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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 04.06.2024, RV/7102489/2015

Verspätete Beschwerde

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Wolfgang Fußgänger, Währinger Gürtel 125 Tür 5, 1180 Wien, betreffend Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Einkommensteuer 2011, Einkommensteuer 2012, Umsatzsteuerfestsetzung 01.2013-06.2013, Umsatzsteuer 2011 und Umsatzsteuer 2012 Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs 1 lit b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Verfahrensgang und festgestellter Sachverhalt

Im Jahr 2013 fand bei der Beschwerdeführerin (Bf) eine Außenprüfung hinsichtlich Umsatzsteuer und Einkommensteuer 2011-2012 statt.

Auf Grundlage dieser Außenprüfung erließ das Finanzamt am die entsprechenden Bescheide betreffend Einkommensteuer 2011 und 2012, Umsatzsteuer 2011 und 2012 sowie Umsatzsteuerfestsetzung 01/2013-06/2013. Die Bescheide wurden elektronisch erstellt und versendet.

Dagegen brachte die Bf mit Schriftsatz vom Beschwerde ein.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Daraufhin brachte die Bf mit Schriftsatz vom einen Vorlageantrag ein und beantragte die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Am versandte das Bundesfinanzgericht einen Vorhalt an die Bf und an das Finanzamt mit dem Ersuchen um Stellungnahme bezüglich der Rechtzeitigkeit der Beschwerde.

In der Stellungnahme vom führte das Finanzamt aus, dass die Beschwerde nach Ansicht des Finanzamtes verspätet sei.

Seitens der Bf blieb der Vorhalt unbeantwortet.

Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind aktenkundig. Dagegen sprechende Umstände sind nicht ersichtlich.

Die Bf äußerte sich trotz durch das Bundesfinanzgericht eingeräumter Gelegenheit nicht zur Frage der Verspätung der Beschwerde. Die Zustellung wurde ebenfalls nicht bestritten. Dass die Bescheide der Bf zugegangen sind, kann aufgrund der eingebrachten Beschwerde auch nicht angezweifelt werden.

Aufgrund der dargestellten Aktenlage, des Unterbleibens einer Äußerung der Bf zur Frage der Rechtzeitigkeit der Beschwerden und mangels entgegenstehender Anhaltspunkte wird davon ausgegangen, dass die angefochtenen Bescheide gemäß der gesetzlichen Vermutung nach § 26 Abs 2 ZustG der Bf am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan zugekommen sind.

Rechtslage und Erwägungen

Nach § 97 Abs 1 BAO werden behördliche Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt gemäß lit a dieser Bestimmung bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung.

Nach § 98 BAO sind, soweit nichts anderes bestimmt ist, Zustellungen nach dem Zustellgesetz (ZustG), BGBl 200/1982, vorzunehmen.

Gemäß § 26 Abs 2 ZustG gilt die Zustellung als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung wird nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Nach § 245 Abs 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat ab Zustellung des Bescheides.

Wird der Lauf einer Frist durch eine behördliche Erledigung ausgelöst, so ist gemäß § 109 BAO für den Beginn der Frist der Tag maßgebend, an dem die Erledigung bekanntgegeben worden ist.

Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden nach § 108 Abs 2 BAO mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Beginn und Lauf einer Frist werden durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen (§ 108 Abs 3 BAO).

Nach § 260 Abs 1 lit a BAO iVm § 278 BAO ist die Bescheidbeschwerde vom Bundesfinanzgericht mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Die Bf hat keine Stellungnahme zur Frage der Zustellung der angefochtenen Bescheide abgegeben und somit auch keine Zweifel an der vermuteten Tatsache der erfolgten Zustellung oder eines Zustelldatums geäußert. Es wurden keine Umstände, die eine Bescheidzustellung zu einem späteren Zeitpunkt bewirkt hätten, vorgebracht. Eine Zweifelslage im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt daher nicht vor ( zB ; ).
Die gesetzliche Vermutung der Zustellung innerhalb von drei Tagen im Sinne des § 108 BAO greift dann, wenn diese von der Partei nicht bestritten oder ihr eine Behauptung entgegengesetzt wird. Ist dies nicht der Fall, wird also die Zustellung weder bestritten noch ihr eine Behauptung entgegengesetzt, dann ist von einer Zustellung im Sinne der gesetzlichen Vermutung auszugehen (; ).

Die angefochtenen Bescheide wurden am Montag, den , elektronisch versendet. Da die Beschwerdefrist 1 Monat beträgt, gilt die Zustellung nach § 26 Abs 2 ZustG demnach am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan, somit am Donnerstag, den , als bewirkt. Es wird daher von einer wirksamen Zustellung der angefochtenen Bescheide am ausgegangen. Die entsprechende Beschwerdefrist von einem Monat ist demnach am Montag, den , abgelaufen, weshalb die am eingebrachte Beschwerde als verspätet anzusehen ist.

Gemäß § 274 Abs 3 lit a BAO kann der Senat ungeachtet eines Antrages (Abs 1 Z 1) von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn die Beschwerde als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen ist (§ 260).

Nach § 274 Abs 5 BAO sind Abs 3 und 4 sowie § 273 Abs 1, § 275 und § 277 Abs 4 sinngemäß anzuwenden, wenn die Entscheidung über die Beschwerde dem Einzelrichter obliegt und nach Abs 1 eine mündliche Verhandlung stattzufinden hat; hierbei sind die Obliegenheiten und Befugnisse des Senatsvorsitzenden dem Einzelrichter auferlegt bzw. eingeräumt.

Das Absehen von der beantragten mündlichen Verhandlung liegt im Ermessen und ist verfahrensökonomisch zweckmäßig. Eine Unbilligkeit des Absehens von der mündlichen Verhandlung ist nicht erkennbar. Daher wurde von der mündlichen Verhandlung abgesehen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Zurückweisung einer verspätet eingereichten Beschwerde zwingend aus dem diesbezüglich klaren (oben dargestellten) Gesetzeswortlaut ergibt, liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vor.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102489.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at