Parkometerabgabe Verwaltungsstrafsache: Verspäteter Einspruch gegen die Strafverfügung/Abweisung der Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. Gerhard Konrad in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde der Beschuldigten vom gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom , GZ. MA67/GZ/2023, mit dem der Einspruch vom gegen die Strafverfügung vom , mit derselben Geschäftszahl, gemäß § 49 Abs 1 VStG als verspätet zurückgewiesen wurde, zu Recht:
I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Zurückweisungsbescheid bestätigt.
II. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten ist kraft Gesetzes nicht zulässig. Gegen diese Entscheidung ist eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien vom , GZ. MA67/GZ/2023, wurde Frau ***Bf1*** (in weiterer Folge: Beschwerdeführerin) der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung für schuldig erkannt und über sie nach § 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von 60,00 Euro verhängt und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden festgesetzt.
Der mit E-Mail am eingebrachte Einspruch gegen diese Strafverfügung wurde vom Magistrat der Stadt Wien gemäß § 49 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) als verspätet zurückgewiesen.
Der Zurückweisungsbescheid der belangten Behörde vom , GZ. MA67/GZ/2023, wurde folgendermaßen begründet:
"Die Strafverfügung wurde nach einem Zustellversuch vom am bei der Postgeschäftsstelle Post Wien hinterlegt (Hinterlegung gern. § 17 Abs. 1 ZustG) und ist ab dem zur Abholung bereitgehalten worden, da Ihnen das Schriftstück beim Zustellversuch nicht übergeben werden konnte. Das Schriftstück wurde Ihnen am auf der Post-Geschäftsstelle ausgefolgt.
Mit dem Tag der Bereithaltung zur Abholung gilt gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz eine hinterlegte Sendung als zugestellt. Die im § 49 Abs. 1 VStG festgesetzte zweiwöchige Einspruchsfrist begann daher am und endete am .
Der Einspruch wurde trotz richtiger und vollständiger Rechtsmittelbelehrung jedoch erst am mittels E-Mail, somit nach Ablauf der im § 49 Abs. 1 VStG festgesetzten zweiwöchigen Einspruchsfrist eingebracht.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Rechtsmittelfrist eine zwingende, auch durch die Behörde nicht erstreckbare gesetzliche Frist. Der Behörde ist es deshalb durch die verspätete Einbringung des Einspruchs rechtlich verwehrt eine Sachentscheidung zu treffen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."
In der Beschwerde vom wurde ausgeführt:
"Mit diesem E-Mail möchte ich Einspruch gegen Zurückweisungsbescheid von erheben. Ich bin eine Pensionistin mit einem schwer krankem Kind. Eine Geldbuße in der Höhe von 60 Euro greift sehr tief in meiner Haushaltskasse, noch dazu, wie schon erwähnt, ich diese Tat überhaupt nicht begangen habe, und ein anderer an jenem Tag mein Auto fuhr und auch später Parkgebühren widrig in 4 Bezirk parkte. Bitte haben sie Verständnis für mein Situation und geben sie mein Einspruch statt."
Der Magistrat der Stadt Wien legte mit Vorlagebericht vom die Beschwerde samt Verwaltungsstrafakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Strafverfügung vom wurde der Beschwerdeführerin am durch Hinterlegung zugestellt.
Der Einspruch gegen die verfahrensgegenständliche Strafverfügung wurde am per E-Mail eingebracht.
2. Beweiswürdigung
Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung wird der Beweis, dass eine Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist, durch den eine öffentliche Urkunde darstellenden Zustellnachweis (Rückschein) erbracht, gegen den jedoch gemäß § 292 Abs 2 ZPO in Verbindung mit § 24 VStG und § 47 AVG der Gegenbeweis zulässig ist. Behauptet jemand, es liege ein Zustellmangel vor, so hat er diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet sind (, mwN).
Nach dem im Akt aufliegenden Zustellnachweis (AS 14) wurde die Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien vom , GZ. MA67/GZ/2023, der Beschwerdeführerin nach einem erfolglosen Zustellversuch vom am durch Hinterlegung zugestellt (und der Beschwerdeführerin persönlich am ausgefolgt). Entgegenstehendes wurde von der Beschwerdeführerin nicht behauptet.
Somit geht das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung von der wirksamen Zustellung der verfahrensgegenständlichen Strafverfügung mit deren Bereithaltung zur Abholung in der Postgeschäftsstelle Post am aus.
3. Rechtliche Beurteilung
Rechtzeitigkeit des Einspruches (Spruchpunkt I.)
Der Gegenstand des Beschwerdeverfahrens bei Zurückweisung eines Einspruches wegen Verspätung beschränkt sich ausschließlich auf die Frage, ob der Einspruch innerhalb der Frist des § 49 Abs 1 VStG eingebracht wurde.
§ 49 Abs 1 VStG normiert:
"Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat."
§ 33 AVG normiert auszugsweise:
"(4) Durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen können, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, nicht geändert werden."
Die gesetzlich normierte und nicht erstreckbare, zweiwöchige Einspruchsfrist begann - wie sich aus den obigen Feststellungen und der diesbezüglichen Beweiswürdigung ergeben hat - mit der Bereithaltung zur Abholung (in der Postgeschäftsstelle Post) am Dienstag, und endete somit am Dienstag, , um 24:00 Uhr dieses Tages.
Der mit E-Mail am eingebrachte Einspruch ist somit verspätet eingebracht, weshalb dessen Zurückweisung durch die belangte Behörde zu Recht erfolgte.
Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin im angefochtenen Zurückweisungsbescheid über die Möglichkeit der Beantragung einer solchen belehrt wurde und diese nicht beantragt hat. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ist auch nicht strittig.
Gemäß § 44 Abs 3 Z 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung einer Verhandlung absehen, wenn sich die Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.
Diese kumulativen Voraussetzungen des § 44 Abs 3 Z 4 VwGVG waren im Beschwerdefall, in dem es um die Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid betreffend Einspruch gegen die näher genannte Strafverfügung gegangen ist, der Fall. Das Absehen von der mündlichen Verhandlung bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 44 Abs 3 Z 4 VwGVG erscheint sowohl aus Parteieninteressen als auch aus Zweckmäßigkeitsüberlegungen (Interesse der Öffentlichkeit an der möglichst raschen und sparsamen Vollziehung) gerechtfertigt.
Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) ist die Beschwerde daher als unbegründet abzuweisen und der angefochtene Zurückweisungsbescheid zu bestätigen.
Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt II.)
Das Erkenntnis basiert im Wesentlichen auf der Klärung von Sachverhaltsfragen. Im vorliegenden Fall ist das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu verneinen, weil sich die Frist zur Erhebung eines Einspruches und die Rechtsfolgen der Versäumung dieser Frist unmittelbar aus dem Gesetz ergeben (vgl § 49 VStG). Die Revision für die belangte Behörde ist daher unzulässig.
Die Revision wegen Verletzung in Rechten (Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG) ist im Hinblick auf Bestrafungen nach dem Wiener Parkometergesetz 2006 gemäß § 25a Abs 4 VwGG absolut unzulässig, weil wegen der der Bestrafung zugrundeliegenden Verwaltungsübertretung bloß eine Geldstrafe von bis zu 365 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und in der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Strafverfügung lediglich eine Geldstrafe von 60 Euro verhängt wurde. In diesem Zusammenhang wird auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen, nach der der Begriff der "Verwaltungsstrafsache" auch rein verfahrensrechtliche Entscheidungen, die in einem Verwaltungsstrafverfahren ergehen, einschließt (vgl. den mwN).
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 49 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005 § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7500273.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at