Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.07.2024, RV/2100444/2023

Kein FB-Anspruch bei Überschreiten der vorgesehenen Studienzeit pro Studienabschnitt um mehr als ein Semester

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Abweisungsbescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Antrag vom auf Zuerkennung der Familienbeihilfe für Kind, geb. xx.xx.2000, für den Zeitraum ab Juni 2023, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird für die Monate Juni 2023 bis September 2023 gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der im Spruch genannte Sohn der Beschwerdeführerin (Bf.) übermittelte mit Schreiben vom sein Reife- und Diplomprüfungszeugnis der Handelsakademie ***1*** vom und teilte mit, dass er sich bis Ende Februar 2021 beim Bundesheer befinde.

Ab dem Wintersemester 2021/22 war der Sohn der Bf. an der Universität ***2*** für das Diplomstudium der Rechtswissenschaften (UB 101) gemeldet.

Da die Beschwerdeführerin nach dem 1. Studienjahr des Sohnes sowohl das Anspruchsüberprüfungsschreiben des Finanzamtes vom als auch das Erinnerungsschreiben vom nicht beantwortete, wurde sie mit Mitteilung vom über den Wegfall des Anspruches der Familienbeihilfe ab Oktober 2022 informiert.

Am beantragte die Bf. die Zuerkennung der Familienbeihilfe für ihren Sohn ab sofort und legte die Inskriptionsbestätigung der Universität ***2*** für das Studium der Rechtswissenschaften im Sommersemester 2023, das Studienblatt für das Sommersemester 2023, die Studienzeitbestätigung vom über die Meldung des Sohnes in der Studienrichtung Rechtswissenschaften (UB 101, STP 2018W) für das Wintersemester 2021, das Sommersemester 2022, das Wintersemester 2022 und das Sommersemester 2023 sowie den Studienerfolgsnachweis vom vor, wonach der Sohn bei Prüfungen im Zeitraum vom bis insgesamt 19 ECTS-Punkte erreichte. Davon entfallen auf des 1. Studienjahr (2021/22) nur 2,5 ECTS und auf das 2. Studienjahr (2022/23) 16,5 ECTS.

Nach § 1 des Curriculum 2018 für das Diplomstudium der Rechtswissenschaften dauert das Studium 8 Semester und ist in drei Studienabschnitte gegliedert. Der 1. Studienabschnitt umfasst 2 Semester, der 2. Studienabschnitt 4 Semester und der 3. Abschnitt 2 Semester. Mit der positiven Beurteilung aller Teile einer Diplomprüfung wird der betreffende Studienabschnitt abgeschlossen.

Mit Bescheid vom wurde vom Finanzamt der o.g. Antrag der Bf. ab Juni 2023 abgewiesen. Begründend wurde unter Hinweis auf § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 ausgeführt, dass Familienbeihilfe erst wieder zustehe, wenn der Sohn die Teilprüfung der ersten Diplomprüfung absolviert habe, diese hätte bereits im Februar 2023 abgeschlossen werden müssen.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht die Beschwerde mit der Begründung, dass für das Studienjahr 2022/23 der erforderliche Leistungsnachweis von 16 ECTS erbracht worden sei und sie ersucht die Zuerkennung der Familienbeihilfe ab Juli 2023.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab. In der Begründung wurde unter Verweis auf § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 ausgeführt:
"Ihr Sohn ***3*** hat im Wintersemester 21/22 das Diplomstudium Rechtswissenschaften begonnen. Der Erfolgsnachweis im Umfang von 8 Semesterwochenstunden bzw. 16 ECTS konnte nach dem 1. Studienjahr nicht erbracht werden. Die erreichten ECTS verfallen und die Zählung beginnt mit Wintersemester 22/23 erneut, der Studienerfolg wurde laut Studienerfolgsnachweis am erreicht.
Das Diplomstudium Rechtswissenschaften ist in mehrere Studienabschnitte geteilt, wobei jeder Abschnitt für sich selbst zu beurteilen ist. Der 1. Studienabschnitt umfasst 3 Semester (inklusive eines Toleranzsemesters), d.h. der Abschluss des 1. Semesters
[gemeint: der Abschluss des 1. Studienabschnittes] hätte bereits 02/2023 erfolgen müssen.
Da der 1. Abschnitt nicht innerhalb der zulässigen Studiendauer abgeschlossen wurde, besteht erst dann wieder Anspruch auf die Familienbeihilfe sobald Ihr Sohn
***3*** diesen erreicht hat."

Daraufhin brachte die Beschwerdeführerin eine weitere Beschwerde ein, die als Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) gewertet wird. In der Begründung wird ausgeführt:
"Das Diplomstudium Rechtswissenschaften UB 101 befindet sich seit Oktober 2022 in einem neuen Studienplan.
Dieser wurde von 3 Studienabschnitten auf 2 Abschnitte umgestellt, umfasst jedoch eine größere Stoffmenge mit zahlreich neuen Lehrveranstaltungen. Um den ersten Abschnitt von gesamt zwei im neuen Studienplan somit absolvieren zu können, steht jedem/r Student/in 6 Semester lang die Kinderbeihilfe zu.
Ich ersuche Sie somit höflichst, mir die seit Oktober 2022 zulässige und die aktuell fortlaufende Kinderbeihilfe zu genehmigen und zu übermitteln
."

Nach § 2 des Curriculum 2022 für das Diplomstudium der Rechtswissenschaften dauert das Studium acht Semester und besteht aus zwei Studienabschnitten. Der erste Studienabschnitt dauert 5 Semester und der zweite Studienabschnitt 3 Semester. Mit der positiven Beurteilung aller Lehrveranstaltungen der zum Studienabschnitt zugehörigen Module sowie freien Wahlfächer wird der erste Studienabschnitt abgeschlossen. Das Studium ist mit positiver Absolvierung aller Lehrveranstaltungen aller Module, der freien Wahlfächer, der Diplomarbeit sowie der Diplomprüfung abgeschlossen.

In der Stellungnahme zum Vorlagebericht des Finanzamtes vom wird ausgeführt:
"Der Sohn der Bf. hat im Oktober 2020 maturiert (Dok.8) und studiert seit Oktober 2021 nach dem Studienplan 2018W im Diplomstudium Rechtswissenschaften an der Universität ***2*** (Dok.2, Seite 8).
Der Studienplan 2018W für das Diplomstudium Rechtswissenschaften an der Universität
***2*** sieht eine Gliederung in drei Studienabschnitte vor. Dabei umfasst der 1. Studienabschnitt zwei Semester, der 2. Studienabschnitt vier Semester und der 3. Studienabschnitt zwei Semester (Dok.7).
Die laut FLAG 1967 vorgesehene Studienzeit inkl. Toleranzsemester beträgt drei Semester für den 1. Studienabschnitt. Im gegenständlichen Fall hatte der Sohn der Bf. für die Ablegung der 1. Diplomprüfung hinsichtlich des Anspruchs auf Familienbeihilfe somit von Wintersemester 2021 bis inkl. Wintersemester 2022, d.h. bis Februar 2023, Zeit.
Laut vorgelegtem Studienerfolgsnachweis vom (Dok.2, Seite 9) hat der Sohn im Wintersemester 2021 eine Prüfung mit 2,5 ECTS positiv abgeschlossen. Für das Sommersemester 2022 sind keine positiven Prüfungsantritte des Sohnes dokumentiert. Im Wintersemester 2022 konnte der Sohn Prüfungen im Ausmaß von 10,5 ECTS erfolgreich ablegen.
Ein Abschluss des 1. Studienabschnittes durch den Sohn der Bf. innerhalb der Toleranzfrist ist nicht protokolliert (Dok.16).
Wenn die Bf. nunmehr im Vorlageantrag vom (Dok.6) vorbringt, dass beim Diplomstudium Rechtswissenschaften an der Universität
***2*** seit Oktober 2022 ein neuer Studienplan (Dok.10) vorliege, welcher nur zwei Studienabschnitte mit fünf bzw. drei Semester umfasse, dann übersieht sie, dass dieser neue Studienplan auf ihren weiterhin nach dem Studienplan 2018W (Dok.2, Seite 8) studierenden Sohn nicht anzuwenden ist.
Mangels Ablegung der 1. Diplomprüfung bis längstens Februar 2023 steht der Bf. für den Sohn daher ab Juni 2023 keine Familienbeihilfe zu. Ein neuerlicher Familienbeihilfenanspruch entsteht erst wieder mit Abschluss des 1. Studienabschnittes
."

Nach der Vorlage der Beschwerde übermittelte das Finanzamt zur Information den Antrag der Bf. auf Zuerkennung der Familienbeihilfe vom für ihren Sohn ab Oktober 2023 mit folgenden Beilagen:
- Studienzeitbestätigung der Universität ***2*** für den Sohn vom über einen Studienplanwechsel nach 4 Semester von UB 101 STP 2018W auf UB 100 STP 2022W ab dem Wintersemester 2023,
- Inskriptionsbestätigung für das Wintersemester 2023/24 und
- (der bereits vorgelegte) Studienerfolgsnachweis vom mit 19 ECTS-Punkten.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Sohn der Beschwerdeführerin studierte ab dem Wintersemester 2021/22 an der Universität ***2*** das Diplomstudium der Rechtswissenschaften UB 101 nach dem Studienplan (STP) 2018W.

Nach § 1 des Curriculum 2018 für das Diplomstudium der Rechtswissenschaften dauert das Studium 8 Semester und ist in drei Studienabschnitte gegliedert. Der 1. Studienabschnitt umfasst 2 Semester, der 2. Studienabschnitt 4 Semester und der 3. Abschnitt 2 Semester. Mit der positiven Beurteilung aller Teile einer Diplomprüfung wird der betreffende Studienabschnitt abgeschlossen.

Die Beschwerdeführerin bezog während des Studiums des Sohnes Familienbeihilfe bis September 2022, also für 2 Semester. Da nach dem 1. Studienjahr Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nicht nachgewiesen werden konnten, wurde die Auszahlung der Familienbeihilfe ab Oktober 2022 eingestellt.

In der Folge absolvierte der Sohn der Bf. im 2. Studienjahr (2022/2023) Prüfungen im Ausmaß von 16,5 ECTS-Anrechnungspunkten und die Beschwerdeführerin beantragte ab Juni 2023 wiederum die Familienbeihilfe.

Da der Sohn den ersten Studienabschnitt = 2 Semester + Toleranzsemester > Ende Februar 2023 - bis zur Antragstellung am nicht abgeschlossen hatte, wies das Finanzamt den Antrag vom mit Bescheid vom ab.

Der Sohn der Beschwerdeführerin wechselte ab Oktober 2023 im Rahmen des Studiums der Rechtswissenschaften vom Studienplan (STP) 2018W zum STP 2022W.

Die Beschwerdeführerin stellte am neuerlich einen Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe für ihren Sohn ab Oktober 2023.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt stützt sich auf den Inhalt des Verwaltungsaktes und auf die dem Gericht vorgelegten Unterlagen der belangten Behörde bzw. der Beschwerdeführerin.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) idgF haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß.

Nach § 10 Abs. 2 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Nach § 1 des Curriculum 2018 für das Diplomstudium der Rechtswissenschaften dauert das Studium 8 Semester und ist in drei Studienabschnitte gegliedert. Der 1. Studienabschnitt umfasst 2 Semester, der 2. Studienabschnitt 4 Semester und der 3. Abschnitt 2 Semester. Mit der positiven Beurteilung aller Teile einer Diplomprüfung wird der betreffende Studienabschnitt abgeschlossen.

Nach § 2 des Curriculum 2022 für das Diplomstudium der Rechtswissenschaften dauert das Studium acht Semester und besteht aus zwei Studienabschnitten. Der erste Studienabschnitt dauert 5 Semester und der zweite Studienabschnitt 3 Semester. Mit der positiven Beurteilung aller Lehrveranstaltungen der zum Studienabschnitt zugehörigen Module sowie freien Wahlfächer wird der erste Studienabschnitt abgeschlossen. Das Studium ist mit positiver Absolvierung aller Lehrveranstaltungen aller Module, der freien Wahlfächer, der Diplomarbeit sowie der Diplomprüfung abgeschlossen.

§ 8 des Curriculum 2022 lautet:
In-Kraft-Treten des Curriculums (Curriculum 2022) und Übergangsbestimmungen:
1. Dieses Curriculum tritt mit in Kraft.
2. Studierende des Diplomstudiums Rechtswissenschaften, die bei In-Kraft-Treten dieses Curriculums am dem Curriculum der Fassung 18W unterstellt sind, sind berechtigt, ihr Studium nach den Bestimmungen des Curriculums in der Fassung 18W innerhalb von 10 Semestern abzuschließen. Wird das Studium bis zum nicht abgeschlossen, sind die Studierenden dem Curriculum für das Diplomstudium Rechtswissenschaften in der jeweils gültigen Fassung zu unterstellen. Studierende nach dem bisher gültigen Curriculum sind jederzeit während der Zulassungsfristen berechtigt, sich dem aktuell gültigen Curriculum zu unterstellen.
3. Studierende, die bei In-Kraft-Treten dieses Curriculums am dem Curriculum der Fassung 18W unterstellt sind, haben nach freiwilligem Umstieg in das vorliegende Curriculum das Recht, die Diplomprüfung gemäß § 7 in Form einer Defensio gemäß den Bestimmungen des Curriculum 18W zu absolvieren, sofern sie zumindest fünf Fachprüfungen des Curriculum 18W erfolgreich absolviert hatten.
4. […].

Diplomstudien sind in Studienabschnitte unterteilt. Ein Studienabschnitt eines Diplomstudiums wird jeweils mit einer Diplomprüfung abgeschlossen. Als Nachweis dient das Diplomprüfungszeugnis (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 2 Rz 79).

Bei Studienrichtungen mit mehreren Studienabschnitten ist jeder Studienabschnitt für sich zu betrachten. Eine Berufsausbildung ist nur dann anzunehmen, wenn
- die vorgesehene Studienzeit
- pro Studienabschnitt
- um nicht mehr als ein Semester
überschritten wird.
Spätestens ein Semester nach Ablauf der vorgesehenen Studiendauer des Studienabschnittes (Mindeststudiendauer) ist somit der Nachweis erforderlich, dass der Studienabschnitt erfolgreich abgeschlossen wurde (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 § 2 Rz 76).

Unter "vorgesehene Studienzeit" ist jene in Semestern oder Studienjahren definierte Zeitspanne zu verstehen, die in den jeweiligen Studienvorschriften für die Absolvierung eines Studienabschnittes oder des Studiums festgelegt ist. Mit dem in § 2 Abs. 1 lit b 2. Satz genannten Begriff "vorgesehene Studienzeit" wird auf die gesetzliche Studiendauer bzw. die "Mindeststudiendauer" eines Studiums oder des jeweiligen Studienabschnittes verwiesen (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 § 2 Rz 77).

Ist das Studium nach den maßgeblichen Studienvorschriften in Semester gegliedert, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn die vorgesehene Studienzeit um nicht mehr als ein Semester pro Studienabschnitt überschritten wird (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg) FLAG2 § 2 Rz 80).

Bei Überschreiten der in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 für einen Studienabschnitt vorgesehenen Studienzeit zuzüglich des "Toleranzsemester" fällt der Familienbeihilfenanspruch weg, der jedoch bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen dann "wieder auflebt", wenn der betreffende Studienabschnitt verspätet, aber doch positiv absolviert ist (vgl. ).

Wird ein Studienabschnitt innerhalb der vom FLAG 1967 für diesen vorgesehenen Zeit (also i.d.R. Mindeststudienzeit plus "Toleranzsemester") nicht abgeschlossen, fällt der Anspruch auf Familienbeihilfe weg (vgl. und ).

Ein Bescheid über die Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe "ab" einem bestimmten Anspruchszeitraum, ohne im Spruch einen Endpunkt festzusetzen, gilt nach der ständigen Rechtsprechung jedenfalls für den Zeitraum bis einschließlich jenes Kalendermonats, in welchem der Bescheid erlassen wird, ungeachtet dessen, ob sich zwischen dem Anfangszeitpunkt und diesem Zeitpunkt die Sach- oder Rechtslage geändert hat. Ein solcher Bescheid gilt jedoch über diesen Zeitpunkt der Bescheiderlassung hinaus solange weiter, als sich die der Bescheiderlassung zugrunde liegende Sach- und Rechtslage nicht ändert (vgl. ausdrücklich , und ). Wird somit nach Erlassung eines solchen Bescheides neuerlich ein Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe gestellt, so hat das Finanzamt zu prüfen, ob oder zu welchem Zeitpunkt sich die Sach- und Rechtslage geändert hat (vgl. ).

Der VwGH hat im Erkenntnis vom , 2010/16/0084, ausgeführt:
"Bei der Beurteilung, ob der Anspruch auf Familienbeihilfe für den Anspruchszeitraum gegeben ist, ist grundsätzlich eine ex ante Prüfung vorzunehmen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , 2012/16/0008, und vom , 2011/16/0062)."
Familienbeihilfe wird eben nicht am Ende eines Studiums rückwirkend zuerkannt, sondern nach der Bestimmung des § 10 FLAG für den einzelnen Monat bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen für diesen jeweiligen Monat. Ist daher der erste Studienabschnitt nicht innerhalb der vorgesehenen Studienzeit zuzüglich des "Toleranzsemesters" absolviert, so besteht der Anspruch auf Familienbeihilfe nicht deshalb weiter, weil bei einer ex post Betrachtung nach Ende des Studiums die Gesamtstudienzeit nicht überschritten worden wäre.
Eine wörtliche Auslegung des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG, wonach eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen ist, wenn die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester überschritten wird, ergäbe, dass bei einer Überschreitung der Studiendauer nach dem ersten Studienabschnitt keine Berufsausbildung mehr (auch im zweiten Studienabschnitt) vorläge.
Die Bestimmung, dass eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen ist, wenn das Kind die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester überschreitet, wurde durch das Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201, eingeführt. Die Materialien (72 Blg NR, 20. GP, 294 f) führen dazu aus, dass bei Studierenden die Familienbeihilfe in Anlehnung an das Studienförderungsgesetz grundsätzlich nur mehr dann gewährt werden soll, wenn die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt ein Semester nicht überschreitet.
Die teleologische Auslegung dieser Anordnung des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG führt anhand der Aussagen in den Materialien bei der Einführung der Bestimmung, dass die Regelung an das Studienförderungsgesetz angelehnt werden solle, dazu, dass bei Überschreiten der in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG vorgesehenen Studienzeit zuzüglich des ,Toleranzsemesters' der Familienbeihilfenanspruch wegfällt, jedoch bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen dann (analog zu § 18 Abs. 2 StudFG) ,wieder auflebt', wenn der betreffende Studienabschnitt verspätet, aber doch positiv absolviert ist.
Die belangte Behörde ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass der Anspruch auf Familienbeihilfe für F mit Ende des fünften Semesters im ersten Studienabschnitt weggefallen ist. Ein ,Wiederaufleben' dieses Anspruches, das Vorliegen der Voraussetzungen für diesen Anspruch, nimmt die belangte Behörde mit dem späteren positiven Abschluss des ersten Studienabschlusses an
."

Im Beschwerdefall steht fest, dass es sich bei dem vom Sohn des Bf. betriebenen Studium der Rechtswissenschaften um ein Diplomstudium handelt und dieses nach dem STP 2018W in drei Studienabschnitte gegliedert ist sowie dass die Universität ***2*** eine in § 3 Studienförderungsgesetz genannte Einrichtung ist. Das Curriculum 2018 hatte lt. Studienzeitbestätigung der Universität ***2*** vom für das Studium des Sohnes für den Zeitraum Oktober 2021 bis September 2023 Gültigkeit.

Der Sohn der Bf. hat die Prüfungen des ersten Studienabschnittes nicht innerhalb der vorgesehenen Studienzeit inklusive eines Toleranzsemesters abgelegt, deshalb wurde der Bezug der Familienbeihilfe mit Ablauf des Monats September 2022 eingestellt.

In Analogie zu der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des VwGH geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass der Anspruch auf Familienbeihilfe der Bf. für ihren Sohn nach dem Wechsel des Studienplans ab Oktober 2023 für das Studienjahr 2023/24 "wieder auflebt", da einerseits der 1. Studienabschnitt des betriebenen Studiums lt. Curriculum 2022 auf 5 Semester erhöht wird und andererseits der Sohn im vorangegangenen Studienjahr 2022/23 16,5 ECTS-Punkte erzielen konnte.
Die Mindeststudienzeit des 1. Studienabschnitts zuzüglich Toleranzsemester, das sind 6 Semester seit Beginn des Studiums, endet nunmehr Ende September 2024.

Über den Antrag der Beschwerdeführerin vom auf Zuerkennung der Familienbeihilfe für ihren Sohn ab Oktober 2023 hat jedoch das Finanzamt die materiellen Voraussetzungen der Familienbeihilfe zu prüfen.

Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 für den Familienbeihilfe-Anspruch der Beschwerdeführerin liegen für die beantragten Monate Juni bis September 2023 nicht vor, da der Sohn vor dem Studienplanwechsel im Oktober 2023 die Mindeststudienzeit incl. Toleranzsemester nach dem STP 2018W" überschritten hat.

Daher war wie im Spruch zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im Beschwerdefall kein Rechtsproblem strittig ist, sondern der als erwiesen anzunehmende Sachverhalt in freier Beweiswürdigung festgestellt wurde und das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht, ist gegen dieses Erkenntnis eine (ordentliche) Revision nicht zulässig.

Graz, am

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