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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.07.2024, RV/5100330/2020

Familienbeihilfe bzw. erhöhte Familienbeihilfe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** nunmehr ***21*** seit , SV-Nr.***16***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ehemals ***FA***, nunmehr FAÖ DS ***20*** , vom betreffend Abweisung des Eigenantrages bzw. des Antrages auf erhöhte Familienbeihilfe 11.2005-07.2018 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Strittig war im gegenständlichen Beschwerdefall, ob der Beschwerdeführerin (Bfin.) Familienbeihilfe (Eigenantrag- Erkrankung ab dem Zeitraum 2005) bzw. erhöhte Familienbeihilfe rückwirkend ab 11/2005 zustand.

Die Bfin. litt an einer psychotischen Störung durch THC-Abusus, DD: Akut polymorph psychotische Störung, DD: Akute schophr. Störung, v.a.polycyc.Ovar, psychotische Störung v.paranoiden Typ F 20.0 (Auszug aus dem Ambulanzbericht des Klinikums ***19*** v. ).

Mit Antrag v. auf Familienbeihilfe (Eigenantrag), eingelangt bei der Behörde am , beantragte die Bfin. Familienbeihilfe "ab dem Zeitraum 2005 wegen eigener Erkrankung".

Mit gleichzeitigem gesondertem Antrag v., ebenfalls eingelangt bei der Behörde am , beantragte sie für sich auch die erhöhte Familienbeihilfe. Im Antrag auf erhöhte Familienbeihilfe ab dem Zeitraum 11/2005 wurde von der Bfin zu ihrem Krankheitsbild wie folgt ausgeführt:

" psychotische Störung durch THC-Abusus, DD: Akut polymorph psychotische Störung, DD: Akute schophr.Störung,v.a.polycyc.Ovar, psychotische Störung v.paranoiden Typ F 20.0"

Nach den Angaben der Bfin. v. habe sie auch Pflegegeld beantragt. Es hätte aber noch keine Auszahlung gegeben.

Mit Abweisungsbescheid vom wurde der Antrag vom auf erhöhte Familienbeihilfe als unbegründet abgewiesen. In der gesonderten Bescheidbegründung wurde unter Zitierung der gesetzlichen Bestimmungen des § 8 Abs. 5 FLAG 1967 wie folgt ausgeführt:

Ein Kind gelte als erheblich behindert, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung bestünde. Als nicht nur vorübergehend gelte ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als von 3 Jahren. Der Grad der Behinderung müsse mindestens 50 % betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handle, das voraussichtlich dauernd außerstande sei, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Hinweis in der Bescheidbegründung:

Im Zuge der Erledigung erstellte das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen im Auftrag des Finanzamtes folgende Bescheinigung über das Ausmaß der Behinderung, die ihnen durch das Bundesamt für soziales und Behindertenwesen zugesendet wird:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Name des Kindes
(= Beschwerdeführern)
Datum der Anforderung
***17***
Geschäftszahl
***18***

Wird gegen diesen Bescheid das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben ist die in der Beschwerde angeführte Bescheinigung bei zu legen.Stellungnahme:Leiden 1 bestimmt den Gesamtbetrag der Behinderung laut Befunden: Es besteht derzeit kein Grund zur Annahme der Unfähigkeit für einen selbst. Unterhaltserwerb. Die Patientin ist unter Medikation stabil, kognitiv nicht eingeschränkt und daher in der Lage einen Beruf zu erlernen. Bescheinigung/Anforderung: ***17*** zur angeführten Geschäftszahl"

Mit Schriftsatz vom wurde Beschwerde gegen den Bescheid vom auf erhöhte Familienbeihilfe erhoben. In der Beschwerde werde folgende Begründung angegeben: "Es werde sich aufgrund eines neuen Gutachtens herausstellen, dass sich die Anforderungen (50 %-ige Behinderung) erfüllen würden. Am hätte sie einen Termin für ein neues Gutachten des SMS.

Aus der Abfrage des Finanzamtes Familienbeihilfenstelle vom in der Datenbank DB 7 lässt sich Folgendes ableiten:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Anforderung vorgemerkt
13062018
Erledigung durchgeführt -Gutachten
Grad der Behinderung
30 % ab
dauernd erwerbsunfähig:
Nein
vor 18. Lebensjahr bzw. vor 21. Lebensjahr
nein
keine Angabe über Nachuntersuchung
-
voraussichtlich weitere 3 Jahre:
ja

Aus dem Vorlagebericht des ehemaligen FA DS ***20*** v. geht diesbezüglich Folgendes hervor:

"Im Zuge der Bearbeitung der Beschwerde wurde festgestellt, dass der Abweisungsbescheid sich lediglich gegen den Erhöhungsbetrag richtet, jedoch nicht über den Grundbetrag an Familienbeihilfe abspricht. Der Abweisungsbescheid wurde infolge mit Bescheid vom gemäß § 299 BAO aufgehoben und die Beschwerde v. gemäß § 260 Abs. 1. BAO als unzulässig zurückgewiesen."

Im rechtskräftigen Aufhebungsbescheid (§ 299 BAO) v. findet sich folgende Begründung:

"Die Aufhebung sei notwendig, weil sich der Spruch des Bescheides als nicht richtig erweise. Die Aufhebung unterliege dem Ermessen der Abgabenbehörde. Da die inhaltliche Rechtswidrigkeit nicht bloß geringfügige Auswirkung habe, lägen die Voraussetzungen für eine amtswegige Aufhebung im gegenständlichen Beschwerdefall vor.

Mit wurde ein (neuer) Bescheid (der vom BFG zu beurteilen war) bezüglich Abweisung des Grundbetrags auf Familienbeihilfe und betreffend erhöhter Familienbeihilfe ab Nov. 2005 erlassen (Abweisung).

"Unter Hinweis auf die gesetzlichen Bestimmungen des FLAG 1967 besteht Familienbeihilfe bzw. erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind nur für höchstens 5 Jahre rückwirkend vom Beginn des Monates der Antragstellung an. Gemäß § 6 Abs. 1 lit. b des FlAG 1967 bestehe kein Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn der Unterhalt durch den Ehegatten oder früheren Ehegatten zu leisten ist."

Gegen diesen Abweisungsbescheid v. wurde rechtzeitig am Beschwerde erhoben. In der gesonderten Bescheidbegründung wurde ausgeführt:

"Wie telefonisch besprochen habe die Bfin. nunmehr die Familienbeihilfe ab dem Zeitraum beantragt, da in diesem Jahr das Einkommen ihres Ehegatten sehr niedrig gewesen sei und sie der Meinung sei, dass hier doppelte Familienbeihilfe zustünde. Aus dem Versicherungsdatenauszug gehe ganz klar hervor, dass sie ab Dezember 2007 im Krankenstand gewesen sei und anschließend Pension bezogen habe, da sie aufgrund ihrer Erkrankung nicht mehr arbeitsfähig gewesen sei. Es werde um positive Bearbeitung bzw. um Zuerkennung der doppelten Familienbeihilfe ersucht."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die Beschwerdevorentscheidung wurde mit Rückscheinbrief Rsb am versendet und -wie aus dem Rückschein ersichtlich war- auch tatsächlich zugestellt (Zustellung durch Hinterlegung am ).

In der gesonderten Begründung zur BVE v. wurde ausgeführt:

"Es würde zwar nach dem Einkommen des Ehegatten für die Jahre 2017 und 2018 Anspruch bestehen. Gemäß § 2 Abs. 1 lit. c des FlAG 1967 in der ab gültigen Fassung bestünde Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sein, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Nach dem Gutachten des Sozialministeriums Service (SMS) v. lägen die Voraussetzungen aber nicht vor. Dieses Gutachten wurde gleichzeitig mit gesonderter Beilage per Post zugesandt.

Aus dem Vorlagebericht v. geht zum inhaltlichen Thema Erkrankung/Behinderung (30 %) Folgendes hervor:

"Dem Antrag auf FB wurde ein Kurzarztbericht (ohne ersichtlichem Datum) der Psychiatrischen Klinik ***1*** beigelegt, in dem der stationäre Aufenthalt von bis bestätigt wurde. Auch die Diagnose sowie der Therapievorschlag wurden angegeben. Weiters wurde auf den Ambulanzbericht vom betreffend den ambulanten Aufenthalt am sowie eine Aufenthaltsbestätigung im Landeskrankenhaus ***2*** vorgelegt. Aus der Bestätigung sei der Aufnahmetag am bescheinigt.

Auf Anforderung der Behörde am wurde vom ärztlichen Sachverständigen des Sozialministerium Service eine ärztliche Untersuchung durchgeführt und mit ein Gutachten erstellt, welches einen Grad der Behinderung von 30 % ab bescheinigte. Eine dauernde Erwerbsunfähigkeit wurde nicht festgestellt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bfin. ist österreichische Staatsbürgerin. Sie wurde in [...] geboren. Die Bfin ist mit Herrn [...], SV-Nr. ***3***, verheiratet (Heiratsurkunde v. ). Die Ehe wurde beim Standesamt ***4*** /Türkei geschlossen. Am ist er nach Österreich eingereist. Der Ehegatte ist Arbeiter und war seit bei der Pizzeria ***5***, ***6*** seit , beschäftigt.

Zur Krankengeschichte der Bfin. (Patientin ***7***, geb.***8***, nunmehrige ***Bf1***, ***3*** :

Aktenkundig hinsichtlich der Erkrankung/Behinderung der Bfin sind:

  • Aufenthaltsbestätigung v. betreffend Aufenthalt im Landeskrankenhaus ***2*** am , Akut Psych I, Fallzahl ***9***, allg. Klasse; versichert ehemals bei GKK ***10***.

  • 1 Kurzarztbericht der Psychiatrischen Klinik ***1*** betreffend stationären Aufenthalt der Bfin. vom - inklusive Diagnose (psychotische Störung ua.) und Therapievorschlag. Als weiterer vorgeschlagener Ambulanztermin wurde darin vermerkt: am - PK.***1*** bei Oberarzt Dr. ***11***, im Gyn. Klinikum der Kreuzschwestern ***1*** nach Vereinbarung,Drogenabstinenz!!!

  • 1 Ambulanzbericht vom über einen Ambulanzbesuch vom zu aufnahmezahl 2017067242

Aus dem Ambulanzbericht geht folgendes hervor:

Diagnose

"psychotische Störung vom paranoiden Typ F 20.0

Substituierte Hypothyreose

Adipositas

Chronischer Nikotinabusus (1 Packung pro Tag)

Therapie

Abilify 15 mg 1-0-0-0

Thyrex 75 ug 1-0-0-0

Metformin 500 mg 1-1-0-0

Die Einnahme eines Omega 3-Fettsäurepräparates wurde mit der Patientin besprochen.

Kontrollen - nächste Kontrolle in 2 Monaten

Zusammenfassung

Die Patientin kommt pünktlich zur geplanten Kontrolle in Begleitung ihres Ehegatten. An der Lebenssituation habe sich nichts geändert, nachwievor sei die Patientin in der Gestaltung ihres Lebens vom Gatten abhängig. Derzeit bestehen keine eindeutigen psychotischen Symptome oder medikamentösen Therapie mit Medikament R.l 15 mg pro Tag. Die Patientin schildere jedoch Probleme beim Führen längerer Gespräche, dass sie sich sehr auf das von ihr Selbstgesagte konzentrieren müsse, auch beim Fernsehen habe sie Probleme, die Aufmerksamkeit länger als ca. eine halbe Stunde aufrechtzuerhalten. Die von der Patientin geschilderten Ängste in sozialen Situationen werden begleitet von massiven vegetativen Symptomen. Diese seine keine primären paranoiden Ängste. Die Patientin werde ermutigt, sich in psychotherapeutischer Behandlung zu begeben, um ihren Aktionsradius wieder zu erweitern."

Die Bfin. ist mittlerweile seit Pensionistin.

Zum Eigenantrag bzw. zum Antrag auf erhöhte FB v. :

Der Behörde lag ein Gutachten des SMS v. vor, welches die Behörde am bei der zuständigen Landesstelle SMS anforderte.

Aus diesem Gutachten geht hervor, dass die Bfin. ab dem Zeitraum zu 30 % behindert war.

Nach der Aktenlage lag keine war andauernde Erwerbsunfähigkeit vor dem 18. Lebensjahr (am ) bzw. dem 21. Lebensjahr (am ) bzw. vor dem 25. Lebensjahr (am ) vor.

2017 - Arbeitslosengeldbezug bzw. Notstandshilfenbezug


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Arbeitslosengeldbezug seitens des AMS für 210 Tage im Zeitraum -
€ 8.156,40
Notstandshilfe für 25 Tage im Zeitraum -
€ 594,25

Aus dem Versicherungsdatenauszug v. gehen folgende Beschäftigungszeiten für Zeiträume 2005 bis hervor:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
15032005-06102005
Arbeiterin
07102005 -07102005
Urlaubsabfindung, Urlaubsentschädigung
10102005-10102005
Krankengeldbezug
30102005-31032006
Krankengeldbezug
03042006 -17092006
Arbeiterin
18092006-03102006
Urlaubsabfindung, Urlaubsentschädigung
04102006-07012007
Krankengeldbezug
09012007-12032007
Arbeitslosengeldbezug
1302007-30052007
Arbeiterin
11062007-14062007
Arbeiterin
13062007-19082007
Arbeiterin
19092007-27112007
Arbeiterin
29112007-06122007
Arbeitslosengeldbezug
07122007-1702008
Krankengeldbezug Sonderfall
19022008-31032008
Arbeitslosengeldbezug
01042008-31032014
Pensionsbezug /geminderte Arbeitsfähigkeit
01042008-31052008
Pensionsvorschussbezug
01042014-28022018
Rehageld und KV-Sachleistungsanspruch

Dienstgeber

[...]

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der elektronischen Aktenlage bzw. den Parteienvorbringen, insbesondere aus dem SMS-Gutachten v. .

Der Gesetzgeber hat durch die Bestimmung des (unten zitierten) § 8 Abs. 6 FLAG 1967 die Frage des Grades der Behinderung und auch die damit in der Regel unmittelbar zusammenhängende Frage der voraussichtlich dauernden Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, der eigenständigen Beurteilung der Familienbeihilfenbehörden entzogen und dafür ein qualifiziertes Nachweisverfahren eingeführt, bei dem eine für diese Aufgabenstellung besonders geeignete Institution eingeschaltet wird und der ärztliche Sachverstand die ausschlaggebende Rolle spielt. Die Beihilfenbehörden haben bei ihrer Entscheidung jedenfalls von dieser durch ärztliche Gutachten untermauerten Bescheinigung auszugehen ().

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht an die der Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen zugrundeliegenden Gutachten gebunden sind und dürfen diese nur insoweit prüfen, ob sie schlüssig und vollständig sind und im Falle mehrerer Gutachten einander nicht widersprechen (z.B. ; und 2009/16/0310, mwN).

Wurden von der Abgabenbehörde bereits solche Sachverständigengutachten eingeholt, erweisen sich diese als schlüssig und vollständig und wendet der Beschwerdeführer nichts Substantiiertes ein, besteht für das Bundesfinanzgericht kein Grund, neuerlich ein Sachverständigengutachten einzuholen ().

Eine Unschlüssigkeit oder Unvollständigkeit des gegenständlichen Gutachtens vom liegt nicht vor.

Im Verfahren wurde von der Bfin. eingewendet, sie hätte das Gutachten des SMS vom nicht erhalten.

In freier Beweiswürdigung gemäß § 167 BAO stellt das Gericht dazu fest:

Dies ist eine reine Schutzbehauptung. Nach der damaligen Übermittlungspraxis wurden überdies die Gutachten direkt vom SMS an die Bfin. zugestellt.

Dieser Hinweis findet sich auch in der gesonderten Bescheidbegründung des ersten (und später gemäß § 299 BAO aufgehobenen) Abweisungsbescheides v..

Überdies wird auf den Rsb-Zustellnachweis im Zusammenhang mit der BVE v. (Zustellung durch Hinterlegung am ) hingewiesen.

Weiters wurde in der Beschwerde v. behauptet, die Bfin. hätte "am einen Termin für ein neues Gutachten des SMS und es werde sich herausstellen, dass eine 50%-ige Behinderung vorliegen würde."

Das Gericht stellt fest, dass es diesen Termin für eine weitere Untersuchung nicht gab.

Aktenkundig war weiters ein Auszug aus dem elektronischen Akt aus der Familienbeihilfendatenbank für 2017 und 2018. Hinsichtlich des Einkommens des Ehegatten der Bfin. und der Arbeitgeberliste (Zeitraum bis ) wurde die Abfrage der Behörde v. im AJ -WEB vom Gericht in freier Beweiswürdigung gewürdigt.

Das Einkommen des Ehegatten, Herrn [...], SV-Nr. ***3***, lag danach unter der jeweiligen gesetzlichen Grenze.

Allerdings war die Bfin. vor dem 21. Lebensjahr bzw. vor dem 25. Lebensjahr nicht dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Der Grad der Behinderung betrug nachwievor 30 % und wurde auch im SMS Gutachten v. bestätigt (Anm. des Gerichtes: Ein neuerliches Gutachten - so wie von der Bfin. im Vorlageantrag angekündigt- lag dem Gericht nicht vor).

Im Ergebnis war daher das Vorbringen der Bfin. nicht geeignet, Zweifel an der Schlüssigkeit oder Vollständigkeit der Gutachten des SMS v. zu wecken.

Bei dieser Sachlage ist das Bundesfinanzgericht nach der obig angeführten Rechtsprechung des VwGH verpflichtet, das Gutachten als mängelfreies Beweismittel der Entscheidung zugrunde zu legen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

A. Rechtliche Grundlagen

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Anspruch auf Familienbeihilfe hat dabei gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört.

Die Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 stellt allein auf die vor einem bestimmten Zeitpunkt eingetretene voraussichtlich dauernde Unfähigkeit des Kindes ab, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Der Grad der Behinderung ist dabei ohne jede Bedeutung, da selbst bei einer Behinderung von 100 % es nicht ausgeschlossen ist, dass der Betreffende imstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen (Lenneis/Wanke, FLAG2, § 8 Tz 19 mit Judikaturnachweisen).

Im konkreten Fall lag ein Eigenantrag der Bfin. bzw. ein Antrag auf erhöhte FB jeweils v. vor.

§ 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 in der Fassung BGBl I 2018/77 normiert auszugsweise:

Anspruch auf Familienbeihilfe besteht nach § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 für Vollwaisen oder diesen nach § 6 Abs. 5 FLAG 1967 gleichgestellte volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

§ 8 FLAG 1967 lautet auszugsweise:

(1) Der einer Person zustehende Betrag an Familienbeihilfe bestimmt sich nach der Anzahl und dem Alter der Kinder, für die ihr Familienbeihilfe gewährt wird.

[…]

(4) Die Familienbeihilfe erhöht sich monatlich für jedes Kind, das erheblich behindert ist,

[…]

3. Hinweis auf die jeweiligen gesetzlichen Beträge (Anm. des Gerichtes:infolge Abweisung keine Relevanz)

(5) Als erheblich behindert gilt ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als sechs Monaten. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50 vH betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens alle fünf Jahre neu festzustellen, wenn nach Art und Umfang eine mögliche Änderung zu erwarten ist.

(6) Der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) dem Finanzamt Österreich (ab bis zur Fassung des BGBl I 2022/226) durch eine Bescheinigung auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen. […]

Erwägungen

Gemäß der obig zitierten Bestimmung des § 8 Abs. 5 FLAG 1967 gilt ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht, als erheblich behindert iSd FLAG 1967.

Diese Funktionsbeeinträchtigung muss voraussichtlich länger als sechs Monate bestehen und der festgestellte Grad der Behinderung muss mindestens 50% betragen.

Gemäß dem festgestellten Sachverhalt wurde der erforderliche Grad der Behinderung von mindestens 50% bei der Bfin (Eigenantrag) nicht erreicht.

Auch wurde nach dem vorgelegten Gutachten v. kein Grund zur Annahme festgestellt, dass die Bfin. voraussichtlich dauernd unfähig war, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen (siehe SMS -Feststellungen v. ). Nur in diesem Fall wäre der Grad der Behinderung nicht relevant.

Die Begründung in diesem Gutachten (grundsätzliche Bindungswirkung) war für das Gericht auch schlüssig und daher konnte dieses auch seiner Entscheidung zugrundegelegt werden.

Ein weiteres Gutachten (oder auch nur ein Kurzgutachten im Sinne von bloßen Metadaten) wurde im Verfahren nicht vorgelegt bzw. an das Gericht übermittelt.

Die Beschwerde betreffend den im Spruch genannten Zeitraum war somit als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz tätig und zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt. Eine im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung wirft daher nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (z.B. mwN). Die Prüfung der Schlüssigkeit eines Gutachtens des Sozialministeriumservice ist nichts anderes als eine Würdigung dieses Beweises. Eine ordentliche Revision ist daher im gegenständlichen Fall nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100330.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at