Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 22.05.2024, RV/7102609/2021

Kein Sicherheitszuschlag bei Nichtnummerierung von Reparaturaufträgen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende Mag. Andrea Ebner, die Richterin Mag. Aloisia Bergauer sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Ulrike Richter und Mag. Markus Fischer, BA in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch LBG Niederösterreich GmbH, Raiffeisenpromenade 2/1/6, 3830 ***2***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend die Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren 2015-2016, die Einkommensteuer 2015-2017, die Wiederaufnahme der Umsatzsteuerverfahren 2015-2016 sowie die Umsatzsteuer 2015-2017, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin Petra Rauherz zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde gegen die Wiederaufnahme der Umsatzsteuerverfahren 2015 und 2016 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden - ersatzlos - aufgehoben.

II. Die Beschwerde gegen die Umsatzsteuerbescheide 2015 und 2016 wird gemäß § 261 Abs 2 BAO iVm §278 Abs 1 BAO als gegenstandslos erklärt. Das Verfahren wird eingestellt.

III. Die Beschwerde gegen die Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren 2015 und 2016 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

IV. Der Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2015 bis 2017 sowie gegen den Umsatzbescheid 2017 wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

V. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Beim Beschwerdeführer fand ua die Umsatzsteuer und die Einkommensteuer für den Zeitraum 2014 bis 2017 betreffend eine Außenprüfung statt. Der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom ist in Tz 1 zu entnehmen, dass aufgrund von Mängeln in den Aufzeichnungen (Nichtnummerierung der Reparaturaufträge etc) ein nunmehr strittiger Sicherheitszuschlag für die Jahre 2015 bis 2017 iHv 3 % der Erlöse festgesetzt werde.

In der Folge nahm die belangte Behörde mit Bescheiden vom sowohl die Einkommensteuer- als auch die Umsatzsteuerverfahren für die Jahre 2015 und 2016 wieder auf und setzte mit Sachbescheiden vom selben Tag die Einkommensteuer und die Umsatzsteuer für die Jahre 2015 und 2016 unter Zugrundelegung der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung fest.

Ebenfalls mit Bescheiden vom hob die belangte Behörde den Umsatzsteuerbescheid und den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 mit Verweis auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung gemäß § 299 Abs 1 BAO auf und setzte mit Sachbescheiden vom selben Tag die Umsatzsteuer und die Einkommensteuer für das Jahr 2017 unter Zugrundelegung der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung fest.

Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde zudem Anspruchszinsen für den Zeitraum 2015 in Höhe von EUR 157,00 fest.

Mit Schriftsatz vom (eingelangt bei der belangten Behörde am ) erhob die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers Beschwerde gegen folgende Bescheide:

"Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer für 2015
Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer für 2016
Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer für 2017
Einkommensteuerbescheid für 2015
Einkommensteuerbescheid für 2016
Einkommensteuerbescheid für 2017
Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer für 2015
Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer für 2016
Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer für 2017
Umsatzsteuerbescheid für 2015
Umsatzsteuerbescheid für 2016
Umsatzsteuerbescheid für 2017
Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen für 2015"

Die Beschwerdeausführungen richteten sich dabei im Wesentlichen gegen den in Tz 1 des Außenprüfungsberichtes angeführten Sicherheitszuschlag iHv 3 % der Umsätze für die Jahre 2015 bis 2017. Da im Zuge der Außenprüfung keine nachgewiesenermaßen nicht aufgezeichneten Erlöse vorgelegen seien, scheitere schon deshalb die Zurechnung von Umsätzen in Form eines Sicherheitszuschlages. Zudem sei in keinem Wiederaufnahmebescheid konkret angeführt, welchen Wiederaufnahmetatbestand die Behörde als erfüllt ansehe und die Änderungen der steuerlichen Bemessungsgrundlagen seien so geringfügig, dass kein Grund für eine Wiederaufnahme vorliege. Es komme nämlich bei beschwerdegemäßer Veranlagung in keinem Jahr zu einer Änderung der Umsatzsteuerzahllast bzw der Einkommensteuer.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde gegen sämtliche angefochten Bescheide als unbegründet ab. Begründend führte sie aus, dass die Betriebseinnahmen und -ausgaben grundsätzlich dann als "richtig" gelten würden, wenn sie dem Finanzamt den Eindruck der Vollständigkeit aller Geschäftsfälle vermitteln würden. Feststellungen und Grundlagen für Sicherheitszuschlag: Nach Ausführungen der belangten Behörde hätte die allgemeine Ertragslage des Gewerbebetriebes, Mängel in den Grundaufzeichnungen sowie Sachverhalte über An- und Verkäufe von Fahrzeugen begründeten Anlass gegeben, die sachliche Richtigkeit und Vollständigkeit der Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen. Da die Steuerbemessungsgrundlagen nicht eindeutig ermittelt werden hätten können, seien diese zu schätzen und ein Sicherheitszuschlag (iHv 3% der Gesamterlöse) infolge Mängel in den Grundaufzeichnungen sei anzuwenden gewesen. Zur allgemeinen Ertragslage des Unternehmens werde angemerkt, dass der Abgabepflichtige nach seinen Einkommensteuererklärungen im Zeitraum von 2006 bis 2017 Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt habe. In diesen elf Jahren habe er lediglich im Jahr 2015 und 2017 Gewinne ausweisen. Bei den vorliegenden Jahresabschlüssen entstehe der Eindruck, dass die Ertragssituation des Gewerbebetriebes bewusst so gestaltet worden sei, um die Steuerlast aus den Einkünften der nichtselbständigen Tätigkeit zu minimieren. Indizien hierfür seien, dass jeweils in den letzten Tagen vor Jahreswechsel immer wieder Buchungen (Entnahmen, Einlagen, Umbuchungen, etc) vorgenommen worden seien, welche das Jahresergebnis in diese Richtung beeinflussen würden. Zusätzlich werde angemerkt, dass die unternehmerische Tätigkeit des Abgabepflichtigen im Bereich der KfZ-Branche auch mit der privaten Lebensführung und somit aus persönlichen Gründen und Neigungen zusammenhängen könnte. Der Beschwerdeführer habe einerseits als Fahrer aktiv an Rallys teilgenommen und anderseits auch nationale und internationale Veranstaltungen dieser Art besucht. Die belangte Behörde führte jedoch weiter aus, dass "auch wenn die Gründung des Betriebes mit dem persönlichen Interesse in Verbindung steht, ist die Weiterführung des Betriebes schon über dieses Interesse als gewinnorientierter Gewerbetrieb zu sehen". Der Sicherheitszuschlag iHv 3 % sei in dem Ausmaß gewählt, dass ein moderater Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben entstehe, der den Gegebenheiten der Werkstätte bzw des Handels entsprechen könnte. Weiters seien Mängel in den Aufzeichnungen festgestellt, welche sich wie folgt begründen:Mängeln in den Aufzeichnungen (Reparaturaufträge etc): Die Reparaturaufträge seien mangelhaft gewesen. Die jeweiligen Auftragspapiere hätten weder einem Zulassungsbesitzer noch einem konkreten Fahrzeug zugeordnet werden können, weil in den Aufträgen kein KfZ-Kennzeichen, Fahrgestellnummer etc ersichtlich gewesen sei. Da die Auftragspapiere zudem mit keiner chronologischen, durchgehenden Nummerierung versehen gewesen wären, sei eine lückenlose Dokumentation nicht gewährleistet. Darüber hinaus habe aus den stichprobenartig gesichteten Arbeits- bzw Reparaturaufträgen nicht festgestellt werden können, wer die Dokumentation bzw handschriftlichen Eintragungen, Ergänzungen, Korrekturen an den Reparaturaufträgen vorgenommen habe. Zudem sei die Stilistik der Aufzeichnungen unübersichtlich und habe keiner ordnungsgemäßen Dokumentation der durchgeführten Arbeiten entsprochen. Aufgrund der handschriftlich angeführten Ergänzungen des Arbeitsauftrages sei nicht erkenntlich, wann diese konkret angebracht worden seien. Mängel im Rechnungsjournal: Das elektronische Journal habe folgende Daten: Status, Rechnungsnummer, Datum, KuNr, KundenName, Adresse, Nettobetrag, PLZ, Ort, Land UID, 20 % UST, Bruttobetrag enthalten. Jedoch hätten POS, Bezeichnung, EP €, Menge, Einheit, Gesamt € gefehlt. Das Journal sei nur über die Rechnungsnummer nummeriert gewesen und habe nicht den Vorschriften des § 131 BAO entsprochen. Weitere Sachverhalte betreffend KfZ An- und Verkäufe im Prüfungszeitraum: Im Zuge der Belegüberprüfung sei ein Ankauf des Fahrzeuges Modell ***3*** per mit einem Brutto-Ankaufspreis von EUR 5.000,00 vorgefunden worden. Nach telefonischer Rücksprache beim Verkäufer habe dieser den Verkauf des Fahrzeuges bestätigt, nach seiner Erinnerung jedoch nur EUR 2.800,00 vom Beschwerdeführer erhalten. Über ein Auskunftsersuchen sei der Verkäufer um Übermittlung von Belegen an das Finanzamt ersucht worden; diesem jedoch nicht nachgekommen. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes habe die Erstaussage die Vermutung für sich, dass sie der Wahrheit am nächsten komme. Dieser Vorwurf der Falschausstellung von Kaufverträgen sei kein Einzelfall gewesen, wie eine durch das Bezirksgericht ***2*** an das Finanzamt übermittelte Anzeige implizieren würde. Gemäß dieser Anzeige habe der Beschwerdeführer im Jahr 2018 beim Verkauf eines Fahrzeuges vorhandene Schäden verschwiegen und den Kaufvertrag mit einem unrichtigen Kaufpreis ausgestellt. Laut Anzeiger sei an den Beschwerdeführer als Verkäufer ein Betrag von EUR 20.500,00 bezahlt, eine Bestätigung nur über EUR 17.500,00 ausgestellt worden. Auf Basis der Belegsammlung, den Buchhaltungsdaten und den erstellten Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen habe wegen der mangelhaften Aufzeichnungen (Reparaturaufträge) nicht ausgeschlossen werden können, dass alle dokumentierten Ersatzteile und Reparaturzeiten in der Buchhaltung erfasst worden seien.

Am beantragte die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers die Vorlage der Beschwerde vom betreffend sämtlicher darin angeführter Bescheide. Begründend wurde zur Verfahrenswiederaufnahme im Wesentlichen ausgeführt, dass die streitgegenständlichen Bescheide vom über die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Einkommen- und Umsatzsteuer für die Jahre 2015 bis 2017 insofern als rechtswidrig aufzuheben seien, als 1. im Spruch der Wiederaufnahmetatbestand nicht enthalten sei, 2. in der Begründung keine Wiederaufnahmegründe angeführt seien und 3. eine Begründung hinsichtlich der Ermessensübung fehle. Hinsichtlich der Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheide wurde wie folgt ausgeführt: Reparaturaufträge seien keine Aufzeichnungen, sondern sonstige Unterlagen. Im Beschwerdefall habe die Außenprüfung keinerlei Beanstandungen betreffend die Eintragungen und Aufzeichnungen des Beschwerdeführers gemacht, auch nicht hinsichtlich der Registrierkassa. Es gebe auch keine Anmerkungen zu den Belegen (Ausgangsrechnungen, Kassabelege). Es seien nur die formalen Inhalte der Reparaturaufträge gerügt worden. Es stelle sich die Frage, ob es sich bei Reparaturaufträgen um Geschäftspapiere und sonstige Unterlagen oder um Belege handle. Mangels Vorliegen der für eine Eintragung in die Bücher oder Aufzeichnungen notwendigen Wesensmerkmale wie insbesondere des Preises seien solche Auftragsscheine wohl nicht als Belege iSd BAO anzusehen; dies jedenfalls dann, wenn die der Buchung zugrundeliegende Rechnung für sich alle wesentlichen Merkmale des Geschäftsfalles beinhalte und dadurch zur unmittelbaren Grundlage für die Generierung der Aufschreibungen (Aufzeichnungen iSd § 126 BAO) werde. Sofern Notizen dagegen nicht als unmittelbare Grundlage für die Generierung von Aufschreibungen dienen würden (zB Materialverbrauchsnotizen eines Fliesenlegers auf Klebesäcken), seien sie als sonstige Unterlagen iSd § 132 Abs 1 BAO zu qualifizieren (Pülzl, in SWK 28/2009, S 859). Betreffend die erst in der Beschwerdevorentscheidung ausgesprochene Rüge des Rechnungsjournals, das die Ausgangsrechnungen digital erfasse, sei nicht nachvollziehbar, warum das Fehlen von "POS, Bezeichnung, EP €, Menge, Einheit, Gesamt €" einen Mangel darstelle, der zur Schätzung befuge, wenn sämtliche für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage wesentlichen Informationen im Journal enthalten seien. Das Journal enthalte sämtliche Ausgangsrechnungen. Im Zuge der Außenprüfung seien alle Belege zum Journal lückenlos vorgelegt worden. Zu den "weiteren Sachverhalten betreffend KFZ-An- und Verkäufe" in der Beschwerdevorentscheidung bestehe Verwunderung, warum die belangte Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung einer einfachen telefonischen Auskunft eines PKW-Verkäufers mehr Glauben schenke als dem vollständigen Rechnungswesen und den Belegen, somit schriftlichen Beweisstücken und Urkunden des Beschwerdeführers, noch dazu, wenn sich der Verkäufer geweigert habe, schriftlich nähere Auskünfte zu erteilen. Zum Fall der Ausgangsrechnung im Jahr 2018 über EUR 17.500,00 wurde mitgeteilt, dass bisher nur eine Klage des Käufers vorliege, das Gerichtsverfahren jedoch noch anhängig sei. Hinsichtlich der Schätzungsbefugnis wurde nochmals hingewiesen, dass die Außenprüfung im Beschwerdefall keine Feststellungen über Mängel in den Aufzeichnungen oder in den Belegen getroffen habe, sondern nur zu den Reparaturaufträgen, die sonstige Unterlagen darstellen würden.

Mit Vorhalten vom und vom nahm die belangte Behörde ergänzende Ermittlungen vor. Verfahrensrelevant sind nunmehr die Auskunftsersuchen zu KfZ 04/17 die Klärung des Sachverhalts - Werttransporter sowie KfZ 27/27 - Verkaufserlös?. Zu KfZ 04/17 führte die belangte Behörde aus, dass in den Unterlagen eine Eingangsrechnung vom mit der Bezeichnung Werttransporte vorgefunden worden sei. In der Buchhaltung scheine ein Betrag in Höhe von EUR 2.520,00 (brutto) als Einkauf Fahrzeuge 20% auf. Da im Anlageverzeichnis keine Hinweise mit der Bezeichnung "Werttransporte" und auch kein Verkaufserlös ersichtlich sei, werde um Aufklärung ersucht. Zu KfZ 27/17 wurde ausgeführt, dass am ein ***Kastenwagen um einen Betrag von EUR 7.200,00 (brutto) erworben worden sei. Laut Abfrage EKIS KfZ sei das Fahrzeug am auf einen neuen Fahrzeugbesitzer behördlich zugelassen worden. In den vorgelegten Verträgen seien keine Unterlagen über den Verkauf bzw etwaige Erlöse vorgefunden worden. Weiters verfahrensrelevant sind von der belangten Behörde dem Beschwerdeführer vorgehaltene Onlineinserate über den Verkauf von Fahrzeugmodellen, die in den Geschäftsunterlagen nicht vorgefunden worden seien (insbesondere ***Auto4*** und ***Auto6***).

In der Vorhaltbeantwortung vom wurde zu KfZ 04/17 angegeben, dass dieses Fahrzeug als Mülltransporter und für Umbauarbeiten im Betrieb verwendet werde. Zu KfZ 27/17 wurde angegeben, dass am ein Zahlungseingang in Höhe von EUR 5.000,00 erfolgt sei; der Restbetrag aufgrund von Liquiditätsproblemen jedoch noch offen sei. ***Auto4*** sei ebenso wie ***Auto6*** privat gekauft und verkauft worden.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Im Vorlagebericht vom selben Tag wird beantragt, die Beschwerden gegen die Wiederaufnahmebescheide betreffend Umsatzsteuer 2017 und Einkommensteuer 2017 als unzulässig zurückzuweisen, weil keine derartigen Bescheide ergangen seien. Im Übrigen wurde unter Verweis auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidung vom und der nachstehenden Ausführungen beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Soweit sich die Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide richten würde, seien in der Tz 1 des Außenprüfungsberichts Mängel in den Grundaufzeichnungen (zB fehlende Nummerierung der Reparaturaufträge) festgestellt worden. In Tz 2 werde festgehalten, dass im Jahr 2015 eine Eingangsrechnung (RK 2 bzw KA 110) in Höhe von EUR 439,50 und im Jahr 2016 ein KfZ-Kauf im Wert von EUR 7.000,00 aus dem Jahr 2015 (27/15) doppelt erfasst worden seien. Die neu hervorgekommenen Tatsachen seien konkretisiert worden. Auch das Ermessen sei entsprechend begründet worden. Reparaturaufträge (=Arbeitsaufträge) seien entgegen den Beschwerdeausführungen Grundaufzeichnungen. Bei Rechnungen zugrundeliegenden Aufzeichnungen und Unterlagen, wie etwa Angebotserstellung, Kalkulation, Auftragsbestätigung, Arbeitsaufträgen handle es sich um Uraufzeichnungen, deren Vernichtung bzw Nichtvorlage einen schweren Buchführungsmangel darstelle. Im Übrigen seien auch materielle Mängel in der Buchhaltung des Beschwerdeführers festgestellt worden, so etwa sei ein KfZ um EUR 20.000,00 verkauft worden, in der Buchhaltung seien nur EUR 17.500,00 erfasst worden. Weiters hätten KfZ-Verkäufe, die über die Internetportale ***4*** und ***5*** abgewickelt worden seien, in der Buchhaltung keinen Niederschlag gefunden. Im Oktober 2017 sei ein VW-Kastenwagen um EUR 7.200,00 angekauft, im November 2017 weiterverkauft worden, wobei laut Beschwerdeführer erst am EUR 5.000,00 als Eingang in der Buchhaltung erfasst worden sei; der Restbetrag sei immer noch offen. Weiters könne der Verbleib eines Mülltransporters nicht aufgeklärt werden (Verweis auf Vorhalt vom und dessen Beantwortung). Aufgrund der aufgezeigten formellen Mängel in der Buchführung sowie der augenscheinlichen sachlichen Unrichtigkeiten sei im Beschwerdefall im Hinblick auf die Bestimmungen des § 184 BAO eine Hinzuschätzung geboten. Ein Sicherheitszuschlag (3% der Erlöse) sei gerade noch geeignet, die aufgezeigten Mängel abzudecken.

Am fand vor dem Bundesfinanzgericht ein Erörterungstermin statt. Im Zuge dessen gab der Beschwerdeführer die Zurücknahme der Beschwerde betreffend den Anspruchszinsenbescheid für den Zeitraum 2015 sowie die Wiederaufnahmebescheide hinsichtlich der Umsatzsteuer- und Einkommensteuerverfahren für das Jahr 2017 zu Protokoll. Diese wurde folglich mit Beschluss vom , RV/7102559/2021 gemäß § 256 Abs. 3 BAO als gegenstandslos erklärt.

Mit E-Mail vom übermittelte die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers den Zulassungsschein des im Vorlagebericht monierten Mülltransporters.

Am erstattete die belangte Behörde eine ergänzende Stellungnahme. Darin führte sie aus, dass sich im Erörterungstermin vom herausgestellt hätte, dass das betreffende Fahrzeug im Fall KfZ 27/17 fremdunüblich an den Schwager des Beschwerdeführers verkauft worden sei. Im Schätzungswege sei daher ein fremdüblicher Verkaufspreis anzusetzen. Es wurde beantragt, im Jahr 2017 die Einkünfte aus Gewerbebetrieb und die Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer um EUR 3.033,00 zu erhöhen.

Mit Beschlüssen vom räumte das Bundesfinanzgericht den jeweiligen Verfahrensparteien Parteiengehör zu den jeweils übermittelten Unterlagen ein.

Am fand vor dem Bundesfinanzgericht eine mündliche Senatsverhandlung statt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer ermittelte seinen Gewinn im Streitzeitraum im Wege der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung nach § 4 Abs 3 EStG 1988.

Beim Beschwerdeführer fand ua die Umsatzsteuer und die Einkommensteuer für den Zeitraum 2014 bis 2017 betreffend eine Außenprüfung statt. Eine für den selben Zeitraum stattfindende (allenfalls rechtswidrige) weitere Außenprüfung oder eine Nachschau fand unwidersprochen nicht statt.

Mit Bescheiden vom nahm die belangte Behörde die Umsatzsteuer- und Einkommensteuerverfahren für die Jahre 2015 und 2016 wieder auf. Die Wiederaufnahmebescheide nennen jeweils den (aufgehobenen) Erstbescheid mit Datum und verweisen auf "§303 (1) BAO". Die Begründung lautete auszugsweise wie folgt:

"Die Wiederaufnahme des Verfahrens erfolgte gem. § 303 (1) BAO aufgrund der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen sind. Daraus ist auch die Begründung für die Abweichungen vom bisherigen im Spruch bezeichneten Bescheid zu ersehen. Die Wiederaufnahme wurde unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen (§ 20 BAO) verfügt. Im vorliegenden Fall überwiegt das Interesse an der Rechtsrichtigkeit das Interesse auf Rechtsbeständigkeit. Die steuerlichen Auswirkungen können auch nicht als bloß geringfügig angesehen werden."

Die Niederschrift über die Schlussbesprechung vom enthielt auszugsweise wie folgt lautende Ausführungen:

"Feststellungen

Tz. 1 Sicherheitszuschlag
Aufgrund von Mängeln in den Aufzeichnungen (Nichtnummerierung der Reparaturaufträge etc.) wird ein Sicherheitszuschlag für die Jahre 2015 bis 2017 von 3 % der Erlöse festgesetzt:

Steuerliche Auswirkungen

Zeitraum 2015 2016 2017
Euro Euro Euro

Einkommensteuer
E1A, GW, ***1***
[9040] Erlöse ohne § 109a 9.810,00 7,920,00
E1A, GW, ***1***
[9040] Erlöse ohne § 109a 9.540,00

Umsatzsteuer
U1
[000] steuerbarer Umsatz 9.810,00 7,920,00 9.540,00
[022] 20% Normalsteuersatz 9.810,00 7,920,00 9.540,00

Tz. 2 Ausgaben
Im Jahr 2015 wurde eine Eingangsrechnung (RK 2 bzw. KA 110) i.H.v. € 439,50 und im Jahr 2016 ein KFZ-Kauf im Wert von € 7.000,-- aus dem Jahr 2015 (27/15) doppelt erfasst. Die Ausgaben wurden entsprechend vermindert.

Steuerliche Auswirkungen

Zeitraum 2015 2016
Euro Euro

Einkommensteuer
E1A, GW, ***1***
[9100] Waren, Roh-, Hilfsstoffe -7.000,0
[9230] übrige Aufw./Betriebsausg. -439,50"

Dem Außenprüfungsbericht vom sind hinsichtlich der Tz 1 und Tz 2 die gleichlautenden Ausführungen wie die Niederschrift über die Schlussbesprechung vom zu entnehmen. Ausführungen zur Wiederaufnahme der Umsatzsteuer- und Einkommensteuerverfahren enthält die Niederschrift über die Schlussbesprechung nicht.

Die Ausführungen zur Wiederaufnahme im Außenprüfungsbericht vom lauten wie folgt:

"Wiederaufnahme des Verfahrens gern. § 303 Abs. 1 BAO
Hinsichtlich nachstehend angeführter Abgabenarten und Zeiträume sind Feststellungen getroffen worden, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 Abs. 1 BAO erforderlich machen. Die Kenntnis der in den bezeichneten Feststellung bzw. in der gesonderten Begründung angeführten Wiederaufnahmetatbestände (gem. § 303 Abs. 1 lit. a bis c BAO) hätte allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens im Spruch anders lautende Bescheide herbeigeführt.

AbgabenartZeitraumFeststellung
Umsatzsteuer 2015 Tz 1
Umsatzsteuer 2016 Tz 1
Einkommensteuer 2015 Tz 1
Tz 2
Einkommensteuer 2016 Tz 1
Tz 2

Die Wiederaufnahme erfolgt unter Bedachtnahme auf das Ergebnis der durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung und der sich daraus ergebenden Gesamtauswirkung. Im vorliegenden Fall können die steuerlichen Auswirkungen nicht als geringfügig angesehen werden. Bei der im Sinne des § 20 BAO vorgenommenen Interessenabwägung war dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit (Parteiinteresse an der Rechtskraft) einzuräumen.

Siehe TZ. 1 und 2"

Im Streitzeitraum gab es unstrittig kein durchgängiges, elektronisches Dokumentationssystem über die An- und Verkäufe der Fahrzeuge sowie die getätigten Reparaturen. Die unterfertigten Verträge wurden in Papierform abgelegt und für die durchgeführten Reparaturarbeiten wurden pro Fahrzeug handschriftlich geführte Reparaturaufträge erstellt. Auf diesen Reparaturaufträgen wurden die Kundenwünsche hinsichtlich der Reparatur vermerkt. Dieser Zettel wurde dann an den KfZ-Meister weitergegeben, der dementsprechend die Reparaturaufträge und handschriftlich allenfalls notwendige Ergänzungen vorgenommen hat (zB wenn mehr Öl als angegeben nachgefüllt werden musste). Die Reparaturaufträge waren unstrittig nicht nummeriert. Sie lagen auf einem Stapel im Büro des Unternehmens. Aus den vorgelegten Reparaturaufträgen ist ersichtlich, dass die Type des Fahrzeuges, das Datum, die benötigten Materialien, etc mit den teilweise hinterlegten Verkaufspreisen sowie die Arbeitszeit, eingetragen wurden. Diese Dokumentation wurde elektronisch durchgeführt (Fahrzeug, Datum, angeforderte Reparaturen) sowie handschriftlich nach Bedarf ergänzt (weiters benötigte Materialien oder Reparaturleistungen). Die abgearbeiteten Reparaturaufträge wurden auf einen gesonderten Stapel im Büro gelegt. Auf Basis dieser abgearbeiteten Reparaturaufträge erstellt die Ehefrau des Beschwerdeführers in der Folge die Rechnungen für die Kunden. Die Reparaturaufträge wurden aufbewahrt und wurden unstrittig im Rahmen der Außenprüfung vorgelegt (eine von der Außenprüferin angefertigte Kopie zur Veranschaulichung eines Reparaturauftrages ist aktenkundig). Bei Reparaturen aufgrund Versicherungsaufträgen gab es keinen Handzettel "Reparaturauftrag", weil hierfür ein Gutachten von der Versicherung bereitgestellt wurde, das abgearbeitet wurde (aktenkundige und unwidersprochene Wahrnehmung im Rahmen der Außenprüfung [siehe Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung vom ]; aktenkundige Kopie des Reparaturauftrages sowie bestätigende Angaben im Erörterungstermins vom ).

Für die Materialbewirtschaftung wurden elektronische Aufzeichnung eingesetzt. Das für die Reparaturen benötigte Material wurde täglich nach Bedarf bestellt; die Lieferung erfolgte rasch. Auf Lager befanden sich nur Materialien für den täglichen Bedarf (Schmiermittel etc) (aktenkundige und unwidersprochen Wahrnehmung im Rahmen der Außenprüfung [siehe dazu Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung vom ).

Der Beschwerdeführer brachte glaubhaft und unwidersprochen vor, dass im Zuge der Außenprüfung - abgesehen von der Nichtnummerierung der gegenständlichen Reparaturaufträge - keinerlei Beanstandungen betreffend die Eintragungen und Aufzeichnungen gemacht wurden, auch nicht hinsichtlich der Registrierkassa. Es gab auch keine Anmerkungen zu den Belegen (Ausgangsrechnungen, Kassabelege). Über die Nichtnummerierung der Reparaturaufträge hinausgehende Beanstandungen von Aufzeichnungsmängeln sind nicht aktenkundig (siehe auch Bestätigung durch die belangte Behörde in der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom ). Dass betriebliche Vorgänge im Streitzeitraum nachgewiesenermaßen nicht erfasst wurden, konnte unstrittig weder von der belangten Behörde noch nach durchgeführten Ermittlungen vom Bundesfinanzrecht festgestellt werden.

Vom Beschwerdeführer sind im Zuge der Außenprüfung sämtliche Belege zum Rechnungsjournal unwidersprochen lückenlos vorgelegt worden. Das Rechnungsjournal spiegelte unwidersprochen sämtliche der vorgelegten Ausgangsrechnungen wider. Trotz Fehlen von "POS, Bezeichnung, EP €, Menge, Einheit, Gesamt €" enthielt das Rechnungsjournal - nunmehr unstrittig - sämtliche für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage wesentlichen Informationen. Die belangte Behörde räumte im Rahmen des Erörterungstermins vom - entgegen den Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung - die Unbedenklichkeit des Rechnungsjournals ein.

Im Zeitraum von 2006 bis 2017 erzielte der Beschwerdeführer lediglich in den Jahren 2015 und 2017 ein positives Betriebsergebnis. Im Jahr 2015 betrug das positive Ergebnis EUR 3.082,08 zuzüglich unstrittig doppelt erfasster Ausgabe in Höhe von EUR 439,50; somit insgesamt EUR 3.521,58. Im Jahr 2016 betrug das negative Ergebnis EUR -44.055,65 zuzüglich unstrittig doppelt erfasster Ausgabe in Höhe von EUR 7.000,00; somit insgesamt EUR -37.055,65. Im Jahr 2017 ist auch ein Verlustvortrag aus dem Jahr 2016 in beträchtlicher Höhe von EUR -12.394,37 zu berücksichtigen. Dass - wie in der Beschwerdevorentscheidung moniert - gezielt vorgenommene (Um-)Buchungen zu Jahresende in den Streitjahren die nichtselbstständigen Einkünfte des Beschwerdeführers geschmälert hätten, konnte vom Bundesfinanzgericht nicht festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer nimmt wie glaubhaft dargetan seit 2015 nicht mehr aktiv an Rallys teil. Seinerseits erfolgt auch kein Sponsoring von Rally-Teams. Anhaltspunkte für das Vorliegen von Liebhaberei lagen im Beschwerdefall unstrittig nicht vor (Niederschrift über den Erörterungstermin am ). Ein Zusammenhang des persönlichen Interesses des Beschwerdeführers an KfZ mit allfälligen Buchführungsmängeln liegt nicht vor.

Der Ankauf des Fahrzeuges Modell ***3*** am ist - entgegen der Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung - nicht zu einem niedrigeren Preis als EUR 5.000,00 (brutto) erfolgt.

Der ***Auto4*** wurde ebenso wie der ***Auto6*** glaubwürdig privat über Onlineplattformen gekauft und verkauft; diese scheinen - wie im Vorlagebericht moniert -unstrittig in der Buchhaltung des Betriebes nicht auf (Vorhaltbeantwortung vom ).

Das betreffende Fahrzeug zu KfZ 04/17 wird im Unternehmen als Mülltransporter und für Umbauarbeiten verwendet. Der Verbleib des Fahrzeuges ist nunmehr unstrittig (vgl Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom ; Zulassungsschein).

Das betreffende Fahrzeug zu KfZ 27/17 wurde am um EUR 6.000,00 zuzüglich EUR 1.200,00 (20% USt) vom Beschwerdeführer gekauft und an den Bruder der Ehefrau des Beschwerdeführers fremdunüblich verkauft. Am wurde das Fahrzeug auf den neuen Zulassungsbesitzer angemeldet (EKIS-Abfrage). Am erfolgte eine Zahlung in Höhe von EUR 5.000,00. Aufgrund des Familienverhältnisses ist nicht mit weiteren Zahlungen zu rechnen (Niederschrift über den Erörterungstermin vom ). Das Schätzungsergebnis eines fremdüblichen Verkaufspreises (Einkauf + Aufschlag 20%) unter Berücksichtigung des Zahlungseingangs wurde dem Beschwerdeführer vorgehalten. Dieser stimmte der geschätzten Bemessungsgrundlage zu (Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom ).

2. Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes.

Streitgegenständlich ist die Wiederaufnahme der Einkommen- und Umsatzsteuerverfahren für den Zeitraum 2015 bis 2016 sowie die Einkommen- und Umsatzsteuer für den Zeitraum 2015 bis 2017. Der im Vorlagebericht vom sowie auch in der Beschwerdevorentscheidung monierte Sachverhalt eines möglicherweisen zu niedrigen ausgewiesenen Rechnungsbetrages betrifft das Jahr 2018 und somit nicht den Streitzeitraum. Es wird angemerkt, dass das betreffende zivilgerichtliche Verfahren dahingehend auch noch nicht abgeschlossen ist (Niederschrift über den Erörterungstermin vom sowie Bestätigung des Bezirksgerichts ***2*** vom ). Die Ausführungen sind daher nicht geeignet einen Aufzeichnungsmangel im Streitzeitraum festzustellen.

In der Beschwerdevorentscheidung wird moniert, bei den vorliegenden Jahresabschlüssen entstehe der Eindruck, dass die Ertragssituation des Gewerbebetriebes bewusst so gestaltet worden sei, um die Steuerlast aus den Einkünften der nichtselbständigen Tätigkeit zu minimieren. Indizien hierfür seien, dass jeweils in den letzten Tagen vor Jahreswechsel immer wieder Buchungen vorgenommen worden seien, welche das Jahresergebnis in diese Richtung beeinflussen würden. Nähere Feststellungen oder Vorbringen dahingehend erstattete die belangte Behörde nicht. Für den Streitzeitraum ergeben sich für das Bundesfinanzgericht dahingehend keine konkreten Anhaltspunkte. Im Jahr 2015 wurden positive Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärt und im Jahr 2016 negative Einkünfte (ohne Berücksichtigung der doppelt erfassten Ausgaben iHv EUR 7.000,00) in Höhe von EUR -44.055,65. Daraus ergab sich nach dem ursprünglichen Bescheid ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von EUR -19.394,37 (EUR -12.394,37 unter Berücksichtigung des doppelt erfassten Betrages). Dh auch im Streitjahr 2017 hätten Buchungen kurz vor Jahresende bei einem Verlustvortrag von EUR -19.394,37 (bzw richtig EUR -12.394,37) bloß geringfügige Auswirkungen auf das Ergebnis haben können. Konkrete Vorbringen der belangten Behörde wurden nicht erstattet. In der Ladung zur mündlichen Verhandlung vom regte das Bundesfinanzgericht zur Sachverhaltsklärung darüber hinaus die Beiziehung der betreffenden Außenprüferin zur mündlichen Verhandlung an; die belangte Behörde ist dem nicht nachgekommen. Das Bundesfinanzgericht konnte daher weder gezielte Buchungen zur Minderung der nichtselbstständigen Einkünfte feststellten noch sonstige Unregelmäßigkeiten bzw betriebliche Vorgänge, die im Streitzeitraum nicht erfasst worden wären.

Die belangte Behörde führte in der Beschwerdevorentscheidung aus, dass die unternehmerische Tätigkeit des Beschwerdeführers im Bereich der KfZ-Branche auch mit der privaten Lebensführung und somit aus persönlichen Gründen und Neigungen zusammenhängen könnte, weil der Beschwerdeführer aktiv an Rallys teilgenommen hätte sowie nationale und internationale Veranstaltungen besucht habe. Der Beschwerdeführer gab im Rahmen des Erörterungstermins vom glaubhaft an, seit 2015 nicht mehr aktiv an Rallys teilzunehmen und auch keine Teams zu sponsern. Die belangte Behörde trat den Ausführungen des Beschwerdeführers nicht entgegen. Dass private Gründe und Neigungen oftmals die Berufswahl beeinflussen können, steht mit der allgemeinen Lebenserfahrung im Einklang und wird auch vom Bundesfinanzgericht nicht in Abrede gestellt. Daraus lässt sich jedoch für sich kein Zusammenhang mit allfälligen Aufzeichnungsmängeln ableiten.

Im Zuge der Vorhaltbeantwortung vom gab der Beschwerdeführer Auskunft zu Inseraten über diverse Onlineplattformen. Dabei gab der Beschwerdeführer glaubhaft an, dass jene, nicht betrieblich dokumentierten Fahrzeuge (insbesondere ***Auto4*** sowie ***Auto6***) privat vorgenommene An- und Verkäufe waren. Aufgrund einer Reglementänderungung waren diese Fahrzeuge etwa nicht für die Rally, für die sie angeschafft wurden, verwendbar (Auskunft im Rahmen des Erörterungstermins vom ). Eine Zuordnung der übrigen Fahrzeugverkäufe, die betrieblich veranlasst waren, konnte im Zuge der Vorhaltbeantwortung geklärt werden. Die im Verfahren zu den Onlineplattformverkäufen erteilten Auskünfte erscheinen glaubwürdig und plausibel, sodass das Bundesfinanzgericht dahingehend keine Zweifel an der Richtigkeit hegt. Bedenken wurden dahingehend auch weder von der belangten Behörde im Rahmen des Erörterungstermins noch der mündlichen Verhandlung aufrechterhalten. Ebenso unstrittig ist nach Übermittlung des Zulassungsscheins sowie näherer Erörterung in der mündlichen Verhandlung, dass der betreffende Mülltransporter tatsächlich betrieblich verwendet wird.

Nach den Ausführungen der Beschwerdevorentscheidung sei ein Fahrzeuges ***3*** am nicht zu einem Kaufpreis von EUR 5.000,00 angeschafft worden. Nach telefonischer Auskunft des Käufers habe dieser lediglich EUR 2.800,00 für das Fahrzeug erhalten. Ein Auskunftsersuchen der belangten Behörde blieb unstrittig unbeantwortet. Eine Urgenz oder Verhängung einer Zwangsstrafe wurde im Hinblick auf die Beantwortung des Auskunftsersuchens von der belangten Behörde nicht behauptet und ergibt sich auch nicht aus dem Verwaltungsakt. Telefonische Auskünfte sind aufgrund der Unbeschränktheit der Beweismittel nach der BAO jedenfalls im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu berücksichtigen. Insoweit ist jedoch den Ausführungen im Vorlageantrag zu folgen, als die höhere Beweiskraft der bloß telefonisch erteilten Auskunft, die ausdrücklich nicht schriftlich im Auskunftsverfahren dokumentiert werden sollte, gegenüber dem - soweit nicht beanstandetem - Rechnungswesen und den Belegen des Beschwerdeführers als schriftliche Beweisstücke und Urkunden, zu bezweifeln ist. Dies insbesondere als die Behörde eine schriftliche Auskunftserteilung sowie allfällige Übermittlung von Unterlagen durch den Verkäufer nicht urgiert hat. Für das Bundesfinanzgericht ergaben sich dahingehend keine ausreichenden Anhaltspunkte um an den diesen Vorgang betreffenden Belegen des Beschwerdeführers zu zweifeln. Auch die belangte Behörde erstattete dahingehend im verwaltungsgerichtlichen Verfahren keine weiteren Ausführungen.

Im Rahmen des Erörterungstermins vom hat sich herausgestellt, dass der Beschwerdeführer das Fahrzeug zu KfZ 27/17 am um EUR 6.000,00 (+20% USt in Höhe von EUR 1.200,00) kaufte und an seinen Schwager weiterveräußerte (Zahlung in Höhe von EUR 5.000,00). Wie die belangte Behörde im Schriftsatz vom zutreffend und unstrittig ausführte, ist es einerseits nicht fremdüblich ein Fahrzeug ohne Bezahlung des Kaufpreises bzw ohne (größere) Anzahlung an den Kunden zu übergeben und anderseits keine weiteren Eintreibungsmaßnahmen (Mahnungen, Inkasso, etc) zu setzen. Folglich ist unstrittig davon auszugehen, dass das Fahrzeug aufgrund der familiären Nahebeziehung zu einem unüblichen Verkaufspreis übergeben wurde. Ein fremdüblicher Verkaufspreis gestaltet sich schätzungsweise wie folgt:

nettoUSt
Ankaufspreis EUR 6.000,00 EUR 1.200,00
Zuschlag 20% EUR 1.200,00 EUR 240,00
EUR 7.200,00 EUR 1.440,00
- Zahlung EUR 4.166,67 EUR 833,33
DifferenzEUR 3.033,33EUR 606,67

Der Beschwerdeführer stimmte der schätzungsweisen Erhöhung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb und der Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer im Jahr 2017 um EUR 3.033,00 zu (Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom ).

Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse durfte das Bundesfinanzgericht daher in freier Beweiswürdigung von den obigen Sachverhaltsfeststellungen ausgehen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Wiederaufnahme Umsatzsteuerverfahren 2015-2016)

Nach § 303 Abs 1 lit b BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeiführen hätte können. Der Wiederaufnahmsantrag hat nach Abs 2 leg cit die Bezeichnung des Verfahrens, dessen Wiederaufnahme beantragt wird sowie die Bezeichnung der Umstände des Abs 1 leg cit, auf die der Antrag gestützt wird, zu enthalten.

Bei einer Beschwerde gegen eine Wiederaufnahme von Amts wegen ist die Sache, über welche das Bundesfinanzgericht gemäß § 279 BAO zu entscheiden hat, nur die Wiederaufnahme aus den vom Finanzamt herangezogenen Gründen, also jene wesentlichen Sachverhaltsmomente, die das Finanzamt als Wiederaufnahmegrund beurteilt hat. Welche gesetzlichen Wiederaufnahmegründe durch einen konkreten Sachverhalt als verwirklicht angesehen und daher als solche herangezogen werden sollen, bestimmt bei der Wiederaufnahme von Amts wegen daher die für die Entscheidung über die Wiederaufnahme zuständige Behörde (vgl ).

Unter Sache ist in diesem Zusammenhang die Angelegenheit zu verstehen, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der belangten Behörde gebildet hatte. Die Identität der Sache, über die abgesprochen wurde, wird durch den Tatsachenkomplex begrenzt, der als neu hervorgekommen von der für die Wiederaufnahme zuständigen Behörde zur Unterstellung unter den von ihr gebrauchten Wiederaufnahmetatbestand herangezogen wurde (vgl ).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Neuhervorkommen von Tatsachen oder Beweismitteln nur aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens derart zu beurteilen, dass es darauf ankommt, ob der Abgabenbehörde im wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wieder aufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können. Das "Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln" bezieht sich damit auf den Wissensstand (insbesondere auf Grund der Abgabenerklärungen und der Beilagen) des jeweiligen Veranlagungsjahres (vgl , mwN sowie Ritz/Koran, BAO7, § 303 Rz 24).

Fraglich ist insbesondere nach den Ausführungen des Vorlageantrags, ob die angefochtenen Wiederaufnahmebescheide vom mit Verweis auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung (ohne nähere Bezugnahme auf eine solche), die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw dem Prüfbericht zu entnehmen seien, den Anforderungen der Bezeichnung der Umstände gemäß § 303 Abs 2 BAO gerecht wurden.

Welche gesetzlichen Wiederaufnahmegründe durch einen konkreten Sachverhalt als verwirklicht angesehen und daher als solche herangezogen werden sollen, bestimmt bei der Wiederaufnahme von Amts wegen die für die Entscheidung über die Wiederaufnahme zuständige Behörde (vgl ).

Aus einem im Außenprüfungsbericht gegebenen Hinweis auf einzelne Textziffern kann im Zusammenhang mit der amtswegigen Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs 1 BAO gefolgert werden, dass das Finanzamt die Wiederaufnahme auf den Neuerungstatbestand gestützt hat und die in den einzelnen Textziffern getroffenen Prüfungsfeststellungen jenen Tatsachenkomplex bilden, der nach Ansicht des Finanzamtes neu hervorgekommen ist (vgl , mwN).

Im Beschwerdefall erfolgte die Wiederaufnahme der Einkommen- und Umsatzsteuerverfahren 2015 und 2016 lediglich mit dem Verweis auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung ohne Bezugnahme auf eine konkret durchgeführte abgabenbehördliche Prüfung bzw datierte Niederschrift in diesem Zusammenhang. Da unwidersprochen im Streitzeitraum lediglich eine Außenprüfung durchgeführt wurde und entsprechend den Beschwerdeausführungen auch dem steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführerin eindeutig erkennbar war, dass auf die gegenständliche Niederschrift über die Schlussbesprechung vom sowie den Außenprüfungsbericht vom verwiesen wurde, besteht in der Gesamtschau für das Bundesfinanzgericht kein Zweifel an der Bezugnahme auf die gegenständliche Außenprüfung. Somit kann davon ausgegangen werden, dass sich die Abgabenbehörde auf die Niederschrift über die Schlussbesprechung vom sowie den Außenprüfungsbericht vom bezogen hat, auch wenn dies in den Bescheiden nicht gesondert angeführt ist.

Die Niederschrift über die Schlussbesprechung enthielt keinerlei Ausführungen zur Verfahrenswiederaufnahme selbst; der Außenprüfungsbericht verwies jedoch hinsichtlich der Wiederaufnahme der Umsatzsteuer auf die Tz 1 (Sicherheitszuschlag aufgrund Buchführungsmängel in den Jahren 2015 und 2016) und hinsichtlich der Einkommensteuer auf die Tz 1 und Tz 2 (Korrektur doppelt erfasster Betriebsausgaben in den Jahren 2015 und 2016). Dass dieser dem Beschwerdeführer nicht zugegangen sei, wurde zu keinem Zeitpunkt behauptet, vielmehr beziehen sich die Beschwerdeausführungen selbst auf den gegenständlichen Außenprüfungsbericht. Die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers stellt auch nicht in Abrede, dass die Wiederaufnahme aufgrund des Neuerungstatbestandes nach § 303 Abs 1 lit b BAO erfolgte.

Es ist nicht rechtswidrig, in der Begründung eines Bescheides auf die der Partei zugegangenen Schriftstücke Bezug zu nehmen. So ist grundsätzlich auch ein Verweis auf den Außenprüfungsbericht zulässig (vgl , mwN). Allerdings ist ein Verweis auf die Ausführungen in einem Außenprüfungsbericht nur dann rechtlich zulässig, wenn aus diesem die Wiederaufnahmsgründe hervorgehen und auch Überlegungen zur Ermessensübung dargestellt sind (vgl ). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die belangte Behörde entsprechend den Ausführungen unter "Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs 1 BAO" die in den Tz 1 (Buchführungsmängel in den Jahren 2015 und 2016) und Tz 2 (Korrektur doppelt erfasster Betriebsausgaben in den Jahren 2015 und 2016) getroffenen Feststellungen als neu hervorgekommene Tatsachen für die Wiederaufnahme nach § 303 Abs 1 BAO herangezogen hat (vgl ).

Ein von der Behörde in Tz 1 des Außenprüfungsberichtes monierter Mangel der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung kann dem Grunde nach eine neu hervorgekommene Tatsache darstellen (Ritz/Koran, BAO7, § 303 Rz 22 mit Verweis auf , 88/13/0077). Das ohne weitere Erläuterung bloße Anführen in Tz 1 von "Mängeln in den Aufzeichnungen (Nichtnummerierung der Reparaturaufträge etc)" als neu hervorgekommene Tatsache betreffend die Umsatz- als auch Einkommensteuerverfahren der Jahre 2015 bis 2016 ist für sich jedenfalls nicht geeignet eine Wiederaufnahme zu begründen.

Die Schätzungsmethode des Sicherheitszuschlags geht davon aus, dass es bei mangelhaften Aufzeichnungen wahrscheinlich ist, dass nicht nur nachgewiesenermaßen nicht verbuchte Vorgänge, sondern auch weitere Vorgänge nicht aufgezeichnet wurden. Sicherheitszuschläge setzen somit voraus, dass Vorgänge nachgewiesenermaßen nicht erfasst wurden. Sicherheitszuschläge allein wegen formellen Mängeln der Aufschreibungen festzusetzen, ist gesetzwidrig (Ritz/Koran, BAO7, § 184 Rz 18 mwN).

Die in Tz 1 des Außenprüfungsberichtes angeführte bloße Nichtnummerierung von Reparaturauftragen kann beschwerdegegenständlich für sich jedenfalls nicht geeignet sein einen Buchführungsmangel aufzuzeigen, der zur Schätzung und Festsetzung eines Sicherheitszuschlages iHv 3% der Erlöse berechtigt hätte. Dass die Nichtnummerierung der Reparaturaufträge in der Folge zu nicht verbuchten Vorgängen geführt hätte, wird weder in der Begründung des Außenprüfungsberichtes noch in der Niederschrift über die Schlussbesprechung behauptet.

Wie bereits ausgeführt hat das Bundesfinanzgericht, sofern die Bescheidausführungen des wiederaufnehmenden Finanzamtes mangelhaft sind, ausgehend von dem genannten Wiederaufnahmegrund, diesen zu prüfen und zu würdigen und gegebenenfalls erforderliche Ergänzungen vorzunehmen (vgl , mwN). Die Ergänzung einer mangelhaften Begründung der auf Grund der Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung ergangenen Wiederaufnahmebescheide in Richtung der tatsächlich vom Finanzamt herangezogenen Wiederaufnahmegrundlagen stellt dabei kein unzulässiges Auswechseln von Wiederaufnahmegründen dar (vgl ; ).

Der Beschwerdeführer ermittelte seinen Gewinn im Streitzeitraum im Wege der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung nach § 4 Abs 3 EStG 1988. Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 EStG 1988 sind Aufzeichnungen im Sinn des § 126 BAO zu führen ( bereits zum EStG 1972 ergangen). Nach § 126 Abs 1 BAO haben die Abgabepflichtigen und die zur Einbehaltung und Abfuhr von Abgaben verpflichteten Personen jene Aufzeichnungen zu führen, die nach Maßgabe der einzelnen Abgabenvorschriften zur Erfassung der abgabepflichtigen Tatbestände dienen. Die nach § 126 BAO zu führenden Aufzeichnungen unterliegen den Vorschriften des § 131 BAO ().

Auch einen Abgabepflichtigen, der seinen Gewinn mit dem Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ermittelt, trifft die Obliegenheit zur Führung von Aufzeichnungen, die der Erfassung der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben dienen, wobei die Eintragungen der Zeitfolge nach geordnet, vollständig, richtig und zeitgerecht vorgenommen, Kasseneinnahmen und Kassenausgaben aber mindestens täglich aufgezeichnet werden sollen (vgl ).

Gemäß § 184 Abs 3 BAO ist zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Im Vorlageantrag wird ausgeführt, dass es sich bei den gegenständlichen Reparaturaufträgen um sonstige Unterlagen iSd § 132 BAO und nicht - wie von der belangten Behörde angenommen - um Grundaufzeichnungen handeln würde. In § 131 Abs 1 Z 5 BAO sind die sonstigen Unterlagen iSd § 132 BAO jedoch nicht erwähnt; ihre Nichtaufbewahrung berührt somit die formelle Ordnungsmäßigkeit der Bücher und Aufzeichnungen nicht. Wenn nicht einmal die Nichtaufbewahrung eine Schätzungsbefugnis zur Folge hat, müsse dies umso mehr bei Mängeln - wie Nichtnummerierung von Reparaturaufträgen - gelten.

Im Beschwerdefall ist nach dem in freier Beweiswürdigung festgestellten Sachverhalt unstrittig, dass die gegenständlichen Reparaturaufträge aufbewahrt wurden. Strittig ist lediglich, ob die Nichtnummerierung geeignet ist einen Aufzeichnungsmangel darzustellen, der zur Schätzung - im Wege eines Sicherheitszuschlages - berechtigt.

Die streitgegenständlichen Reparaturaufträge stellen - wie in freier Beweiswürdigung festgestellt - die Grundlage für die Erstellung der Ausgangsrechnungen dar. Die elektronisch erfassten Grundinformationen zum jeweiligen Reparaturfall werden in der Werkstatt um händische Anmerkungen von Materialverbrauch und zusätzlich erbrachten Leistungen ergänzt. Erst die händischen Ergänzungen über Materialverbrauch und Leistungserbringung am Reparaturauftrag ermöglichen die vollständige Weiterverrechnung an den Kunden. Dh erst durch diese ausgefüllten Reparaturaufträge wird die Zusammensetzung des Rechnungsbetrages an den Kunden nachvollziehbar.

Da insbesondere die sonst nicht mehr nachzuvollziehenden händischen Ergänzungen auf den gegenständlichen Reparaturaufträgen die unmittelbare Grundlage für die Rechnungserstellung darstellen, geht das Bundesfinanzgericht - der Ansicht der belangten Behörde folgend - vom Vorliegen von Uraufzeichnungen aus (vgl zu Schmierzetteln und Stricherlisten ; ; und VwGH 30. Mai 20212, 2008/13/0230). Dem stehen auch die Ausführungen des im Vorlageantrags ins Treffen geführten Artikel von Pülzl, Belegaufbewahrungspflicht und Sicherheitszuschlag, SWK 28/2009, S 859 ff nicht entgegen.

Der bloß formale Mangel der Nichtnummerierung solcher Reparaturaufträge begründet jedoch nach dem im Beschwerdefall in freier Beweiswürdigung festgestellt Sachverhalt keine Schätzungsbefugnis, wenn eine Nichterfassung von betrieblichen Vorgängen im Streitzeitraum gerade nicht festgestellt werden konnte. Vielmehr konnten unbestritten sämtliche Ausgangsrechnungen aufgrund der aufbewahrten Reparaturaufträge nachvollzogen werden. Das elektronisch geführte Rechnungsjournal war unstrittig nicht mangelhaft. Ebenfalls keinen Anlass die sachliche Richtigkeit und Vollständigkeit der Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen, ergaben sich im Streitzeitraum nach dem in freier Beweiswürdigung festgestellten Sachverhalt hinsichtlich der von der belangten ebenfalls herangezogenen allgemeine Ertragslage des Gewerbebetriebes sowie Sachverhalten über An- und Verkäufe von Fahrzeugen. In der Gesamtschau entbehrte nach den obigen rechtlichen Ausführungen die Anwendung eines Sicherheitszuschlags jeder Grundlage.

Der Formalmangel der Nichtnummerierung der gegenständlichen Reparaturaufträge ist für sich somit als Wiederaufnahmsgrund ungeeignet. Weder seine Kenntnis allein noch seine Kenntnis in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens hätte einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeigeführt.

Liegt der vom Finanzamt angenommene Wiederaufnahmegrund nicht vor, muss das Bundesfinanzgericht den vor ihm bekämpften Wiederaufnahmebescheid des Finanzamtes ersatzlos beheben (vgl ).

Da sich die Verfahrenswiederaufnahme der Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2015 und 2016 lediglich die Tz 1 (Sicherheitszuschlag) stützte, lag im Beschwerdefall kein Wiederaufnahmegrund hinsichtlich der Umsatzsteuerverfahren vor. Der Beschwerde war dahingehend stattzugeben und die Wiederaufnahmebescheide betreffend die Umsatzsteuer für die Jahre 2015 und 2016 waren ersatzlos zu beheben.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Umsatzsteuer 2015 und 2016)

Nach § 307 Abs 3 BAO tritt durch Aufhebung des die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheides das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat.

Da das Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom selben Tag die die Wiederaufnahme der Umsatzsteuerverfahren 2015 und 2016 verfügende Bescheide vom ersatzlos aufgehoben und damit dem Beschwerdebegehren Folge gegeben hat, schieden die beschwerdegegenständlichen Umsatzsteuerbescheide für die Jahr 2015 und 2016 aus dem Rechtsbestand aus.

Die Beschwerde gegen die Umsatzsteuerbescheide 2015 und 2016 war gemäß § 261 Abs 2 BAO iVm §278 Abs 1 BAO als gegenstandslos zu erklären. Es war spruchgemäß zu entscheiden.

3.3. Zu Spruchpunkt III. (Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren 2015-2016)

Wie bereits ausgeführt stützte sich die Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren für die Jahre 2015 und 2016 - neben der Tz 1 (Sicherheitszuschlag aufgrund Buchführungsmängel in den Jahren 2015 und 2016) - auch auf die Tz 2 (Korrektur doppelt erfasster Betriebsausgaben in den Jahren 2015 und 2016) des Außenprüfungsberichtes.

Unbestritten ist im Zuge der Außenprüfung hervorgekommen, dass im Jahr 2015 eine Eingangsrechnung (RK 2 bzw KA 110) iHv EUR 439,50 und im Jahr 2016 ein KfZ-Kauf im Wert von EUR 7.000,00 aus dem Jahr 2015 (27/15) doppelt erfasst worden waren (siehe die Einkommensteuer betreffende Tz 2 des Außenprüfungsberichts). Dass es sich dabei um neue hervorgekommene Tatsachen handelt, ist ebenso unbestritten.

In der Beschwerde wird vorgebracht, dass die Wiederaufnahme nicht den nach § 20 BAO für die Ermessensübung erforderlichen Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen entspreche.

Gemäß § 20 BAO sind Ermessensentscheidungen innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen des Ermessens nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dabei ist dem Begriff "Billigkeit" die Bedeutung von Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei und dem Begriff "Zweckmäßigkeit" das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einhebung der Abgaben, beizumessen (vgl , mwN).

Die Gesetzesmaterialien zu § 303 BAO führen aus, dass die Wiederaufnahme des Verfahrens dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung dient; dies unabhängig davon, ob sie sich zu Gunsten des Abgabengläubigers oder zu Gunsten des Abgabenschuldners auswirkt. Sie darf somit (aus Ermessensüberlegungen) nur ausnahmsweise, etwa bei absoluter und relativer Geringfügigkeit der Auswirkungen, unterbleiben (vgl EB RV 2007 BlgNR 24. GP 22).

Die Ermessensübung ist entsprechend zu begründen (vgl Ritz/Koran, BAO7, § 303 Tz 64, mit Verweis auf die Judikatur des VwGH). Der Hinweis auf den Vorrang der Rechtsrichtigkeit gegenüber der Rechtsbeständigkeit und das Postulat der Gleichmäßigkeit der Besteuerung aller Abgabepflichtigen ist für sich allein nicht geeignet, die Ermessensentscheidung zu tragen. Dem Bundesfinanzgericht kommt jedoch dahingehend nach § 279 BAO die Befugnis zu den angefochtenen Bescheid (soweit die Identität der Sache gewahrt bleibt) in jede Richtung abzuändern (vgl auch Ritz/Koran, BAO7, § 20 Tz 11 und § 279 Tz 4).

Die Ermessensübung hat zugunsten der Rechtsbeständigkeit auszufallen, wenn die Abänderung des wiederaufzunehmenden Bescheides sowohl absolut als auch relativ geringfügig ausfallen würde. Die absolute Geringfügigkeit stellt auf die absolute Höhe des infolge der Wiederaufnahme entstehenden Abgabennachforderungsbetrages ab. Die relative Geringfügigkeit ist anhand der steuerlichen Auswirkungen der konkreten Wiederaufnahmegründe im Verhältnis zum bisherigen Steuerbetrag oder den bisherigen Steuerbemessungsgrundlagen zu beurteilen (vgl Rzeszut/Predota, Geringfügigkeit und Verhältnismäßigkeit als Maßstäbe der Ermessensübung bei der Wiederaufnahme, ZSS 1/2022, 5).

Streitgegenständlich war unstrittig eine Korrektur im Jahr 2015 von EUR 439,50 (im Verhältnis zu einem Betriebsergebnis von EUR 3.521,58 und der steuerlichen Auswirkung) und im Jahr 2016 von EUR 7.000,00 (insbesondere im Hinblick auf den Verlustvortrag) vorzunehmen. Die Ermessensübung bezogen auf die Geringfügigkeit wurden im Rahmen der mündlichen Verhandlung am erörtert. Da im Beschwerdefall weder von einer absoluten noch relativen Geringfügigkeit der steuerlichen Auswirkungen durch die Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren im Jahr 2015 und 2016 nach Maßgabe der in Tz 2 des Außenprüfungsberichtes herangezogenen Wiederaufnahmegründe vorliegt, wurde das Beschwerdebegehren im Rahmen der mündlichen Verhandlung dahingehend eingeschränkt.

Die belangte Behörde hat somit die Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren der Jahre 2015 und 2016 zu Recht auf die in Tz 2 des Außenprüfungsberichtes festgestellten neu hervorgekommenen Tatschen der notwendigen Korrektur doppelt erfasster Betriebsausgaben gestützt. Eine fehlgeleitete Ermessensübung liegt - nunmehr unstrittig - nicht vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.4. Zu Spruchpunkt IV. (Einkommensteuerverfahren 2015-2017 und Umsatzsteuerverfahren 2017)

Hinsichtlich der Nichtanwendbarkeit eines Sicherheitszuschlages im Streitzeitraum mangels Schätzungsbefugnis wird auf die Ausführungen unter Punkt 3.1. zur Wiederaufnahme der Umsatzsteuerverfahren 2015-2016 verwiesen.

Unstrittig ist im Beschwerdefall eine Korrektur doppelt erfasster Betriebsausgaben vorzunehmen. Wie in freier Beweiswürdigung festgestellt ist im Jahr 2015 entsprechend den Ausführungen in der Tz 2 des Außenprüfungsberichtes eine doppelt erfasste Eingangsrechnung (RK 2 bzw KA 110) in Höhe von EUR 439,50 und im Jahr 2016 ein KfZ-Kauf im Wert von EUR 7.000,00 zu korrigieren. Die Betriebsausgaben sind um die angeführten Beträge in den jeweiligen Jahren zu kürzen.

Bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen ist in besonderem Maße die Frage zu prüfen, ob die Zahlungen betrieblich veranlasst sind (§ 4 Abs 4 EStG 1988) oder ob sie sich (dem Grunde und der Höhe nach) nur aus dem Naheverhältnis ergeben. Wie in freier Beweiswürdigung festgestellt erfolgte der Fahrzeugverkauf zu KfZ 27/17 an den Schwager des Beschwerdeführers unstrittig zu einem im Familienverhältnis gelegenen fremdüblichen Preis, womit die Voraussetzung des Fremdvergleichs für die Anerkennung nicht erfüllt ist (vgl Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20 Rz 158 ff). Die hier im Einvernehmen erfolgte Schätzung eines fremdüblichen Kaufpreises steht im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl etwa die in Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20 Rz 167/6 ff angeführten Beispiele der Judikatur).

Das Schätzungsergebnis über einen fremdüblichen Kaufpreis (Einkauf + Aufschlag 20%) wurde dem Beschwerdeführer unter Wahrung des Parteiengehörs vorgehalten; dieser hat der Abänderung dahingehend zugestimmt. Nach dem in freier Beweiswürdigung festgestellten Sachverhalt ist daher eine schätzungsweise Erhöhung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb und der Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer im Jahr 2017 um EUR 3.033,00 vorzunehmen.

3.5. Zu Spruchpunkt V. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die beschwerdegegenständliche Rechtsfrage zur amtswegigen Wiederaufnahme eines Verfahrens ist durch den Gesetzestext sowie die näher ausgeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt (vgl insb , 0118; , 2002/14/0101 und , 2006/15/0257). Das Bundesfinanzgericht hat vom eingeräumten Ermessen innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenzen Gebrauch gemacht (vgl zB ). Darüber hinaus waren die in freier Beweiswürdigung vorgenommenen Feststellungen des maßgeblichen Sachverhaltes entscheidungswesentlich (vgl zB ). Die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach Art 133 Abs. 4 B-VG liegen somit nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 4 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 184 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 132 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 131 Abs. 1 Z 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 307 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102609.2021

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