Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 02.05.2024, RV/7101328/2024

verspätete Beschwerde gegen einen nachweislich persönlich übernommenen Zurückweisungsbescheid;

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Edith Stefan über die Beschwerde der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum Juni 2023 bis Oktober 2023, beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO iVm § 278 Abs. 1 lit. a BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Verfahrensgang

Bescheid vom

Das Finanzamt forderte mit Bescheid vom von der Beschwerdeführerin (Bf.) die für ihre Töchter A., geb. 2004, und für B., geb. 2011, für den Zeitraum Juni 2023 bis Oktober 2023 bezogene Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge zurück.

Begründet wurde die Rückforderung für A. damit, dass die Bf. der Aufforderung, Unterlagen zu senden, nicht nachgekommen sei und somit ihre Mitwirkungspflicht (§ 119 Bundesabgabenordnung, BAO) verletzt habe. Eine Familienleistung könne nicht ausgezahlt werden. Das Kind lebe nicht im Haushalt der Bf und leiste die Bf auch nicht überwiegend die Unterhaltskosten für das Kind (§ 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967, FLAG 1967).

Die Rückforderung betreffend B. wurde damit begründet, dass die Bf. für mehr als ein Kind Familienbeihilfe bezogen habe und im Rückforderungsbetrag daher die anteilige Geschwisterstaffel für sämtliche Kinder enthalten sei, für die die Bf. im Rückforderungszeitraum zu Unrecht Familienbeihilfe erhalten habe (§ 8 Abs. 3 FLAG 1967).

Der Bescheid wurde nachweislich am von der Bf. an der Abgabestelle persönlich übernommen (Übernahmebestätigung RSb).

Beschwerde vom

Die Bf. brachte in ihrer mit datierten Beschwerde (eingelangt am ) vor, dass ihre Tochter A. im August 2023 die Aufnahmeprüfung bestanden habe und seit an der ***3*** Pharmazie studiere.

Im Nachtrag vom stellte die Bf. einen Antrag auf Aussetzung der Einhebung des Rückforderungsbetrages und schloss dem Schreiben die Beschwerde vom gegen den Rückforderungsbescheid vom bei. Die Bf führte im Nachtrag aus, alle Unterlagen gemeinsam rechtzeitig vor dem in das Postfach beim Finanzamt ***1*** abgegeben zu haben. Ihre Tochter A. wohne zwecks Besuch der Universität seit Juni 2023 in ***2*** und verdiene in Teilzeitbeschäftigung ungefähr netto 562€. Der Rest der Unterhaltskosten wie Strom, Gas, Wasser und Miete würden von ihrem Mann und ihr getragen und vom gemeinsamen Konto bezahlt werden (die Bf listete Kosten auf). Darüber hinaus hätten sie einen Antrag gestellt, die Familienbeihilfe direkt an ihre Tochter auszahlen zu lassen. Wenn sie gewusst hätte, dass dieser Antrag so viele Probleme bereiten würde, hätte sie diesen Antrag nie gestellt. Außerdem habe sie erfahren, dass sie die Familienbeihilfe von ihrer Tochter B. zurückzahlen müssten.

Beschwerdevorentscheidung vom

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit der Begründung zurück, dass eine Bescheidbeschwerde gemäß § 260 Bundesabgabenordnung (BAO) mit Beschwerdevorentscheidung oder mit Beschluss zurückzuweisen sei, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Die Beschwerde der Bf. vom gegen den Rückforderungsbescheid von zu Unrecht bezogene Familienbeihilfe für die Tochter A. vom sei zurückzuweisen, da die Beschwerde nicht rechtzeitig eingebracht worden sei.

Die Beschwerdefrist betrage grundsätzlich ein Monat ab Zustellung des Bescheides. Ein Bescheid gelte mit Hinterlegung an der Abgabenstelle (Geschäftsstelle des Zustelldienstes) als zugestellt. Im gegenständlichen Fall sei der Bescheid am zugestellt worden. Die Eingabe vom habe das Finanzamt daher verspätet erreicht.

Mitgeteilt werde, dass grundsätzlich aufgrund der Haushaltszugehörigkeit ihres Kindes zum Haushalt der Großmutter bei der Bf. kein Anspruch bestehe, sondern ein Antrag auf Familienbeihilfe von der Großmutter einzubringen wäre.

Vorlageantrag vom

Die Bf. bringt im Vorlageantrag zusammengefasst vor, dass das Finanzamt neue Dokumente angefordert habe, obwohl der Antrag nach dessen Sicht zu spät eingelangt sei. Es sei ihnen immer wieder versichert worden, dass sie sich keine Sorgen machen sollten, da die Fristen der Einreichung für Anträge für die Familienbeihilfe nicht so streng gehandhabt würden. Im Februar hätte ihr Mann erneut beim Finanzamt angerufen, um Auskunft über die Beschwerde zu erlangen. Er hätte die Auskunft erhalten, dass im Rahmen der Familienbeihilfe eine Fristüberschreitung nicht so genau genommen, sondern eine Kulanzlösung angestrebt werde. Laut dem Bescheid müssten die Großeltern den Antrag auf Familienbeihilfe stellen. Ihre Tochter sei volljährig und lebe in einer WG mit ihren Großeltern und liege nicht unter deren Obhut. Es bestehe auf keinen Fall eine Haushaltszugehörigkeit. Aus den genannten Gründen würden sie bitten, die Entscheidung zu revidieren und die Familienbeihilfe auf das Konto ihrer Tochter zu überweisen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Unstrittiger Sachverhalt:

Die Versendung des Rückforderungsbescheides vom wurde vom Finanzamt mit Rückscheinbrief RSb veranlasst.

Der Bescheid wurde von der Bf. nachweislich am an der Abgabestelle persönlich übernommen.

Die Bf. hat keinen Antrag auf Fristverlängerung gemäß § 245 Abs. 3 BAO gestellt.

Sie hat die Beschwerde am persönlich beim Finanzamt abgegeben.

Die Beschwerde wurde, wie sich aus den nachstehenden rechtlichen Ausführungen ergibt, verspätet eingebracht.

Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Familienbeihilfenakt, insbesondere aus der Übernahmebestätigung des von der Bf. übernommenen Rückforderungsbescheides und dem Stempel auf dem Beschwerdeschreiben mit dem Datum des Einlangens beim Finanzamt.

Gesetzesgrundlagen:

Gemäß § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat.

Nach § 245 Abs. 3 BAO ist die Beschwerdefrist auf Antrag von der Abgabenbehörde aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt, zu verlängern. Durch einen Antrag auf Fristverlängerung wird der Lauf der Beschwerdefrist gehemmt.

Gemäß § 264 Abs. 1 Satz 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag).

Wird ein Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht, so gilt die Bescheidbeschwerde von der Einbringung des Antrages an wiederum als unerledigt. Die Wirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung wird durch den Vorlageantrag nicht berührt.

Gemäß § 108 Abs. 2 BAO enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates.

Gemäß § 108 Abs. 3 BAO werden Beginn und Lauf einer Frist durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.

Nach § 260 Abs. 1 lit b BAO ist eine nicht fristgerecht eingebrachte Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen.

Erledigungen werden gemäß § 97 Abs. 1 BAO dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind.

Die Bekanntgabe erfolgt gemäß § 97 Abs. 1 lit. a BAO bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung.

Nach § 13 Abs. 1 ZustellG ist das Dokument dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen.

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde einen Monat.

Die einmonatige Frist zur Erhebung eines Rechtsmittels gegen den Rückforderungsbescheid begann mit der persönlichen Übernahme des Bescheides durch die Bf. am zu laufen und endete mit Ablauf des .

Die am direkt beim Finanzamt eingebrachte Beschwerde war somit verspätet.

Die Bf. hat die Möglichkeit zur Einbringung eines Fristverlängerungsantrag nach § 245 Abs. 3 BAO nicht wahrgenommen.

Die Beschwerdevorentscheidung hat auch den Charakter eines Vorhaltes. Die Bf. wendet sich in ihrem Vorlageantrag ausschließlich gegen den Inhalt des Rückforderungsbescheides. Gegen die in der Beschwerdevorentscheidung (ausschließlich) angeführten Gründe für die Zurückweisung hat die Bf. keine Einwendungen erhoben. Es wurden von ihr auch keine Angaben gemacht, aus denen Hinweise auf einen Zustellmangel hervorgingen. Umstände, die auf einen solchen hinweisen, sind im vorliegenden Fall auch nicht aktenkundig.

Die in der Beschwerdevorentscheidung aufgrund der Bestimmung des § 245 Abs.1 iVm § 260 Abs. 1 lit. b BAO ausgesprochene Zurückweisung der Beschwerde wegen verspäteter Einbringung erfolgte daher zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Hinweis:

Bezüglich des Anspruchs auf Familienbeihilfe für A. wird auf die Ausführungen des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung verwiesen, wonach bei Haushaltszugehörigkeit von A. zum Haushalt der Großmutter bei der Bf. kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestünde. Ein allenfalls bestehender Anspruch der Großmutter bzw ein Eigenanspruch der Tochter wäre bei Einbringung eines entsprechenden Antrags von der Abgabenbehörde zu prüfen.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Frage, ob ein Rechtsmittel rechtzeitig erhoben wurde, ist eine Sachverhaltsfrage, die nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung zu lösen ist.

Sachverhaltsfragen sind einer Revision nicht zugänglich.

Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde und die Rechtsfolgen bei Versäumung dieser Frist ergeben sich unmittelbar aus den gesetzlichen Bestimmungen, daher liegt auch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Im Übrigen wurde der Rechtsprechung des VwGH gefolgt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 245 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 108 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 108 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 1 Satz 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 97 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 97 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101328.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at