Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.06.2024, RV/7500272/2024

Nichtentrichtung der Parkometerabgabe wegen Benutzung eines Ersatzfahrzeuges

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri. in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, Adr.Bf., wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 51/2005, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 9/2006 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 24/2012, über die Beschwerde vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , Zahl: MA67/Zahl1/2023, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 in Verbindung mit § 38 VwGVG und § 45 Abs. 1 zweiter Satz VStG wird von der Verhängung einer Strafe abgesehen und der beschwerdeführenden Partei unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens eine Ermahnung erteilt.

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG i. V. m. § 24 Abs. 1 BFGG und § 5 WAOR hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des verwaltungsgerichtlichen Strafverfahrens zu tragen.

III. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensverlauf

Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1***, zugelassen auf die ***3*** GmbH (vormals A Handel und Service GmbH ZN Simmering), wurde vom Kontrollorgan KO der Parkraumüberwachung der Landespolizeidirektion Wien am um 14:33 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1210 Wien, Adr.2, beanstandet, da es ohne gültigen Parknachweis abgestellt und im Fahrzeug nur eine "Servicekarte Parkraumzone Wien Reparaturersatzwagen" (Anm.: Service der Wirtschaftskammer Wien, Landesinnung Fahrzeugtechnik und Landesgremium Fahrzeughandel) mit dem Vermerk "Mit Parkpickerl für den 1210 Bezirk" "Steht ab bis voraussichtlich bei der Firma: ***3*** GmbH…" hinter der Windschutzscheibe angebracht war.

Zufolge Erhebungen der Magistratsabteilung 67 ist der Bf. Zulassungsbesitzer des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen ***2*** und besitzt für dieses Fahrzeug ein Parkpickerl für den 21. Wiener Gemeindebezirk, gültig für den Zeitraum bis (Bescheid des Magistratischen Bezirksamtes für den 21. Bezirk vom , GZ. 1111-2022).

In Beantwortung einer an die Zulassungsbesitzerin ergangenen Lenkererhebung wurde ***Bf1*** als jene Person namhaft gemacht, der das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** am Beanstandungstag () überlassen war.

Mit Schreiben vom (Aufforderung zur Rechtfertigung) wurde der Bf. in Kenntnis gesetzt, dass ihm zur Last gelegt werde, das ggstl. Fahrzeug am in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1210 Wien, Adr.2, ohne einen für den Beanstandungszeitpunkt 14:33 Uhr gültigen Parkschein abgestellt und demnach die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt zu haben. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 begangen.

Dem Bf. wurde die Möglichkeit zu einer mündlichen oder schriftlichen Stellungnahme binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eingeräumt.

Weiters wurde er unter Hinweis auf seine Mitwirkungspflicht im Verwaltungsstrafverfahren aufgefordert, binnen selber Frist die Reparatur und den damit verbundenen Werkstattaufenthalt des Fahrzeuges durch geeignete Beweismittel (zB Reparaturrechnung, etc.) glaubhaft zu machen.

Mit E-Mail vom übermittelte der Bf. den mit der Zulassungsbesitzerin abgeschlossenen Mietvertrag für das Leihfahrzeug und teilte Nachfolgendes mit:

"ich bin stolz auf die Motivation ihrer Mitarbeiter.
Es ist hier, der wirklich seltene Fall passiert, dass eine Werkstatt den voraussichtlichen Rückgabetermin nicht einhalten konnte.
Ich verstehe natürlich, dass dieser Fall sehr selten ist. In meinem Fall jedoch als Tatsache gegeben ist.
Ich sende ihnen anbei den richtigen Leihwagenvertrag.
Ich hoffe damit das Missverständnis aufgeklärt zu haben.
Ich danke für ihr Verständnis.
Für mich ist diese Sache damit erledigt."

Mit Straferkenntnis vom wurde der Bf. vom Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, wegen der bereits näher bezeichneten Verwaltungsübertretung für schuldig befunden. Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. eine Geldstrafe von € 60,00 verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden festgesetzt. Zudem wurde gemäß § 64 VStG ein Betrag von € 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.

Das Straferkenntnis wurde folgendermaßen begründet:

"Sie haben das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug an der im Spruch bezeichneten Örtlichkeit abgestellt, sodass es dort zur angeführten Zeit in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone gestanden ist, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültig entwerteten Parkschein gesorgt zu haben, da der Parkschein fehlte. Hierzu ist auch ein Fotobeweis vorhanden, der das Fahrzeug in der Kurzparkzone ohne Parkschein zeigt. Im Windschutzscheibenbereich lag lediglich ein Zettel, dem "Reparaturersatzwagen, für das Kennzeichen ***2***, Parkpickerl für den 21. Bezirk und steht ab bis voraussichtlich bei der Firma: ***3*** GmbH" zu entnehmen war.

Aufgrund einer eingeholten Lenkerauskunft wurde Ihre Lenkereigenschaft festgestellt.

Die Übertretung wurde Ihnen mittels Aufforderung zur Rechtfertigung gemäß § 42 VStG angelastet und Ihnen die Möglichkeit geboten, Stellung zu nehmen sowie die Ihrer Verteidigung dienenden Tatsachen und Beweise bekannt zu geben. Insbesonders wurden Sie aufgefordert, die Durchführung von Reparaturleistungen an Ihrem Fahrzeug mit dem Kennzeichen ***2*** durch geeignete Beweismittel glaubhaft zu machen. Gleichzeitig wurden Ihnen die Angaben des meldungslegenden Organs in seiner Anzeige sowie die von ihm anlässlich der Amtshandlung angefertigtem Beweisfoto vorgehalten.

In Ihrer Stellungnahme brachten Sie im Wesentlichen vor, dass "hier, der wirklich seltene Fall passiert" sei, "dass eine Werkstatt den voraussichtlichen Rückgabetermin nicht einhalten" hätte können. Dazu würden Sie "den richtigen Leihwagenvertrag" übermitteln und würden hoffen, "damit das Missverständnis aufgeklärt zu haben." Der von Ihnen genannte Vertrag wurde in der Anlage übermittelt.

Unbestritten blieb sowohl Ihre Lenkereigenschaft, als auch die Tatsache, dass das gegenständliche Fahrzeug zum Tatzeitpunkt an der in Rede stehenden Örtlichkeit abgestellt war.

Wie eine Nachschau ergab, bestand für Ihr Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***2*** am Tattag eine Ausnahmegenehmigung (Parkkleber, pauschale Entrichtung der Abgabe) für den 21. Bezirk.

Wird die Parkometerabgabe für ein Fahrzeug pauschal entrichtet, so hat dies zur Folge, dass während der Gültigkeitsdauer für den Gültigkeitsbereich für jenes - insbesondere durch ein bestimmtes Kennzeichen konkretisiertes Fahrzeug nicht mit einem Parkschein zu kennzeichnen ist, welches von der Pauschalierungsvereinbarung umfasst ist.

Dem von Ihnen vorgelegten Schreiben "Benutzungsvereinbarung", welche keine Unterschrift der ***3*** GmbH enthält, ist u.a. zu entnehmen: "Mobilitätsgarantie von: Uhrzeit: 09:00 bis: Uhrzeit: 17:00 Uhr" "Effektive Rücknahme Datum: (handschriftlicher Vermerk) Uhrzeit: (handschriftlicher Vermerk) 11:20.

Der Bestätigung ist zwar der Vermerk "Leihwagen für die Dauer der Reparatur" "***2***" zu entnehmen, jedoch wurde kein Nachweis darüber erbracht, dass das Fahrzeug ***2*** im angeführten Zeitraum repariert wurde.

Für die Prüfung eines Entgegenkommens durch die Behörde, wäre jedenfalls die Rechnung der KFZ-Werkstätte erforderlich gewesen, um nachvollziehen zu können, dass das Fahrzeug, für das der Parkkleber ausgestellt wurde, tatsächlich repariert wurde.

Ist es einer Behörde nicht möglich, entscheidungsrelevante Sachverhalte alleine zu ermitteln, so ist die Partei zur Mitwirkung verpflichtet. Trägt die Partei trotzdem nichts zur Wahrheitsfindung bei, muss die Behörde keine weiteren Ermittlungen durchführen.

Es sind daher im Zuge des Verfahrens keine Tatsachen hervorgekommen, die zu dessen Einstellung führen könnten.

Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaubt bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liegt im gegenständlichen Fall nicht vor.

Es wird daher der Sachverhalt als erwiesen angenommen, wie er aus den schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben in der Anzeige sowie aus der Tatumschreibung in der Aufforderung zur Rechtfertigung ersichtlich ist.

Dazu wird Folgendes bemerkt:

Jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstellt, muss bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten (§ 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung).

Dieser Verpflichtung sind Sie nach der Aktenlage unbestrittenermaßen nicht nachgekommen und haben daher die Parkometerabgabe nicht entrichtet und somit fahrlässig verkürzt.

Nach § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 genügt zur Strafbarkeit des dort umschriebenen Verhaltens Fahrlässigkeit. Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außeracht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könnte, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht (§ 6 StGB).

Mangels Glaubhaftmachung fehlenden Verschuldens war Fahrlässigkeit anzunehmen.

Somit sind sowohl die objektiven als auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben.

Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu EUR 365,00 zu bestrafen (§ 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006).

Die verhängte Geldstrafe soll durch ihre Höhe dazu geeignet sein, Sie wirksam von einer Wiederholung abzuhalten.

Grundlage für die Bemessung der Strafe sind gemäß § 19 VStG die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Jedes fahrlässige Verkürzen der Parkometerabgabe, d.h. jedes Abstellen eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone, ohne dass hierfür die nach der Parkometerabgabeverordnung vorgeschriebene Parkometerabgabe durch einen ordnungsgemäß entwerteten Parkschein entrichtet wird, schädigt in nicht unerheblichem Maße sowohl das öffentliche Interesse an der Entrichtung von Abgaben, als auch an der Erleichterung des innerstädtischen Verkehrs und an der Rationierung des in Wien vorhandenen Parkraumes, dem die Strafdrohung dient.

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist im Hinblick auf den Sachverhalt - selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen - nicht gerade gering.

Dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist auf Grund der Tatumstände nicht anzunehmen und es kann daher Ihr Verschulden nicht als geringfügig angesehen werden.

Bei der Strafbemessung wurden Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten, soweit diese der Behörde bekannt waren, berücksichtigt. Zudem wurde auf eventuell vorhandene verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen Bedacht genommen.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis zu EUR 365,00 reichenden Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden, ist die verhängte Geldstrafe, selbst bei Annahme von ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen, durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal Milderungsgründe nicht hervorgetreten sind.

Die Auferlegung des Beitrages zu den Kosten des Verfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs. 2 des VStG 1991."

In der Beschwerde vom führte der Bf. begründend aus:

"Ich wurde zur Rechtfertigung aufgefordert und bin dieser nach besten Wissen und Gewissen nachgekommen.

Der einzige Beweis über den Verbleib meines Fahrzeuges mit dem Kennzeichen ***2*** ist der Leihwagen Vertrag. In diesem ist der genaue Zeitpunkt der Übergabe wie auch der Rücknahme vermerkt. In meinem Sinne ist nicht die gerechtfertigte Reparatur Beweispflichtig sondern der verbleib des Fahrzeuges oder liege ich hier falsch? Nichts desto trotz hätte ich auf eine Nachfrage natürlich sofort die Rechnung übermittelt, welche in diesem Fall gar nicht in meinem Besitz war, weil es sich hier um einen Haftpflichtschaden handelte nach einem fremd verschuldeten Unfall. In diesem Fall wird mit der Gegnerischen Versicherung verrechnet und nicht mit dem Kunden. Hier sollte ein Umdenken statt finden in den vorzulegenden Dokumenten. Oder ist die Behörde nun zuständig ob eine Reparatur gerechtfertigt ist oder nicht. Ich werde nun in dieser Beschwerde alle Unterlagen anhängen die ich auftreiben konnte. Eigentlich sollte ich hier ja nur Beweisen das ein Fahrzeug für das es eine pauschale Parkentrichtung gibt nicht anwesend war und dafür ein Leihwagen verwendet wurde, was eindeutig aus dem Leihwagenvertrag hervorgeht."

Der Beschwerde legte der Bf. folgende Unterlagen bei:

  • Leihwagenvertrag (Benutzungsbewilligung) vom

  • Rechnung Reparatur vom (bei der Versicherung eingereicht)

  • Werkstattauftrag

  • Foto Schaden

  • Foto Schaden 2

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Feststellungen

Das von einem Kontrollorgan der Parkraumüberwachung der Landespolizeidirektion Wien in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1210 Wien, Adr.2, am um 14:33 Uhr beanstandete mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** (Leihfahrzeug) ist auf die Fa. ***3*** GmbH zugelassen.

Der Leihwagen wurde dem Bf. laut Benutzungsvereinbarung vom um 10:25 Uhr übergeben. Die effektive Rückgabe erfolgte laut handschriftlichen Vermerk am .

Unstrittig ist die Lenkereigenschaft des Bf. und die Abstellung des Leihfahrzeuges an der bereits angeführten Örtlichkeit am Beanstandungstag ohne gültigen Parkschein.

Unstrittig ist weiters, dass der Bf. hinter der Windschutzscheibe des Leihfahrzeuges am Beanstandungstag eine "Servicekarte Parkraumzone Wien Reparaturersatzwagen" der WKO, Landesinnung Fahrzeugtechnik und Landesgremium Fahrzeughandel, mit dem Vermerk "Mit Parkpickerl für den 1210 Bezirk" "Steht ab bis voraussichtlich bei der Firma ***3*** GmbH…" angebracht hat.

Fest steht, dass der Bf. Zulassungsbesitzer des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen ***2*** ist und dass ihm mit Bescheid des Magistratischen Bezirksamtes für den 21. Bezirk vom , GZ.: 1111-2022, eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 45 Abs. 4 und § 43 Abs. 2a Z. 1 StVO für die von der Parkzeitbeschränkung der im 21. Wiener Gemeindebezirk flächendeckend kundgemachten Kurzparkzone (mit gewissen näher genannten Erweiterungen und Einschränkungen) für den Zeitraum bis erteilt wurde.

Erst der Beschwerde gegen das Straferkenntnis legte der Bf. ua. auch die Reparaturrechnung vom (ist auch Lieferdatum) der Fa. ***3*** GmbH bei, die bei der Versicherung (Haftpflichtschaden) eingereicht wird.

Rechtslage:

Gemäß § 1 Abs 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO) eine Abgabe zu entrichten.

Gemäß § 5 Abs 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung sind zur Entrichtung der Abgabe der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten Kontrollmaßnahmen mitzuwirken.

Nach den Bestimmungen des § 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung sind als Hilfsmittel zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften der Verordnung des Wiener Gemeinderates, mit der für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird (Parkometerabgabeverordnung), Parkscheine nach dem Muster der Anlagen oder elektronische Parkscheine zu verwenden.

Nach § 5 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung sind Parkscheine bei mehrspurigen Kraftfahrzeugen mit Windschutzscheibe hinter dieser und durch diese gut erkennbar, bei anderen mehrspurigen Kraftfahrzeugen an einer sonst geeigneten Stelle gut wahrnehmbar anzubringen

Gemäß § 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006 sind Handlungen und Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretung mit Geldstrafen bis zu EUR 365,00 zu bestrafen.

Gemäß § 6 der Verordnung des Wiener Gemeinderates über die pauschale Entrichtung der Parkometerabgabe (Pauschalierungsverordnung), ABl. Nr. 29/2007 idF ABl. Nr. 29/2016 gilt Folgendes:

"(1) Treten nachträglich Umstände ein, durch die der Abgabenschuldner auf Dauer gehindert wird, von seiner Pauschalierung Gebrauch zu machen, wie z. B. Wechsel oder Aufgabe des in der Ausnahmebewilligung bezeichneten Kraftfahrzeuges, so ist der entsprechende Anteil an der bereits entrichteten Abgabe auf künftige gleichartige Abgabenschuldigkeiten anzurechnen.

(2) Bei Vorliegen der in Abs. 1 genannten Gründe ist über Antrag des Abgabenschuldners die Abgabe rückzuerstatten. Bereits angefangene Kalendermonate werden bei Rückerstattung nicht berücksichtigt.

(3) In den Fällen der Abs. 1 und 2 sind sämtliche Abgabennachweise (insbesondere das Original) über die bereits entrichtete Abgabe auf Verlangen der Behörde bei dieser abzugeben. Bei Verwendung eines Datenträgers gemäß § 5 Abs. 6 hat die Behörde die entsprechenden Daten in der Datenbank zu berichtigen."

Gemäß § 45 Abs 1 StVO 1960 kann die Behörde auf Antrag durch Bescheid die Benützung von Straßen mit einem Fahrzeug oder einer Ladung mit größeren als den zulässigen Maßen und Gewichten bewilligen, wenn das Vorhaben im besonderen Interesse der österreichischen Volkswirtschaft liegt, sich anders nicht durchführen lässt und keine erheblichen Erschwerungen des Verkehrs und keine wesentlichen Überlastungen der Straße verursacht. Antragsberechtigt sind der Fahrzeugbesitzer oder die Person, für welche die Beförderung durchgeführt werden soll. Liegt bereits eine entsprechende kraftfahrrechtliche Bewilligung vor, so ist eine Bewilligung nach diesem Absatz nicht erforderlich.

Rechtliche Beurteilung:

Weder der Pauschalierungsverordnung noch dem Bescheid, mit welchem dem Bf. für das auf ihn zugelassene mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***2*** eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 45 Abs. 4 und § 43 Abs. 2a Z. 1 für die von der Parkzeitbeschränkung der im 21. Wiener Gemeindebezirk flächendeckend kundgemachten Kurzparkzone (mit gewissen näher genannten Erweiterungen und Einschränkungen) für den Zeitraum bis erteilt wurde, ist zu entnehmen, dass aufgrund der Ausnahmebewilligung im Fall einer kurzfristigen Verhinderung der Benutzung des Fahrzeuges, für welches die Bewilligung erteilt wurde, ein "Ersatzfahrzeug" anstelle dieses Fahrzeuges verwendet werden könnte. Lediglich im Fall einer Hinderung auf Dauer besteht die Möglichkeit, sich die (anteilige) entrichtete Pauschalgebühr wahlweise anzurechnen oder rückerstatten zu lassen.

Der Magistrat der Stadt Wien toleriert das Benutzen eines Leihfahrzeuges, wenn das Fahrzeug, für welches die Berechtigung erteilt wurde, kurzfristig aufgrund von Reparaturen nicht benutzt werden kann und dies auch nachgewiesen wird. Es handelt sich dabei um eine Kulanzlösung (und nicht um einen Rechtsanspruch; vgl. ), wenn im Leihfahrzeug beispielsweise die von der WKO online zur Verfügung gestellte "Servicekarte … Reparaturersatzwagen", abgestempelt und unterschrieben, hinter der Windschutzscheibe angebracht ist sowie eine Reparaturrechnung vorgelegt wird.

Das Einlegen einer Servicekarte stellt eine Lösung dar, die dem Erfordernis einer leichteren Kontrolle im Zuge der Parkraumüberwachung Rechnung trägt.

Dem Bf. wurde von der Magistratsabteilung mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom die Gelegenheit eingeräumt, die Reparatur und den damit verbundenen Werkstattaufenthalt durch geeignete Beweismittel, zB eine Reparaturrechnung, glaubhaft zu machen.

Der Bf. legte daraufhin die mit der Fa. ***3*** GmbH abgeschlossene Benutzungsvereinbarung betreffend das Mietfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1***, gültig für den Zeitraum vom 10:25 Uhr bis 17 Uhr. Effektive Rücknahme um 11:20 Uhr (handschriftlicher Vermerk), vor.

Der Bf. hat den Tatvorwurf, nämlich das Parken des Fahrzeuges zu der angeführten Tatzeit am angeführten Ort ohne dieses mit einem Parkschein zu kennzeichnen, nicht bestritten. Er vertrat jedoch die Auffassung, dass aus dem Leihwagenvertrag klar hervorgehe, dass es sich dabei um ein Ersatzfahrzeug für ein in Reparatur befindliches Fahrzeug handle, für welches eine Ausnahmegenehmigung vorliege und er somit zum Abstellen des Fahrzeuges ohne Parkschein berechtigt sei.

Die Bereitschaft der Behörde, Kulanz zu üben und von einer Bestrafung abzusehen, setzt eine gewisse Mitwirkung des Abgabepflichtigen voraus.

Wie bereits dargelegt, besteht jedoch kein Recht dazu, welches der Bf. einfordern könnte. Der Bf. hat daher den objektiven Tatbestand der Abgabenverkürzung verwirklicht.

In der Aufforderung vom wurde dem Bf. Gelegenheit gegeben, die Reparaturleistungen an seinem Fahrzeug durch geeignete Beweismittel (zB einer Rechnung, aus welcher zudem hervorgeht, dass sich das KFZ ***2*** in der Zeit von/bis in der Werkstatt befand glaubhaft zu machen. Erst in der Beschwerde gegen das Straferkenntnis legte er die Reparaturrechnung vom (ist auch Lieferdatum) vor.

Damit hat der Bf. nach Ansicht des BFG einen Nachweis über die Reparatur und den damit verbundenen Werkstattaufenthalt seines Fahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen ***2*** durch geeignete Beweismittel (z.B. Reparaturrechnung, etc.) erbracht.

Die von der Behörde geforderten Voraussetzungen für eine Kulanzlösung liegen damit vor.

Bei der dem Bf. vorgeworfenen Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein Ungehorsamkeitsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG 1991, bei welchem zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu € 365,00 zu bestrafen.

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind.

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde gemäß § 45 Abs. 1 VStG letzter Satz dem Beschuldigten im Falle des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

In den Gesetzesmaterialien zum Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013 (ErlRV 2009 BlgNR 24. GP, 19) wird erläutert, dass mit dem neu formulierten § 45 Abs. 1 VStG, insbesondere die bisher in § 21 Abs. 1 VStG enthaltenen Bestimmungen an systematisch richtiger Stelle zusammengeführt werden sollen. § 45 Abs. 1 Z 4 VStG und der neue Schlusssatz dieses Absatzes entsprächen im Wesentlichen § 21 Abs. 1 VStG (alte Fassung). Zu der zuletzt genannten Bestimmung besteht eine gesicherte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, sodass es keiner neuen Leitlinien höchstgerichtlicher Rechtsprechung bedarf (vgl. ).

Voraussetzung für die Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG ist das kumulative Vorliegen beider in dieser Gesetzesstelle genannten Kriterien, nämlich ein geringfügiges Verschulden und lediglich unbedeutende Folgen. Von geringem Verschulden im Sinn des § 21 VStG ist jedoch nur dann zu sprechen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt ().

Wie sich aus dem Vorbringen des Bf. im Verfahren ergibt, glaubte sich dieser im Recht, für das in der Werkstatt befindliche Fahrzeug, für welches eine Ausnahmegenehmigung erteilt wurde, ein anderes Fahrzeug zu verwenden.

Bei dem vorliegenden Sachverhalt können somit sowohl der objektive Unrechtsgehalt als auch die Folgen der Tat (aufgrund der nachweislichen Verhinderung der Benutzung des Fahrzeuges, für welches die Ausnahmebewilligung erteilt wurde) als gering bzw. vergleichsweise unbedeutend bezeichnet werden. Dem Bf. ist im gegenständlichen Fall daher keine gravierende Übertretung des Parkometergesetzes vorzuwerfen.

Da somit die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG gegeben waren, war von einer Bestrafung des Bf. abzusehen. Aus spezialpräventiven Gründen, insbesondere um dem Bf. die Rechtswidrigkeit des Abstellens des Fahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne ordnungsgemäßes Aktivieren eines Parkscheines vor Augen zu führen und ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten, war eine Ermahnung auszusprechen.

Es war daher gemäß § 45 Abs. 1 VStG letzter Satz von einer Strafe abzusehen und dem Bf. eine Ermahnung zu erteilen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Kostenentscheidung

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind dem Bf. die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Art. 133 Abs. 4 B-VG normiert:

" Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.

§ 25a VwGG normiert:

"(4) Wenn in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache
1. eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und
2. im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde,
ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig."

Weil nach § 4 Abs. 1 des Wiener Parkometergesetzes 2006 lediglich eine Geldstrafe von bis zu € 365 und keine primäre Freiheitsstrafe verhängt werden darf, ist eine Revision durch den Beschwerdeführer unzulässig (vgl. VwGH, , Ra 2022/16/0080, mwN).

Die Revision für die belangte Behörde ist unzulässig, da es sich hier nur um eine Frage der Einzelfallgerechtigkeit handelt. Nur die Einzelfallgerechtigkeit berührende Wertungsfragen sind keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung (vgl. ; ).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7500272.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at