Unberechtigter Mängelbehebungsauftrag (wegen gleichzeitiger Ermittlungshandlung zur Vorlage von Unterlagen im Mängelbehebungsauftrag)
Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2024/15/0055. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ehemaligen ***FA*** vom , nunmehr Finanzamt Österreich DS *** , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Inhaltlich strittig ist die Berechnung von Tages- und Nächtigungsgeldern sowie von Kilometergeldern im Zusammenhang mit der Kürzung des Pauschbetrages bei Vertretern (siehe Verordnung zu BGBl. II 68/2018) -Aufhebung durch VfGH zu V 45/2017-6 v. und V60/2018-4 v. ). Die Kostenersätze kürzen den Pauschbetrag erst ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 2018 (Anpassung der LStR 2002 in der Fassung Wartungserlass 2018 -Streichung der bisherigen Ausnahme für Vertreter).
Im Zuge der Überprüfung dieses Beschwerdefalles war aber letztlich ausschließlich eine verfahrensrechtliche Frage im Zusammenhang mit einem vom ehemaligen Finanzamt DS *** durchgeführten Mängelbehebungsverfahren zu klären (Mängelbehebungsauftrag des Finanzamtes vom ).
I. Verfahrensgang
Aus dem Vorlagebericht des Finanzamtes DS *** v. geht Folgendes hervor:
"Der Mängelbehebungsauftrag vom wurde nicht beantwortet. Am wurde ein Zurücknahmebescheid erlassen. Beweismittel: Unterlagen im Akt
Stellungnahme des ehemaligen Finanzamtes DS ***:
Abweisung bzw. Zurückweisung der Beschwerde. Vom Arbeitgeber gezahlte Tages- und Nächtigungsgelder sowie Kilometergelder kürzen den Pauschbetrag. Bei Vertretern kürzen die Kostenersätze erst ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 2018 den Pauschbetrag. Die Kostenersätze gem. § 26 EStG 1988 in Höhe von € 3.831,30 wurden gegengerechnet. Diese sind höher als das Vertreterpauschale. Das Pauschale für Politiker in Höhe von € 438,00 wurde bei der Veranlagung berücksichtigt."
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Sachverhalt ist unstrittig.
Der Mängelbehebungsauftrag des ehem.Finanzamtes v. (Team AV 01) hatte folgenden Wortlaut:
"Ihre Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid vom weist hinsichtlich dem Fehlen eines Inhaltserfordernisses die nachfolgenden Mängel auf:
Fehlen eines Inhaltserfordernisses gemäß § 250 Abs. 1 BAO
- Eine Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird
- Eine Erklärung, welche Änderungen beantragt werden- Eine Begründung
- Vorlage eine Aufstellung und Belegen (Kopien) und Zahlungsnachweisen der beantragten übernommen Pflegekosten der Eltern
Die angeführten Mängel sind beim ***FA*** gemäß § 85 Abs. 2 BAO bis zum zu beheben. Bei Versäumung dieser Frist gilt das Anbringen als zurückgenommen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Erledigung ist gemäß § 244 Bundesabgabenordnung ein abgesondertes Rechtsmittel nicht
zulässig. Sie kann erst in der Beschwerde gegen den die Angelegenheit abschließenden Bescheid angefochten werden".
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich insbesondere aus den vom Finanzamt vorlegten elektronischen Aktenteilen (vor allem aus dem Mängelbehebungsauftrag v. ).
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
Gemäß § 85 Abs. 2 BAO berechtigen Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Män-gel, Fehlen einer Unterschrift) die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung. Inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt, werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.
Gemäß § 250 Abs. 1 BAO hat eine Beschwerde
a) die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet,
b) die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird,
c) die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden und
d) eine Begründung zu enthalten.
Die Rechtsfolgen bei einem nicht, nicht zeitgerecht oder unzureichendem entsprochenem Mängelbehebungsauftrag gelten nur für rechtmäßige Mängelbehebungsaufträge.
Der Mängelbehebungsauftrag des Finanzamtes vom erweist sich aber -nach der Aufassung des Richters- als nicht berechtigt, weil dieser Auftrag eine Ermittlungs-(Erhebungshandlung) des Finanzamtes hinsichtlich der beantragten übernommen Pflegekosten der Eltern des Bfs. beinhaltete. Diese "Verknüpfung" mit einem gleichzeitigen Erhebungsauftrag des Finanzamtes (abverlangter Nachweis von Unterlagen) war unzulässig.
In den Fällen eines unberechtigten Mängelbehebungsauftrages tritt die Zurücknahmefiktion nicht ein (vgl. sinngemäß zum Mängelbehebungsauftrag im Falle der Prüfung der Begründungserfordernisse der Beschwerde zu VwGH 2007/15/0135 v. -alte Rechtslage zu § 275 BAO).
Nach der Aufassung des Richters macht dieser Fehler den gesamten Mängelbehebungsauftrag rechtswidrig, sodass die weitere Verfahrenshandlung (Zurücknahmebescheid v.) rechtswidrig war.
Aus den angeführten Gründen war daher der Beschwerde stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht ist von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen. Im Beschwerdefall war darüber hinaus keine Rechtsfrage zu lösen, die über den Einzelfall hinaus Relevanz zu entfalten vermag. Die (ordentliche) Revision war daher als unzulässig zu erklären.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 85 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | unberechtigter Mängelbehebungsauftrag ("Verknüpfung" mit Erhebungsauftrag) |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.5101463.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at