Einstellung des Verfahrens nach Klaglosstellung nach einer Säumnisbeschwerde
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Elisabeth Wanke in der Beschwerdesache betreffend Säumnisbeschwerde der ***1***-***2*** ***3***, ***4*** ***5***, ***6***, Rumänien, Sozialversicherungsnummer ***7***, vertreten durch Felicitas Niedermann, Rechtsanwältin, Union TAX & LAW, 8590 Romanshorn/TG, Obere Zelgstrasse 7, Schweiz, Korrespondenzbüro 1220 Wien, Donau-City-Straße 7/DC-Tower/30th Floor, vom , wegen behaupteter Verletzung der Entscheidungspflicht durch das Finanzamt Österreich betreffend Antrag vom auf "Ausgleichs-und/oder Differenzzahlung /Familienbeihilfe" beschlossen:
I. Das Säumnisbeschwerdeverfahren wird gemäß § 284 Abs. 2 letzter Satz BAO eingestellt.
II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß Art. 133 Abs. 9 B-VG i.V.m. Art. 133 Abs. 4 B-VG und § 25a VwGG eine Revision nicht zulässig.
Begründung
I. Beschluss vom
Am fasste das Bundesfinanzgericht den Beschluss:
Dem Finanzamt Österreich wird gemäß § 284 Abs. 2 BAO aufgetragen, bis zu entscheiden und entweder mitzuteilen, dass für den Zeitraum August 2021 bis November 2021 der Unterschiedsbetrag zu Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag ausbezahlt wurde, und dies durch Vorlage einer Abschrift der Mitteilung gemäß § 12 Abs. 1 FLAG 1967 oder eines Zahlungsbelegs glaubhaft zu machen, oder, wenn gemäß § 13 FLAG 1967 ein Bescheid erlassen wurde, eine Abschrift des Bescheides (samt Zustellnachweis) vorzulegen, oder schließlich (unter Vorlage entsprechender Beweismittel) anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht oder nicht mehr vorliegt.
Zur Begründung wurde ausgeführt:
Säumnisbeschwerde
Mit Telefax vom erhob die Beschwerdeführerin (Bf) ***1***-***2*** ***3*** durch ihre rechtsfreundliche Vertreterin Säumnisbeschwerde an das Bundesfinanzgericht und führte dazu aus:
Unser Zeichen 23-15614-32416
***1***-***2*** ***3*** geb.: ***19***/Rumänien
SVNR nicht bekannt
Steuernummer ***8***
Antrag auf Bewilligung von Familienbeihilfe/ Ausgleichs-und /oder Differenzzahlung vom
In der Rechtssache
***1***-***2*** ***3*** ./. Finanzamt Österreich legen wir namens und im Auftrag der Antragstellerin Säumnisbeschwerde zum Bundesfinanzgericht wegen Verletzung der Entscheidungspflicht ein
Begründung:
Mit Anschreiben vom wurde für die Antragstellerin Familienbeihilfe/ Aussgleichsz-und /oder Differenzzahlung unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen bei dem Finanzamt Österreich gestellt.
Anlage: Anschreiben vom
Bis heute erfolgte keine Rückäußerung zu dem gestellten Antrag.
Seit der Einreichung des Antrags vom sind mehr als sechs Monate vergangen, so dass die Behörde die Verpflichtung zur Entscheidung verletzt hat.
Die Säumnisbeschwerde ist damit gem.: § 284 Abs. 1 BAO zulässig und begründet.
Aufgrund der dadurch eingetretenen Säumnis des Finanzamtes Österreich wird der Antrag gestellt, das Bundesfinanzgericht möge über den Antrag vom in der Sache entscheiden. Sollte das Bundesfinanzgereicht für die Entscheidung die eingereichten Unterlagen nicht beim Finanzamt Österreich anfordern können, sind wir gerne bereit die Unterlagen nachzureichen.
Sollten noch Ergänzungen zum Antrag vom notwendig sein, bitten wir um entsprechenden Hinweis.
UnionTAX & LAW ist zur Vertretung vor österreichischen Behörden gemäß der Artikel 56 ff. AEUV vollumfänglich berechtigt ().
Das Schreiben ist von der im Spruch genannten Rechtsanwältin unterfertigt. Beigefügt war ein Schreiben vom an das Finanzamt Österreich, 1000 Wien, Postfach 260, wonach die Bf durch ihre rechtsfreundliche Vertretung "Ausgleichs,- und/oder Differenzzahlung, Familienbeihilfe unter Einbezug der Coronahärteleistungen" beantragt. Die Bf sei von bis beschäftigt gewesen. Laut dem Schreiben wurde vorgelegt:
Vollmachten und Bankverbindung
Gehaltsabrechnungen 08-11/2021
Formular Beih38
E 401 blanko, um Einholung bei der rumänischen Behörde wird ersucht, sowie Ersatzerklärung
E 411 blanko, um Einholung bei der rumänischen Behörde wird ersucht
Schulbescheinigung
Heiratsurkunde und Geburtsurkunden, Identitätsnachweis
FABIAN
Im elektronischen Beihilfeprogramm FABIANerfasst worden ist:
Weitere Ein- oder Ausgänge sind nicht vorhanden.
Die Bf wurde mit dem Vornamen ***9*** erfasst, es ergibt sich allerdings sich aus der Identitätskarte, dass der Vorname ***1***-***2*** lautet. Sozialversicherungsnummer: ***7***. Der Eingang vom betrifft das Schreiben der rechtsfreundlichen Vertretung vom samt Beilagen.
Laut dem beigefügten und unterschriebenen Formular Beih 38 ist die Bf ***1***-***2*** ***3*** rumänische Staatsbürgerin, wohnhaft ***4*** ***5***, ***6***, Rumänien. Der Ehegatte ***10*** ***3*** hat eine Verzichtserklärung nach § 2a FLAG 1967 abgegeben. Die Bf habe bei einem näher angegebenen österreichischen Arbeitgeber von 20.8.2921 bis gearbeitet. Von bis habe die Bf rumänische Familienleistungen von RON 214,00 erhalten. Beantragt werde Differenzzahlung für den Zeitraum bis für:
- die im April 2012 geborene haushaltszugehörige ***17***-***18*** ***3***, Schülerin,
- den im Februar 2004 geborenen haushaltszugehörigen ***11***-***12*** ***3***, Student.
Beigefügt war die Seite 1 eines Formulars E 411, eine Schulbesuchsbestätigung, eine Universitätsbesuchsbestätigung, ein Studentenausweis, Heiratsurkunde, Geburtsurkunden, Identitätskarten der Eltern, eine Familienstandsbescheinigung für die Gewährung von Kindergeld, wonach die Kinder mit den Eltern im gemeinsamen Haushalt wohnen, eine Erklärung der Bf über bezogene Familienleistungen in Rumänien (monatlich 214 RON für jedes Kind), Vollmacht für die einschreitende Rechtsanwältin, Vollmacht zur Zahlungsabwicklung durch UnionTAX International Swiss, "Mitteilung über den Zahlungsweg für Lohnsteuer/Kindergeld" (Bekanntgabe eines Kontos der UnionTAX International Swiss zur Auszahlung der Familienleistungen), Gehaltsabrechnungen der Bf (Vorname ***9***) als Aushilfe für August, September, Oktober und November 2021.
Rechtsgrundlagen
§§ 284, 285 BAO lauten:
21. Säumnisbeschwerde
§ 284. (1) Wegen Verletzung der Entscheidungspflicht kann die Partei Beschwerde (Säumnisbeschwerde) beim Verwaltungsgericht erheben, wenn ihr Bescheide der Abgabenbehörden nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen oder nach dem Eintritt zur Verpflichtung zu ihrer amtswegigen Erlassung bekanntgegeben (§ 97) werden. Hiezu ist jede Partei befugt, der gegenüber der Bescheid zu ergehen hat.
(2) Das Verwaltungsgericht hat der Abgabenbehörde aufzutragen, innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten ab Einlangen der Säumnisbeschwerde zu entscheiden und gegebenenfalls eine Abschrift des Bescheides vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht oder nicht mehr vorliegt. Die Frist kann einmal verlängert werden, wenn die Abgabenbehörde das Vorliegen von in der Sache gelegenen Gründen nachzuweisen vermag, die eine fristgerechte Entscheidung unmöglich machen. Wird der Bescheid erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, so ist das Verfahren einzustellen.
(3) Die Zuständigkeit zur Entscheidung geht erst dann auf das Verwaltungsgericht über, wenn die Frist (Abs. 2) abgelaufen ist oder wenn die Abgabenbehörde vor Ablauf der Frist mitteilt, dass keine Verletzung der Entscheidungspflicht vorliegt.
(4) Säumnisbeschwerden sind mit Erkenntnis abzuweisen, wenn die Verspätung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Abgabenbehörde zurückzuführen ist.
(5) Das Verwaltungsgericht kann sein Erkenntnis vorerst auf die Entscheidung einzelner maßgeblicher Rechtsfragen beschränken und der Abgabenbehörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung binnen bestimmter, acht Wochen nicht übersteigender Frist zu erlassen. Kommt die Abgabenbehörde dem Auftrag nicht nach, so entscheidet das Verwaltungsgericht über die Beschwerde durch Erkenntnis in der Sache selbst.
(6) Partei im Beschwerdeverfahren ist auch die Abgabenbehörde, deren Säumnis geltend gemacht wird.
(7) Sinngemäß sind anzuwenden:
a) § 256 Abs. 1 und 3 (Zurücknahme der Beschwerde),
b) § 260 Abs. 1 lit. a (Unzulässigkeit),
c) § 265 Abs. 6 (Verständigungspflichten),
d) § 266 (Vorlage der Akten),
e) § 268 (Ablehnung wegen Befangenheit oder Wettbewerbsgefährdung),
f) § 269 (Obliegenheiten und Befugnisse, Ermittlungen, Erörterungstermin),
g) §§ 272 bis 277 (Verfahren),
h) § 280 (Inhalt des Erkenntnisses oder des Beschlusses).
§ 285. (1) Die Säumnisbeschwerde hat zu enthalten:
a) die Bezeichnung der säumigen Abgabenbehörde;
b) die Darstellung des Inhaltes des unerledigten Antrages bzw. der Angelegenheit, in der eine Verpflichtung zur amtswegigen Erlassung eines Bescheides besteht;
c) die Angaben, die zur Beurteilung des Ablaufes der Frist des § 284 Abs. 1 notwendig sind.
(2) Die Frist des § 284 Abs. 2 wird durch einen Mängelbehebungsauftrag (§ 85 Abs. 2) gehemmt. Die Hemmung beginnt mit dem Tag der Zustellung des Mängelbehebungsauftrages und endet mit Ablauf der Mängelbehebungsfrist oder mit dem früheren Tag des Einlangens der Mängelbehebung beim Verwaltungsgericht.
Säumnisbeschwerde
Die Säumnisbeschwerde wurde nach Ablauf der sechsmonatigen Frist des § 284 Abs. 1 BAO, die mit der Einbringung des Antrags am begonnen hat, am beim Bundesfinanzgericht eingebracht.
Auftrag an die belangte Behörde
Dem Finanzamt Österreich ist daher gemäß § 284 Abs. 2 BAO aufzutragen, bis zu entscheiden und entweder mitzuteilen, dass für den Zeitraum August bis November 2021 der Unterschiedsbetrag zu Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag ausbezahlt wurde, und dies durch Vorlage einer Abschrift der Mitteilung gemäß § 12 Abs. 1 FLAG 1967 oder eines Zahlungsbelegs glaubhaft zu machen, oder, wenn gemäß § 13 FLAG 1967 ein Bescheid erlassen wurde, eine Abschrift des Bescheides (samt Zustellnachweis) vorzulegen, oder schließlich (unter Vorlage entsprechender Beweismittel) anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht oder nicht mehr vorliegt.
Die gesetzte Frist ist dem voraussichtlichen Aufwand und der bisher verstrichenen Zeit angemessen.
Zur Nachricht
(Belehrung gemäß § 280 Abs. 4 BAO)
Gegen diesen verfahrensleitenden Beschluss ist eine abgesonderte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (§ 88a Abs. 3 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 - VfGG) oder eine abgesonderte Revision an den Verwaltungsgerichtshof (§ 25a Abs. 3 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG) nicht zulässig.
Die vom Gericht festgesetzte Frist kann gemäß § 2a BAO i.V.m. § 110 Abs. 2 BAO über rechtzeitigen begründeten Antrag verlängert werden.
II. Information durch das Finanzamt vom
Am übermittelte das Finanzamt Österreich dem Bundesfinanzgericht eine an die Bf zu Handen ihrer rechtsfreundlichen Vertretung ergangenen Mitteilung über den Bezug der Ausgleichszahlung vom zum Ordnungsbegriff ***16***:
Mitteilung über den Bezug der Ausgleichszahlung
Wir haben Ihren Anspruch auf Ausgleichszahlung überprüft und können Ihnen diesen im folgenden Umfang gewähren (Verordnung (EG) Nr. 883/2004 in Verbindung mit der Durchführungsverordnung (EG) Nr. 987/2009):
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Name des Kindes | Geb.dat. | Zeitraum | Wohnstaat |
***3*** ***17***- ***18*** | ***13*** | Aug. 2021 - Nov. 2021 | Rumänien |
***3*** ***11***- ***12*** | ***14*** | Aug. 2021 - Nov. 2021 | Rumänien |
Die Höhe der Ausgleichszahlung ist die Differenz der österreichischen Familienbeihilfe inkl. Kinderabsetzbetrag zur ausländischen Familienleistung.
Informationen zu den derzeit gültigen Familienbeihilfenbeträgen finden Sie auf der Homepage des Bundeskanzleramtes unter bka.gv.at.
Erhalten Sie die ausländische Familienleistung nicht in Euro, kann es bei der Umrechnung auf Grund von monatlichen Kursschwankungen zu geringfügig unterschiedlichen Monatsbeträgen bei der Ausgleichszahlung kommen.
Wir werden Ihre noch nicht ausbezahlten Ansprüche auf folgendes Konto überweisen:
IBAN: ***15***
Eine eventuell zustehende Nachzahlung erhalten Sie bereits in den nächsten Tagen.
Bitte teilen Sie uns Tatsachen, die bewirken können, dass Ihre Ansprüche erlöschen und Änderungen der in Ihrem Antrag angeführten Daten auch im eigenen Interesse umgehend mit.
Sie vermeiden so Rückforderungen, wenn Ihr Kind z. B. die Berufsausbildung beendet oder eigene Einkünfte hat.
FABIAN
Aus dem elektronischen Familienbeihilfeprogramm FABIAN ergibt sich, dass der Bf am ein Betrag von € 1.330,54 angewiesen wurde:
Für beide Kinder wurden jeweils folgende Ansprüche ermittelt:
III. Klaglosstellung
Wird der Bescheid, dessen Erlassung mit Säumnisbeschwerde begehrt wird, erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, ist das Verfahren über die Säumnisbeschwerde gemäß § 284 Abs. 2 letzter Satz BAO i.d.F. 2. AbgÄG 2014 einzustellen (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 13 Rz 236). Gleiches gilt sinngemäß, wenn wie hier im Familienbeihilfenverfahren bei Stattgabe eines Antrags gemäß § 11 FLAG 1967 die Familienbeihilfe formlos auszuzahlen und eine Mitteilung gemäß § 12 FLAG 1967 zuzusenden, aber gemäß § 13 FLAG 1967 kein Bescheid zu erlassen ist. Auch in diesem Fall ist der Antragsteller i.S.d. § 284 Abs. 2 letzter Satz BAO i.d.F. 2. AbgÄG 2014 klaglos gestellt. Auch ein Abweisungsbescheid (§ 13 FLAG 1967) oder ein Zurückweisungsbescheid beendet die Säumnis der Behörde.
Das Finanzamt hat den Antrag vom auf "Ausgleichs-und/oder Differenzzahlung /Familienbeihilfe" durch Auszahlung eines Betrags von € 1.330,54 am unter Zugrundelegung der Angaben der Bf in diesem Antrag innerhalb der mit Beschluss vom gesetzten Frist erledigt.
Damit liegt eine Säumnis des Finanzamts nicht mehr vor.
Das Verfahren betreffend die Säumnisbeschwerde vom ist daher gemäß § 284 Abs. 2 BAO letzter Satz einzustellen. Im Übrigen wird auf die Ausführungen im Beschluss vom verwiesen.
IV. Nichtzulassung der Revision
Gemäß Art. 133 Abs. 9 B-VG i. V. m. Art. 133 Abs. 4 B-VG und § 25a Abs. 1 VwGG ist gegen diese Entscheidung eine Revision unzulässig. Es handelt sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, die Rechtsfolge ergibt sich aus dem Gesetz.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 284 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 284 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 285 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 12 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 13 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RS.7100078.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at