zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Säumnisbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 16.05.2024, RS/7100076/2024

Einstellung des Verfahrens nach Klaglosstellung nach einer Säumnisbeschwerde

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Elisabeth Wanke in der Beschwerdesache betreffend Säumnisbeschwerde der ***1*** ***2***, ***3*** ***4***, ***5***, Rumänien, Sozialversicherungsnummer ***6***, vertreten durch Felicitas Niedermann, Rechtsanwältin-DE, Union TAX & LAW, 8590 Romanshorn/TG, Obere Zelgstrasse 7, Schweiz, Korrespondenzbüro 1220 Wien, Donau-City-Straße 7/DC-Tower/30th Floor, vom , wegen behaupteter Verletzung der Entscheidungspflicht durch das Finanzamt Österreich betreffend Antrag vom auf "Ausgleichs-und/oder Differenzzahlung /Familienbeihilfe" beschlossen:

I. Das Säumnisbeschwerdeverfahren wird gemäß § 284 Abs. 2 letzter Satz BAO eingestellt.

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß Art. 133 Abs. 9 B-VG i.V.m. Art. 133 Abs. 4 B-VG und § 25a VwGG eine Revision nicht zulässig.

Begründung

I. Beschluss vom

Am fasste das Bundesfinanzgericht den Beschluss:

Dem Finanzamt Österreich wird gemäß § 284 Abs. 2 BAO aufgetragen, bis zu entscheiden und entweder mitzuteilen, dass für den Zeitraum Juni 2022 bis August 2022 der Unterschiedsbetrag zu Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag ausbezahlt wurde, und dies durch Vorlage einer Abschrift der Mitteilung gemäß § 12 Abs. 1 FLAG 1967 oder eines Zahlungsbelegs glaubhaft zu machen, oder, wenn gemäß § 13 FLAG 1967 ein Bescheid erlassen wurde, eine Abschrift des Bescheides (samt Zustellnachweis) vorzulegen, oder schließlich (unter Vorlage entsprechender Beweismittel) anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht oder nicht mehr vorliegt.

Zur Begründung wurde ausgeführt:

Säumnisbeschwerde

Mit Telefax vom erhob die Beschwerdeführerin (Bf) ***1*** ***2*** durch ihre rechtsfreundliche Vertreterin Säumnisbeschwerde an das Bundesfinanzgericht und führte dazu aus:

Mit Anschreiben vom wurde für die Antragstellerin Familienbeihilfe/ Aussgleichs.-und /oder Differenzzahlung unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen bei dem Finanzamt Österreich gestellt.

Anlage: Anschreiben vom

Bis heute erfolgt keine Rückäußerung zu dem gestellten Antrag.

Seit der Einreichung des Antrags vom sind mehr als sechs Monate vergangen, so dass die Behörde die Verpflichtung zur Entscheidung verletzt hat.

Die Säumnisbeschwerde ist damit gem. § 284 Abs. 1 BAO zulässig und begründet.

Aufgrund der dadurch eingetretenen Säumnis des Finanzamtes Österreich wird der Antrag gestellt, das Bundesfinanzgericht möge über den Antrag vom in der Sache entscheiden. Sollte das Bundesfinanzgereicht für die Entscheidung die eingereichten Unterlagen nicht beim Finanzamt Österreich anfordern können, sind wir gerne bereit die Unterlagen nachzureichen.

Sollten noch Ergänzungen zum Antrag vom notwendig sein, bitten wir um entsprechenden Hinweis.

[Die Vertreterin] ist zur Vertretung vor österreichischen Behörden gemäß der Artikel 56 ff. AEUV vollumfänglich berechtigt ( C-342/14).

Das Schreiben ist von der im Spruch genannten Rechtsanwältin unterfertigt. Beigefügt war ein Schreiben vom an das Finanzamt Österreich, 1000 Wien, Postfach 260, wonach die Bf durch seine rechtsfreundliche Vertretung "Ausgleichs,- und/oder Differenzzahlung, Familienbeihilfe unter Einbezug der Coronahärteleistungen" beantragt. Die Bf sei von 06-08/2022 beschäftigt gewesen. Laut dem Schreiben wurde vorgelegt:

Vollmachten und Bankverbindung

Versicherungsdatenauszug

Formular Beih38

E 401 blanko Ersatzerklärung,

E 411 blanko, um Einholung bei der rumänischen Behörde wird ersucht, sowie Ersatzerklärung

Schulbescheinigungen

Heiratsurkunde und Geburtsurkunden, Identitätsnachweis

Bemerkt wurde:

[Die Vertreterin] übt derzeit eine vorübergehende Tätigkeit als dienstleistende europäische Rechtsanwaltsgesellschaft (§ 4 EIRAG) aus und ist insoweit auch vertretungsbefugt.

Das Schreiben trägt keine Originalunterschrift.

FABIAN

Aus dem elektronischen Beihilfeprogramm FABIAN ergibt sich, dass folgende Ein- und Ausgänge im Programm erfasst worden sind:

Daraus ergibt sich, dass am beim Finanzamt Österreich das Schreiben vom (mit Originalunterschrift) eingelangt ist. Laut dem beigefügten und unterschriebenen Formular Beih 38 ist die Bf ***1*** ***2*** rumänische Staatsbürgerin, wohnhaft ***3*** ***4*** , ***5***, Rumänien. Der Ehegatte ***7*** ***14*** hat eine Verzichtserklärung nach § 2a FLAG 1967 abgegeben. Von bis habe die Bf rumänische Familienleistungen von RON 214,00 erhalten. Beantragt werde Differenzzahlung für den Zeitraum bis für:

- die im Jänner 2005 geborene haushaltszugehörige ***9*** ***2***, Schülerin einer Hochschule von 2021 bis voraussichtlich 2025,

- die im Dezember 2006 geborene haushaltszugehörige ***10*** ***14***, Schülerin einer Grundschule voraussichtlich bis 2023,

- für die im März 2009 geborene haushaltszugehörige ***11*** ***2***, Schülerin einer Grundschule voraussichtlich bis 2024,

- den im Jänner 2011 geborenen haushaltszugehörigen ***7*** ***2***, Schüler einer Grundschule voraussichtlich bis 2026,

- die im August 2013 geborene haushaltszugehörige ***12***-***13*** ***14***, Schülerin einer Grundschule voraussichtlich bis 2028,

- die im März 2021 geborene haushaltszugehörige ***16***-***17***-***18*** ***14***.

Beigefügt waren eine Familienstandsbescheinigung für die Gewährung von Kindergeld vom , ein Formular E 411 (Seite 1), eine Erklärung über erhaltenen rumänische Familienleistungen, Schulbesuchsbestätigungen, Heiratsurkunde, Geburtsurkunden, Personalausweiskopien, eine Vollmacht für die einschreitende Rechtsanwältin, ein Versicherungsdatenauszug (Beschäftigung von bis als Arbeiterin bei einer österreichischen Arbeitgeberin), Kontoerklärung.

Laut FABIAN wurde der Antrag vom Finanzamt Österreich in Bearbeitung genommen, "temp. zuständ. Team FA72/AV03 aktenführ. Team FA91.FA91/AV01".

Am (Eingangsstempel)wurde beim Finanzamt Österreich mit datierte Säumnisbeschwerde betreffend den Antrag vom eingebracht.

Am schrieb das Finanzamt an die Bf an deren Adresse in Rumänien:

Sie werden darauf aufmerksam gemacht, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen einen Antrag auf Differenzzahlung eingereicht werden kann.

Der Antrag ist durch Sie zu stellen und die Bankverbindung hat auf Sie zu lauten.

Weiters erstellte das Finanzamt am an die Bf an deren Adresse in Rumänien eine Verständigung zum Ordnungsbegriff ***15*** aus (der Akteninhalt ergibt sich aus einem Telefax vom ):

Verständigung - Ablehnung einer steuerlichen Vertretung

Es ergeht die Verständigung betreffend die steuerliche Vertretung durch Union TAX & LAW, Donau-City-Straße 1, 1220 Wien.

Gemäß § 84 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) wird der obgenannten Union TAX & LAW mit sofortiger Wirkung als steuerliche Vertretung abgelehnt!

Begründung:

Die Abgabenbehörde hat gemäß § 84 BAO solche Personen als Bevollmächtigte abzulehnen, die die Vertretung anderer geschäftsmäßig, wenn auch unentgeltlich, betreiben ohne hierzu befugt zu sein. Wer befugt ist, in Abgabensachen geschäftsmäßig zu vertreten, ergibt sich etwa aus dem Wirtschaftstreuhänderberufsgesetz (WTBG), der Rechtsanwaltsordnung (RAO), der Notariatsordnung (NO) oder dem Bilanzbuchhaltergesetz (BiBuG).

Künftig einlangende Anbringen, welche von dem obgenannten als Bevollmächtiger unterzeichnet sind, werden als nicht eingebracht angesehen.

Offenbar betreffend einen Ablehnungsbescheid vom (nicht in FABIAN ersichtlich) richtete die rechtsfreundliche Vertretung mit Datum ein Telefax an das Finanzamt Österreich:

Sehr geehrte Damen und Herren,

namens und im Auftrag unserer Mandantschaft lege ich hiermit Beschwerde gegen den Bescheid vom ein.

Wir sind zur Vertretung in Steuersachen befugt.

1. Meldung bei der Rechtsanwaltskammer

Wir haben unsere Tätigkeit bei der Rechtsanwaltskammer Wien gemeldet. Seitens der Kammer bestehen keine Bedenken hinsichtlich unserer Tätigkeit, wie Sie dem angefügten Schreiben entnehmen können.

2. Berechtigung

a) Sachverhalt

Die UnionTAX & LAW vertritt seit 01/2015 europäische Saisonarbeitnehmer, die in den europäischen Mitgliedstaaten und der Schweiz tätig waren in Steuerangelegenheiten sowie der Beantragung von Familienbeihilfen. Die UnionTAX & LAW vertritt jährlich ca. 10.000 Mandanten. Die Vertretung erfolgt hauptsächlich vor deutschen Behörden sowie Schweizer Behörden. In den letzten Jahren hat aber auch die Nachfrage hinsichtlich Österreich zugenommen. Aktuell werden jährlich zwischen 100-150 Mandate in Österreich bearbeitet. Die Nachfrage zeigt aber eine steigende Tendenz.

Die UnionTAX & LAW beschäftigt mehrsprachiges Personal und betreut ihre Mandanten in deren Muttersprache. Im Rahmen der Vertretung von Fällen in Deutschland, wurde durch die UnionTAX & LAW in den letzten Jahren maßgeblich zur Rechtsfortbildung im Bereich des überstaatlichen Steuer- und Sozialrechts beigetragen. Die UnionTAX & LAW vertritt Mandanten bis vor den Europäischen Gerichtshof, um eine einheitliche Rechtsprechung in den Mitgliedstaaten sicherzustellen. Durch die Vielzahl an Fällen verfügt die UnionTAX & LAW über ein großes Spezialwissen im Bereich der angebotenen Dienstleistung. Das Knowhow geht damit über das eines allgemein tätigen Steuerberaters In Deutschland, Schweiz und Österreich hinaus.

Die Unterzeichnerin ist in Deutschland zugelassene Rechtsanwältin und Steuerberaterin.

Die UnionTAX & LAW hat keine Niederlassung in Österreich. Das in Wien genutzte Büro unter der Adresse Donau-City-Straße 7, DC Tower/30th floor, A-1220 Wien ist lediglich ein Korrespondenzbüro, an das die Österreichischen Behörden Post senden können. Dort wird auch kein Personal vorgehalten.

Bei der Abgabe von Steuererstattungen und Familienbeihilfen überschreitet die UnionTAX & LAW nicht die Grenze nach Österreich. Alle Dienstleistungen werden aus der Schweiz heraus erbracht.

Die Vertretung in Steuersachen und die Beantragung von Familienbeihilfen sind in der Schweiz nicht reglementiert.

Die UnionTAX & LAW hat ihre Tätigkeit gegen über dem Finanzamt Wien sowie der Rechtsanwaltskammer Wien hinsichtlich des Umfangs offen gelegt. Mit Schreiben vom hat die Kammer mitgeteilt, dass keine Bedenken hinsichtlich der Tätigkeit der UnionTAX & LAW bestehen.

Die Versendung von Steuererklärungen und Anträgen auf Familienbeihilfe erfolgt postalisch. Die UnionTAX & LAW hat sich in den letzten Monaten darum bemüht einen Zugang zu FinanzOnline zu erhalten, um ihre Dienstleistung weiter aufzuwerten.

b) Rechtliche Einordnung

Die UnionTAX & LAW ist gemäß Art. 56ff. AEUV zur vollumfänglichen Vertretung in Steuersachen in Österreich berechtigt.

Im Rahmen der europäischen Dienstleistungsfreiheit steht einem ausländischen Anbieter das Recht zu, eine Dienstleistung auch in einem anderen Staat anzubieten. Hierbei gelten im Rahmen des Primärrechts keine Beschränkungen.

Lediglich wenn der Dienstleister seine Tätigkeit im Mitgliedstaat erbringen will, also für die Erbringung der Leistung die Grenze Übertritt, kann eine Einschränkung im Rahmen des Sekundärrechts erfolgen (vgl. Art. 57 Abs. 2 AEUV).

Der entschieden, dass sich die Tätigkeit eines Dienstleisters nach Art. 56 ff. AEUV bemisst, soweit sich der Dienstleister nicht in Hoheitsgebiet des aufnehmenden Mitgliedstaates begibt. In dem Urteil befasste sich der EuGH mit der Frage, ob eine Steuerberatergesellschaft mit Sitz in den Niederlanden, in Deutschland Steuererklärungen abgeben dürfe. Dabei ist die Situation mit der vorliegenden Situation vergleichbar, da auch in den Niederlanden (hier der Schweiz) der Beruf des Steuerberaters nicht reglementiert ist und in Deutschland (hier Österreich) eine Reglementierung erfolgt.

Art. 56 ff. AEUV regeln als Primärrecht die allgemeine Dienstleistungsfreiheit. In dem Fall, dass sich der Dienstleister für die Erbringung der Dienstleistung nicht in das Hoheitsgebiet des aufnehmenden Mitgliedsstaats begibt, sondern die Dienstleistung in seinem Sitz-Mitgliedsstaat erbringt, ist die Dienstleistungsfreiheit nicht am Sekundärrecht (z.B. 2005/36/EG) zu messen, sondern am Primärrecht, Art. 56 AEUV. Der EuGH führt dazu aus:

"Eine Dienstleistung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende fällt daher weder unter Art. 5 der Richtlinie 2005/36 noch unter Art. 16 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2006/123. Hingegen wird eine Dienstleistung mit grenzüberschreitendem Charakter wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende von Art. 56 AEUV er fasst".

(, Rn. 40, 41).

Die Unterscheidung ist von hoher Relevanz: Während Art. 56 AEUV die Erbringung von grenzüberschreitenden Dienstleistungen ohne jede quantitative Einschränkung erlaubt, enthalten sowohl die Berufsqualifikationsanerkennungsrichtlinie als auch die Dienstleistungsrichtlinie eine Beschränkung auf gelegentliche und vorübergehende Dienstleistungen im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedsstaats (hier: Österreich). Das bedeutet: Das Sekundärrecht betrifft diesbezüglich ausschließlich die Fälle, in denen sich der Dienstleister persönlich von seinem Niederlassungsstaat über die Grenze des anderen Staates begibt, um dort Dienstleistungen in Person zu erbringen.

Eine nationalgesetzliche Umsetzung, die eine nur gelegentliche und vorübergehende Hilfeleistung in Steuersachen für ausländische Anbieter zulässt, kann sich also immer nur auf grenzüberschreitende Tätigkeiten beziehen.

Im Ergebnis darf der Dienstleister in seinem Niederlassungsstaat so viele Steuererklärungen erstellen, wie er will und kann, ohne dass dadurch ein Verstoß gegen die Berechtigung zur nur vorübergehenden und gelegentlichen Hilfeleistung in Steuersachen erfolgt. Erst wenn er sich dazu persönlich {oder im Falle einer Gesellschaft die für sie handelnden Mitarbeiter) auf österreichischen Boden begibt, wäre dies problematisch. Wenn der Dienstleister seine Dienste im Ausland (aber nach Österreich) erbringt, stellt sich nur die Frage, ob er seine Niederlassung im Ausland oder im Inland hat. Hat er sie - wie hier- im Ausland, dann gilt die Dienstleistungsfreiheit. Das System der europäischen Grundfreiheiten unterscheidet insofern lediglich zwischen Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit. In dem Land seiner Niederlassung unterliegt der Dienstleister allen nationalgesetzlichen Zulassungsregeln. Ist er aber in dem anderen Staat nicht niedergelassen - so wie die UnionTAX & LAW nicht in Österreich niedergelassen ist - genießt er die Dienstleistungsfreiheit in vollem Umfang, solange er sie in seinem Niederlassungsstaat erbringt; mit quantitativer Einschränkung nur dann, wenn er sich in den anderen Staat begibt.

Das ist die Idee des gemeinsamen europäischen Marktes.

Auch bei einer Niederlassung in der Schweiz gelten die o.g. rechtlichen Grundsätze. Die Schweiz ist nicht EU- oder EWR-Mitgliedsstaat, sodass sich die Dienstleistungsfreiheit nicht aus dem AEUV, sondern aus bilateralen Verträgen der Schweiz mit der EU ergibt, die sich an die o.g. europarechtliche Regelung anlehnen. Nach Art. 5 des Freizügigkeitsabkommens ("FZA") zwischen der Schweiz und der EU vom , in Kraft seit , wird einem jeden Dienstleistungserbringer das Recht eingeräumt, Dienstleistungen im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei zu erbringen. Art. 5 FZA enthält - wie Art. 56 AEUV - den Grundsatz der allgemeinen und unbeschränkten Dienstleistungsfreiheit.

Nach Art. 16 FZA sind Begriffe in der FZA, die dem Gemeinschaftsrecht entstammen, so auszulegen, wie der EuGH es tut. Hierzu kann bei Bedarf weiter ausgeführt werden.

Beigefügt war ein Schreiben des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien an Union Tax & Law Steuerberater- und Rechtsanwaltsgesellschaft (CH), Obere Zeigstraße 2, 8590 Romanshorn, Schweiz:

Sehr geehrte Frau [Rechtsanwältin]!

Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen!

Unter Bezugnahme auf Ihr E-Mail vom , teilt Ihnen die Rechtsanwaltskammer Wien mit, dass der von Ihnen angepasste Entwurf Ihres Briefkopfes als standesrechtlich konform angesehen und zur Kenntnis genommen wird.

Des Weiteren nehmen wir Ihre Anzeige einer Korrespondenz- und Zustelladresse gem. § 4 EIRAG und § 8 EIRAG neuerlich zur Kenntnis.

Die vorübergehende Tätigkeit als dienstleistende europäische Rechtsanwaltsgesellschaft ist bloß anzeige- jedoch nicht genehmigungspflichtig. Dementsprechend sind keine weiteren Schritte von Seiten der Rechtsanwaltskammer Wien vorgesehen.

Mit Datum wurde die Erledigung der Säumnisbeschwerde mit Telefax an das Finanzamt Österreich urgiert:

Antrag auf Familienbeihhilfe, Ausgleichs- und /oder Differenzzahlung vom für 2022

Vorlageantrag

In der Rechtssache

***1*** ***2***./. Finanzamt Österreich

wegen Familienbeihilfe, Ausgleichs- und/oder Differenzzahlung

Antrag vom für 2022

haben wir mit Schreiben vom Säumnisbeschwerde eingelegt.

Nachdem innerhalb der dreimonatigen Entscheidungsfrist keine Entscheidung zugestellt wurde, beantragen wir die unverzügliche Vorlage an das Bundesfinanzgericht und Benachrichtigung über die Erledigung.

Sollten Entscheidungshindernisse bestehen, bitten wir um unverzügliche Bekanntgabe.

UnionTAX & LAW ist zur Vertretung vor österreichischen Behörden gemäß der Artikel 56 ff. AEUV vollumfänglich berechtigt ().

Eine Erledigung des Antrags vom ist aus dem Beihilfenprogramm FABIAN bislang nicht zu ersehen.

Rechtsgrundlagen

§§ 284, 285 BAO lauten:

21. Säumnisbeschwerde

§ 284. (1) Wegen Verletzung der Entscheidungspflicht kann die Partei Beschwerde (Säumnisbeschwerde) beim Verwaltungsgericht erheben, wenn ihr Bescheide der Abgabenbehörden nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen oder nach dem Eintritt zur Verpflichtung zu ihrer amtswegigen Erlassung bekanntgegeben (§ 97) werden. Hiezu ist jede Partei befugt, der gegenüber der Bescheid zu ergehen hat.

(2) Das Verwaltungsgericht hat der Abgabenbehörde aufzutragen, innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten ab Einlangen der Säumnisbeschwerde zu entscheiden und gegebenenfalls eine Abschrift des Bescheides vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht oder nicht mehr vorliegt. Die Frist kann einmal verlängert werden, wenn die Abgabenbehörde das Vorliegen von in der Sache gelegenen Gründen nachzuweisen vermag, die eine fristgerechte Entscheidung unmöglich machen. Wird der Bescheid erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, so ist das Verfahren einzustellen.

(3) Die Zuständigkeit zur Entscheidung geht erst dann auf das Verwaltungsgericht über, wenn die Frist (Abs. 2) abgelaufen ist oder wenn die Abgabenbehörde vor Ablauf der Frist mitteilt, dass keine Verletzung der Entscheidungspflicht vorliegt.

(4) Säumnisbeschwerden sind mit Erkenntnis abzuweisen, wenn die Verspätung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Abgabenbehörde zurückzuführen ist.

(5) Das Verwaltungsgericht kann sein Erkenntnis vorerst auf die Entscheidung einzelner maßgeblicher Rechtsfragen beschränken und der Abgabenbehörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung binnen bestimmter, acht Wochen nicht übersteigender Frist zu erlassen. Kommt die Abgabenbehörde dem Auftrag nicht nach, so entscheidet das Verwaltungsgericht über die Beschwerde durch Erkenntnis in der Sache selbst.

(6) Partei im Beschwerdeverfahren ist auch die Abgabenbehörde, deren Säumnis geltend gemacht wird.

(7) Sinngemäß sind anzuwenden:

a) § 256 Abs. 1 und 3 (Zurücknahme der Beschwerde),

b) § 260 Abs. 1 lit. a (Unzulässigkeit),

c) § 265 Abs. 6 (Verständigungspflichten),

d) § 266 (Vorlage der Akten),

e) § 268 (Ablehnung wegen Befangenheit oder Wettbewerbsgefährdung),

f) § 269 (Obliegenheiten und Befugnisse, Ermittlungen, Erörterungstermin),

g) §§ 272 bis 277 (Verfahren),

h) § 280 (Inhalt des Erkenntnisses oder des Beschlusses).

§ 285. (1) Die Säumnisbeschwerde hat zu enthalten:

a) die Bezeichnung der säumigen Abgabenbehörde;

b) die Darstellung des Inhaltes des unerledigten Antrages bzw. der Angelegenheit, in der eine Verpflichtung zur amtswegigen Erlassung eines Bescheides besteht;

c) die Angaben, die zur Beurteilung des Ablaufes der Frist des § 284 Abs. 1 notwendig sind.

(2) Die Frist des § 284 Abs. 2 wird durch einen Mängelbehebungsauftrag (§ 85 Abs. 2) gehemmt. Die Hemmung beginnt mit dem Tag der Zustellung des Mängelbehebungsauftrages und endet mit Ablauf der Mängelbehebungsfrist oder mit dem früheren Tag des Einlangens der Mängelbehebung beim Verwaltungsgericht.

Säumnisbeschwerde

Die Säumnisbeschwerde wurde nach Ablauf der sechsmonatigen Frist des § 284 Abs. 1 BAO, die mit der Einbringung des Antrags am begonnen hat, am beim Bundesfinanzgericht eingebracht.

Festzuhalten ist, dass sollte, was aus dem Beihilfeprogramm FABIAN nicht hervorgeht, vom Finanzamt eine Ablehnung der einschreitenden Rechtsanwältin oder von "UnionTAX & LAW" gemäß § 84 Abs. 1 BAO erfolgt sein, eine derartige Ablehnung das Bundesfinanzgericht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht bindet (vgl. Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I BAO 3.A., § 84 Rz 14; Ritz/Koran, BAO 7. A., § 84 Rz 10a). Soweit ersichtlich, hatte das Bundesfinanzgericht bislang keine Bedenken hinsichtlich der Vertretungsbefugnis (vgl. etwa ; ; ; ; ; ; [mit Ausführungen zur Zustellvollmacht]; ; ; ; ; ; ).

Bemerkt wird, dass in der Vergangenheit oftmals "Union TAX & LAW, Steuerberater- und Rechtsanwaltsgesellschaft (CH)" vor dem Bundesfinanzgericht aufgetreten ist. Laut Website (https://uniontax.international/legal/impressum.html, Abfrage heute) ist der Firmenname "UnionTAX International Swiss" mit Sitz in der Schweiz, zuständig seien die Steuerberaterkammer Südbaden und die Rechtsanwaltskammer Freiburg. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren schreitet jedoch offensichtlich die im Spruch genannte Rechtsanwältin per Adresse "UnionTAX & LAW" (ohne Hinweis auf eine Gesellschaft) mit dem Hinweis "Rechtsanwältin-DE" ein, auch wenn in einzelnen Schreiben auf eine Vertretungsbefugnis von "UnionTAX & LAW" verwiesen wird. Die einschreitende Rechtsanwältin soll laut verschiedenen Internet-Websites Inhaberin des Einzelunternehmens "UnionTAX & LAW Rechtsanwälte" (HR-Nr. CH-320.2.077.670-5) sein.

Auftrag an die belangte Behörde

Dem Finanzamt Österreich ist daher gemäß § 284 Abs. 2 BAO aufzutragen, bis zu entscheiden und entweder mitzuteilen, dass für den Zeitraum Juni 2022 bis August 2022 der Unterschiedsbetrag zu Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag ausbezahlt wurde, und dies durch Vorlage einer Abschrift der Mitteilung gemäß § 12 Abs. 1 FLAG 1967 oder eines Zahlungsbelegs glaubhaft zu machen, oder, wenn gemäß § 13 FLAG 1967 ein Bescheid erlassen wurde, eine Abschrift des Bescheides (samt Zustellnachweis) vorzulegen, oder schließlich (unter Vorlage entsprechender Beweismittel) anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht oder nicht mehr vorliegt.

Die gesetzte Frist ist dem voraussichtlichen Aufwand und der bisher verstrichenen Zeit angemessen.

Zur Nachricht (Belehrung gemäß § 280 Abs. 4 BAO)

Gegen diesen verfahrensleitenden Beschluss ist eine abgesonderte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (§ 88a Abs. 3 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 - VfGG) oder eine abgesonderte Revision an den Verwaltungsgerichtshof (§ 25a Abs. 3 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG) nicht zulässig.

Die vom Gericht festgesetzte Frist kann gemäß § 2a BAO i.V.m. § 110 Abs. 2 BAO über rechtzeitigen begründeten Antrag verlängert werden.

II. Information durch das Finanzamt vom

Am übermittelte das Finanzamt Österreich dem Bundesfinanzgericht

a) eine an die Bf unmittelbar adressierte Mitteilung über den Bezug der Ausgleichszahlung vom zum Ordnungsbegriff ***15***,

b) eine an die Bf zH Union TAX & LAW Steuerberater- und Rechtsanwaltsgesellschaft, Wien, adressierte Bestätigung über den Bezug von Familienbeihilfe vom zum Ordnungsbegriff ***15***:

Mitteilung über den Bezug der Ausgleichszahlung

Wir haben Ihren Anspruch auf Ausgleichszahlung überprüft und können Ihnen diesen im folgenden Umfang gewähren (Verordnung (EG) Nr. 883/2004 in Verbindung mit der Durchführungsverordnung (EG) Nr. 987/2009):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Name des Kindes
Geb.dat.
Zeitraum
Wohnstaat
***14*** ***16***- ***17***- ***18***
***19***
Juni 2022 - Aug. 2022
Rumänien
***14*** ***12***- ***13***
***20***
Juni 2022 - Aug. 2022
Rumänien
***2*** ***7***
***24***
Juni 2022 - Aug. 2022
Rumänien
***2*** ***11***
***21***
Juni 2022 - Aug. 2022
Rumänien
***14*** ***10***
***22***
Juni 2022 - Aug. 2022
Rumänien
***2*** ***9***
***23***
Juni 2022 - Aug. 2022
Rumänien

Die Höhe der Ausgleichszahlung ist die Differenz der österreichischen Familienbeihilfe inkl. Kinderabsetzbetrag zur ausländischen Familienleistung.

Informationen zu den derzeit gültigen Familienbeihilfenbeträgen finden Sie auf der Homepage des Bundeskanzleramtes unter bka.gv.at.

Erhalten Sie die ausländische Familienleistung nicht in Euro, kann es bei der Umrechnung auf Grund von monatlichen Kursschwankungen zu geringfügig unterschiedlichen Monatsbeträgen bei der Ausgleichszahlung kommen.

Wir haben festgestellt, dass Sie nur bis August 2022 Anspruch auf Familienbeihilfe haben und stellen daher die Auszahlung ein.

Wir werden Ihre noch nicht ausbezahlten Ansprüche auf folgendes Konto überweisen:

IBAN: ***25***

Eine eventuell zustehende Nachzahlung erhalten Sie bereits in den nächsten Tagen.

Bitte teilen Sie uns Tatsachen, die bewirken können, dass Ihre Ansprüche erlöschen und Änderungen der in Ihrem Antrag angeführten Daten auch im eigenen Interesse umgehend mit.

Sie vermeiden so Rückforderungen, wenn Ihr Kind z. B. die Berufsausbildung beendet oder eigene Einkünfte hat.

Bestätigung über den Bezug von Familienbeihilfe

Wir bestätigen, dass Sie Familienbeihilfe für folgende Kinder bezogen haben bzw. voraussichtlich beziehen werden:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Name des Kindes
VNR/Geb.dat.
Art
Zeitraum
Wohnstaat
***14*** ***12***- ***13***
***20***
AZ
Juni 2022 - Aug. 2022
RO
***14*** ***16***- ***17***- ***18***
***19***
AZ
Juni 2022 - Aug. 2022
RO
***2*** ***11***
***21***
AZ
Juni 2022 - Aug. 2022
RO
***2*** ***7***
***24***
AZ
Juni 2022 - Aug. 2022
RO
***2*** ***9***
***23***
AZ
Juni 2022 - Aug. 2022
RO
***14*** ***10***
***22***
AZ
Juni 2022 - Aug. 2022
RO

Finanzamt Österreich'
elektronisch gefertigt

FABIAN

Aus dem elektronischen Familienbeihilfeprogramm FABIAN ergibt sich, dass der Bf am ein Betrag von € 4.166,40 angewiesen wurde:

Für alle Kinder wurden jeweils folgende Ansprüche ermittelt:

III. Klaglosstellung

Wird der Bescheid, dessen Erlassung mit Säumnisbeschwerde begehrt wird, erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, ist das Verfahren über die Säumnisbeschwerde gemäß § 284 Abs. 2 letzter Satz BAO i.d.F. 2. AbgÄG 2014 einzustellen (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 13 Rz 236). Gleiches gilt sinngemäß, wenn wie hier im Familienbeihilfenverfahren bei Stattgabe eines Antrags gemäß § 11 FLAG 1967 die Familienbeihilfe formlos auszuzahlen und eine Mitteilung gemäß § 12 FLAG 1967 zuzusenden, aber gemäß § 13 FLAG 1967 kein Bescheid zu erlassen ist. Auch in diesem Fall ist der Antragsteller i.S.d. § 284 Abs. 2 letzter Satz BAO i.d.F. 2. AbgÄG 2014 klaglos gestellt. Auch ein Abweisungsbescheid (§ 13 FLAG 1967) oder ein Zurückweisungsbescheid beendet die Säumnis der Behörde.

Das Finanzamt hat den Antrag vom auf "Ausgleichs-und/oder Differenzzahlung /Familienbeihilfe" durch Auszahlung eines Betrags von € 4.166,40 am unter Zugrundelegung der Angaben der Bf in diesem Antrag innerhalb der mit Beschluss vom gesetzten Frist erledigt.

Damit liegt eine Säumnis des Finanzamts nicht mehr vor.

Das Verfahren betreffend die Säumnisbeschwerde vom ist daher gemäß § 284 Abs. 2 BAO letzter Satz einzustellen. Im Übrigen wird auf die Ausführungen im Beschluss vom verwiesen.

IV. Nichtzulassung der Revision

Gemäß Art. 133 Abs. 9 B-VG i. V. m. Art. 133 Abs. 4 B-VG und § 25a Abs. 1 VwGG ist gegen diese Entscheidung eine Revision unzulässig. Es handelt sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, die Rechtsfolge ergibt sich aus dem Gesetz.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 284 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 284 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 285 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RS.7100076.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at