Verwenden eines abgelaufenen Behindertenparkausweises gemäß § 29b StVO bei anhängigen Verfahren vor dem VwGH
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Andrea Ebner in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch ***Vertreter***, ***Vertreter Adresse***, wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 51/2005, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 9/2006 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 24/2012, über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , Zahl: MA67/***7***/2023, zu Recht:
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien bestätigt.
II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG i. V. m. § 24 Abs. 1 BFGG und § 5 WAOR hat die beschwerdeführende Partei einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von € 28,00, das sind 20% der verhängten Geldstrafe, zu leisten.
III. Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG wird der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde bestimmt.
IV. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Straferkenntnis vom , Zahl: MA67/***7***/2023, hat der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, als belangte Behörde ***Bf1*** (in weiterer Folge: Beschwerdeführer) angelastet, er habe die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt in dem er das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** am um 11:39 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1180 Wien, ***6***, abgestellt habe, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben. Im Fahrzeug habe sich lediglich der seit nicht mehr gültige Ausweis gemäß § 29b StVO 1960 mit der Nummer ***8*** befunden. Dadurch habe der Beschwerdeführer die Rechtsvorschrift des § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, in der geltenden Fassung, verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung werde über den Beschwerdeführer gemäß § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von € 140,00 sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag und 9 Stunden verhängt. Ferner habe der Beschwerdeführer gemäß § 64 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG einen Betrag von € 14,00, das seien 10% der Strafe, als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen. Der zu zahlende Gesamtbetrag betrage daher € 154,00.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der im Fahrzeug befindliche Ausweis gemäß § 29b StVO mit der Nummer ***8*** seit , und damit im Beanstandungszeitpunkt nicht mehr gültig gewesen sei. Beweis sei durch Einsichtnahme in die Anzeige, die von einem Parkraumüberwachungsorgan der Landespolizeidirektion Wien auf Grund einer eigenen dienstlichen Wahrnehmung gelegt worden sei, in die, von diesem angefertigten Fotos sowie in die Lenkerauskunft erhoben worden. Die Übertretung sei mittels beeinspruchter Strafverfügung angelastet worden, wobei der Parteienvertreter ausgeführt habe, der Beschwerdeführer sei dauerbehindert und ein Verlängerungsansuchen bei den Höchstgerichten anhängig. Eine Anfrage beim Sozialministeriumservice habe ergeben, dass beim Beschwerdeführer die Voraussetzungen für einen Parkausweis nicht mehr vorliegen würden und kein offenes Verfahren auf Ausstellung eines Parkausweises anhängig sei. Die belangte Behörde zitierte wie folgt aus der Strafverfügung vom und führt aus, dass die Tatanlastung hinsichtlich des Tatbestandes im Straferkenntnis geändert worden sei:
"Sie haben das mehrspurige Kraftfahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parknachweis (Parkschein, Tages- oder Wochenpauschalkarte) gesorgt zu haben, da sich im Fahrzeug lediglich der Ausweis gemäß § 29b StVO 1960 mit der Nr. ***8*** befand, der seit ungültig ist. Demnach wurde die Befreiung von der Entrichtung der Parkometerabgabe vorgetäuscht, und haben Sie die Parkometerabgabe hinterzogen."
Im Beschwerdefall sei sowohl die Lenkereigenschaft, als auch, dass das gegenständliche Fahrzeug zum Tatzeitpunkt an der in Rede stehenden Örtlichkeit abgestellt gewesen sei, unbestritten geblieben. Aus § 6 der Parkometerabgabeverordnung ergebe sich, dass die Kennzeichnung mit dem Ausweis im Original zu erfolgen hat, die Anbringung eines ungültigen Ausweises erfülle die Befreiungsvoraussetzungen nicht und falle daher gemäß § 29b StVO nicht unter die Ausnahmebestimmung. Im Zuge des Verfahrens seien keine Tatsachen oder Umstände hervorgekommen, die zu dessen Einstellung führen könnten. Ein Rechtfertigungsgrund liege gegenständlich nicht vor. Es werde somit der Sachverhalt als erwiesen angenommen. Jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstelle, müsse bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten (§ 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung). Dieser Verpflichtung sei der Beschwerdeführer nicht nachgekommen und habe somit die Parkometerabgabe verkürzt. Es seien sowohl die objektiven, als auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben. Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder verkürzt werde, seien als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu € 365,00 zu bestrafen (§ 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006). Grundlage für die Bemessung der Strafe sei gemäß § 19 VStG die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Jedes Verkürzen der Parkometerabgabe, d.h. jedes Abstellen eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone, ohne dass hierfür die nach der Parkometerabgabeverordnung vorgeschriebene Parkometerabgabe durch einen ordnungsgemäß entwerteten Parkschein entrichtet werde, schädige in nicht unerheblichem Maße sowohl das öffentliche Interesse an der Entrichtung von Abgaben, als auch an der Erleichterung des innerstädtischen Verkehrs und an der Rationierung des in Wien vorhandenen Parkraumes, dem die Strafdrohung diene. Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung sei im Hinblick auf den Sachverhalt nicht gering. Dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, sei nicht anzunehmen. Das Verschulden könne nicht als geringfügig angesehen werden. Bei der Strafbemessung seien Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten, soweit bekannt, berücksichtigt worden. Zudem sei auf eventuell vorhandene verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen Bedacht genommen worden. Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis zu € 365,00 reichenden Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden sei die verhängte Geldstrafe selbst bei Annahme von ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen, durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal Milderungsgründe nicht hervorgetreten seien.
Gegen das Straferkenntnis richtete sich die auszugsweise wie folgt lautende vom Vertreter des Beschwerdeführers eingebrachte Beschwerde vom :
"1. Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung wird abgelehnt. Es wird die sofortige Vorlage an das Beschwerdegericht beantragt.
2. Der Magistrat MA 67 führt in der Begründung der Erlassung des Straferkenntnisses für die Strafwürdigkeit im wesentlichen nur aus, daß eine Anfrage beim Sozialministeriumservice-Landesstelle Wien ergeben habe, daß bei meinem Mandanten die Voraussetzungen für einen Parkausweis nicht mehr vorlägen und kein offenes Verfahren auf Ausstellung eines Parkausweises anhängig sei. Ansonst scheint das angefochtene Straferkenntnis einer üblichen Schimmelentscheidung zugeführt worden zu sein.
3. Vor Eingang in die nicht behandelten Beweisanträge ist auf die rechtliche Erledigung einzugehen, die hinsichtlich ihrer Art Fragen aufwirft und den Verdacht einer Schimmelerledigung bestärkt.
a) Sie schließen sich der Rechtsmeinung des Sozialministeriumservice Landesstelle Wien an, obwohl die Frage noch gar nicht erledigt ist und derzeit beim VwGH liegt. Obwohl die Rechtsmeinung dieser Stelle Fragen aufwirft, zumal gewöhnliche praktische Ärzte Gutachten über Innere Krankheiten machen, ohne dafür eine entsprechende Ausbildung zu haben und äußere körperliche Bewegungen dafür gutachtlich beurteilt werden, was den Verdacht eines Amtsmißbrauchs erweckt und jedenfalls noch bei der Staatsanwaltschaft angezeigt werden wird, wird das vom Magistrat alles für richtig beurteilt. Vorgelegte Gutachten von einschlägigen Fachärzten, die die Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels als unzumutbar erklären, weil eine große Notdurft bis zu 7 Mal am Tag besteht, wird weder vom besagten Sozialamt noch von der belangten Behörde berücksichtigt. Das ist nach wie vor hochaktuell und zweifellos ein zu berücksichtigender Schuldausschließungsgrund. Oder sind wir schon von jedem Rechtsstaat entfernt? Diese Rechtsfrage ist zweifellos auch in diesem Verfahren vom Magistrat selbständig zu beurteilen.
b) Das Sozialministeriumservice hat sich bei der Verneinung der Frage, ob ein Verfahren zur Ausstellung eines Parkausweises anhängig ist, nicht geirrt, weil es auch wissen muß, daß ein solcher Antrag bei einer anderen Behörde, dem VwGH, zur Beurteilung und Entscheidung vorliegt. Es hat einfach gelogen. Bei Nichtwissen hätte dies einfach gesagt werden müssen.
c) Und warum wurde dieses Erhebungsergebnis nicht vorgehalten? Ach ja, so eine Verpflichtung findet sich ja nicht im VStG. Offenbar braucht die MA 67 andere Normen nicht anzuwenden. Und wie ist es mit dem § 45 Abs. 3 AVG? Kennt die belangte Behörde den Art. I EGVG?
4. Die Gutachten von namhaften Fachärzten über meine körperliche Befindlichkit sind im Akt. Das Verfahren über die Ausstellung eine Parkausweises ist beim VwGH noch anhängig. […] Mein Mandant aber wollte Familie haben (er sorgt für eine Gattin, die […] ein bescheidenes Salär bezieht, und 2 Söhne im Alter von 12 und 15 Jahren)
4. Als ***5*** ist er heute in ***2***, morgen in ***4*** und übermorgen in ***3*** prüfen. Das kann bei den ganztägigen Prüfungen nur mit einem Kfz erledigt werden, da die Notdurft auch während der Hin- und Rückfahrten auftritt. […]
5. Dabei soll nicht unerwähnt bleiben, daß mein Mandant schon 2020 bei Gültigkeit des früheren Pickerls um Verlängerung oder Neuerteilung angesucht hat. Als Nichtjurist sieht er auch nicht ein, wieso Behinderte bei erwiesener unheilbarer Krankheit trotzdem nach Zeitablauf neu ansuchen müssen. Auch bei geistiger Gesundheit besteht - und das auch bei ihm, eine Zwangsneurose, den abgelaufenen Ausweis immer im Auto zu haben (vgl. dazu das beigelegte Gutachten von […]). Dieses Verfahren ist, wie bereits betont, noch nicht abgeschlossen.
6. Mein Mandant, Familienerhalter mit geringem Einkommen, bei drei Jahren und mehr Wartezeit auf Entscheidung frustriert, mit Notdurftproblemen, fallweisen Ausfällen wegen starker Schmerzen auch mit Verstopfungsproblemen, eine postulierende Zwangsneurose wie erwähnt. Er war nicht in der Lage, das - hier in Zweifel zu ziehende - Unerlaubte seines Verhaltens in diesem Zustand einzusehen und dieser Einsicht gemäß zu handeln.
Es wird daher beantragt, das Hohe Verwaltungsgericht wolle das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das Verfahren einstellen."
Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Der Verwaltungsgerichthof wies die in der Beschwerde ins Treffen geführte Revision mit Erkenntnis vom , Ro 2021/11/0008 ab. Das Bundesfinanzgericht forderte den Beschwerdeführer mit Beschluss vom zur Stellungnahme zum Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom sowie zum vorläufig angenommenen Sachverhalt auf, wonach im Beanstandungszeitpunkt der auf den Beschwerdeführer am ausgestellte, seit ungültige Parkausweis für Behinderte nach § 29b StVO (Nr. ***8***) im betreffenden Kraftfahrzeug hinterlegt gewesen sei.
In der Stellungnahme vom monierte der Beschwerdeführer, dass sich der Verwaltungsgerichtshof auf die Formalentscheidung zurückgezogen habe. Es bestehe kein Rechtsanspruch und folglich kein Antragsrecht auf Änderung oder Streichung einer eingetragenen Befristung, wenn die Voraussetzungen wegfielen oder sich änderten. Es sei daher durch den Beschwerdeführer zwischenzeitlich ein Antrag auf Neuausstellung eines Behindertenausweises gestellt worden (dieses Verfahren sei noch nicht abgeschlossen). In den weiteren Ausführungen wird zusammengefasst der unveränderte Gesundheitszustand des Beschwerdeführers - wie bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren dargestellt - dargelegt. Im Sinne des in der Europäischen Union geltenden Humanitätsprinzips sei es im Beschwerdefall geboten, Rechtssituationen, die im öffentlichen Interesse liegen würden und eine Akkordierung mit dem in der EMRK bestehenden verfassungsrechtlichen Prinzips erfordern würden, durch eine extensive Interpretation zu erweitern. Der Beruf des Beschwerdeführers sei nämlich mit dem Auto verbunden und aufgrund seines Gesundheitszustandes müsse er täglich acht und mehr Stuhlentleerungen wahrnehmen, wobei ihm für diese eine akute Ingerenzzeit von etwa ein bis drei Minuten zur Verfügung stehe. Im komme daher nur die Möglichkeit zu, verboten zu halten oder entwürdigend in die Hose zu machen. Der Beschwerdeführer habe ab Kenntnis der Entscheidung des Verwaltungsgerichthofes , Ro 2021/11/0008 betreffend den gegenständlichen Parkausweis für Behinderte nach § 29b StVO diesen nicht mehr verwendet. Bis zum Zeitpunkt der Kenntnis über die Entscheidung des Verwaltungsgerichthofes sei seine Annahme eines Bewilligungsanspruches gegeben gewesen. Er habe auch eine Sorgepflicht für seine Familie. Strafrechtlich liege aufgrund seiner Rechtfertigung ein klassischer Notstandsfall iSd § 6 VStG vor. Hilfsweise werde auch § 20 VStG geltend gemacht. Der Vorhaltbeantwortung lag ein ärztlicher Befundbericht vom bei.
Die Stellungnahme des Beschwerdeführers vom samt Beilage wurde der belangten Behörde mit Beschluss vom zur Wahrung des Parteiengehörs übermittelt. Diese erstattete keine Stellungnahme.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
1. Sachverhalt
Aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus den eigenen Wahrnehmungen des Kontrollorgans der Parkraumüberwachung, den auf dem PDA (Überprüfungsgerät) erfassten Anzeigedaten, den zur Beanstandungszeit aufgenommenen Fotos sowie auch dem Vorbringen durch den Beschwerdeführer selbst, ergibt sich folgender Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer war Lenker des mehrspurigen Kraftfahrzeugs mit dem behördlichen Kennzeichen ***1***. Dieses Fahrzeug war unwidersprochen am um 11:39 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1180 Wien, ***6***, somit in unmittelbarer Nähe zum Wohnort des Beschwerdeführers (***Bf1-Adr***), abgestellt.
Der Beschwerdeführer hat im Beanstandungszeitpunkt den auf ihn am ausgestellten, aber seit ungültigen Parkausweis für Behinderte nach § 29b StVO mit der Nr. ***8*** hinterlegt gehabt. Weder war ein ausgefüllter Papierparkschein hinterlegt, noch war ein elektronischer Parkschein aktiviert.
Der Beschwerdeführer leidet unter der chronischen Erkrankung "Morbus Crohn" (zB aktenkundiger Befundbericht vom ).
Mit Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung der Befristung seines Behindertenpasses. Mit Bescheid vom , bestätigt mit Beschwerdevorentscheidung vom , wies die belangte Behörde den als "Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung" gewerteten Antrag ab. In Stattgabe der Beschwerde des Revisionswerbers behob das Verwaltungsgericht die Beschwerdevorentscheidung mit Erkenntnis vom ersatzlos, weil der Revisionswerber keinen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung gestellt habe, sondern einen Antrag auf Aufhebung der Befristung des Behindertenpasses. Mit Bescheid vom stellte die belangte Behörde nach Einholung eines ärztlichen Gutachtens fest, dass der Beschwerdeführer mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle und dass sein "Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses" vom abzuweisen sei. Mit Erkenntnis vom hob das Verwaltungsgericht den (Ersatz)Bescheid der belangten Behörde vom ersatzlos auf und wies den Antrag des Revisionswerbers auf Aufhebung der Befristung des Behindertenpasses als unzulässig zurück. Darüber wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2021/11/0008 endgültig entscheiden ("Ein ausdrücklich und unmissverständlich [bloß] auf Aufhebung der Befristung gestellter Antrag […] erweist sich jedoch als unzulässig und ist mangels Antragslegitimation zurückzuweisen.)".
2. Beweiswürdigung
Dass der Beschwerdeführer Lenker des verfahrensgegenständlichen, mehrspurigen Kraftfahrzeuges war, ergibt sich aus der aktenkundigen Lenkererhebung. Abstellort und -zeitpunkt sind aktenkundig und unbestritten.
Aktenkundig ist die Bestätigung des Sozialministeriumservice - Landesstelle Wien, dass der Parkausweis mit der Nr. ***8*** auf den Beschwerdeführer am ausgestellt wurde, aufgrund einer Befristung mit ungültig wurde.
Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich unbestitten, dass der auf den Beschwerdeführer ausgestellte und seit ungültige Behindertenparkausweis zum Tatzeitpunkt hinterlegt war.
Dass weder ein Papierparkschein ausgefüllt noch ein elektronischer Parkschein aktiviert war, ist ebenso aktenkundig. Gegenteiliges wurde zu keinem Zeitpunkt behauptet.
Aus den Vorbringen des Beschwerdeführers sowie auch der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2021/11/0008 geht hervor, dass der Beschwerdeführer am die Aufhebung der Befristung des gegenständlichen Behindertenpasses beantragte. Eine solche Antragstellung ist -nunmehr durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom geklärt - mangels Antragslegitimation nicht zulässig.
Der festgestellte Sachverhalt betreffend das Verfahren zur Aufhebung der Befristung ergibt sich aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2021/11/0008 und stimmt mit den im Verfahren erstatteten Vorbringen des Beschwerdeführers überein. Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes wurde den Parteien zur Stellungnahme übermittelt. Abweichungen zum vom Verwaltungsgerichtshof angenommenen Verfahrensgeschehen wurden nicht vorgebracht. Das Bundesfinanzgericht nimmt dieses daher als erwiesen an.
Für das Bundesfinanzgericht haben sich - in Wahrnehmung seiner amtswegigen Ermittlungspflicht - keine Anhaltspunkte ergeben, an der Richtigkeit des festgestellten Sachverhaltes zu zweifeln. Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen in freier Beweiswürdigung gemäß § 45 Abs. 2 AVG als erwiesen annehmen.
3. Rechtsgrundlage und rechtliche Würdigung
Gemäß § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO) eine Abgabe zu entrichten.
Gemäß § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung gilt die Abgabe mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheines (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet. Gemäß Abs. 2 leg. cit. sind zur Entrichtung der Abgabe der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten.
Gemäß § 6 lit. g Wiener Parkometerabgabeverordnung ist die Abgabe nicht zu entrichten für Fahrzeuge, die von Inhabern eines Parkausweises für Behinderte gemäß § 29b StVO 1960 abgestellt oder in denen solche Personen befördert werden, sofern die Fahrzeuge beim Abstellen mit diesem Ausweis gekennzeichnet sind.
Nach § 29b Abs 1 StVO 1960 ist Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990, die über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügen, als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs. 2 bis 4 leg. cit. auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Ausweis auszufolgen. Die näheren Bestimmungen über diesen Ausweis sind durch Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zu treffen.
Nach § 29b Abs 3 lit b StVO 1960 dürfen ferner Inhaber eines Ausweises gemäß Abs. 1 leg. cit. das von ihnen selbst gelenkte Fahrzeug oder Lenker von Fahrzeugen in der Zeit, in der sie einen Inhaber eines Ausweises gemäß Abs. 1 leg. cit. befördern, in einer Kurzparkzone ohne zeitliche Beschränkung, parken.
Nach § 29b Abs. 4 StVO 1960 hat beim Halten gemäß Abs. 2 leg. cit. der Inhaber eines Ausweises gemäß Abs. 1 leg. cit. diesen den Straßenaufsichtsorganen auf Verlangen vorzuweisen. Beim Parken gemäß Abs. 3 sowie beim Halten oder Parken auf den nach § 43 Abs. 1 lit. d leg. cit. freigehaltenen Straßenstellen hat der Ausweisinhaber den Ausweis bei mehrspurigen Kraftfahrzeugen hinter der Windschutzscheibe und durch diese gut erkennbar, bei anderen Fahrzeugen an einer sonst geeigneten Stelle gut wahrnehmbar anzubringen.
Gemäß § 1 Kontrolleinrichtungenverordnung sind als Hilfsmittel zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften der Verordnung des Wiener Gemeinderates, mit der für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird (Parkometerabgabeverordnung), Parkscheine nach dem Muster der Anlagen oder elektronische Parkscheine zu verwenden.
Gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen.
Der Beschwerdeführer war entgegen der Voraussetzungen des § 6 lit. g Wiener Parkometerabgabeverordnung im Beanstandungszeitpunkt unstrittig nicht Inhaber eines gültigen Behindertenparkausweises gemäß § 29b StVO. Vielmehr wies der vom Beschwerdeführer im Beanstandungszweitpunkt am hinter der Windschutzscheibe angebrachte Behindertenparkausweises gemäß § 29b StVO eine Befristung mit aus. Nach vom Bundesfinanzgericht durchgeführtem Ermittlungsverfahren hat der Beschwerdeführer zwar mit Schreiben vom die Aufhebung der Befristung des gegenständlichen Behindertenparkausweises beantragt. Jedoch stellte bereits das Verwaltungsgericht mit Entscheidung vom , nunmehr bestätigt durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2021/11/000 fest, dass diesbezüglich keine Antragslegitimation gegeben ist. Nach dem festgestellten Sachverhalt gab es im Beanstandungszeitpunkt für den Beschwerdeführer keine Anhaltspunkte, wonach er darauf hätte vertrauen dürfen, dass der offenkundig bereits vor mehr als zwei Jahren abgelaufene und hinterlegte Behindertenparkausweises gemäß § 29b StVO Gültigkeit hatte. Soweit in der Beschwerde ausgeführt wird, "als Nichtjurist sieht [der Beschwerdeführer] auch nicht ein, wieso Behinderte bei erwiesen unheilbarer Krankheit trotzdem nach Zeitablauf neu ansuchen müssen", geht das Bundesfinanzgericht von bloß allgemeinem Unverständnis gegenüber den rechtlichen Gegebenheiten aus. Dass der Beschwerdeführer einem Rechtsirrtum unterlegen sei, wird hingegen nicht einmal behauptet.
Vor dem Hintergrund der obigen in freier Beweiswürdigung vorgenommenen und unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen ist die objektive Tatseite der angelasteten Verwaltungsübertretung gegeben.
Das Bundesfinanzgericht stellt dem Beschwerdeführer dabei nicht in Abrede chronisch an Morbus Chron erkrankt zu sein. Dieser Umstand kann jedoch die nach § 6 lit. g Wiener Parkometerabgabeverordnung erforderliche Voraussetzung des Vorliegens eines gültigen Parkausweises für Behinderte gemäß § 29b StVO 1960 nicht ersetzen.
Da der Beschwerdeführer im Beanstandungszeitpunkt über keinen gültigen Behindertenparkausweises gemäß § 29b StVO verfügte, hätte er einen Parkschein auszufüllen (oder elektronisch zu buchen) gehabt.
Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.
Die den Straftatbestand normierende relevante Verwaltungsvorschrift findet sich in § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl Wien 2006/09 idF LGBl. 2012/45, die keine besonderen Schuldvoraussetzungen fordert. Es genügt für die Strafbarkeit daher fahrlässiges Verhalten.
Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet, nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbestand entspricht (§ 6 Abs. 1 StGB). Fahrlässig handelt auch, wer es für möglich hält, dass er einen solchen Sachverhalt verwirkliche, ihn aber nicht herbeiführen will (Abs. 2 leg. cit.). Weiters handelt grob fahrlässig, wer ungewöhnlich und auffallend sorgfaltswidrig handelt, sodass der Eintritt eines dem gesetzlichen Tatbild entsprechenden Sachverhaltes als geradezu wahrscheinlich vorhersehbar war (Abs. 3 leg. cit.).
Zwar hat der Beschwerdeführer nach dem in freier Beweiswürdigung festgestellten Sachverhalt einen bereits abgelaufenen Behindertenparkausweis gemäß § 29b StVO im Beanstandungszeitpunkt hinterlegt. Aufgrund des im Beanstandungszeitpunkt noch anhängigen Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof betreffend den gegenständlichen Behindertenparkausweises gemäß § 29b StVO geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass der Beschwerdeführer den gegenständlichen Ausweis nicht in betrügerischer Täuschungsabsicht iSd § 146 StGB hinterlegt hatte (vgl. etwa sowie mit Verweis auf die Rechtsprechung des , Rz 9). Da nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes im Beschwerdefall keine Zuständigkeitskonkurrenz einer Verwaltungsübertretung mit einer gerichtlich strafbaren Handlung vorliegt (vgl. § 22 Abs. 1 VStG), ist das Bundesfinanzgericht zuständig um über die Beschwerde zu entscheiden.
Nach dem in freier Beweiswürdigung festgestellten Sachverhalt stellte der Beschwerdeführer sein Kraftfahrzeug in unmittelbarer Nähe zu seinem Wohnort in einer ordnungsgemäß kundgemachten Kurzparkzone ohne gültig entwerteten Parkschein ab. Stattdessen brachte er einen mit abgelaufenen Behindertenparkausweises gemäß § 29b StVO hinter die Windschutzscheibe an. Das Bundesfinanzgericht verkennt die belastende gesundheitliche Situation des Beschwerdeführers ebenso wenig wie die Tatsache, dass im Beanstandungszeitpunkt ein Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof betreffend die Verlängerung des gegenständlichen Behindertenparkausweises anhängig war. Da jedoch das Verwaltungsgericht bereits mit Entscheidung vom die Antragslegitimation des Beschwerdeführers zur Verlängerung des gegenständlichen Parkausweises verneint hat, hätte er bei entsprechender Sorgfaltswaltung im Beanstandungszeitpunkt jedenfalls nicht auf dessen Gültigkeit vertrauen dürfen. Es wäre ihm jedenfalls ab dem Zeitpunkt der Zustellung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, somit über zwei Jahre vor dem als Beanstandungszeitpunkt, zuzumuten gewesen, einen entsprechend gültigen Behindertenparkausweises gemäß § 29b StVO zu beantragen und sofern ihm ein solcher gewährt worden wäre, für entsprechende Kennzeichnung am Fahrzeug zu sorgen. Der Beschwerdeführer bringt in der Stellungnahme vom selbst vor, zwischenzeitlich eine solche Antragstellung vorgenommen zu haben. Unstrittig war jedoch nach dem vom Bundesfinanzgericht festgestellten im Beschwerdefall maßgebenden Sachverhalt im Beanstandungszeitpunkt weder ein gültiger Behindertenparkausweises gemäß § 29b StVO (sondern ein bereits abgelaufener) noch ein gültig entwerteten Parkschein hinterlegt.
Gemäß § 6 VStG ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist.
Dem Beschwerdeführer ist beizupflichten, dass ein aufgrund seiner Erkrankung unvorhersehbar auftretender dringender Stuhldrang für den Lenker eines Kraftfahrzeuges eine Situation darstellt, die ihn dazu zwingen kann, sein Fahrzeug unverzüglich abzustellen, um eine Toilette aufsuchen zu können. Sein Gesundheitszustand war ihm - aktenkundig auch durch ärztliches Attest - unstrittig bekannt. Der Beschwerdeführer hat sich trotz des ihm bekannten Gesundheitszustandes und dadurch allenfalls mögliche drohenden körperlichen Beeinträchtigungen darauf eingelassen, selbst ein Kraftfahrzeug zu lenken und damit eigenständig in die Situation begeben, die schließlich dazu führte, dass er unter Verkürzung der Parkometerabgabe sein Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt hat. Da sich der Beschwerdeführer auf die voraussehbare Gefahrensituation ohne einen von der Rechtsordnung anerkannten Grund eingelassen hatte, konnte er sich nicht mit Erfolg auf Notstand berufen (vgl. auch ).
Einer vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Beeinträchtigung wäre nämlich - wie bereits ausgeführt - durch Ausstellung eines (gültigen) Behindertenparkausweises gemäß § 29b StVO Abhilfe zu schaffen gewesen; ein solcher lag jedoch im Beschwerdefall gerade nicht vor. Es würde dem Regelungszwecke des § 6 lit. g Wiener Parkometerabgabeverordnung und damit dem Erfordernis des Vorliegens eines gültigen Parkausweises für Behinderte gemäß § 29b StVO 1960 zuwiderlaufen auch bei einer attestierten chronischen Krankheit wie jener des Beschwerdeführers generell von einer Notstandssituation auszugehen und die Voraussetzung des Vorliegens eines gültigen Parkausweises für Behinderte gemäß § 29b StVO 1960 im Generellen faktisch auszuhebeln.
Der Akteninhalt und die Beschwerdevorbringen bieten keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Beschwerdeführer nach seinen persönlichen Verhältnissen zu den gegenständlichen Zeitpunkten nicht fähig gewesen wäre, die objektiv gebotene Sorgfalt einzuhalten oder dass ihm ein rechtmäßiges Verhalten (Entwertung eines für die Abstelldauer vorgesehenen Parkscheines) in der konkreten Situation nicht zumutbar gewesen wäre. Hinzukommt, dass der Beschwerdeführer für das Abstellen des Kraftfahrzeuges die Möglichkeit eines 15-Minuten-Gratisparkscheines hätte nützen können, was er jedoch verabsäumt hat.
Im Beschwerdefall lagen keine besonderen oder außergewöhnlichen Umstände vor, die eine mangelnde Aufmerksamkeit entschuldigen könnten. Vielmehr erkannte der Beschwerdeführer die Gebührenpflicht und brachte daher den ungültigen Parkausweises für Behinderte gemäß § 29b StVO 1960 sichtbar hinter die Windschutzscheibe an. Da bereits das Verwaltungsgericht mit Entscheidung vom die Antragslegitimation des Beschwerdeführers zur Verlängerung des gegenständlichen Parkausweises verneint hat, hätte er -wie bereits ausgeführt - bei entsprechender Sorgfaltswaltung im Beanstandungszeitpunkt jedenfalls nicht auf dessen Gültigkeit vertrauen dürfen.
Da somit neben der objektiven auch die subjektive Tatseite der jeweils angelasteten Verwaltungsübertretung verwirklicht ist, war das angefochtene Straferkenntnisse im Schuldspruch zu bestätigen.
Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung
Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer in der angefochtenen Strafverfügung über die Möglichkeit der Beantragung einer solchen belehrt wurde und diese nicht beantragt hat. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ist im Beschwerdefall auch nicht strittig.
Gemäß § 44 Abs. 3 Z 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung einer Verhandlung absehen, wenn im angefochtenen Bescheid eine € 500,00 nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.
Diese kumulativen Voraussetzungen des § 44 Abs. 3 Z 4 VwGVG waren in den Beschwerdefällen gegeben, weil eine mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde und in den angefochtenen Straferkenntnissen eine € 500,00 nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde. Das Absehen von der mündlichen Verhandlung bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 44 Abs. 3 Z 4 VwGVG erscheint sowohl aus Parteieninteressen (der Sachverhalt hinsichtlich der Tatverwirklichung war unbestritten) als auch aus Zweckmäßigkeitsüberlegungen (Interesse der Öffentlichkeit an der möglichst raschen und sparsamen Vollziehung) gerechtfertigt.
Zur Strafbemessung
§ 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006 lautet:
"(1) Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen".
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist die Grundlage der Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.
Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die Bemessung der Strafe ist eine Ermessensentscheidung der Behörde, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist, allerdings muss die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheinen (vgl. ; ).
Bei der Strafbemessung war gemäß § 19 VStG zu berücksichtigen, dass ein öffentliches Interesse an der ordnungsgemäßen und fristgerechten Abgabenentrichtung besteht. Werden die hiefür vorgesehenen Kontrolleinrichtungen nicht richtig entwertet, entgehen der Gemeinde Wien unter Umständen die entsprechenden Abgaben.
Der Beschwerdeführer hat das öffentliche Interesse dadurch geschädigt, dass er das in Rede stehende Fahrzeug jeweils ohne einen für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein in einer zur jeweiligen Beanstandungszeit gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt hat.
Milderungs- und Erschwernisgründe wurden von der belangten Behörde berücksichtigt; insbesondere auch die die in der Beschwerde sowie in der Stellungnahme vom ins Treffen geführten Sorgepflichten für die Familie des Beschwerdeführers sowie seine Einkommensverhältnisse.
Soweit der Beschwerdeführer eine außerordentliche Milderung der Strafe iSd § 20 VStG geltend macht, ist hinsichtlich der Anwendungsvoraussetzungen darauf zu verweisen, dass die vorliegenden Milderungsgründe - und zwar nicht der Zahl nach, sondern - dem Gewicht nach die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen müssen (vgl. sowie )
Auf Grund des systematischen Zusammenhangs zwischen dem § 20 VStG ("Außerordentliche Milderung der Strafe") und der grundlegenden gesetzlichen Regelung zur "Strafbemessung" in § 19 VStG kommen nach § 20 VStG als Milderungs- bzw. Erschwerungsgründe jene in Betracht, auf die § 19 VStG abstellt (vgl. ).
Die nicht näher dargestellten Einkommensverhältnisse sowie Sorgepflichten des Beschwerdeführers sind im Beschwerdeverfahren jedenfalls nicht von derartigem Gewicht, um die Anwendungsvoraussetzungen einer außerordentlichen Strafmilderung nach § 20 VStG zu erfüllen. Der nicht in Abrede zu stellenden gesundheitliche Beeinträchtigung des Beschwerdeführers kommt im Beschwerdefall schon deshalb kein beträchtliches Gewicht zu, weil ihm der attestiert chronische Gesundheitszustand bekannt war und er es in Kauf genommen hat, das Kraftfahrzeug selbstständig zu lenken. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer nicht nur keinen gültigen Parkschein entwertet und hinterleg, sondern bewusst einen bereits seit Jahren abgelaufenen Parkausweises für Behinderte gemäß § 29b StVO 1960 verwendet. In Gesamtschau aller im Betracht kommenden Umstände überwiegen die Milderungsgründe dem Gewicht nach nicht die Erschwerungsgründe. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass - wie von der belangten Behörde berücksichtigt - keine verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen vorlagen.
Das Bundesfinanzgericht erachtet die von der belangten Behörde nach den Regeln der Strafbemessung mit € 140,00 verhängte Geldstrafe und die für den Fall der Uneinbringlichkeit mit einem Tag und 9 Stunden festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe als schuld- und tatangemessen.
Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Kostenentscheidung
Da die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 64 VStG in Höhe von 10% der Strafen festzusetzen sind (mindestens jedoch mit zehn Euro), wurden sie somit in Höhe von € 14,00 korrekt festgesetzt.
Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.
Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ist dieser Betrag für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen.
Die beschwerdeführende Partei hat daher gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG weitere € 28,00 als Kostenbeitrag zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu leisten.
Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.
Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.
Hier erweist sich das Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).
Zur Unzulässigkeit der Revision
Eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof ist auf der Grundlage des § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes unzulässig, weil bei Verwaltungsstrafsachen, bei denen eine Geldstrafe von bis zu € 750,00 verhängt werden darf und im Erkenntnis eine Geldstrafe von nicht mehr als € 400,00 verhängt wird, eine Verletzung in subjektiven Rechten ausgeschlossen ist.
Eine ordentliche Revision der belangten Behörde ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da dieses Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005 § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006 § 22 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7500567.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at