hinsichtlich der nicht strittigen Aufwendungen für Arztkosten und Versicherung wird auf die Begründung im Bescheid vom verwiesen.

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Zif. 2 lit. a EStG 1988 dürfen bei den Einkünften nicht abgezogen werden Ausgaben oder Aufwendungen für die Lebensführung.

Die Höhe der Betriebsratsumlage mir € 83,30 sowie deren Abzugsfähigkeit als sonstige Werbungskosten steht außer Streit.

Bei den Kosten für das Internet handelt es sich um Kosten i.Z. mit dem Betrieb eines auch beruflich genutzten PC. Diesbezüglich hat der Verwaltungsgerichtshof z.B. im Erkenntnis vom , 2001/13/0241 ausgesprochen, dass durch die griffweise Schätzung eines Privatanteiles und damit die Aufteilung in eine private und eine typischerweise unzweifelhaft beruflich bedingte Nutzung zulässig ist. Die Bf. hat selbst von des Gesamtkosten von € 339.- 20 % als beruflich bedingt geltend gemacht, wogegen nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes kein Einwand zu erheben ist.

Die Nichtabzugsfähigkeit der geltend gemachten anteiligen Stromkosten stellte die Bf. zuletzt außer Streit.

Es sind daher € 67,80 als Werbungskosten anzuerkennen.

Hinsichtlich der als Werbungskosten geltend gemachten Fahrtkosten ist folgendes auszuführen:

Will ein Arbeitnehmer die Berücksichtigung höherer Werbungskosten anstelle des (der) für ihn in Betracht kommenden Werbungskostenpauschbetrages(beträge) erreichen, hat er sämtliche Werbungskosten nachzuweisen (vgl ; ).

Nach den von der Rechtsprechung erarbeiteten und von der Verwaltungspraxis getragenen, aus § 16 Abs 1 erster Satz abgeleiteten Regeln kann bei außerbetrieblichen Einkünften ein Kraftfahrzeug als Arbeitsmittel und können die Fahrzeugbetriebskosten als Werbungskosten nur dann zum Abzug zugelassen werden, wenn seitens des Arbeitnehmers eine berufliche Veranlassung für die Verwendung des Fahrzeuges gegeben ist (VwGH v , 92/13/0281). Trifft dies nicht zu, sind die Fahrzeugbetriebskosten einschließlich AfA den nicht abzugsfähigen Kosten für die Lebensführung iS des § 20 Abs 1 Z 2 zuzuweisen oder, was die Verwendung des Fahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte betrifft, durch Verkehrsabsetzbetrag und Pendlerpauschale abgegolten.

Nimmt der Steuerpflichtige das Kilometergeld in Anspruch, kann sich der Nachweis der Fahrzeugkosten darauf beschränken, dass es sich dem Grunde nach um eine beruflich notwendige Fahrt handelte (vgl ). Der Nachweis ist durch ein Fahrtenbuch zu erbringen. Darin sind

- Reisetag (Datum),

- die Reisedauer (Uhrzeit),

- Ausgangs- und Zielpunkt der Reise,

- der Reisezweck,

- die Anfangs- und Endkilometerstände und

- die Anzahl der gefahrenen Kilometer festzuhalten.

Das Fahrtenbuch dient auch der Abgrenzung der betrieblich veranlassten Fahrtkosten von den auf Privatfahrten entfallenden Kosten.

Der Begriff des ordnungsgemäßen Fahrtenbuches ist gesetzlich nicht näher bestimmt. Aus dem Sinn und Zweck eines Fahrtenbuches folgt allerdings, dass die dem Nachweis der betrieblichen Fahrten dienenden Aufzeichnungen eine hinreichende Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein müssen. Dazu gehört auch, dass das Fahrtenbuch zeitnah und in geschlossener Form geführt worden ist. Eine mit Hilfe eines Computerprogramms erzeugte Datei genügt diesen Anforderungen nur dann, wenn nachträgliche Veränderungen an den zu einem früheren Zeitpunkt eingegebenen Daten nach der Funktionsweise des verwendeten Programms technisch ausgeschlossen sind oder zumindest in ihrer Reichweite in der Datei selbst dokumentiert oder offengelegt werden. Die gebundene oder jedenfalls in sich geschlossene Form soll dabei nachträgliche Einfügungen oder Veränderungen ausschließen oder zumindest deutlich als solche erkennbar werden lassen. Eine lose Ansammlung von Daten ohne äußeren Zusammenhang kann daher schon in begrifflicher Hinsicht kein Fahrtenbuch sein. Diesen Anforderungen wird nur eine fortlaufende und zeitnahe Erfassung der Fahrten in einem geschlossenen Verzeichnis gerecht, das auf Grund seiner äußeren Gestaltung geeignet ist, jedenfalls im Regelfall nachträgliche Abänderungen, Streichungen oder Ergänzungen als solche kenntlich werden zu lassen.

Nach diesen Maßstäben ist eine mittels eines Computerprogramms erzeugte Datei kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch. Dies gilt auch dann, wenn die einzelnen Eintragungen in der Computerdatei unmittelbar im Anschluss an die jeweilige Fahrt vorgenommen worden sein sollten. Eine solche Aufzeichnungsmethode ist nicht geeignet, den fortlaufenden und lückenlosen Charakter der Angaben und ihre zeitnahe Erfassung mit hinreichender Zuverlässigkeit zu belegen. Der auf diese Weise erzeugte Datenbestand ist kein in sich geschlossenes Verzeichnis und damit auch kein Fahrtenbuch. Der Ausdruck einer solchen Datei ist deshalb zum Nachweis der Vollständigkeit und Richtigkeit der erforderlichen Angaben nicht geeignet (vgl. BFH vom , VI R 64/04, BStBl. 2006 II S. 410).

Die fortlaufende Führung eines Fahrtenbuches stellt idR einen geeigneten Nachweis für das Ausmaß der beruflichen Verwendung dar. Darin sind aber nicht nur die Dienstfahrten, sondern auch die Privatfahrten und Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auszuweisen und grundsätzlich die Gesamtkosten durch Belege nachzuweisen.

Führt der Steuerpflichtige kein solches Fahrtenbuch und erbringt er keinen Beweis dafür, welche Fahrten im Interesse seiner Tätigkeit notwendig waren, ist die Abgabenbehörde berechtigt, die Fahrtkosten zu schätzen (, 0232, 0233; ).

Im gegenständlichen Fall legte die Bf. zunächst eine Aufstellung in Tabellenform vor, in der keine Privatfahrten verzeichnet waren. Erst zu einem späteren Zeitpunkt wurde diese Tabelle um Privatfahrten ergänzt und zudem hinsichtlich des verwendeten Kraftfahrzeuges präzisiert (sie sei mit dem Fahrzeug ihres Bruders ***4*** gefahren, da ihr eigenes auf Grund von Corona längere Zeit nicht repariert habe werden können). Auch wurden der ursprünglichen Version teilweise Straßennamen hinzugefügt.

Schon daran zeigt sich, dass es sich bei diesen Aufzeichnungen nicht um ein Fahrtenbuch im Sinne der von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien handelt, da nachträgliche Veränderungen möglich waren.

Auch wurden keine überprüfbaren Kundenadressen, da überwiegend (aber nicht immer, siehe "7.10. "***3***") nur die Postleitzahl und ein Ortsnamen und (in der ergänzten Version) ein Straßennnamen, angeführt wurden, festgehalten. Der Kunde selbst wurde nur mit dem Familiennamen angegeben. Der Zweck der Fahrt fehlt generell, teilweise ist "Kd"…..angeführt, sodass zumindest hier geschlossen werden kann, dass es sich um einen Kundenbesuch handelte.

Hinsichtlich der lt. Vorlagebericht strittigen Fahrten führte die Bf. zuletzt in der an die erkennende Richterin gerichteten E-Mail vom aus, dass sie einen kleinen Kundenkreis nachwievor persönlich betreue, indem sie diese Kunden auch bei Bedarf vor Ort aufsuche. Dabei handle es sich um ihren Familien-und Freundeskreis," der sich in kleinem Teil in die Weststeiermark, Bezirk Voitsberg und Bärnbach, aber auch nach Kärnten, der Rest davon befindet sich ausschließlich in Wien und Umgebung" erstrecke.

Die hier gemachten Ortsangaben decken sich mit jenen der strittigen Fahrten lt. Vorlagebericht.

Wenn man also davon ausgeht, dass es sich bei den strittigen Fahrten um solche zu Personen aus dem Familien-und Freundeskreis handelt, so wird deutlich, dass hier die Grenzen zwischen beruflicher und privater Veranlassung verschwimmen und nicht eindeutig zu ziehen sind. Deutlich wird dies etwa bei den Fahrten zum ***1***, dem ehemaligen Hauptwohnsitz der Bf. und an der Fahrt vom 9.11. nach ***6***, mit dem Vermek "***5***", da der Bruder der Bf. bekanntlich ***5*** heißt.

Abschließend wird zu diesem Beschwerdepunkt bzgl. etwaiger datenschutzrechtliche Bedenken lediglich ergänzend darauf hingewiesen, dass die Organe der Abgabenbehörde und des Bundesfinanzgerichts gemäß § 48a BAO zur Geheimhaltung der ihr im Rahmen ihrer Amtsausübung zukommenden Daten verpflichtet sind und damit der Datenschutz gewährleistet ist.

Auf Grund des mangelhaften Fahrtenbuches besteht die Berechtigung, jene Fahrten, deren berufliche Veranlassung zweifelhaft ist, zu schätzen.

Da es sich, wie die Bf. selbst ausführt, um Kunden aus dem Familien-und Freundeskreis handelt, ist eine private Mitveranlassung nach den Erfahrungen des täglichen Lebens nicht auszuschließen. Andererseits ist der Bf. zuzugestehen, dass auch Familienmitglieder und Freunde Kunden im eigentlichen Sinn sein können. Eine Schätzung der privaten Fahrten mit 90% bzw. der beruflichen nur mit 10% ist daher nach Ansicht des Bundefinanzgerichtes überschießend.

Es werden daher von den lt. belangter Behörde zweifelhaften Kosten von € 1.305,36 (€ 1.910,58 Gesamtkosten-€ 605,22 bereits anerkannte Kosten) 50% als Werbungskosten, das sind € 652,68, somit insgesamt 1.254,90 anerkannt.

Damit ergibt sich folgende Berechnung der Einkommensteuer 2020:

Einkünfte ………………………….41.086,99 €

Werbungskosten………………..-1.406,00 €

Gesamtbetrag……………………39.680,99 €

Sonderausgaben……………………-.60,00 €

Außergewöhnliche Belastung…1.236,00 €

Selbstbehalt……………………………1,236,00 €

Einkommen………………………….39.620,99 €

Die Einkommensteuer gem. § 33 Abs. 1 EStG 1988 beträgt:

0 % für die ersten 11.000,00 ................................................................. 0,00 €

20 % für die weiteren 7.000,00 .............................................................. 1.400,00 €

35 % für die weiteren 13.000,00 ............................................................ 4.550,00 €

42 % für die restlichen 8.620,99 ............................................................ 3.620,81 €

Steuer vor Abzug der Absetzbeträge ..................................................... 9.570.81 €

Verkehrsabsetzbetrag…………………………………………………………………………..-400,00 €

Steuer…………………………………………………………………………………………………..9.170,81 €

Steuer für sonstige Bezüge………………………………………………………………………243,16 €

Einkommensteuer………………………………………………………………………………..9.413,97

Anrechenbare Lohnsteuer…………………………………………………………………..-9.364,18

Rundung…………………………………………………………………………………………………….-0,79

Festgesetzte Einkommensteuer…………………………………………………………………49,00 €

Bisher festgesetzte Einkommensteuer……………………………………………………..548,00 €

Gutschrift…………………………………………………………………………………………………499,00 €

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Hinsichtlich der Frage, wann ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch vorliegt, wird nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102695.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at