Lohnzettel-Übermittlung nach erfolgter Einkommensteuerveranlagung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Adresse Bf***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022 zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang:
Am brachte der Beschwerdeführer (Bf) seine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2022 auf elektronischem Weg beim Finanzamt ein.
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für das Jahr 2022 fest. Den darin ausgewiesenen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit lagen zum einen die von der ***Arbeitgeberin 1*** via ELDA übermittelten, den Zeitraum bis umfassenden Lohnzetteldaten und zum anderen das im Zeitraum bis bezogene Arbeitslosengeld zugrunde. Die festgesetzte Einkommensteuer belief sich auf - 2.451,00 Euro (Abgabengutschrift).
Am , also nach erfolgter Einkommensteuerveranlagung, übermittelte die ***Arbeitgeberin 2*** via ELDA einen den Zeitraum bis umfassenden Lohnzettel.
Das Finanzamt nahm daraufhin mit Bescheid vom das Einkommensteuerverfahren für das Jahr 2022 wieder auf und setzte mit Bescheid vom selben Tag die Einkommensteuer für das Jahr 2022 unter Einbeziehung der von der ***Arbeitgeberin 2*** übermittelten Lohnzetteldaten neu fest. Die festgesetzte Einkommensteuer belief sich auf - 1.157,00 Euro. Unter Berücksichtigung der im - anlässlich der Wiederaufnahme des Verfahrens aufgehobenen - Einkommensteuerbescheid 2022 vom ausgewiesenen festgesetzten Einkommensteuer in Höhe von - 2.451,00 Euro (Abgabengutschrift) ergab sich eine Abgabennachforderung in Höhe von 1.294,00 Euro.
In seiner Beschwerde vom wandte sich der Bf gegen ebendiese aus dem Einkommensteuerbescheid 2022 vom resultierende Abgabennachforderung in Höhe von 1.294,00 Euro. Er führte hierzu im Wesentlichen aus, dass er diese Abgabennachforderung aufgrund des an ihn schon vorher ausbezahlten Betrages überhaupt nicht verstehe. Hätte er nicht zufällig FinanzOnline eingesehen, wüsste er nicht mal was vom Bescheid.
In seiner abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom führte das Finanzamt im Wesentlichen aus, der Bf habe in seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung die Anzahl der Arbeitgeber mit 1 angegeben. Daraufhin habe das Finanzamt am den Erstbescheid mit einer Gutschrift von 2.451,00 Euro erlassen. In der Folge sei jedoch noch ein Lohnzettel der ***Arbeitgeberin 2*** übermittelt worden. Die im Erstbescheid ausgewiesene Gutschrift in Höhe von 2.451,00 Euro sei daher zu hoch gewesen. Aus diesem Grund sei eine amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens mit der richtigen Gutschrift in Höhe von 1.157,00 Euro durchgeführt worden. Die Nachforderung der Differenz in Höhe von 1.294,00 Euro sei daher zurecht festgesetzt worden.
Mit Schreiben vom erhob der Bf einen Vorlageantrag, woraufhin das Finanzamt den Beschwerdeakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorlegte und dabei die Abweisung der Beschwerde beantragte.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Festgestellter Sachverhalt:
Die Beschäftigungsverhältnisse des Bf stellten sich im Jahr 2022 wie folgt dar:
Vom bis zum stand er in einem Dienstverhältnis zur ***Arbeitgeberin 1***. Nachdem er in der Folge vom bis zum Arbeitslosengeld bezogen hatte, war er vom bis zum bei der ***Arbeitgeberin 2*** als Dienstnehmer beschäftigt.
In seiner am auf elektronischem Weg beim Finanzamt eingereichten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2022 gab er die "Anzahl bezugsauszahlender Stellen" mit 1 an.
Mit Bescheid vom wurde der Bf zur Einkommensteuer für das Jahr 2022 veranlagt. In die darin ausgewiesenen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit flossen neben dem Arbeitslosengeldbezug nur die von der ***Arbeitgeberin 1*** via ELDA übermittelten Lohnzetteldaten ein. Die ***Arbeitgeberin 2*** hatte zum Zeitpunkt der Erlassung des gegenständlichen Bescheides noch keinen Lohnzettel übermittelt.
Die Berechnung der Einkommensteuer stellt sich im genannten Bescheid daher wie folgt dar:
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Lohnzettel ***Arbeitgeberin 1*** (steuerpflichtige Bezüge - KZ 245) | 10.252,13 Euro |
Arbeitslosengeldbezug (aufgrund durchgeführter Kontrollrechnung gemäß § 3 Abs 2 EStG 1988) | 3.354,54 Euro |
Pauschbetrag für Werbungskosten | - 132,00 Euro |
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit | 13.474,67 Euro |
Gesamtbetrag der Einkünfte | 13.474,67 Euro |
Kirchenbeitrag (Sonderausgaben) | - 250,00 Euro |
Einkommen | 13.224,67 Euro |
Einkommensteuer vor Abzug der Absetzbeträge 0% für die ersten 11.000,00 Euro 20% für die restlichen 2.224,67 Euro | 444,93 Euro |
Verkehrsabsetzbetrag | - 1.050,00 Euro |
Teuerungsabsetzbetrag | - 500,00 Euro |
Einkommensteuer nach Abzug der Absetzbeträge | - 1.105,07 Euro |
Erstattung SV-Beiträge in Höhe von 1.550,00 Euro davon erstattungsfähig gemäß § 33 Abs 8 EStG 1988 - 1.105,07 Euro | - 1.105,07 Euro |
Steuer für die sonstigen Bezüge 0% für die ersten 620,00 Euro 6% für die restlichen 3.127,75 Euro | 187,67 Euro |
Einkommensteuer | - 917,40 Euro |
Anrechenbare Lohnsteuer | - 1.534,05 Euro |
Rundung gemäß § 39 Abs 3 EStG 1988 | 0,45 Euro |
Festgesetzte Einkommensteuer | - 2.451,00 Euro |
Abgabengutschrift | 2.451,00 Euro |
Am , also nach erfolgter Einkommensteuerveranlagung, übermittelte die ***Arbeitgeberin 2*** via ELDA einen den Zeitraum bis umfassenden Lohnzettel.
Das Finanzamt nahm daraufhin mit Bescheid vom das Einkommensteuerverfahren für das Jahr 2022 wieder auf und setzte mit Bescheid vom selben Tag die Einkommensteuer für das Jahr 2022 unter Einbeziehung der von der ***Arbeitgeberin 2*** übermittelten Lohnzetteldaten neu fest.
Die Berechnung der Einkommensteuer stellt sich im letztgenannten Bescheid daher wie folgt dar:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Lohnzettel ***Arbeitgeberin 1*** (steuerpflichtige Bezüge - KZ 245) | 10.252,13 Euro |
Lohnzettel ***Arbeitgeberin 2*** (steuerpflichtige Bezüge - KZ 245) | 7.889,36 Euro |
Arbeitslosengeldbezug (aufgrund durchgeführter Kontrollrechnung gemäß § 3 Abs 2 EStG 1988) | 3.354,54 Euro |
Werbungskosten für Homeoffice-Pauschale | - 33,00 Euro |
Pauschbetrag für Werbungskosten | - 132,00 Euro |
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit | 21.331,03 Euro |
Gesamtbetrag der Einkünfte | 21.331,03 Euro |
Kirchenbeitrag (Sonderausgaben) | - 250,00 Euro |
Einkommen | 21.081,03 Euro |
Einkommensteuer vor Abzug der Absetzbeträge 0% für die ersten 11.000,00 Euro 20% für die weiteren 7.000,00 Euro 32,50% für die restlichen 3.081,03 Euro | 2.401,33 Euro |
Verkehrsabsetzbetrag | - 661,45 Euro |
Teuerungsabsetzbetrag | - 271,35 Euro |
Einkommensteuer nach Abzug der Absetzbeträge | 1.468,53 Euro |
Steuer für die sonstigen Bezüge 0% für die ersten 620,00 Euro 6% für die restlichen 4.426,53 Euro | 265,59 Euro |
Einkommensteuer | 1.734,12 Euro |
Anrechenbare Lohnsteuer | - 2.891,57 Euro |
Rundung gemäß § 39 Abs 3 EStG 1988 | 0,45 Euro |
Festgesetzte Einkommensteuer | - 1.157,00 Euro |
Bisher festgesetzte Einkommensteuer (Abgabengutschrift; siehe Einkommensteuerbescheid 2022 vom ) | 2.451,00 Euro |
Abgabennachforderung | 1.294,00 Euro |
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zu den Beschäftigungsverhältnissen des Bf im Jahr 2022 gründen sich auf die aktenkundigen Lohnzetteldaten sowie auf eine Abfrage der sozialversicherungsrechtlichen Daten des Bf (AJ-WEB-Auskunftsverfahren).
Dass der Bf in seiner am auf elektronischem Weg beim Finanzamt eingereichten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2022 die "Anzahl bezugsauszahlender Stellen" mit 1 angab, ergibt sich aus dem vom Finanzamt dem Bundesfinanzgericht anlässlich der Beschwerdevorlage übermittelten Auszug aus der genannten Erklärung. Eine Einsichtnahme in den elektronischen Finanzamtsakt bestätigt dies.
Dass die ***Arbeitgeberin 2*** den Lohnzettel via ELDA am übermittelte, ist ebenfalls dem elektronischen Finanzamtsakt (L 16 Lohnzettel-Auskunft) zu entnehmen, wo als ELDA-Übermittlungszeitpunkt der hinterlegt ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung):
Vorweg ist zum Beschwerdeschreiben vom der Klarstellung halber Folgendes zu bemerken:
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH kommt es für die Beurteilung von Parteianträgen nicht auf die Bezeichnung von Schriftsätzen und zufälligen verbalen Formen an, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes. Maßgebend für die Wirksamkeit einer Prozesserklärung ist das Erklärte, nicht das Gewollte. Allerdings ist das Erklärte der Auslegung zugänglich. Parteierklärungen sind nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen, dh es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss. Im Zweifel ist dem Anbringen einer Partei, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt. Bei undeutlichem Inhalt eines Anbringens ist die Behörde gehalten, die Absicht der Partei zu erforschen (vgl , mit zahlreichen Hinweisen auf Vorjudikatur).
Im Beschwerdeschreiben vom ist der Einkommensteuerbescheid "2023" (gemeint wohl 2022) vom als angefochtener Bescheid genannt. Weiters heißt es in der Beschwerde ua, dass "mit dem angefochtenen Bescheid […] eine Steuernachforderung von 1.294,00 € festgesetzt [wurde]." Dazu ist zu bemerken, dass der Abgabennachforderungsbetrag in Höhe von 1.294,00 Euro nicht im Einkommensteuerbescheid 2022 vom , sondern im Einkommensteuerbescheid 2022 vom ausgewiesen ist. Hinzu kommt, dass der Einkommensteuerbescheid 2022 vom zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung nicht mehr im Rechtsbestand war und folglich als Anfechtungsobjekt nicht mehr in Frage kam, weil mit der Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 2022 (Wiederaufnahmebescheid vom ) seine Aufhebung bewirkt worden war (siehe dazu etwa Ritz/Koran, BAO7 § 307 Rz 7, mit Hinweisen auf die Judikatur des VwGH). Die gegenständliche Beschwerde ist daher unter Zugrundelegung der in der oben zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze dahingehend auszulegen, dass sie sich gegen den Einkommensteuerbescheid 2022 vom richtet.
Gemäß § 2 Abs 1 EStG 1988 ist der Einkommensteuer das Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat.
Einkommen ist gemäß § 2 Abs 2 EStG 1988 der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im § 2 Abs 3 EStG 1988 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988) und außergewöhnlichen Belastungen (§§ 34 und 35 EStG 1988) sowie des Freibetrags nach § 105 EStG 1988.
Gemäß § 2 Abs 3 Z 4 EStG 1988 unterliegen der Einkommensteuer (ua) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25 EStG 1988).
Der Bf erzielte im Jahr 2022 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aufgrund seiner Dienstverhältnisse zur ***Arbeitgeberin 1*** und zur ***Arbeitgeberin 2***.
In die im "ursprünglichen" Einkommensteuerbescheid 2022 vom ausgewiesenen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit flossen (neben dem Arbeitslosengeldbezug) jedoch nur die von der ***Arbeitgeberin 1*** übermittelten Lohnzetteldaten ein, weil die ***Arbeitgeberin 2*** zum Zeitpunkt der Erlassung des gegenständlichen Bescheides noch keinen Lohnzettel übermittelt und der Bf in seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2022 die "Anzahl bezugsauszahlender Stellen" unrichtigerweise mit 1 angegeben hatte. Daraus folgt, dass die vom Bf aus seinem Dienstverhältnis zur ***Arbeitgeberin 2*** erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im gegenständlichen Bescheid nicht erfasst waren und - daraus resultierend - das der Berechnung der Einkommensteuer zugrunde gelegte Einkommen entsprechend zu niedrig war und die Abgabengutschrift entsprechend zu hoch ausfiel.
Dem Finanzamt kann nicht entgegengetreten werden, wenn es, nachdem die ***Arbeitgeberin 2*** die Lohnzetteldaten am übermittelt hatte, nach Wiederaufnahme des Verfahrens die Einkommensteuer für das Jahr 2022 mit dem hier angefochtenen Bescheid vom unter Einbeziehung der von der ***Arbeitgeberin 2*** übermittelten Lohnzetteldaten neu festsetzte. Die Einbeziehung ebendieser Lohnzetteldaten in den hier angefochtenen Bescheid vom (Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit) wirkte sich dahingehend aus, dass sich das der Berechnung der Einkommensteuer zugrunde gelegte Einkommen entsprechend erhöhte und daraus folgend die Abgabengutschrift (1.157,00 Euro) entsprechend niedriger als im "ursprünglichen" Einkommensteuerbescheid 2022 vom (2.451,00 Euro) ausfiel. Der im hier angefochtenen Bescheid vom ausgewiesene Abgabennachforderungsbetrag in Höhe von 1.294,00 Euro - dabei handelt es sich um jenen Betrag, um den die ursprüngliche Abgabengutschrift (2.451,00 Euro) zu hoch war - erweist sich vor diesem Hintergrund als korrekt.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision):
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da eine solche Rechtsfrage gegenständlich nicht vorliegt, sind die Voraussetzungen für die Revisionszulassung nicht erfüllt.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 2 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 2 Abs. 3 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 2 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.2100391.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at