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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.07.2024, RV/5100469/2023

Nachversteuerung von pauschal besteuertem Krankengeld nach § 69 Abs. 2 iVm § 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 im Zuge der Veranlagung.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Beschwerdevorentscheidung vom abgeändert. Hinsichtlich der Bemessungsgrundlage und der Höhe der Einkommensteuer 2020 wird auf die Beschwerdevorentscheidung vom (siehe Beilage) verwiesen, welche insoweit einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses bildet.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (in der Folge: "Bf.") bezog im Veranlagungsjahr 2020 zeitweise Krankengeld in Verbindung mit seiner unselbständigen Beschäftigung. Die Besteuerung des Krankengeldes erfolgte im Zuge der Auszahlung vorläufig und pauschal gemäß § 69 Abs. 2 EStG 1988.

Mit dem Einkommensteuerbescheid 2020 vom erfolgte eine erklärungskonforme Veranlagung. Dabei ergab sich eine Nachforderung von EUR 355,00. Die bei der Veranlagung berechnete Einkommensteuer überstieg die im Wege der Lohnverrechnung zuvor einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer. Nach Einbringung der Beschwerde vom , welche lediglich das Pendlerpauschale und den Pendlereuro behandelte, wurden Pendlerpauschale und Pendlereuro mit der Beschwerdevorentscheidung vom beschwerdegemäß abgeändert, womit sich nunmehr eine Nachforderung von EUR 168,00 (anstatt der vorhin erwähnten EUR 355,00) ergab. Im Vorlageantrag vom äußerte der Beschwerdeführer lediglich Unverständnis über die trotz Stattgabe in Sachen Pendlerpauschale und Pendlereuro sich ergebende Nachforderung.

Im Zuge der Begründung der Beschwerdevorentscheidung vom betreffend das Veranlagungsjahr 2021 wurde seitens der belangten Behörde auch deren Grund für die Nachforderung betreffend das Veranlagungsjahr 2021 genannt ("Bei Erhalt von Krankengeld von einem gesetzlichen Krankensozialversicherungsträger wird von den Versicherungsträgern 20 % Lohnsteuer einbehalten, soweit diese Bezüge 30 Euro täglich übersteigen. Bei dieser pauschalen Lohnsteuerberechnung handelt es sich nur um eine vorläufige Versteuerung. Im Rahmen einer Pflichtveranlagung wird die Steuer neu durchgerechnet und es kann zu einer Nachzahlung kommen.").

Erst durch Zusendung des Vorlageberichts der belangten Behörde betreffend die gemeinsame Beschwerdevorlage der Veranlagungsjahre 2020 und 2021 vom an das Bundesfinanzgericht teile diese dem Beschwerdeführer nun auch betreffend das Veranlagungsjahr 2020 mit umfassender, näherer Begründung mit, dass sich die Nachforderung aufgrund einer Nachversteuerung von bislang pauschal versteuertem Krankengeld ergäbe:

"Gem. § 69 Abs. 2 EStG 1988 sind bei Auszahlung von Bezügen aus einer gesetzlichen Kranken- oder Unfallversorgung 20% Lohnsteuer einzubehalten, soweit diese Bezüge 30 Euro täglich übersteigen. Es handelt sich dabei um eine vorläufige Steuer. Krankengeld unterliegt jedoch dem ganz normalen Tarif nach § 33 EStG 1988. Eine korrekte (endgültige) Versteuerung kann erst vorgenommen werden, wenn das Gesamteinkommen aufliegt, also nach Ablauf des Kalenderjahres. Zur Berücksichtigung dieser Bezüge im Veranlagungsverfahren haben die Versicherungsträger bis zum 31. Jänner des folgenden Kalenderjahres einen Lohnzettel (§ 84) auszustellen und an ihr Finanzamt zu übermitteln. Das ist in beiden Streitjahren geschehen. Der Bezug von Krankengeld löst einen Pflichtveranlagungstatbestand nach § 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 aus. Nur so ist eine korrekte (endgültige) Versteuerung gewährleistet. Sieht man sich die entsprechenden Lohnzettel an, so erkennt man, dass 2020 für 476,44 € Krankengeld lediglich 3,96 € und 2021 für 1.005,81 € nur 12,68 € vorläufige Steuern einbehalten wurden. Dies erfolgte rechtskonform aufgrund der Bestimmung des § 69 Abs. 2 EStG 1988. Den angefochtenen Bescheiden ist aufgrund des Gesamteinkommens allerdings ein Grenzsteuersatz von 35 % zu entnehmen. Damit wird deutlich, dass die Veranlagung aufgrund des Krankengeldbezuges eine Nachforderung zur Folge haben muss. Eine Beschwerde kann nicht damit begründet werden, dass man einen Berechnungsmodus nicht verstehe. Auch die persönlichen Verhältnisse können einer Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen; dies stünde der Gleichmäßigkeit der Besteuerung entgegen. Es obliegt auch nicht dem Finanzamt, jedes Ergebnis einer Veranlagung vollständig, wie offenbar vermeint, "aufzuklären". Das Finanzamt wird nicht beratend tätig, dafürgibt es den Berufsstand der Steuerberatung. Kostenlose Unterstützung bietet zudem die Arbeiterkammer an. Die Beschwerden lassen völlig offen, in welchen Punkten die Bescheide angefochten sowie welche Änderungen beantragt werden. Es fehlt auch eine Begründung, warum die Nachforderungen falsch seien. Nur weil umgekehrt eine Begründung der Behörde als nicht zufriedenstellend empfunden wird, ist der Bescheid nicht unrichtig.

Es steht dem Beschwerdeführer (auch nach Vorlage) frei, sich mit der Materie anhand der hier angeführten Bestimmungen noch einmal auseinanderzusetzen und gegebenenfalls die Beschwerden (Vorlageanträge) zurückzunehmen, um ein unnötiges langwieriges Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht (BFG) hintanzuhalten. Das BFG wird andernfalls nur abweisen können."

Mit Beschluss vom , zugestellt am , wurden dem Beschwerdeführer Parteiengehör und die Möglichkeit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung des Beschlusses eingeräumt. Zu diesem Beschluss äußerte sich der Beschwerdeführer bislang bis Fristablauf und auch bis dato nicht.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer bezog im Veranlagungsjahr 2020 zeitweise Krankengeld in Verbindung mit seiner unselbständigen Beschäftigung im Landesdienst. Zwei entsprechende Lohnzettel wurden ausgestellt. Die Besteuerung des Krankengeldes erfolgte im Zuge der Auszahlung vorläufig und pauschal gemäß § 69 Abs. 2 EStG 1988. Im Zuge der Veranlagung der Einkommensteuer 2020 nahm das Finanzamt gemäß § 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 eine Nachversteuerung der Krankengeldbezüge vor, welche eine Nachforderung zur Folge hatte, welche nunmehr vom Bf. bekämpft wird.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ist - soweit entscheidungsrelevant - unstrittig, ergibt sich aus dem Akteninhalt und stützt sich auf die Angaben des Bf. sowie auf die dem Gericht vorgelegten Unterlagen der belangten Behörde. Strittig war zuletzt lediglich die (Rechts-)Frage, ob die vom Finanzamt vorgenommene Nachforderung, welche sich aus einer Nachversteuerung von Krankengeld ergibt, zulässig war.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Rechtslage

§ 25 Abs. 1 EStG 1988 (Einkommensteuergesetz) in der für die Veranlagung 2020 geltenden Fassung BGBl. I Nr. 103/2019 lautet:

"Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) sind:

a) Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis. Dazu zählen auch Pensionszusagen, wenn sie ganz oder teilweise anstelle des bisher gezahlten Arbeitslohns oder der Lohnerhöhungen, auf die jeweils ein Anspruch besteht, gewährt werden, ausgenommen eine lohngestaltende Vorschrift im Sinne des § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6 sieht dies vor.

b) Bezüge und Vorteile von Personen, die an Kapitalgesellschaften nicht wesentlich im Sinne des § 22 Z 2 beteiligt sind, auch dann, wenn bei einer sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2) aufweisenden Beschäftigung die Verpflichtung, den Weisungen eines anderen zu folgen, auf Grund gesellschaftsvertraglicher Sonderbestimmung fehlt.

c) Bezüge aus einer gesetzlichen Kranken- oder Unfallversorgung.

d) Bezüge aus einer ausländischen gesetzlichen Kranken- oder Unfallversorgung, die einer inländischen Kranken- oder Unfallversorgung entspricht.

e) Bezüge aus einer Kranken- oder Unfallversorgung der Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen.

Bezüge gemäß lit. c bis e, ausgenommen solche aus einer Unfallversorgung, sind nur dann Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, wenn sie auf Grund eines bestehenden oder früheren Dienstverhältnisses zufließen. In allen anderen Fällen sind diese Bezüge nach § 32 Z 1 zu erfassen."

§ 69 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988 in der Fassung BGBl. I Nr. 100/2018 lautet:

"Bei Auszahlung von Bezügen aus einer gesetzlichen Kranken- oder Unfallversorgung sowie aus einer Kranken- oder Unfallversorgung der Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. c und e, bei Auszahlung von Rehabilitationsgeld gemäß § 143a ASVG und bei Auszahlung von Wiedereingliederungsgeld gemäß § 143d ASVG sind 25% Lohnsteuer einzubehalten, soweit diese Bezüge 30 Euro täglich übersteigen. Wird ein 13. bzw. 14. Bezug zusätzlich ausgezahlt, hat ein vorläufiger Lohnsteuerabzug von diesen Bezügen zu unterbleiben. Zur Berücksichtigung dieser Bezüge im Veranlagungsverfahren haben die Versicherungsträger bis zum 31. Jänner des folgenden Kalenderjahres einen Lohnzettel (§ 84) auszustellen und an das Finanzamt der Betriebsstätte zu übermitteln. In diesem Lohnzettel ist ein Siebentel gesondert als sonstiger Bezug gemäß § 67 Abs. 1 auszuweisen."

§ 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 62/2018 lautet samt Überschrift:

"Veranlagung von lohnsteuerpflichtigen Einkünften

§41. (1) Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, so ist der Steuerpflichtige zu veranlagen, wenn

1. (…)

2. (…)

3. im Kalenderjahr Bezüge gemäß § 69 Abs. 2, 3, 5, 6, 7, 8 oder 9 zugeflossen sind,"

3.2. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Der Beschwerdeführer bekämpfte zunächst die Höhe des (erklärungsgemäß) veranlagten, aber offenbar irrtümlich vom Bf. fehlerhaft erklärten Pendlerpauschales. Nachdem dieses jedoch mit der Beschwerdevorentscheidung beschwerdegemäß korrigiert wurde, war lediglich noch strittig, ob es zu einer Nachzahlung kommen dürfe, obwohl grundsätzlich erklärungsgemäß veranlagt wurde. Die Nachzahlung hat ihren Grund, wie die belangte Behörde auführlich im Vorlagebericht ausführte, in der Tatsache, dass der Bf. neben lohnsteuerpflichtigen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit auch Krankengeld bezog, welches aufgrund der Regelung des § 69 Abs. 2 EStG 1988 korrekterweise lediglich einer pauschalen (und im konkreten Fall zunächst niedrigerer) Besteuerung unterzogen wurde, als es aufgrund des Gesamteinkommens des Bf., welches erst mit Vorliegen der Jahreseinkünfte feststeht, im Ergebnis erforderlich und auch gemäß dem Stufentarif nach § 33 EStG 1988 vorgesehen ist. Aus diesem Grund normiert § 41 Abs. 1 Ziffer 3 EStG 1988 für derartige Sachverhaltskonstellationen einen Pflichtveranlagungstatbestand, sodass es nicht im Belieben des Steuerpflichtigen steht, diese Korrektur der Besteuerung dadurch zu verhindern, keine Arbeitnehmerveranlagung zu beantragen.

Auf die auch höchstgerichtlich durch den Verwaltungsgerichtshof bestätigte Rechtsprechung, dass im Falle des Bezuges von Krankengeld ein Pflichtveranlagungstatbestand gegeben ist und es zu einer Nachversteuerung des bislang mit einem pauschalen Steuersatz besteuerten Krankengeldbezuges kommt (; ; ; ), wird an dieser Stelle hingewiesen. Verfassungsrechtliche Bedenken ergeben sind in diesem Zusammenhang nicht, vielmehr dient die Nachversteuerung gerade der Sicherstellung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung.

Im Übrigen wird auf die (auch zahlenmäßig) zutreffenden Ausführungen der belangten Behörde im Vorlagebericht verwiesen.

Da sich die Nachforderung alleine aus der oben erwähnten und gesetzlich vorgeschriebenen Nachversteuerung ergibt, war die dagegen gerichtete Beschwerde insoweit als unbegründet abzuweisen. Da jedoch die Korrektur des Pendlerpauschales erst im Zuge der Beschwerdevorentscheidung im Zuge der Beschwerdebearbeitung durch die belangte Behörde erfolgte, war der Beschwerde insoweit stattzugeben, sodass der angefochtene Bescheid im Umfang der Beschwerdevorentscheidung abzuändern war und die Bemessungsgrundlagen und die festgesetzte Einkommensteuer daher der Beschwerdevorentscheidung vom zu entnehmen sind, welche insoweit einen Teil des Spruches dieses Erkenntnisses bildet.

Der Beschwerde war daher insgesamt teilweise stattzugeben.

3.3. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da hinsichtlich der zu lösenden Rechtsfragen höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliegt, von der nicht abgewichen wurde, liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine ordentliche Revision ist daher unzulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100469.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at