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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.07.2024, RV/2100417/2024

Mangelnde Antragslegitimation bei Überlassung der Verlassenschaft gem. § 153 AußStrG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Zurückweisung eines Antrages 2022 Steuernummer 123 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Mutter des Steuerpflichtige, Frau A, verstarb am TT. Juni 2022.

Am langte beim Finanzamt Österreich der Beschluss des Bezirksgerichtes Feldbach (GZ XY) betreffend die Verlassenschaftssache ein. Eine Verlassenschaftsabhandlung unterblieb aufgrund geringfügiger Vermögenwerte gemäß § 153 AußStrG.

Mit Eingabe vom stellte der Sohn, Herr ***Bf1*** (= Beschwerdeführer), für die Verlassenschaft nach A einen Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2022. Die Erklärung wurde vom Sohn der Verstorbenen unterzeichnet.

Mit dem an den Sohn adressierten Bescheid vom wurde der Antrag mangels Legitimation im Sinne des § 19 Abs. 1 BAO als unzulässig zurückgewiesen.

Dagegen erhob der Sohn der Verstorbenen mit Eingabe vom Beschwerde und verwies auf die im Beschluss vom durch das Bezirksgericht erteilte Berechtigung zum Verlassenschaftsvermögen gehörende Rechte geltend zu machen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde abgewiesen. Ergänzend wies das Finanzamt darauf hin, dass der Übergang von Rechten und Pflichten im Abgabenrecht gemäß § 19 Abs. 1 BAO ausschließlich im Falle einer Gesamtrechtsnachfolge stattfinde. Dies beziehe sich auf sämtliche verfahrensrechtliche Positionen, wie etwa das Einbringen einer Abgabenerklärung.

Mit Schreiben vom brachte der Bf. eine Vorlageerinnerung beim Bundesfinanzgericht ein.
Nach Aufforderung durch das Gericht wurde mit die Vorlage durch das Finanzamt durchgeführt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer, Sohn der verstorbenen Frau A, brachte am eine von ihm unterfertigte Steuererklärung (L1) für das Jahr 2022 betreffend StNr *** "Verlass nach A" beim Finanzamt Österreich ein. Die Bestellung des Bf. zum Verlassenschaftskurators für die Einbringung der Steuerklärung 2022 betreffend des Verlasses nach A ist nicht erfolgt.

Frau A war am TT. Juni 2022 verstorben. Aufgrund des Beschlusses des BG Feldbach zu GZ XY war eine Verlassenschaftsabhandlung aufgrund geringfügiger Vermögenwerte gem. § 153 AußStrG unterblieben.

Daher erfolgte keine Einantwortung und gibt es keine Erben nach der Verstorbenen. Dem Bf. wurde - als Einzelrechtsnachfolger - mit oa Beschluss die Ermächtigung erteilt gem. § 153 Abs. 2 AußStrG u.a. über das Guthaben in Höhe von 220 Euro beim Finanzamt Österreich unter der StNr *** zu verfügen. Dieses Guthaben resultierte aus den zum Todeszeitpunkt bereits erledigten Einkommensteuerveranlagungen 2017 und 2019. Die Rückzahlung dieses Betrages an den Beschwerdeführer erfolgte bereits am .

Da keine Einantwortung erfolgt ist, ist der Bf. nicht als gesetzlicher Vertreter des ruhenden Nachlasses anzusehen und somit nicht legitimiert, Steuererklärungen für die Verstorbene einzubringen.

Der Antrag auf Veranlagung wurde mangels Aktivlegitimation zurückgewiesen (Zustellung Databox).

2. Beweiswürdigung

Dass der Bf. die Steuererklärung für den Verlass nach A nach deren Tod eingebracht hat, ist aktenkundig.

Dem Beschluss des Bezirksgerichtes vom ist zu entnehmen, dass die Verlassenschaft nach A gem. § 153 AußStrG mangels EUR 5000 übersteigender Vermögenswerte abgetan. Dem Sohn wurden die Aktiva zur Begleichung der Kosten (Begräbnis, Notar, Kostenbeitrag StKAG) überlassen.

Weiters wurde darin bestimmt, dass dem Bf. gemäß § 153 Abs. 2 AußStrG die Ermächtigung erteilt wurde, zum Verlassenschaftsvermögen gehörende Rechte geltend zu machen.

Eine Einantwortung hat nicht stattgefunden und gibt es somit keinen Gesamtrechtsnachfolger.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Nach § 19 Abs. 1 BAO gehen bei einer Gesamtrechtsnachfolge die sich aus den Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über.

Gemäß § 41 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 hat das Finanzamt auf Antrag des Steuerpflichtigen eine Veranlagung vorzunehmen, wenn der Antrag innerhalb von fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraumes gestellt wird.

Einen solchen Antrag kann nur der Steuerpflichtige selbst, ein in der BAO vorgesehener Vertreter oder der Gesamtrechtsnachfolger stellen ().

Abgabepflichtiger - im Bereich des Steuerrechtes wird auch vom Steuerpflichtigen gesprochen - im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, wer nach den Abgabenvorschriften als Abgabenschuldner in Betracht kommt (§ 77 Abs. 1 BAO).

Gemäß § 153 AußStrG unterbleibt die Abhandlung, wenn Aktiven der Verlassenschaft nicht vorhanden sind oder den Wert von 5.000 Euro nicht übersteigen, sofern kein Antrag auf Fortsetzung des Verlassenschaftsverfahrens gestellt wird.

Wird die Verlassenschaft armutshalber abgetan (§ 153 AußStrG) oder wird das Nachlassvermögen an Zahlungs statt überlassen (§ 154 AußStrG), kommt es nicht zur Einantwortung eines Erben und zu keiner Gesamtrechtsnachfolge des Erben, sondern zur Einzelrechtsnachfolge (). Allfällige abgabenrechtliche Verpflichtungen oder Ansprüche des Erblassers können diesfalls nicht im Wege des § 19 BAO übergehen (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 19, Anm. 9, Stand , rdb.at).

Nach herrschender Lehre und Judikatur bleibt in Fällen des § 153 AußStrG der ruhende Nachlass, der als juristische Person einer Vertretung bedarf, auch bei Erteilung einer Ermächtigung im Sinne des Abs. 2 leg. cit. bestehen ().

Ohne einen Vertreter ist die Verlassenschaft nicht handlungs- und prozessfähig und sind an sie zugestellte Bescheide unwirksam. Als Vertreter der Verlassenschaft kommen ein Bevollmächtigter (z.B. ein Steuerberater), den die verstorbene Person bereits zu Lebzeiten bestellt haben und ihm über den Tod hinaus eine Vertretungsvollmacht eingeräumt haben muss, oder ein vom Verlassenschaftsgericht bestellter Verlassenschaftskurator, nicht aber ein Einzelrechtsnachfolger in Betracht.

Ein Anbringen wie z.B. eine Abgabenerklärung kann daher nur durch einen der genannten Vertreter eingereicht werden.

4. Erwägungen

Kommt es nicht zur Einantwortung eines Erben liegt keine Gesamtrechtsnachfolge des Erben, sondern nur eine Einzelrechtsnachfolge vor (vgl. , zu einer Vorgängerbestimmung).

Auch die Ermächtigung gemäß § 153 Abs. 2 AußerStrG führt zu keiner Gesamtrechtnachfolge (vgl. Winkler in Schneider/Verwejen, AußStrG, § 153 Rn 13; Sailer in Gitschthaler/Höllwerth, AußerStreitG I2, § 153 Rn 9 sowie ; so auch ; ). Nach herrschender Lehre und Judikatur bleibt in Fällen des § 153 AußStrG der ruhende Nachlass bestehen, auch wenn eine Ermächtigung im Sinne des Abs. 2 leg. cit. erteilt wurde (vgl. ; , 6 Ob 716/85 zur Vorgängerbestimmung; Schneider/Verwejen, AußStrG, § 153 Rn 9; Obermaier, ÖJZ 2008, 127; jeweils mwN).

Da im gegenständlichen Fall keine Einantwortung erfolgt ist sowie auch keine Bestellung des Bf. als Verlassenschaftskurators zur Einreichung einer den Verlass betreffenden Steuererklärung, kommt dem Bf. keine Antragslegitimation zu. Der Beschwerdeführer ist nicht der gesetzliche Vertreter des ruhenden Nachlasses. Er verfügt auch nicht über eine Zustellbevollmächtigung für den ruhenden Nachlass.

Insofern konnte dem Beschwerdebegehren kein Erfolg beschieden sein und war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

4.1. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar aus dem Gesetz und der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, diese schlichte Rechtsanwendung berührt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Die ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 19 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 153 AußStrG, Außerstreitgesetz, BGBl. I Nr. 111/2003
§ 153 Abs. 2 AußStrG, Außerstreitgesetz, BGBl. I Nr. 111/2003
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.2100417.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at