Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.06.2024, RV/4100174/2024

Keine Zurücknahme des Antrages auf Arbeitnehmerveranlagung bei Pflichtveranlagung (aufgrund Freibetragsbescheid)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Andreas Wieser in der Beschwerdesache ***Bf1***, vertreten durch ***R2***, ***Adr-R2***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Frau ***R1***, geboren am ***Geb-R1*** und zuletzt wohnhaft in ***Adr-R1***, ist am ***StDat-R1*** verstorben.

Mit Beschluss des Bezirksgerichts ***X*** vom wurde der Sohn der Verstorbenen, Herr ***R2***, geboren am ***Geb-R2***, wohnhaft in ***Adr-R2***, (in weiterer Folge BfV) zum Verlassenschaftskurator iSd § 157 Abs 4 AußStrG bestellt und zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung 2020 für die Verlassenschaft ermächtigt.

Am reichte der Verlassenschaftskurator für die ***Bf1*** die Einkommensteuererklärung 2020 ein.

Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2020 mit einer Zahllast von Euro 362,00 festgesetzt.

In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde vom , eingelangt bei der Abgabenbehörde am , wurde bekanntgegeben, dass die freiwillig abgegebene Arbeitnehmerveranlagung 2020 zurückgezogen werde, da die Veranlagung zu einer Nachzahlung geführt habe.

Mittels Beschwerdevorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde die Beschwerde zurück und führte begründend aus, dass die gegenständliche Arbeitnehmerveranlagung verpflichtend durchzuführen war, folglich der Antrag nicht zurückgezogen werden könne. Die Pflichtveranlagung resultiere gemäß § 41 Abs 1 Z 4 EStG 1988 aus der Berücksichtigung eines Freibetragbescheids durch die pensionsauszahlende Stelle im Jahr 2020.

Am wurde fristgerecht ein Vorlageantrag eingebracht. Darin wird begründend ausgeführt, dass nie eine Aufforderung zur Abgabe der Arbeitnehmerveranlagung übermittelt wurde und diese freiwillig eingereicht worden sei. Aufgrund der sich aus dem Einkommensteuerbescheid ergebenen Nachforderung werde der Antrag zurückgezogen.

Die Abgabenbehörde legte die Beschwerde dem Verwaltungsgericht am zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Frau ***R1***, geboren am ***Geb-R1*** und zuletzt wohnhaft in ***Adr-R1***, ist am ***StDat-R1*** verstorben.

Am wurde für Frau ***R1*** ein Freibetragsbescheid gemäß § 63 Abs 1 EStG 1988 für das Jahr 2020 erlassen. Von den im Einkommensteuerbescheid für 2018 berücksichtigten Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen wurden Sonderausgaben in Höhe von Euro 730,00 abzüglich eines Pauschbetrags in Höhe von Euro 60,00, Zuwendungen gemäß § 18 Abs 1 Z 7 EStG 1988 in Höhe von Euro 65,00 und außergewöhnliche Belastungen aufgrund einer vorliegenden Behinderung in Höhe von Euro 6.608,27 berücksichtigt. Der Lohnsteuerfreibetrag für das Jahr 2020 betrug somit summiert Euro 7.343,27 bzw monatlich Euro 611,93.

Im Jahr 2020 bezog Frau ***R1*** vom ***AG1*** Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von Euro 21.413,88. Der Lohnfreibetrag gemäß dem Freibetragsbescheid vom in Höhe von Euro 7.343,77 wurde im Zuge der Lohnverrechnung steuermindernd berücksichtigt.

Mit Beschluss des Bezirksgerichts ***X*** vom wurde Herr ***R2*** zum Verlassenschaftskurator iSd § 157 Abs 4 AußStrG bestellt und zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung 2020 für die Verlassenschaft ermächtigt.

Am reichte der Verlassenschaftskurator für die ***Bf1*** die Einkommensteuererklärung 2020 ein.

Am erließ das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid 2020, in welchem eine Abgabennachforderung in Höhe von Euro 362,00 festgesetzt wurde. Diese Nachforderung resultiert aus dem Umstand, dass im Zuge der Lohnverrechnung im Jahr 2020 der Freibetragsbescheid berücksichtigt worden war, die tatsächlichen Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen jedoch in der Einkommensteuererklärung niedriger erklärt wurden, als jene die aufgrund des Freibetragsbescheids berücksichtigt worden sind.

Im Zuge des Beschwerdeverfahrens wurde die Zurücknahme des Antrags auf Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2020 erklärt.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt beruht auf dem vorgelegten Akt. Die Bestellung des Herrn ***R2*** zum Verlassenschaftskurator und dessen Ermächtigung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung der Verlassenschaft für das Jahr 2020 lässt sich dem Beschluss des Bezirksgerichts ***X*** vom entnehmen. Die Feststellungen zu den Einkünften der Frau ***R1*** im Jahr 2020 und die Berücksichtigung des Freibetragsbescheids vom im Zuge der Lohnverrechnung sind aus dem vorliegenden Lohnzettel des ***AG1*** ersichtlich. Festzuhalten ist, dass der vorliegende Sachverhalt Seitens des Beschwerdeführers nicht bestritten wird.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 63 Abs 1 EStG 1988 hat das Finanzamt für die Berücksichtigung bestimmter Ausgaben beim Steuerabzug vom Arbeitslohn gemeinsam mit einem Veranlagungsbescheid einen Freibetragsbescheid und eine Mitteilung zur Vorlage beim Arbeitgeber zu erlassen. Der Freibetragsbescheid und eine Mitteilung sind jeweils für das dem Veranlagungszeitraum zweitfolgende Jahr zu erstellen. Der Arbeitgeber hat gemäß § 64 Abs 1 EStG 1988 den auf der Mitteilung zur Vorlage beim Arbeitgeber ausgewiesenen Freibetrag beim Steuerabzug vom Arbeitslohn zu berücksichtigen.

In § 41 Abs 1 EStG 1988 werden die Voraussetzungen für eine Veranlagung von Amts wegen festgelegt, wenn im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten sind. Sind die Voraussetzungen nach § 41 Abs 1 EStG 1988 gegeben, so wird ein fehlerhafter Lohnsteuerabzug grundsätzlich im Zuge der Veranlagung korrigiert (vgl ).

Wurde ein Freibetragsbescheid gemäß § 63 EStG 1988 erlassen und ist aufgrund einer Mitteilung zur Vorlage beim Arbeitgeber ein Freibetrag im Rahmen der laufenden Lohnverrechnung berücksichtigt worden, ist, wenn im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten sind, der Abgabepflichtige gemäß § 41 Abs 1 Z 4 EStG 1988 zu veranlagen. Dies entspricht dem eindeutigen Wortlaut dieser Gesetzesbestimmung und der Absicht des Gesetzgebers ("dass ein Pflichtveranlagungstatbestand stets vorliegt, wenn ein Freibetragsbescheid bei der Lohnverrechnung berücksichtigt worden ist", vgl ErläutRV 1960 BlgNR 24. GP 22 zur Änderung des § 41 Abs 1 Z 4 EStG 1988). Die Veranlagung hat in diesem Fall von Amts wegen zu erfolgen (Pflichtveranlagung). Eine Wahlmöglichkeit durch den Abgabepflichtigen besteht nicht. Nur wenn die Voraussetzungen des § 41 Abs 1 EStG 1988 nicht vorliegen, kann gemäß § 41 Abs 2 EStG 1988 eine freiwillige Veranlagung auf Antrag des Steuerpflichtigen erfolgen (Antragsveranlagung).

Liegt kein Pflichtveranlagungstatbestand vor, können beantragte Veranlagungen bis zur Rechtskraft des Abgabenbescheides (vor Erlassung des Erstbescheides oder im Beschwerdeverfahren) wie andere Parteianträge zurückgezogen werden. In den Pflichtveranlagungsfällen des § 41 Abs 1 EStG 1988 ist eine Zurückziehung jedoch mangels Wahlmöglichkeit des Abgabepflichtigen nicht möglich (vgl Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG 1988, § 41 Anm 30; ; , RV/7105803/2015).

Im vorliegenden Fall ist ein Freibetragsbescheid gemäß § 63 Abs 1 EStG 1988 unbestritten bei der Lohnverrechnung berücksichtigt worden. Es liegt daher nach § 41 Abs 1 Z 4 EStG 1988 ein Pflichtveranlagungstatbestand vor. Der Antrag auf Veranlagung kann demgemäß nicht zurückgezogen werden.

Aus den vorstehend angeführten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Dass bei Berücksichtigung eines Freibetragsbescheides bei der Lohnverrechnung ein Pflichtveranlagungstatbestand vorliegt, ergibt sich unmittelbar aus § 41 Abs 1 Z 4 EStG. Es liegt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Zurücknahme Arbeitnehmerveranlagung
Pflichtveranlagung
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.4100174.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at