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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.07.2024, RV/3200005/2023

Einreihung von Projektoren mit eingebautem Fernsehempfangsgerät, der Beschaffenheit nach nicht für den Einbau eines Videobildschirms hergerichtet

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch zollexperten.rd.gmbh & co kg, Leopoldstraße 26 Tür 1, 6020 Innsbruck, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Österreich vom , Zahl: ***800000/000000/01/2022***, betreffend Einfuhrabgaben und Verzugszinsen zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben (Einreihung der Stative). Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Abgaben (nur Zoll) zu ***MRN*** werden abweichend neu festgesetzt:


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Pos.Nr.
Warennummer
Bemessungsgrundlage
Zollsatz
Betrag
1
8528 7199 00
€ 743.810,28
3,5 %
€ 26.033,36
2
4202 1211 00
€ 2.502,33
9,7 %
€ 242,73
3
9620 0091 90
€ 6.963,33
6,0 %
€ 417,80
Summe:
€ 26.693,89

Der nachzuerhebende Einfuhrabgabenbetrag (Zoll) beläuft sich auf EUR 26.344,63 (statt EUR 104.134,41).

Die Höhe der Verzugszinsen beträgt abweichend EUR 168,89 (statt EUR 667,60).

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Im Zuge der Prüfung der am angenommenen Einfuhrzollanmeldung ***MRN*** hat das Zollamt ETOS Untersuchungen der unter Position Nr. 1 unter der Warennummer 8528 6200 00 angemeldeten Projektoren mit Ursprungsland China beantragt.
Mit den ETOS-Erledigungen ***A/2022*** und ***B/2022*** vom hat die Zentralstelle für verbindliche Zolltarifauskünfte (ZVZ) für die Geräte ***A*** und ***B*** die Einreihung als Projektionsfernsehgeräte/Laser-Projektoren mit Android TV-Funktionen (ohne DVB-Tuner) der Position 8528 7210 00 vorgeschlagen.

In den Tarifierungsgutachten der ZVZ werden die Waren wie folgt beschrieben:

ETOS ***A/2022***- ***A***

"Android-TV DLP-Laser-Projektor,

- bestehend aus einem 0,47" DMD Displaychip, einer Laser TV Lichtquelle mit optischem Projektionssystem, CPU, GPU, 2 GB RAM-Speicher, 32 GB Flash-Speicher, LAN-, W-LAN- und Bluetooth-Modul, sowie 2 Lautsprechern in einem gemeinsamen Gehäuse mit Statusanzeige, Bedienelement und diversen Schnittstellen (3x HDMI, 2x USB, LAN, Audio, Optical, Strom- und Service-Anschluss). Der Laserprojektor ist mit einem Android-TV Betriebssystem ausgestattet.

- dient dem Empfang, sowie der Wiedergabe und Anzeige von Mediainhalte (Videos, Fotos, Musik). Die Mediainhalte können dabei von verschiedenen Geräten und Konsolen über FIDMI- oder Bluetooth-Schnittstellen übermittelt, von IP-Streamingquellen empfangen oder von lokal anschließbaren Speichermedien wiedergegeben und danach auf eine zwischen 11 und 44 cm entfernte Wand oder Leinwand projiziert werden (Auflösung: bis zu 3840 x 2160 Bildpunkte; Größe der projizierten Bilddiagonale in Abhängigkeit der Entfernung: 80 bis 150").

- geeignet zum Empfang von mittels Internettechnologie live übermittelten Fernsehsignalen - ohne DVB-Tuner

- Abmessungen: ca. 606 x 401 x 140 mm"

ETOS ***B/2022*** - ***B***

"Android-TV LED-DLP-Projektor,

- bestehend aus einem 0,47" DMD Displaychip, LED Lichtquelle mit optischem Projektionssystem, CPU, GPU, 2 GB RAMSpeicher,32 GB Flash-Speicher, LAN-, W-LAN- und Bluetooth-Modul, sowie zwei Lautsprechern in einem gemeinsamen Gehäuse mit Bedienelementen und diversen Schnittstellen (2x FIDMI, 2x USB, LAN, Audio, Optical, Stromversorgungsanschluss). Der LED-Projektor ist mit einem Android-TV Betriebssystem ausgestattet,-dient dem Empfang, sowie der Wiedergabe und Anzeige von Mediainhalten (Videos, Fotos, Musik). Die Mediainhalte können dabei von verschiedenen Geräten und Konsolen über FIDMI oder Bluetooth Schnittstellen übermittelt, von IP-Streamingquellen empfangen oder von lokal anschließbaren Speichermedien wiedergegeben und danach auf eine zwischen 159 und 398 cm entfernte Wand oder Leinwand projiziert werden (Standardauflösung: 3840 x 2160 Bildpunkte; Größe der projizierten Bilddiagonale in Abhängigkeit der Entfernung: 60 bis 150"),

- geeignet zum Empfang von mittels Internettechnologie live übermittelten Fernsehsignalen - ohne DVB-Tuner"

Die Ausführungen der ZVZ gelten auch für den Projektor ***C***, bei dem es sich um ein eine baugleiche Ware mit derselben Funktionalität handelt.

Nach Gewährung eines Parteiengehörs hat das Zollamt mit Bescheid vom , Zahl: ***800000/000000/01/2022***, gegenüber der ***Bf*** (nachstehend mit "Bf" bezeichnet) als Zollschuldner Zoll (A00) in Höhe von EUR 104.134,41 nachträglich buchmäßig erfasst sowie Verzugszinsen in Höhe von EUR 667,60 festgesetzt.

Gegen diesen Bescheid hat die Bf mit Schreiben vom durch ihren Vertreter Beschwerde erhoben und bringt zusammenfassend vor:

"Unstrittig ist, dass die Einreihung von Waren in den Zolltarif gem. den Allgemeinen Vorschriften AV 1 und AV 6 vorzunehmen ist und somit die Zuordnung gem. dem Wortlaut der Positionen bzw. Unterpositionen zu erfolgen hat. Und hier scheitert unserer Ansicht nach auch schon eine Einreihung unter der Zolltarifnummer 8528 7210 wie von der ZVZ vorgeschlagen. Um überhaupt zu diesem 8-stelligen KN-Code auf der dritten Einreihungsebene zu kommen, muss zuvor die übergeordnete Konkurrenz auf Ebene der HS Unterposition gelöst werden (AV 6). Und hier kennt der Zolltarif drei Konkurrenzen, die zu lösen sind.
-- der Beschaffenheit nach nicht für den Einbau eines Videobildschirms hergerichtet
-- andere, für mehrfarbiges Bild
-- andere, für einfarbiges Bild

Auf Basis der HS Unterpositionen (AV 6) ist daher zunächst die Frage zu klären, ob diese nämlichen Geräte für den Einbau eines Videobildschirms hergerichtet sind. Dies ist bei den nämlichen Geräten klar zu verneinen, da für die Darstellung der Bilder kein Bildschirm notwendig ist. Vielmehr werden durch die in Streit stehenden Geräte (***B***, ***C*** und ***A***) die Bilder auf eine externe Fläche projiziert. Der Einbau eines Videobildschirms ist daher für alle drei Geräte nicht notwendig bzw. technisch gar nicht möglich für die gewünschte Darstellung der Bilder, sodass diese Waren vom Wortlaut der Unterpos. 8528 71 erfasst würden.

Die von der ZVZ präferierte Einreihung unter der Unterposition 8528 72, scheidet daher schon aufgrund der Konkurrenz der zur Auswahl stehenden Wortlaute aus.

Unabhängig von der Einreihungskonkurrenz der Unterpositionen 8528 71 und 8528 72 sind wir aber immer noch der Meinung, dass die in Streit stehenden Projektoren jedenfalls unter die Pos. 8528 6200 einzureihen sind.
Gestützt wird diese unsere Ansicht auch durch die Erläuterungen zum Harmonisierten System (HS). Gem. dem Wortlaut der Erläuterungen sind unter dem Buchstaben "C" - Projektoren -, solche Geräte zu verstehen, welche Bilder auf eine externe Oberfläche projizieren.

Projektoren
Projektoren projizieren das üblicherweise auf dem Bildschirm eines Fernsehempfangsgerätes oderaufeinem Monitor wiedergegebene Bild auf eine externe Oberfläche.

Explizit wird in den Erläuterungen zum HS zu den Projektoren, auch die Projektion von Bildern angesprochen, die ansonsten üblicherweise auf dem Bildschirm eines Fernsehempfangsgerätes wiedergegeben werden. Gem. den Erläuterungen zum Harmonisierten System, ist also auch die Projektion von Fernsehbildern auf externe Oberflächen, eine denkbare und zulässige Funktion von Projektoren, in Abgrenzung zu Fernsehempfangsgeräten.

Und genau diese Technologie wird von den in Streit stehenden Geräten genutzt, sodass die Funktionsweise exakt dem Wortlaut der Erläuterungen entspricht. Namentlich werden derartige Projektoren unter der Pos. 8528 6200 genannt, sodass eine Einreihung gem. AV 1 und AV 6 unter diese Position zu erfolgen hat.

Die durch die unterschiedlichen Anwendungsmöglichkeiten dieser Projektoren, zwischen dem Empfang von Fernsehbildern durch das integrierte Android-TV-Betriebssystem und der Darstellung der Bilder auf einer externen Fläche (Projektion), entstehende Konkurrenz, wird bereits durch die Anmerkung 3 des Abschnitts XVI gelöst. Durch die zusätzlichen verschiedenen Anschlussmöglichkeiten an externe Geräte und Konsolen, wird die Darstellung der Bilder nicht ausschließlich durch die Signale des integrierten Android-TV-Betriebssystem erzielt, sodass das Generieren der Fernsehsignale nur von untergeordneter Bedeutung ist und die Projektion der Bilder auf eine externe Fläche die Hauptfunktion dieser Geräte darstellt.

3. Soweit nichts anderes bestimmt ist, sind kombinierte Maschinen aus zwei oder mehr Maschinen verschiedener Art, die zusammen arbeiten sollen und ein Ganzes bilden, sowie Maschinen, die ihrer Beschaffenheit nach dazu bestimmt sind, zwei oder mehrere verschiedene, sich abwechselnde oder ergänzende Tätigkeiten (Funktionen) auszuführen, nach der das Ganze kennzeichnenden Haupttätigkeit (Hauptfunktion) einzureihen.

Im Ergebnis würde daher bei einer Einreihung unter den Pos. 8528 71 oder 8528 72 dem Fernsehempfang die Hauptfunktion und somit die charakterbestimmende Tätigkeit zugewiesen. Wie jedoch oben beschrieben, liegt die Hauptfunktion dieser Geräte in der Projektion der Bilder auf eine externe Fläche, da es den Fernsehempfang primär gar nicht benötigt für die übliche Nutzung der Geräte bzw. der Fernsehempfang nur eine untergeordnete Funktion darstellt, da stets das Projizieren der Bilder im Vordergrund steht, egal ob die Signale für die Projektion aus dem eingebauten Android-TV-Betriebssystem stammen oder von einer anderen Quelle wie externen Geräten und Konsolen. Hingegen können die vom eingebauten Android-TV-Betriebssystem generierten Signale nur vom Projektor verarbeitet werden und nicht von anderen externen Geräten oder Konsolen.

Gestützt wird diese unsere Ansicht auch durch eine von der ital. Zollbehörde erteilte verbindliche Zolltarifauskunft (ITBTI2020-0052M-135100), welche sich auf ein Gerät, das über dieselben wesentlichen Eigenschaften verfügt, auch wenn es sich dabei um ein Vorgängermodell der Marke ***CN*** handelt, bezieht und eben auch als Projektor der Pos. 8528 62 eingereiht wurde.

Die von der ZVZ getroffene ETOS-Entscheidung, diese Waren als Projektionsfernsehgeräte der Pos. 8528 7210 00 einzureihen, können wir daher aus all diesen Gründen nicht nachvollziehen. Ein Projektionsfernsehgerät mag zwar vom Wortlaut her eine ähnliche Funktion zu den in Streit stehenden Geräten vermuten lassen, jedoch ist der wesentliche Unterschied, dass auch Projektionsfernsehgeräte über einen Videobildschirm verfügen und somit vom Wortlaut der Unterposition 8528 72 erfasst sind.

Bei Einreihung dieser Geräte als Fernsehempfangsgeräte, würde einer untergeordneten Nebenfunktion, welche nicht charakterbestimmend für das Gerät ist, der Vorzug gegeben. Hier ist grundsätzlich schon fraglich, ob es sich überhaupt um ein Fernsehempfangsgerät handelt, da die übertragenen Bilder ja nicht über einen TV-Tuner empfangen, sondern nur gestreamt werden. Dies zeigt sich auch in der zeitverzögerten Übertragung der Bilder im Vergleich zum klassischen Fernsehempfang mittels TV-Tuner. Für die Einreihung von Waren in den Zolltarif sind grundsätzlich die AV 1 bis AV 6 zu beachten, wobei die AV 1 und AV 6 klar vorgeben, dass der Wortlaut der Position bzw. der Unterposition für eine Einreihung maßgeblich ist.

Aber selbst unter der fälschlichen Annahme, dass der Fernsehempfang/-streaming charakterbestimmend für diese Geräte wäre, würde in weiterer Folge eine Einreihung unter der HS Unterposition 8528 71 das zwingende Ergebnis sein, da die Geräte dem Wortlaut dieser Position entsprechen. Keinesfalls ist aber eine Einreihung unter 8528 72 zu begründen, da diese Geräte nicht für den Einbau von Videomonitoren hergerichtet sind und somit klar dem Wortlaut dieser Unterposition HS (--andere - also solche zum Einbau von Videomonitoren hergerichtet) widersprechen.

Die zeitgleich mit dieser Einfuhranmeldung eingeführten Stative aus Aluminium für eben diese Projektoren, wären ebenfalls einer anderen Zolltarifnummer zuzuordnen. Da es sich hierbei um keine Stative für von der für Digitalkameras, Fotoapparate oder Videokameras, Filmkameras und Filmvorführapparate verwendeten Art handelt, wäre die Zuordnung in den Zolltarif unter der Pos. 9620 0091 90 korrekt."

Mit Beschwerdevorentscheiodung vom , Zahl: ***800000/00000/01/2022***, ist die Beschwerde betreffend die Einreihung der Projektoren als unbegründet abgewiesen worden. Die Tragetaschen wurden abweichend in die Zolltarifnummer 4202 1211 00 eingereiht, der Beschwerde betreffend Einreihung der Stative wurde stattgegeben und diese in die Warennummer 9620 0091 90 eingereiht.
Der tatsächlich mitzuteilende Zollbetrag betrage aus den genannten Gründen EUR 104.793,97 (Differenz zum angefochtenen Bescheid: EUR 310,30).

Mit Schreiben vom wurde beantragt, das Bundesfinanzgericht möge über die Beschwerde entscheiden.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Strittig ist im vorliegenden Fall, unter welche Warennummer die verfahrensgegenständlichen Projektoren der ***CN*** zu subsummieren sind.
Nach Ansicht der Bf sind die Erzeugnisse als Projektoren zum direkten Anschluss an und für die Verwendung mit einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine der Position 8471 in die Position 8528 62 00 einzureihen, nach Ansicht der belangten Behörde als Projektionsfernsehgeräte in die Position 8528 72 10.
Unstrittig ist, dass alle betreffenden Modelle über ein Android-Betriebssystem verfügen und geeignet sind, live mittels Internettechnologie Fernsehsignale zu empfangen (IPTV-Streaming-Funktion).

Mit der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 wurde eine Warennomenklatur ("Kombinierte Nomenklatur" oder "KN") eingeführt, die sowohl den Erfordernissen des Gemeinsamen Zolltarifs als auch denen der Außenhandelsstatistik der Union sowie anderen Unionspolitiken in den Bereichen Wareneinfuhr und -ausfuhr entspricht.
Die durch die oa Verordnung eingeführte KN beruht auf dem weltweiten Harmonisierten System zur Bezeichnung und Codierung der Waren (im Folgenden: HS), das vom Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens, jetzt Weltzollorganisation, ausgearbeitet und durch das am in Brüssel geschlossene Internationale Übereinkommen eingeführt wurde, das im Namen der Gemeinschaft mit dem Beschluss 87/369/EWG des Rates vom (ABl. L 198, S. 1) genehmigt wurde. Die KN übernimmt die Positionen und sechsstelligen Unterpositionen des HS; nur die siebte und die achte Stelle bilden eigene Unterteilungen. Die KN ist ebenso wie die autonomen und vertragsmäßigen Zollsätze und die zusätzlichen Einheiten für statistische Zwecke in Anhang I der genannten Verordnung enthalten.

Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH ist die Fassung der KN anwendbar, die zum Zeitpunkt des Erlasses der nationalen Entscheidung in Kraft war.
Anwendbar ist im vorliegenden Fall daher die Durchführungsverordnung (EU) 2021/1832 der Kommission vom zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und Statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif, die ab dem gilt.

Die in Abschnitt XVI Kapitel 85 des Teils II des Anhangs I dieser Verordnung enthaltene Position 8528 der KN betrifft "Monitore und Projektoren, ohne eingebautes Fernsehempfangsgerät; Fernsehempfangsgeräte, auch mit eingebautem Rundfunkempfangsgerät oder Ton- oder Bildaufzeichnungs- oder -wiedergabegerät". Diese Position ist unterteilt in:

  • Monitore mit Kathodenstrahlröhre;

  • andere Monitore;

  • Projektoren und

  • Fernsehempfangsgeräte, auch mit eingebautem Rundfunkempfangsgerät oder Ton- oder Bildaufzeichnungs- oder -wiedergabegerät.

In der die Position 8528 betreffenden Erläuterung zum HS heißt es:

"8528 62 00 bis 8528 69 80:

Projektoren
Nicht hierher gehören Erzeugnisse mit einem Projektor und einem Bildschirm zusammen in einem gemeinsamen Gehäuse (Unterpositionen 8528 52 10 bis 8528 59 00 oder mit eingebautem Fernsehempfangsgerät Unterposition 8528 72 10 ).

(Fassung in englischer Sprache:

Projectors
These subheadings do not include products comprising a projector and a screen in the same housing (subheadings 8528 52 10 to 8528 59 00 or, when incorporating reception apparatus for television, subheading 8528 72 10).

8528 72 10:

Projektionsfernsehgeräte
Projektionsfernsehgeräte sind Geräte mit einer oder mehreren eingebauten Bildröhren, bei denen das Bild mit Hilfe eines optischen Systems auf einen Schirm projiziert wird.
Der Projektionsschirm kann entweder zusammen mit dem Fernsehempfangsgerät in einem Gehäuse untergebracht oder außerhalb dieses Gehäuses angeordnet sein.

(Fassung in englischer Sprache:

Television projection equipment
This subheading includes projection equipment incorporating reception apparatus for television. Such equipment projects the image via an optical system onto a screen. It may be based on cathode-ray-tube or flat-panel (for example, DMD, LCD, plasma) technology.
The projection screen may be either incorporated in the same housing as the television receiver or may be separate.)"

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sowie des Verwaltungsgerichtshofes (vgl etwa , vom , C-396/02, vom , C-445/04, und vom , C-288/18; ; ) ist im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen und in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln des Gemeinsamen Zolltarifs festgelegt sind (vgl die Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der KN).
Soweit in den Positionen und Anmerkungen nichts anderes bestimmt ist, richtet sich die Einreihung nach den Allgemeinen Vorschriften 2 bis 5 für die Auslegung der KN. Daneben gibt es nach dem Übereinkommen zum HS Erläuterungen und Einreihungsavise, die ebenso wie die Erläuterungen zur KN bzw zum HS, die von der Europäischen Kommission bzw der Weltzollorganisation ausgearbeitet wurden, ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen darstellen (vgl , vom , C-143/96, und vom , C-11/93). Auf den Verwendungszweck einer Ware darf nur dann abgestellt werden, wenn im Wortlaut der Bestimmungen oder in den Erläuterungen dazu ausdrücklich auf dieses Kriterium Bezug genommen wird (vgl zB BFH, Urteile vom , VII R 83/9 und vom , VII R 42/98).

Die ErlHS werden von der Weltzollorganisation in englischer und französischer Sprache verfasst und herausgegeben. Diese Sprachfassungen sind als maßgeblich anzusehen, die deutsche Fassung, die sich auch im elektronischen Zolltarif findet, ist inoffiziell und damit im Falle eines Widerspruchs zur englischen oder französischen Fassung nicht maßgeblich (vgl C- 280/97).

Zum Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen der KN ist festzustellen, dass die KN-Position 8528 ua Monitore und Projektoren ohne eingebautes Fernsehempfangsgerät erfasst.
Die streitigen Projektoren verfügen über eine IPTV-Streaming-Funktion. IPTV (Internet Protocol Television) steht für die Übertragung von Fernsehprogrammen und Filmen mit Hilfe des Internet Protocols. Das Endgerät empfängt beim IPTV Datenströme über eine Internetanbindung, teilt diese in Unterströme auf (Audio, Video, Daten etc.), dekodiert und liefert ein Bild- und Audiosignal an die Video-Audio-Ausgabeeinheit.
Geräte, mit denen mittels Internettechnologie live übermittelte Fernsehsignale empfangen, eingestellt und verarbeitet werden können, sind in die Unterpositionen 8528 71 , 8528 72 oder 8528 73 00 der KN einzureihen ().
Die Verwendung des allgemeinen Begriffs "Projektoren" in KN-Unterposition 8528 62 00 bedeutet nicht, dass alle Projektoren grundsätzlich zu dieser Unterposition gehören. Nur Projektoren ohne eingebautes Fernsehempfangsgerät können - unabhängig von der Hauptfunktion - in die KN-Unterposition 8528 62 00 eingereiht werden, Projektoren mit IPTV-Streaming-Funktion gehören aufgrund des Wortlautes der Position 8528 nicht zur KN-Unterposition 8528 62 00 "Projektoren zum direkten Anschluss an und für die Verwendung mit einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine der Position 8471".

Aus den genannten Gründen handelt es sich bei den so genannten Projektoren um Fernsehempfangsgeräte im Sinne der KN. Diese werden unterteilt in Geräte

  • der Beschaffenheit nach nicht für den Einbau eines Videobildschirms hergerichtet;

  • andere, für mehrfarbiges Bild und

  • andere, für einfarbiges Bild.

Es ist also in einem nächsten Schritt zu klären, ob die verfahrensgegenständlichen Fernsehempfangsgeräte der Beschaffenheit nach für den Einbau eines Videobildschirms hergerichtet sind oder nicht.
Laut Vorbringen der Bf ist dies nicht der Fall, die belangte Behörde ist anderer Ansicht und verweist auf den diesbezüglichen Wortlaut in der englischen und französischen Version der Kombinierten Nomenklatur, wonach nicht unbedingt auf einen Videobildschirm abgestellt werde. Es sei klar, dass die vorliegenden Einfuhrwaren alle HDMI Anschlüsse und die Möglichkeit einer Bluetooth Verbindung besitzen und der vorgesehene Verwendungszweck für die diesbezüglichen Waren die Projektion von Bildern und Filmen auf eine Leinwand und nicht auf einen Bildschirm darstelle.

Der Text "der Beschaffenheit nach nicht für den Einbau eines Videobildschirms hergerichtet" lautet in der englischen Fassung "Not designed to incorporate a video display or screen", in der französischen Fassung "non conçus pour incorporer un dispositif d'affichage ou un écran vidéo". Ein Widerspruch zwischen diesen Sprachfassungen ist nicht zu erkennen.
Ausschlaggeben ist auch nicht, ob tatsächlich ein Display oder Bildschirm eingebaut ist, sondern nur, ob das Gerät dafür hergerichtet ist.

Der Inhalt der vorliegenden Handbücher und die technischen Beschreibungen (auch in den betreffenden ETOS-Befunden) führen zum Ergebnis, dass die verfahrensgegenständlichen Erzeugnisse nicht für den Einbau eines Bildschirms hergerichtet sind. Vielmehr wird das Bild unbestritten aus kurzer Distanz auf eine externe Oberfläche projiziert.

Zum Hinweis der Bf auf die Erläuterungen zu 8528 72 10, wonach Projektionsfernsehgeräte Geräte mit einer oder mehreren eingebauten Bildröhren sind, bei denen das Bild mit Hilfe eines optischen Systems auf einen Schirm projiziert wird, der entweder zusammen mit dem Fernsehempfangsgerät in einem Gehäuse untergebracht oder außerhalb dieses Gehäuses angeordnet sein kann, ist festzustellen, dass dies nicht bedeutet, dass in Projektionsfernsehgeräte zwingend Bildröhren eingebaut sein müssen.
Eine Einreihung der Erzeugnisse als Projektionsfernsehgeräte der Position KN 8528 72 10 setzt allerdings voraus, dass es sich um andere Fernsehempfangsgeräte (der Beschaffenheit nach für den Einbau eines Videobildschirms hergerichtet) für mehrfarbiges Bild handelt.
Da dies aufgrund der vorstehenden Ausführungen nicht der Fall ist, scheidet eine Einreihung in die genannte Position aus.

Das Bundesfinanzgericht kommt aus den genannten Gründen zu dem Schluss, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Erzeugnissen weder um Projektoren der Position 8528 62 00 handelt noch um Projektionsfernsehgeräte der Position 8528 72 10.

Im vorliegenden Fall umfasst die Unterposition 8528 71 der KN Fernsehempfangsgeräte, die der Beschaffenheit nach nicht für den Einbau eines Videobildschirms hergerichtet sind.
Dabei wird zwischen "Videotunern" in den Unterpositionen 8528 71 11, 8528 71 15 und 8528 71 19 der KN und "anderen" in den Unterpositionen 8528 71 91 und 8528 71 99 unterschieden.

Hier ist klarzustellen, dass die Ausdrücke "Empfang von Fernsehsignalen" und "Empfang von Videosignalen" in ihrer Bedeutung übereinstimmen (, C-330/11, C-382/11 und C-383/11, Rn 29).
Der Begriff "Videotuner" wird in der KN nicht definiert. Nach ständiger Rechtsprechung sind die Bedeutung und die Tragweite von Begriffen, die das Unionsrecht nicht definiert, entsprechend ihrem üblichen Sinne im gewöhnlichen Sprachgebrach und unter Berücksichtigung des Zusammenhangs, in dem sie verwendet werden, und der mit der Regelung, zu der sie gehören, verfolgten Ziele zu bestimmen (zB EuGH, , C-320/11, C-330/11, C-382/11 und C-383/11, Rn 38).
Nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch sind Videotuner (auch TV-Tuner genannt) Geräte, die Hochfrequenz-Fernsehsignale in Signale umwandeln, die von Geräten zur Bildaufnahme oder -wiedergabe oder von Monitoren verwendet werden können. Sie ermöglichen auch die Wahl von Fernsehsignalen, die auf einer bestimmten Frequenz ausgestrahlt werden.
Diese Definition wird durch die Erläuterungen zur KN bestätigt, die zum Zeitpunkt der in Rede stehenden Einfuhren gültig waren.

Denn nach den am veröffentlichten Erläuterungen zur KN "enthalten [Videotuner] Schaltkreise für die Programmwahl, die die Wahl eines bestimmten Kanals oder einer Trägerfrequenz ermöglichen, sowie Demodulationsschaltungen. Die Geräte können auch mit einer Dekodiervorrichtung (Farbe) oder einer Trennschaltung für die Synchronisierung ausgestattet sein. Sie sind im Allgemeinen für den Empfang über eine Einzelantenne oder eine Gemeinschaftsantenne bestimmt (Hochfrequenzkabelfernsehen).
Das Ausgangssignal kann als Eingangssignal für Monitore oder für Geräte zur Bildaufnahme oder -wiedergabe verwendet werden. Dabei handelt es sich um das ursprüngliche Bildsignal der Kamera vor der Modulation durch den Sender.
Hierher gehören auch analoge Videotuner in Form von Modulen, die zumindest Hochfrequenzschaltungen (RF-Block), Zwischenfrequenzschaltungen (IF-Block) und Demodulationsschaltungen (DEM- Block) enthalten, wobei am Ausgang ein separates Audio- und ein CVB-Signal (Composite Video Baseband Signal) bereitstehen.
Hierher gehören auch digitale Videotuner in Form von Modulen, die zumindest den RF-Block, den IF-Block, den DEM-Block und einen MPEG-Decoder für digitales Fernsehen enthalten, wobei am Ausgang ein separates Audio- und ein digitales Videosignal bereitstehen.
Module, die sowohl einen analogen als auch einen digitalen Videotuner enthalten, gehören hierher, wenn eines der Module als vollständiger oder fertiger Videotuner gemäß der Allgemeinen Vorschrift 2 a) für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur einzureihen ist.
Ein Modul, das die oben genannten Voraussetzungen nicht erfüllt, ist als Teil in die Position 8529 einzureihen."

Laut den vorliegenden technischen Daten und Beschreibungen handelt es sich bei den verfahrensgegenständlichen Geräten nicht um Video- oder TV-Tuner. Dies wurde von der Bf auch ausdrücklich bestätigt.

Wenn es sich nicht um Videotuner handelt, sondern um andere Geräte, stehen zwei Unterpositionen zur Auswahl:

  • Geräte auf Mikroprozessorenbasis, mit eingebautem Modem für den Internetanschluss, für den interaktiven Informationsaustausch, geeignet zum Empfang von Fernsehsignalen (sog. "Set-Top-Boxen (STB) mit Kommunikationsfunktion", einschließlich Geräte, die mit einer Aufnahme- oder Wiedergabefunktion ausgestattet sind, vorausgesetzt, das Gerät behält den wesentlichen Charakter einer Set-Top-Box mit Kommunikationsfunktion) und

  • andere.

Die Zusätzlichen Anmerkung 2 zu Kapitel 85 lautet:

"Nur für die Zwecke der Unterpositionen 8528 71 15 und 8528 71 91 erfasst der Begriff "Modem" Geräte oder Vorrichtungen, die Eingangs- und Ausgangssignale modulieren und demodulieren, wie V.90-Modems oder Kabelmodems, sowie andere Geräte, die für den Zugang zum Internet ähnliche Technologien verwenden, wie WLAN, ISDN und Ethernet. Der Zugang zum Internet kann durch den Dienstanbieter beschränkt sein.
Geräte dieser Unterpositionen müssen einen wechselseitigen Kommunikationsprozess oder einen wechselseitigen Informationsfluss zur Herstellung eines interaktiven Informationsaustausches ermöglichen."

Laut Auskunft der Bf und den vorliegenden technischen Daten und Beschreibungen ist in die verfahrensgegenständlichen Geräte kein Modem im Sinne der vorstehenden Anmerkung eingebaut.
Daraus folgt, dass die gegenständlichen Geräte als andere Fernsehempfangsgeräte in die Position 8528 71 99 einzureihen sind (vgl ). Der vertragsgemäße Drittlandszollsatz für derartige Geräte hat am (Tag der Annahme der Zollanmeldung) 3,5 % betragen.

Die Einreihung der Tragetaschen in die Zolltarifnummer 4202 1211 00 ist von der Bf bei der mündlichen Verhandlung in der verbundenen Beschwerdesache RV/3200018/2023 am außer Streit gestellt worden.
Die Einreihung der Stative in die Zolltarifnummer 9620 0091 90 erfolgt antragsgemäß (entspricht auch der Einreihung durch das Zollamt in der Beschwerdevorentscheidung).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und eine Neuberechnung der Abgaben durchzuführen.

Gemäß § 62 ZollR-DG hat die Abänderung der Festsetzung von Einfuhrumsatzsteuer im Rechtsbehelfsverfahren zu unterbleiben, da die Bf als Empfänger für diese Abgabe nach den umsatzsteuerrechtlichen Vorschriften zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist.

Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Hinblick darauf, dass Mitgliedstaaten anderen Antragstellern anderslautende vZTA-Entscheidungen für diverse Projektoren erteilt haben und eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes über die Einreihung der verfahrensgegenständlichen Geräte fehlt, wird die Revision zugelassen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 62 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
Verweise








BFH , VII R 83/9
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.3200005.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at