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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 27.05.2024, RV/7101326/2024

Verspätung des Vorlageantrages; kein Nachweis einer Ortsabwesenheit;

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Edith Stefan der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für die Zeiträume März 2020 bis Februar 2021 und Oktober 2021 bis September 2022, beschlossen:

Der Vorlageantrag vom wird gemäß § 278 Abs. 1 lit. a BAO und § 264 Abs. 4 lit. e BAO in Verbindung mit § 260 Abs. 1 lit. b BAO als verspätet zurückgewiesen.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Die Beschwerdeführerin (Bf.) stellte am bei laufendem Bezug der Familienbeihilfe einen Antrag auf Weitergewährung der Familienbeihilfe für ihre Tochter T. ab Oktober 2020 wegen Berufsausbildung.

Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt von der Bf. die für T. für die Zeiträume März 2020 bis Februar 2021 und Oktober 2021 bis September 2022 bezogenen Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge zurück, da diese im Sommersemester 2020, Wintersemester 2020, Wintersemester 2021 und Sommersemester 2022 im Hauptstudium keine Prüfungen abgelegt hatte.

Die Bf. brachte in ihrer Beschwerde vom vor, dass sie im Oktober 2022 einen positiven Bescheid betreffend Familienbeihilfe erhalten habe und daher die Rückzahlung fragwürdig sei. Zudem habe die Tochter im 1. Studienjahr 27 ECTS-Punkte erreicht, womit auch der Zeitraum März 2020 bis September 2020 abgedeckt sei und aufgrund von § 15 FLAG 1967 habe für den Zeitraum März 2020 bis inkl. März 2021 wegen der Covid-19-Pandemie keine Rückforderung erfolgen dürfen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde mit der Begründung abgewiesen, dass Familienbeihilfe für volljährige Studierende zustehe, wenn das Kind das 24. Lebensjahr noch nicht erreicht habe, eine im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuche, das Kind ordentliche Studierende oder ordentlicher Studierender sei und sich innerhalb der vorgesehenen Studienzeit (§ 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967) befinde.

Familienbeihilfe stehe bei einer ernsthaften und zielstrebigen Ausbildung zu. Eine Ausbildung gelte als ernsthaft und zielstrebig, wenn das Kind die volle Zeit dafür verwende und in angemessener Zeit zu Prüfungen antrete. Das treffe bei der Tochter der Bf. nicht zu. Laut Sammelzeugnis der UNI Wien habe T. im Sommersemester 2020, im Wintersemester 2020/21 und im Wintersemester 2021/22 keine positiven oder negativen Prüfungen im Hauptstudium Geographie abgelegt.

Die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung in die FinanzOnline Databox/Nachrichten der Bf. erfolgte am .

Die Bf. stellte am einen Vorlageantrag, welcher am beim Finanzamt einlangte.

Der Vorlageantrag wurde wie folgt begründet:

"1. Sachverhalt und bisheriger Verfahrensgang

Meine Tochter T. ist am tt.09.1999 geboren und wurde im September 2023 24 Jahre alt. Sie nahm im Wintersemester 2019 das Bachelorstudium Geografie an der Universität Wien auf und studierte dieses seither ernsthaft und zielstrebig (Beilage 1: Studienzeitnachweis: Beilage 2: Sammelzeugnis).

Mit dem Rückforderungsbescheid Einzahlung vom forderte das Finanzamt die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag für das Sommersemester 2020 und das Wintersemester 2020 (März 2020 bis Februar 2021) sowie für das Wintersemester 2021 und das Sommersemester 2022 (Oktober 2021 bis September 2022) in der Höhe von insgesamt 5.904 Euro zurück. Begründet wurde die Rückforderung damit, dass meine Tochter nicht ernsthaft und zielstrebig studiert hätte: "Laut Ihren Angaben ist das Hauptstudium von T. das Bachelorstudium Geografie. Laut Studienerfolgsnachweis wurden im Sommersemester 2020, im Wintersemester 2020/21, im Wintersemester 2021/22 und im Sommersemester 2022 keine Prüfungen abgelegt."

Dagegen erhob ich rechtzeitig eine Bescheidbeschwerde. Diese wurde nun erneut mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen:

"… 2. Inhaltliche Begründung der Rechtswidrigkeit

Keine Prüfungen in gewissen Zeiträumen: T. meldete sich ausschließlich für Prüfungen an, für die sie sich bestens vorbereitet fühlte, was erklärt, dass sie in der gesamten Studienzeit nur eine negative Prüfung vorweisen kann. Der Unabhängige Finanzsenat Graz hat in einer Entscheidung vom zur Zahl RV/0129-G/07 ein ernsthaftes und zielstrebiges Studium auch in einem Fall angenommen, in dem keinerlei Prüfungsantritt absolviert wurde. Auch das Bundesfinanzgericht geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass ein ernsthaftes und zielstrebiges Studium grundsätzlich auch ohne Absolvierung von Prüfungen möglich ist ().

Sommersemester 2020 als "neutrales" Semester: Aufgrund der Covid-19 Bestimmungen gilt das Sommersemester 2020 als neutral und ist somit nicht in die Anspruchsdauer miteinzurechnen und auch nicht beim Studienwechsel zu berücksichtigen. Darüber hinaus sollen fehlende Studienleistungen in diesem Semester nicht zu Nachteilen führen. Daher ist die Rückforderung der Beihilfe für dieses Semester schon aus diesem Grund nicht rechtmäßig.

Aber auch die Rückforderung der anderen Semester ist unrechtmäßig, weil meine Tochter sowohl in den vorhergehenden Studienjahren den nötigen Mindestnachweis erreichte, als auch ein ernsthaftes und zielstrebiges Studium in den betreffenden Semestern nachweisen kann.

Nachweis im vorhergehenden Studienjahr: Das Bundesfinanzgericht stellte in seiner Entscheidung klar, dass die Familienbeihilfe nicht zurückgefordert werden kann, wenn im vorigen Jahr der Mindestnachweis voriiegt und zusätzlich ein ernsthaftes und zielstrebiges Studium nachgewiesen werden kann (siehe ).

T. hat im 1. Studienjahr (Wintersemester 2019 und Sommersemester 2020) mit ihren 27 ECT5- Punkten den nötigen Leistungsnachweis von mindestens 16 ECTS-Punkten oder 8 Semesterwochenstunden klar erfüllt. Auch im 2. Studienjahr (Wintersemester 2020 und Sommersemester 2021) liegt der nötige Nachweis mit 10 Semesterwochenstunden ebenfalls vor.

Somit ist jeweils die Voraussetzung für den Bezug der Familienbeihilfe im darauffolgenden Studienjahr erfüllt. Darüber hinaus hat meine Tochter auch ernsthaft und zielstrebig studiert. Im Folgenden möchte ich auf die gegenständlichen Semester eingehen:

Sommersemester 2020: T. nahm an einigen Lehrveranstaltungen teil, arbeitete mit und fertigte Mitschriften an: "290222-1 VO Einführung in die Wirtschaftsgeographie", "290024-1 VO Grundzüge der Bevölkerungsgeographie" "290152-1 VO Grundzüge der Biogeographie", "290232-1 VO Grundzüge der Klimageographie und Hydrogeographie". Aufgrund der Corona Pandemie fanden alle Lehrveranstaltungen online statt, was die Studienbedingungen für sie erheblich erschwerte. Im Heimstudium lernte sie für folgende Prüfungen: "Einführung in die Wirtschaftsgeographie", "Grundzüge der Biogeographie", "Grundzüge der Klimageographie und Hydrogeographie" und "Grundzüge der Bevölkerungsgeographie". Die belastende Situation aufgrund der Pandemie führte dazu, dass sie keine Prüfungen positiv abschließen konnte.

Wintersemester 2020: Im Wintersemester 2020 besuchte T. die Vorlesung "060035-1 VO Einführung in das alte Ägypten: Überblick". Aufbauende Lehrveranstaltungen konnte sie im Wintersemester 2020 nicht besuchen, da der Abschluss der Prüfungen des Sommersemesters 2020 (Grundzüge der Bevölkerungsgeographie, Einführung in die Wirtschaftsgeographie) dafür Voraussetzung gewesen wäre. Deswegen fing sie das Erweiterungscurriculum "Ägyptologie" an und lernte für die im kommenden Sommersemester 2021 anstehenden Prüfungen, z.B. "Biogeographie", "Wirtschaftsgeographie" und "Bildverarbeitung und Fernerkundung". All diese Prüfungen hat sie dann auch im darauffolgenden Semester positiv abgeschlossen.

Wintersemester 2021: In diesem Semester konzentrierte sie sich auf das Erweiterungscurriculum "Psychologie" ("Klinische Psychologie" und später auch "Gesundheitspsychologie"}. Sie besuchte die Vorlesung "200010-1 VO EC Klinische Psychologie" und "290164-1 VO Grundzüge der Geomorphologie". Darüber hinaus lernte sie anhand der über Moodle zur Verfügung gestellten Unterlagen und bereitete sich auf die nächsten Prüfungen (VO System Erde, VO Grundzüge der Bodengeographie und Geoökologie, VO Grundzüge der Klimageographie und Hydrogeographie) vor.

Sommersemester 2022: Im Sommersemester 2022 besuchte T. die Vorlesung "290232-1 VO Grundzüge der Klimageographie und Hydrogeographie" und bereitete sich auf die Prüfung darauf vor. Dabei handelte es sich um eine sehr aufwendige und schwierige Prüfung im Studium, weshalb sie intensiv damit beschäftigt war.

Wie dargestellt ist T. eine bemühte und zielstrebige Studentin, die regelmäßig Vorlesungen besuchte, Mitschriften anfertigte, sich intensiv auf Prüfungen vorbereitete und auch zu Prüfungen antrat. Als Beleg dafür lege ich eine Liste der besuchten Lehrveranstaltungen und diverse Mitschriften vor (Beilage 3: Nachweise Studienaktivität

3. Anträge- Die angefochtene Beschwerdevorentscheidung wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben und auszusprechen, dass mir die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag zustand.- Falls nicht alle zu meinen Lasten gehenden Rechtswidrigkeiten in der angefochtenen Beschwerdevorentscheidung geltend gemacht wurden, diese amtswegig aufzugreifen bzw. allenfalls einen Verbesserungsauftrag zu erteilen…"

Das Bundesfinanzgericht ersuchte die Bf. mit Beschluss vom unter Setzung einer zweiwöchigen Frist, beginnend ab Zustellung des Beschlusses, um Bekanntgabe, ob die Bf. zum Zeitpunkt der Zustellung der mit datierten Beschwerdevorentscheidung, zugestellt am in die Databox der Bf., zB wegen Urlaub, ortsabwesend war. Eine Ortsabwesenheit und die Rückkehr an die Abgabestelle wären durch entsprechende Unterlagen nachzuweisen.

Der Beschluss wurde nachweislich am durch Hinterlegung (Abholfrist am ) zugestellt.

Eine Beantwortung ist nicht erfolgt und hat die Bf auch keinen wirksamen und begründeten Fristverlängerungsantrag gestellt.

Erwägungen und rechtliche Beurteilung:

Die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung in die FinanzOnline Databox/Nachrichten der Bf. erfolgte am .

Die Bf. stellte am einen Vorlageantrag, welcher am beim Finanzamt einlangte.

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem von der belangten Behörde elektronisch vorgelegten Familienbeihilfenakt.

Gemäß § 243 Bundesabgabenordnung (BAO) sind gegen Bescheide, die Abgabenbehörden erlassen, Beschwerden (Bescheidbeschwerden) an die Verwaltungsgerichte zulässig, soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt ist.

Nach § 245 erster Satz BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat.

Die Bescheidbeschwerde ist gemäß § 260 Abs 1 BAO mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie

a) nicht zulässig ist oder
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

§ 264 Abs. 1 BAO bestimmt:

Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag).

Für Vorlageanträge ist gemäß § 264 Abs. 4 lit e BAO § 260 Abs. 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung) anzuwenden.

§ 97 Abs 1 BAO bestimmt, dass Erledigungen dadurch wirksam werden, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind.

Gemäß § 1 Abs 2 FinanzOnline-Verordnung 2006 ist die automationsunterstützte Datenübertragung nur zulässig für Funktionen, die "dem jeweiligen Teilnehmer" in FinanzOnline "zur Verfügung stehen". Das setzt - für die Zustellung von Erledigungen in die "Databox" - voraus, dass dem Empfänger die für den Zugriff darauf erforderlichen Zugangsdaten "zur Verfügung stehen".

§ 1 Abs. 3 FinanzOnline-Verordnung 2006 idgF lautet:

"(3) Parteien und deren Vertreter, die an FinanzOnline teilnehmen und dafür von den Abgabenbehörden Zugangsdaten erhalten, haben diese, auch wenn sie selbst bestimmt wurden, sorgfältig zu verwahren, soweit zumutbar Zugriffe darauf zu verhindern und die Weitergabe der Zugangsdaten zu unterlassen. Die Ausstellung von weiteren Zugangsdaten und deren Weitergabe zum Zweck der Einräumung von Zugriffsrechten an andere Personen ist im eigenen Verantwortungsbereich des Teilnehmers nach Maßgabe der für den jeweiligen Teilnehmer zur Verfügung stehenden Funktionen (Abs. 2) zulässig, doch haben die so berechtigten Personen dieselben Sorgfaltspflichten, insbesondere dürfen die Zugangsdaten nicht weitergegeben werden. Der Teilnehmer darf Zugriffsrechte nur natürlichen Personen einräumen."

Gemäß § 5b Abs 1 der FinanzOnline-Verordnung 2006 (FOnV 2006) in der für den vorliegenden Beschwerdefall maßgeblichen Fassung des BGBl II Nr 373/2012, haben die Abgabenbehörden nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen.

Nach § 5b Abs 3 erster FOnV 2006 in der oben genannten Fassung kann ein Teilnehmer in FinanzOnline auf die elektronische Form der Zustellung verzichten. Zu diesem Zweck ist ihm bei seinem ersten nach dem erfolgenden Einstieg in das System unmittelbar nach erfolgreichem Login die Verzichtsmöglichkeit aktiv anzubieten. Die Möglichkeit zum Verzicht ist auch nach diesem Zeitpunkt jederzeit zu gewährleisten.

§ 98 BAO lautet:

Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind Zustellungen nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, vorzunehmen; das gilt nicht für den 3. Abschnitt des ZustG (Elektronische Zustellung).

Elektronisch zugestellte Dokumente gelten als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Der Empfänger ist somit während seiner Abwesenheit von der Abgabestelle (zB während seines Urlaubes) vor zustellrechtlichen Folgen einer ihm nicht zur Kenntnis gelangten elektronischen Zustellung geschützt (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 98 (Stand , rdb.at).

Der Verwaltungsgerichtshof erstellte zum Erkenntnis vom31.07.2013, 2009/13/0105, folgenden Rechtssatz:

Die Erläuterungen zu § 98 Abs. 2 BAO enthalten den Satz, der Zeitpunkt, in dem die Daten "in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt" seien, sei "bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox" (270 BlgNR 23. GP 13). Die Auffassung, "die Databox" im Sinne dieses Satzes könne nur eine solche sein, zu der der Empfänger Zugang habe, findet Deckung im Gesetz, weil sich ein Speicherbereich, zu dem der Empfänger keinen Zugang hat, nicht als sein "elektronischer Verfügungsbereich" verstehen lässt. Gemäß § 1 Abs. 2 der FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97, ist die automationsunterstützte Datenübertragung auch nur zulässig für Funktionen, die "dem jeweiligen Teilnehmer" in FinanzOnline "zur Verfügung stehen". Das setzt - für die Zustellung von Erledigungen in die "Databox" - voraus, dass dem Empfänger die für den Zugriff darauf erforderlichen Zugangsdaten "zur Verfügung stehen". In Bezug auf die Frage, wann Letzteres so zutrifft, dass die Zustellung in die "Databox" zulässig und die Einbringung der Daten in diesen Speicherbereich mit der in § 98 Abs. 2 erster Satz BAO normierten Rechtsfolge verbunden ist, bedarf es aber einer Abgrenzung gegenüber Abruf- und Empfangsproblemen, die sich aus der Verwahrung und dem Gebrauch der dem Empfänger zur Verfügung gestellten Zugangsdaten ergeben (vgl. in diesem Zusammenhang auch die den Teilnehmern in § 1 Abs. 3 der zitierten Verordnung auferlegten Sorgfaltspflichten). § 98 Abs. 2 dritter Satz BAO steht dem nicht entgegen. Die Wirksamkeit der Zustellung wird darin - nach dem Muster des § 17 Abs. 3 Zustellgesetz - an eine negative Bedingung geknüpft, die vom Verhalten des Empfängers abhängt und deren Nichterfüllung meist erst nachträglich hervorkommt. Das Gesetz beschränkt die damit - in der Form nicht bloß einer Wiedereinsetzungsmöglichkeit, sondern der vorläufigen Unwirksamkeit der Zustellung - verbundene Berücksichtigung der nicht rechtzeitigen Kenntnis vom Zustellvorgang aber ausdrücklich auf den von der belangten Behörde nicht angenommenen Fall der Abwesenheit von der Abgabestelle."

Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Im Beschwerdefall ist die mit datierte Beschwerdevorentscheidung elektronisch in die FinanzOnline-Databox der Bf. am zugestellt worden.

Der Zeitpunkt, in dem Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind, ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 98 (Stand , rdb.at).

Auf das tatsächliche Einsehen der in der Databox befindlichen elektronischen Dokumente durch Öffnen, Lesen, oder Ausdrucken eines Schriftstückes kommt es nicht an (vgl Ritz, BAO6, § 98 BAO, Tz 4 und die dortigen Judikaturhinweise).

Die Bf. ist FON-Teilnehmerin und hat die elektronische Zustellung aktiviert. Sie hat entsprechend der Bestimmung des § 5bVOnV 2006 in der maßgeblichen Fassung der elektronischen Zustellung von behördlichen Erledigungen über FinanzOnline zugestimmt und diese Zustimmung bis zum Zustellzeitpunkt nicht widerrufen.

Das FA durfte somit die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung vom in die Databox des FON-Kontos der Bf. vornehmen. Die Beschwerdevorentscheidung gelangte am in den elektronischen Verfügungsbereich der Bf. und gilt daher entsprechend der Bestimmung des § 98 Abs. 2 BAO am als zugestellt.

Die einmonatige Frist zur Stellung des Vorlageantrages begann daher gemäß § 109 BAO am zu laufen und endete am .

Die Bf. hat den Vorlageantrag tatsächlich erst am beim Finanzamt eingebracht. Zu diesem Zeitpunkt war die einmonatige Frist zur Einbringung des Vorlageantrages aber bereits abgelaufen.

Die Bf wurde mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom aufgefordert, innerhalb von zwei Wochen mitzuteilen, ob sie zum Zeitpunkt der Zustellung der Beschwerdevorentscheidung vom , zugestellt in ihre Databox am , ortsabwesend war. Im Falle der Abwesenheit von der Abgabestelle wären dem Bundesfinanzgericht entsprechende Nachweise über die Abwesenheit und den Zeitpunkt ihrer Rückkehr zur Abgabestelle vorzulegen.

Der Beschluss des Bundesfinanzgerichtes wurde nachweislich am durch Hinterlegung zugestellt (vgl. Rückschein mit Beginn der Abholfrist am Dienstag, den ).

Die Bf hat seitdem keine Angaben zu einer im Zeitpunkt der Zustellung der Beschwerdevorentscheidung vorliegenden Ortsabwesenheit gemacht und auch keine Fristverlängerung zur Einreichung von diesbezüglichen Unterlagen wirksam beantragt (vgl. § 85 Bundesabgabenordnung). Ein Zustellmangel ist hinsichtlich der Beschwerdevorentscheidung daher nicht nachgewiesen.

Nach Ablauf der gesetzlich vorgesehenen Frist eingebrachte Vorlageanträge sind gemäß § 260 Abs. 1 lit b BAO iVm § 264 Abs. 4 lit e BAO als verspätet zurückzuweisen. Dies hat durch das BFG mit Beschluss zu erfolgen (§ 278 BAO).

Die Wirkung eines rechtzeitig eingebrachten Vorlageantrages gemäß § 264 Abs. 3 Satz 1 BAO - nämlich die Geltung der Beschwerde als unerledigt - ist hier wegen Verspätung der Einbringung des Vorlageantrages nicht eingetreten. Vielmehr ist die Beschwerde vom weiterhin durch die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom erledigt.

Da aus formalen Gründen die Zurückweisung des Vorlageantrages auszusprechen war, war auf die materiellen Einwendungen der Bf. im Vorlageantrag nicht mehr einzugehen.

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision nicht zulässig, da sich die Rechtsfolge unmittelbar aus dem Gesetz ergibt und es sich daher um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG handelt. Die Beurteilung von Tatfragen, wie die Rechtzeitigkeit von eingebrachten Rechtsmitteln, ist einer Revision nicht zugänglich. Das Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht ist einzustellen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 243 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 245 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 109 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 97 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 5b Abs. 1 FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006
§ 98 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101326.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at