Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.05.2024, RV/7105090/2015

Kein Alleinerzieherabsetzbetrag wegen aufrechter ehelicher Gemeinschaft

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Lisa Fries in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Gänserndorf Mistelbach (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 Steuernummer ***St.Nr*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2014 vom setzte das Finanzamt Gänserndorf Mistelbach (nunmehr Finanzamt Österreich, in der Folge belangte Behörde) aufgrund der durchgeführten Arbeitnehmerveranlagung eine Gutschrift in der Höhe von € 816, -- fest. Hinsichtlich des Alleinerzieherabsetzbetrages wurde ausgeführt, dieser habe nicht berücksichtigt werden können, weil die Beschwerdeführerin im Veranlagungsjahr mehr als sechs Monate in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe-)Partner gelebt habe.

Gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin am eine Beschwerde ein. Darin führte sie aus, dass der Ehemann der Beschwerdeführerin seit dem (Anmerkung: gemeint 2014) an der Andresse *** Adresse 1***, gemeldet sei. Sie habe somit während eines Zeitraums von fast acht Monaten alleine gelebt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab.

Mit Vorlageantrag vom stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht. Begründend verwies die Beschwerdeführerin auf eine Stellungnahme, die ihr Ehemann demnächst dem Finanzamt vorlegen werde.

Mit Schreiben vom brachte der Ehemann der Beschwerdeführerin eine Sachverhaltsdarstellung bei der belangten Behörde ein, in welcher er die näheren Hintergründe seiner verschiedenen Wohnsitze erläuterte und zum Vorliegen einer Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft im Jahr 2014 Stellung nahm.

Mit Vorlagebericht (eingelangt am ) wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

In ihrer Stellungnahme führte die belangte Behörde unter anderem aus, dass davon auszugehen sei, dass bis August 2014 keine Wohnungsgemeinschaft bestanden habe, ob eine Wirtschaftsgemeinschaft vorgelegen sei, sei nach Ansicht der Behörde anhand der vorgelegten Erklärung des Ehemanns nicht eindeutig ersichtlich.

Mit verfahrensleitenden Beschlüssen vom wurden die Beschwerdeführerin und der Ehemann der Beschwerdeführerin um Stellungnahmen zu dem Vorliegen einer (ehelichen) Gemeinschaft gemäß § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 aufgefordert.

Mit Schreiben von bzw. wurde durch die Beschwerdeführerin bzw. deren Ehemann zu den Fragen des Gerichts Stellung genommen.

Die belangte Behörde wurde mit verfahrensleitenden Beschluss vom um Stellungnahme zu den Ausführungen der Beschwerdeführerin und den Ausführungen des Ehemannes der Beschwerdeführerin ersucht.

Mit Schreiben vom nahm die belangte Behörde Stellung.

Aufgrund weiterer Fragen wurde die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann mit verfahrensleitenden Beschluss vom erneut um Stellungnahme ersucht.

Zu diesem Beschluss ist am eine Rückmeldung der Beschwerdeführerin eingelangt.

Die Zuständigkeit der Gerichtsabteilung 1007 zur Entscheidung über die vorliegende Beschwerde gründet auf den Umverteilungsbeschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom , welcher am in Kraft getreten ist.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist mit ihrem Ehemann seit xx. Oktober 1987 verheiratet und gemeinsam haben sie drei Kinder. Die Beschwerdeführerin ist Pflegeassistentin. Der Ehemann der Beschwerdeführerin hat ein Studium im Fach Erdwissenschaften, Urgeschichte und historische Archäologie absolviert. Die mit dem Studium im Zusammenhang stehende Sammlung und Bibliothek befinden sich im Haus mit der Adresse *** Adresse 1***.

Die Beschwerdeführerin ist seit an der Adresse *** Adresse 1***, mit ihrem Hauptwohnsitz gemeldet. Der Ehemann der Beschwerdeführerin war von bis an der Adresse *** Adresse 1*** hauptwohnsitzgemeldet. Von bis war er an der Adresse *** Adresse2***, mit seinem Hauptwohnsitz gemeldet. Als Unterkunftgeberin scheint im Zentralen Melderegister die Beschwerdeführerin auf. Von bis war der Ehemann der Beschwerdeführerin am Hauptwohnsitz der Beschwerdeführerin mit seinem Nebenwohnsitz gemeldet. Von bis hatte er seinen Hauptwohnsitz am gleichen Ort wie die Beschwerdeführerin. Seinen Nebenwohnsitz hatte der Ehemann der Beschwerdeführerin in diesem Zeitraum wiederum an der Adresse *** Adresse2*** (Unterkunftgeberin: Beschwerdeführerin). Seit ist er an der Adresse *** Adresse 1***, mit seinem Nebenwohnsitz gemeldet. Sein Hauptwohnsitz ist seit diesem Datum wieder an der Adresse *** Adresse2***. Als Unterkunftgeberin scheint im Zentralen Melderegister wiederum die Beschwerdeführerin auf.

Die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft *** Adresse 1***. Eigentümerin der Liegenschaft *** Adresse2*** ist die Beschwerdeführerin. Der Ehemann der Beschwerdeführerin hat ein Wohngebrauchsrecht an dieser Liegenschaft. Die Beschwerdeführerin ist aus erbrechtlichen Gründen Alleineigentümerin dieser Liegenschaft, damit diese im Falle des Todes ihres Ehemannes keine Schwierigkeiten bekommt, weil der Ehemann der Beschwerdeführerin noch Kinder aus einer ersten Ehe hat.

Der Ehemann der Beschwerdeführerin erkrankte im Jahr 2004 an einer Niereninsuffizienz und einer viruelnten Hepatits C, weshalb er nur noch im eingeschränktem Ausmaß fähig war, seinen Fürsorgepflichten den Kindern gegenüber nachzukommen. Im August 2007 stellten die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann fest, dass ihrer Tochter schwer drogenabhängig war. Auch ein Sohn schlitterte in die Drogenszene. Diese Umstände waren belastend für die Ehe.

Bereits vor dem Jahr 2014 zog der Beschwerdeführer in die *** Adresse2***. Um den Sohn von bei seinem Entzug zu unterstützen, holte der Ehemann der Beschwerdeführer seinen Sohn zu sich an die soeben genannte Adresse und hatte mit diesem dort einen gemeinsamen Wohnsitz. Im Jahr 2014 bestand bis zum eine räumliche Trennung zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann. In dieser Zeit lebte der Ehemann der Beschwerdeführerin an der Adresse *** Adresse2***.

Aufgrund der Erkrankung des Ehemanns der Beschwerdeführerin bestand und besteht zwischen den Eheleuten keine geschlechtliche Gemeinschaft.

Während des Bestands der getrennten Wohnsitze im Jahr 2014 hatten die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann Kontakt aufgrund der Kinder, der gemeinsamen Liegenschaft und des gemeinsamen Hundes. Gemeinsame Aktivitäten haben im Jahr 2014 und danach keine stattgefunden.

Die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann verfügten nie über ein gemeinsames Konto. Jedenfalls im Jahr 2014 und auch danach wurden Dinge des täglichen Bedarfs getrennt angeschafft und findet kein Austausch über die Kontogebarung des anderen statt. Früher wurde noch besprochen, wer was kauft und hat der Ehemann der Beschwerdeführerin dieser auch seine Kontoauszüge gegeben.

Im Jahr 2014 und auch danach wurden die Strom- und Gaskosten für das Haus *** Adresse 1***, je zur Hälfte zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann geteilt. Die Kosten für die Liegenschaft *** Adresse2***, trägt der Ehemann der Beschwerdeführerin allein.

Mit zog der Ehemann der Beschwerdeführerin wieder an die Adresse *** Adresse 1***, weil der Sohn einen eigenen Hausstand an der Adresse *** Adresse2***, gründen wollte. Die Hauptgründe an die Adresse *** Adresse 1***, zu ziehen, sind darin zu finden, dass sich dort die Bibliothek und Steinesammlung des Ehemanns der Beschwerdeführerin befinden sowie dass er Hälfteeigentümer der Liegenschaft ist. Das Haus an der Andresse *** Adresse 1*** verfügt über keine getrennten Eingänge, Küche und Sanitärräume werden zusammen benutzt. Der Ehemann der Beschwerdeführerin schläft auch öfters im gemeinsamen Schlafzimmer.

Die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann hatten nie andere Lebenspartner. Da sie beide katholisch sind, wurde auch nie eine Scheidung angedacht.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zum Tag der Eheschließung und zum Fortbestand der Ehe, zu den Eigentumsverhältnissen an der Liegenschaft *** Adresse 1*** gründen auf den übereinstimmenden Stellungnahmen der Beschwerdeführerin und ihres Ehemannes vom bzw. . Hinsichtlich der Alleineigentums der Beschwerdeführerin an der Liegenschaft *** Adresse2*** kann auf den Grundbuchsauszug vom verwiesen werden. Die Hintergründe für das Alleineigentum der Beschwerdeführerin an der genannten Liegenschaft ergeben sich aus der Stellungnahme des Ehemanns vom und der Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom . Die Feststellungen zu den beruflichen Hintergründen stützen sich auf die Angaben der Beschwerdeführerin bzw. ihres Ehemanns.

Die Angaben zu den Hauptwohnsitzen bzw. Nebenwohnsitzen können sich auf die Auskunft des Zentralen Melderegisters stützen (Auszüge vom ).

Die Feststellungen zum Beginn der Erkrankung des Ehemanns der Beschwerdeführerin und die Auswirkungen auf die Erfüllung der Fürsorgepflichten und die Ehe sowie zu den Suchterkrankungen der Tochter und eines Sohnes gründen auf der Stellungnahme des Ehemanns vom . Dass der Ehemann der Beschwerdeführerin zur Unterstützung seines Sohnes bei seinem Entzug mit diesem einen gemeinsamen Wohnsitz an der Adresse *** Adresse2***, gründete, stützt sich auf die Stellungnahme des Ehemanns vom , die Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom sowie die Abfrage des Zentralen Melderegisters.

Die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann gaben in ihren Stellungnahmen vom bzw. zunächst an, die räumliche Trennung habe seit 2013 bzw. 2014 bestanden. In der Stellungnahme vom führte die Beschwerdeführerin hingegen aus, dass der Sohn ab 2010 an der Adresse *** Adresse2*** gemeldet gewesen sei und ihr Ehemann zu diesem Zeitpunkt schon ungefähr zwei Jahre dort gelebt habe. Nach den Meldedaten des Zentralen Melderegisters hatte der Ehemann der Beschwerdeführerin von bis seinen Hauptwohnsitz an der Adresse *** Adresse2***. Der Sohn hat nach den Meldedaten des Zentralen Melderegisters von bis seinen Hauptwohnsitz an dieser Adresse. Es ist daher in freier Beweiswürdigung davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer bereits vor dem Jahr 2014 an der Adresse *** Adresse2***, gelebt hat.

Dass aufgrund der Erkrankung des Ehemanns keine geschlechtliche Gemeinschaft zwischen den Eheleuten bestand, ergibt sich aus den Ausführungen der Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom , in welcher diese im Hinblick auf das Nichtbestehen der geschlechtlichen Gemeinschaft, auf die nunmehr zwanzig Jahre andauernde Medikamenteneinnahme durch ihren Ehemann verweist und angibt, eine geschlechtliche Gemeinschaft würde schon seit langem nicht mehr bestehen. Auch die Stellungnahme des Ehemanns vom , in welcher er, was die geschlechtliche Gemeinschaft anbelangt, auf seine Behandlungen im Krankenhaus Korneuburg verweist, spricht dafür, dass die geschlechtliche Gemeinschaft aufgrund der Erkrankung des Ehemanns nicht mehr besteht.

Die Feststellungen zum Umgang der Eheleute während des Bestands der getrennten Wohnsitze im Jahr 2014, zur Kostentragung der Dinge des täglichen Bedarfs und zum Austausch über die Kontogebarung im Jahr 2014 und zum Fehlen eines gemeinsamen Kontos fußen auf den sich nicht widersprechenden Ausführungen in den Stellungnahmen vom , und vom .

Dass die Strom- und Gaskosten für die Liegenschaft *** Adresse 1***, im Jahr 2014 zwischen den Eheleuten geteilt wurden, ergibt sich aus der Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom , in welcher sie auf Nachfrage des Gerichts ausführte, dass die Kosten für das Haus vor 2014 vom Ehemann allein gezahlt worden seien. Ungefähr 2012/2013 seien die Kosten geteilt worden. In den Stellungnahmen vom bzw. vom führten die Beschwerdeführerin bzw. ihr Ehemann aus, dass die Kosten für Strom und Gas gemeinsam getragen würden und die Gemeindeabgaben die Beschwerdeführerin trage. Daraus kann in freier Beweiswürdigung abgeleitet werden, dass im Jahr 2014 jedenfalls die Kosten für Strom und Gas von der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann gemeinsam getragen wurden.

Die Feststellungen zu dem Umzug an die Adresse *** Adresse 1***, Ende August 2014 und dessen Hintergründe sowie die Nutzung der Räumlichkeiten des Hauses gründen auf den sich nicht widersprechenden Stellungnahmen der Beschwerdeführerin vom und vom und der Stellungnahmen des Ehemanns der Beschwerdeführerin vom und .

Dass die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann nie andere Lebenspartner hatten und eine Scheidung nicht angedacht war, ergibt sich aus der Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom .

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

Gemäß § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 steht Alleinerziehenden ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Alleinerziehende sind Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1 EStG 1988) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben.

Der Voraussetzung, "nicht in einer Gemeinschaft" zu leben, entspricht - als Gegensatz - für den Alleinverdienerabsetzbetrag bei aufrechter Ehe die in § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 vorgesehene Voraussetzung, vom Ehegatten "nicht dauernd getrennt" zu leben (vgl. ). Verheirateten steht der Absetzbetrag demnach dann zu wenn sie von ihrem Ehepartner mehr als sechs Monate im Kalenderjahr dauernd getrennt leben (vgl. Herzog in Doralt/Kirchmayer/Mayr/Zorn, EStG22 §33 Rz 49). Das Tatbestandsmerkmal des "nicht dauernd getrennt Lebens" ist erfüllt, wenn der Steuerpflichtige mit seinem (Ehe)Partner in Lebensgemeinschaft steht ().

Maßgebend für das Tatbestandsmerkmal, nicht dauernd getrennt zu leben, ist ausschließlich die Sachverhaltsfrage, ob der Steuerpflichtige, der den Alleinerzieherabsetzbetrag beantragt, bei an sich aufrechter Ehe tatsächlich in Gemeinschaft mit seinem Ehegatten lebt oder nicht (vgl. ). Die nach der Rechtsprechung für ein Leben in Gemeinschaft geforderte "Wohnungs-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft" kann durchaus unterschiedlich ausgeprägt sein. Es kann sogar eines dieser Merkmale zur Gänze fehlen, ohne dass eine Gemeinschaft nicht mehr vorliegen würde.

Eine aufrechte Ehe spricht grundsätzlich gegen eine getrennte Lebensführung. Diese Vermutung ist allerdings widerlegbar ().

Im Beschwerdefall ist demnach zu beurteilen, ob die Beschwerdeführerin im Jahr 2014 von ihrem Ehemann mehr als sechs Monate dauernd getrennt gelebt hat. Die nach wie vor aufrechte Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann spricht nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich gegen eine dauernd getrennte Lebensführung.

Nach dem durch das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung festgestellten Sachverhalt lebten die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann im Jahr 2014 bis zum nicht in einer Wohngemeinschaft und auch eine geschlechtliche Gemeinschaft war nicht gegeben.

Auch wenn davon auszugehen, dass der Auszug des Ehemanns der Beschwerdeführerin aus dem gemeinsamen Haus in *** Adresse 1***, mit der Belastung der Ehe durch die Suchterkrankung der Tochter und der Krankheit des Ehemanns begründet werden kann, kann darin nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes kein Zeichen für eine dauernd getrennte Lebensführung erblickt werden. Schließlich wurde im August 2014 die Wohngemeinschaft (gemeinsame Benutzung der Küche, Sanitärräume; der Ehemann nützt auch das gemeinsame Schlafzimmer) wiederaufgenommen. Auch wenn die Hauptmotivation für den Umzug an die Adresse *** Adresse 1***, darin bestand, dass sich dort die Sammlung und Bibliothek des Ehemanns der Beschwerdeführerin befunden haben, ändert dies nichts an dem Umstand, dass eine Wohngemeinschaft wiederaufgenommen wurde. Insbesondere die Nutzung des gemeinsamen Schlafzimmers zeigt, dass zwischen den Eheleuten noch ein Naheverhältnis bestanden hat. Erst im Jahr 2020 meldete der Ehemann der Beschwerdeführerin seinen Hauptwohnsitz wieder an der Adresse *** Adresse2***.

Das Nichtbestehen der geschlechtlichen Gemeinschaft fällt bei der Beurteilung, ob eine gemeinsame Lebensführung vorgelegen ist, nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts nicht ins Gewicht, da deren Fehlen nach dem festgestellten Sachverhalt, auf die Erkrankung des Ehemanns zurückzuführen ist.

Durch die Eheschließung erklären sich die Eheleute zur umfassenden Beistandspflicht bereit. Diese auch die finanziellen Belange umfassende Beistandspflicht ist grundsätzlich geeignet, die wirtschaftliche Leistungskraft der Eheleute zu beeinflussen (vgl. ).

Im Beschwerdefall bestand zwischen den Eheleuten im Jahr 2014 keine gemeinsame Kontoführung. Da eine solchen zwischen den Eheleuten allerdings nie bestanden hat, kann darin kein Ausdruck einer dauernd getrennten Lebensführung gesehen werden. Allerdings wurden die Kosten für Strom und Gas für das Haus an der Adresse *** Adresse 1***, von der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten je zur Hälfte getragen. In dieser Hinsicht bestand eine wirtschaftliche Gemeinschaft zwischen den Eheleuten, die auch geeignet war, die finanzielle Lage der Beschwerdeführerin zu verbessern. Auch das eingetragene Alleineigentum der Beschwerdeführerin am Haus mit der Adresse *** Adresse2***, das ihrer Absicherung im Falle des Todes des Ehemanns dienen soll, zeigt, dass auch während der räumlichen Trennung im Jahr 2014 eine (wirtschaftliche) Verbundenheit zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann gegeben war, wie sie für Eheleute in aufrechter Ehe typisch ist.

Dass keine gemeinsamen Aktivitäten stattgefunden haben, fällt dabei nicht tragend ins Gewicht, haben doch Ehegatten die Möglichkeit ihre Lebensgemeinschaft einvernehmlich (§ 91 ABGB) zu gestalten, was es nicht ausschließt, dass jeder Ehepartner seinen eigenen Interessen nachgeht.

Bereits aufgrund dieser Umstände geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass im Jahr 2014 auch während der räumlichen Trennung der Eheleute nicht von einer dauernd getrennten Lebensführung im Zeitraum vom bis . gesprochen werden kann und die eheliche Gemeinschaft daher auch in diesem Zeitraum aufrecht war.

Auch die Umstände, dass die Ehe nach wie vor aufrecht ist und die Beschwerdeführerin nach ihren Angaben in der Stellungnahme von , darauf achtet, dass der Beschwerdeführer alles hat, was er braucht und sie sich um seine Medikamente kümmert, zeigen, dass nicht vom Beenden der ehelichen Lebensgemeinschaft iSd §§ 90 ff ABGB ausgegangen werden kann, auch wenn jedenfalls wohl eine gewisse Entfremdung zwischen den Eheleuten vorliegt, die sich auch darin äußert, dass über finanziellen Belange nunmehr gar kein Austausch mehr stattfindet.

Da im vorliegenden Fall das für die Gewährung des Alleinerzieherabsetzbetrages notwendige Tatbestandsmerkmal "mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit dem (Ehe)Partner zu leben" nicht erfüllt war, war die Beschwerde gemäß § 279 Abs. 1 BAO als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im Beschwerdefall ergibt sich der festgestellte Sachverhalt aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens. Die rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, sodass keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Wien, am

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