zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.07.2024, RV/1100097/2024

Besteuerung einer AHV Pension aus der Schweiz gemäß § 33 EStG; ag. Belastungen aufgrund Krankheit und Selbstbehalt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Roman Galehr in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung vom Folge gegeben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2022 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Aufgrund des in diesem Zuge übermittelten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, stellt sich der Verfahrensgang für das Bundesfinanzgericht wie folgt dar:

Die Beschwerdeführerin hat ihre Einkommensteuererklärung (Arbeitnehmerveranlagung) 2022 am via FON an die belangte Behörde übermittelt. Darin erklärte sie unter Progressionsvorbehalt steuerbefreite Auslandseinkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in der Höhe von € 6.108,00.

Die belangte Behörde führte in der Folge die Veranlagung durch und erließ mit Datum den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2022. Darin setzte sie die Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug antragsgemäß in der Höhe von € 6.108,00 an.

Mit Schriftsatz - datierend mit - bei der belangten Behörde nachweislich eingegangen am - erhob die Beschwerdeführerin das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde gemäß § 243 BAO gegen den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2022. Darin führte sie im Wesentlichen aus wie folgt:

"Anfang November 2023 wurde ich durch Bescheid der belangten Behörde zur Abgabe der Arbeitnehmerveranlagung 2022 aufgefordert. Diesem Bescheid bin ich am mit einer neuen bzw. 2. Einkommenssteuerklärung 2022 nachgekommen. Die Beschwerde richtet sich gegen folgende Punkte des Bescheides:

In dem Einkommensteuerbescheid 2022 wurde von der belangten Behörde die Steuerlast nicht aus dem Einkommen der PVA (siehe Datenübermittlung/Lohnzettel PVA 2022) in Höhe von € 12.315,48, sondern aus der Gesamtsumme mit der ausländischen Rente von CHF 6.108,00 berechnet.

Die schweizerische Rente wurde 1 zu 1 in Euro angesetzt. Die Schweizer Rente hätte davor in Euro (5.988,64) umgerechnet werden müssen. Die Berechnungsgrundlage für den Durchschnittssteuersatz hätte hier angewendet werden müssen.

Die außergewöhnlichen Belastungen wurden auch nicht berücksichtigt. Ich bin chronisch krank. Siehe Beilage Nummer 4.

Bei den Pensionsbezügen 2022 (bis € 18.410,00 jährlich) beträgt der Pensionistenabsetzbetrag € 868,00. Dieser Betrag wurde auch nicht in Abzug gebracht.

Die einbehaltene Lohnsteuer der PVA von € 32,99 wurde nur in der Höhe von € 15,77 von der belangten Behörde berücksichtigt.

Beiliegend eine neu erstellte Einkommenssteuererklärung 2022 mit allen Belegen in Kopie.

Ich beantrage, die angeführten Punkte zu berücksichtigen und einen neuen Bescheid zu erlassen. Gleichzeitig beantrage ich die Einhebung des strittigen Betrages von € 808,00 gemäß § 212a BAO bis zur Erledigung der Beschwerde auszusetzen."

Der Beschwerde beigelegt wurden die folgenden Unterlagen:

  • Erklärung L 1 zur Arbeitnehmerinnenveranlagung 2022

  • Beilage L 1i für 2022 Beiblatt Nr. 1

  • Bescheinigung für Leistungsbezüge AHV/IV 2022 Schweiz

  • Beiblatt Nr. 2 zur Einkommenssteuererklärung 2022

  • Buchungsbestätigung der Schweizer Rente 2022 Gesamtsumme

  • Beilage L 1ab für 2022

  • Beiblatt Nr. 3 Außergewöhnliche Belastungen 2022

  • Beiblatt Nr. 4 Medizinischer Bericht ***1***

  • Beiblatt Nr. 5 14 Belegblätter (Rezepte)

  • Beiblätter Nr. 6 - 7 Buchungsbestätigung Bank für Renteneingang PV 04/22 und PV 10/22; (Lohnsteuerbeträge)

Datierend mit erließ die belangte Behörde die Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2022 und gab darin der hängigen Beschwerde teilweise statt.

In der Begründung führte sie aus wie folgt:

Besteuerung der AHV Rente aus der Schweiz:

Die AHV Rente aus der Schweiz ist gemäß Art 18 DBA Schweiz im Ansässigkeitsstaat der Besteuerung zu unterziehen.

Pensionistenabsetzbetrag:

Für Pensionisten tritt an die Stelle des Arbeitnehmerabsetzbetrages und des Verkehrsabsetzbetrages ein Pensionistenabsetzbetrag bis zu € 400,00 jährlich. Der Pensionistenabsetzbetrag beträgt im Jahr 2022 € 825,00 und vermindert sich gleichmäßig einschleifend zwischen zu versteuernden Pensionsbezügen von € 17.500,00 und € 25.500,00 Euro auf null.

Maßgeblich für die Einschleifung ist nicht das gesamte Jahreseinkommen (Pension zuzüglich anderer Einkünfte), sondern das aus den Pensionsbezügen resultierende Einkommen. Für die Einschleifung sind alle Pensionsbezüge maßgeblich, die im Welteinkommen enthalten sind, unabhängig davon, ob ein Teil der Pensionsbezüge als Auslandseinkünfte auf Grund eines Doppelbesteuerungsabkommens von der österreichischen Steuer freigestellt ist. Ein Pensionistenfreibetrag ist gesetzlich nicht verankert und kann daher nicht, weder als Absetzbetrag, noch als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.

Lohnsteuer:

Die Lohnsteuer wurde gemäß dem von der PVA übermittelten Jahreslohnausweis in Höhe von € 15,77 in Abzug gebracht. Der mit der Beschwerde angeführte Betrag kann nicht nachvollzogen werden.

Krankenversicherungsbeiträge:

Die Krankenversicherungsbeiträge zählen zu den Werbungskosten gemäß § 16 EStG. Zum einen werden diese beim inländischen Jahreslohnausweis der PVA in Abzug gebracht, zum anderen werden die auf die ausländische Rente entfallenden Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von € 305,42 bei der Arbeitnehmerveranlagung berücksichtigt.

Fahrtkosten:

Pauschale Fahrtkosten können nicht berücksichtigt werden. Lediglich nachgewiesene Fahrten zu Arztbesuchen, Therapie, etc. sind als außergewöhnliche Belastung absetzbar. Die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen haben wir nicht berücksichtigt. Der Grund: Die Aufwendungen sind niedriger als der für Sie gültige Selbstbehalt in Höhe von € 1.804,58.

Mit Schriftsatz vom , bei der belangten Behörde eingelangt am , brachte die Beschwerdeführerin einen Vorlageantrag (als Beschwerde bezeichnet) bei der belangten Behörde ein.

Begründend führte sie im Wesentlichen aus wie folgt:

"Gegen den Einkommensteuerbescheid vom , zugestellt am , erhebe ich innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde.

Der vorgenannte Bescheid vom ist im Ganzen rechtswidrig. Die Erstabgabe der Einkommenssteuererklärung 2022 wurde von mir am per FON eingereicht. Zugleich wurde mit ***2*** die Einkommenssteuererklärung besprochen.

Anfang November 2023 wurde ich durch Bescheid zur Abgabe der Arbeitnehmerveranlagung 2022 aufgefordert. Diesem Bescheid bin ich am nachgekommen. Am ist hier der Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2022 eingegangen.

Gegen diesen Bescheid habe ich mit Einschreiben vom Beschwerde gemäß § 243 BAO eingelegt.

Am bekam ich von der belangten Behörde aufgrund der Beschwerde vom den geänderten Einkommensteuerbescheid 2022.

Nach Durchsicht der Begründung und nach Abgleich meiner abgegebenen Einkommenssteuererklärung 2022 fiel mir sofort einiges auf. Außerdem kann ich die Berechnungen an Hand der mir vorliegenden Einkommensteuergesetze nicht nachvollziehen. Hier die einzelnen Punkte:

1. Pensionistenabsetzbetrag:
Der erhöhte Pensionistenabsetzbetrag € 1.214,00 wurde nicht in die Berechnung zur Minderung der Steuerlast -mein Gesamteinkommen beträgt für das Jahr 2022 € 17.998,30- angesetzt. Es wurde nur der niedrige Pensionistenabsetzbetrag € 825,00 eingesetzt, wobei dieser Betrag noch eingeschliffen (€ 773,61) wurde. Der maßgebliche Wert der Einschleifung ist daher € 19.930,00. Die mir hier vorliegende Berechnung in Höhe von € 773,61 kann ich nicht nachvollziehen.

2. Lohnsteuer:
Die PVA hat für das Jahr 2022 Lohnsteuer in Höhe € 32,99 in Abzug gebracht, aber nur € 15,77 der belangten Behörde übermittelt. Der belangten Behörde liegen die Beweismittel (Buchungsbestätigungen zum und ) als Beiblatt Nr. 6 und Beiblatt Nr. 7 zur Arbeitnehmerinnenveranlagung 2022 vor. Dagegen wurde bereits am Beschwerde eingebracht.

3. Außergewöhnliche Belastungen:
Die von mir vorgetragenen außergewöhnlichen Belastungen sind einkommensteuerrechtlich konform.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
  1. Text
  1. Betrag
  1. Medikamente wg. chron. Erkrankung Attest ***1*** (Dauermedikation wg. chron. Erkrankung) vom liegt der belangten Behörde vor. (Beiblatt Nr. 4 vom )
  1. 608,20
  1. Krankenversicherungen
  1. 1.364,16
  1. Gesamt
  1. 1.972,36

4. Vorliegende Mahnung vom Abgabenart: Einkommensteuer 2022 Betrag: € 626,00:

  1. Ich protestiere gegen o.g. Mahnung, da es nicht sein kann, dass eine Forderung vor Ablauf der Widerspruchsfrist per Mahnung eingefordert werden kann. Gleichzeitig beantrage ich die Einhebung des Betrages € 626,00 gemäß § 212a BAO bis zur Erledigung der obengenannten Beschwerde auszusetzen. Weiterhin beantrage ich die Einhebung des Vorauszahlungsbetrages für 2024 € 634,00 gemäß § 212a BAO bis zur Erledigung der obengenannten Beschwerde auszusetzen."

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

  1. Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz im Inland. Sie ist Pensionistin. Aufgrund ihrer früheren beruflichen Tätigkeit im Inland bezieht sie eine Pension, welche durch die Pensionsversicherungsanstalt zur Auszahlung gelangt.

  2. Zudem war die Beschwerdeführerin während ihrer aktiven beruflichen Laufbahn Grenzgängerin in die Schweiz. Aus dieser ehemaligen Grenzgängertätigkeit bezieht die Beschwerdeführerin eine AHV Rente in der Höhe von CHF 6.108,00 p.a. (entspricht € 5.988,24).

  3. In ihrer Beschwerde und im Vorlageantrag macht die Beschwerdeführerin die folgenden Ausgaben geltend, bzw beantragt sie die folgenden Absetzbeträge:

a) AHV Rente aus der Schweiz:

In Bezug auf die AHV Rente aus der Schweiz moniert die Beschwerdeführerin, dass seitens der belangten Behörde fälschlicherweise die CHF Beträge in Ansatz gebracht worden sind. In diesem Zusammenhang beantragt sie, den Durchschnittsteuersatz auf die AHV Rente aus der Schweiz zum Ansatz zu bringen.

b) Steuerlich geltend gemachte Ausgaben:

Die Beschwerdeführerin macht die folgenden Werbungskosten, Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und Absetzbeträge geltend:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Text
Betrag
Werbungsk.
Sonderausg.
ag. Belast.
Abesetzbtrag
Krankenversicherung PVA
1.070,90
x
Krankenverischerung AHV Rente 5,1%
305,42
X
Unfallversicherung Beschwerdeführerin
293,26
X
Medikamente Dauermedikation
602,20
X
Fahrtkosten LKH Feldkirch medizinische Versorgung pauschal
250,00
X
Pensionistenfreibetrag
400,00
x
Erhöhter Pensionistenabsetzbetrag
1.214,00
X
Von PVA einbehaltene Lohnsteuer
32,99
x

Die als außergewöhnliche Belastungen beantragten Ausgaben setzten sich wie folgt zusammen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Datum
Verkäufer
Medikament
Preis
***3***
Influvac
24,80
***3***
Exforge, Concor, Mexalen,Ezerosu, Thrombostad
43,10
***3***
Exforge, Concor, Mexalen,Ezerosu
53,10
***3***
Exforge, Concor, Mexalen,Ezerosu
44,05
Parkticket ***4***
6,00
***5***
Bisoprolol, Thromboass, Tamsulosin, Rosuvastatin, Lisinopril, Eplerenon
71,80
***5***
Rosuvalan, Exforge, Mexalen, Concor
44,05
***5***
Biscporol, Thromboass, Tamsulosin, Rosuvastatin, Lisinopril, Eplerenon,
71,80
***5***
Dr Böhm Gelenkskomplex, Mexalen
37,55
***5***
Rosuvalan, Concor, Exforge
37,40
***5***
Clacvamox, Novalgin
8,40
***5***
Bepanthen, Concor, Exforge, Crestor, Rosuvalan
58,20
***5***
Bisoprolol, Eplerenon, Lisinopril, Rosuvastatin, Tamsulosin, Thromboas
65,15
***5***
Concor, Exforge, Crestor
36,80
Gesamt
602,20

Zudem beantragt die Beschwerdeführerin die steuerliche Berücksichtigung einer von der Pensionsversicherungsanstalt einbehaltenen Lohnsteuer in der Höhe von € 32,99.

Strittig sind die folgenden Punkte:

  • Stellen die Krankenversicherungsbeiträge der PVA in der Höhe von € 1.070,90 und die Krankenversicherungsbeiträge der AHV Rente in der Höhe von € 305,42 Werbungskosten im Sinne des § 16 EStG dar?

  • Ist die private Unfallversicherung in der Höhe von € 293,26 steuerlich zu berücksichtigen?

  • Sind die angefallenen Kosten für Medikamente in der Höhe von € 596,20 steuerlich zu berücksichtigen?

  • Sind pauschal geltend gemachte Fahrtkosten zum Landeskrankenhaus Feldkirch in der Höhe von € 250,00 steuerlich abzugsfähig?

  • Sind die Ausgaben für ein Parkticket in der Höhe von € 6,00 steuerlich abzugsfähig?

  • Ist ein Pensionistenfreibetrag in der Höhe von € 400,00 steuerlich zu berücksichtigen?

  • Ist der erhöhte Pensionistenabsetzbetrag in der Höhe von € 1.214,00 steuerlich zu berücksichtigen?

  • In welcher Höhe ist die von der Pensionsversicherungsanstalt für das Jahr 2022 einbehaltene Lohnsteuer zu berücksichtigen?

  • Ist die aus der Schweiz bezogene AHV Pension unter Progressionsvorbehalt mit dem Druchschnittssteuersatz zu besteuern?

2. Beweiswürdigung

Der vom Bundesfinanzgericht festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem im Zuge der Vorlage der Beschwerde übermittelten Verwaltungsakt der belangten Behörde. Zudem hat das Bundesfinanzgericht Einsicht in den elektronischen Akt der Beschwerdeführerin genommen, welcher bei der belangten Behörde geführt wird.

Letztlich eröffnet sich der festgestellte Sachverhalt aufgrund der eigenen Angaben der Beschwerdeführerin in der Bescheidbeschwerde, den in diesem Zusammenhang übermittelten Unterlagen, als auch ihren Ausführungen im Vorlageantrag.

Das Bundesfinanzgericht hegt keine Zweifel an der Echtheit und Glaubwürdigkeit der vorgelegten Unterlagen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

§ 2 EStG lautet auszugsweise wie folgt:

§ 2. (1) Der Einkommensteuer ist das Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat.
(2) Einkommen ist der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) und außergewöhnlichen Belastungen (§§ 34 und 35) sowie des Freibetrags nach § 105.
(…)

(3) Der Einkommensteuer unterliegen nur:
1. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 21),
2. Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 22),
3. Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 23),
4. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25),
(…)

§ 16 EStG lautet auszugweise wie folgt:

§ 16. (1) Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
(…)

4. a) Beiträge des Versicherten zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung.
(…)

f) Beiträge von Arbeitnehmern zu einer ausländischen Pflichtversicherung, die einer inländischen gesetzlichen Sozialversicherung entspricht.

§ 18 EStG in der im Beschwerdejahr 2022 geltenden Fassung BGBl I 10/2022 lautet auszugsweise wie folgt:

§ 18.

(1)Folgende Ausgaben sind bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind:
(…)

2. Beiträge und Versicherungsprämien, wenn der der Zahlung zugrundeliegende Vertrag vor dem abgeschlossen worden ist, ausgenommen Beiträge und Versicherungsprämien im Bereich des BMSVG und der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge (§ 108g) zu einer - freiwilligen Kranken-, Unfall- oder Pensionsversicherung, ausgenommen Beiträge für die freiwillige Höherversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung (einschließlich der zusätzlichen Pensionsversicherung im Sinne des § 479 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes), soweit dafür eine Prämie nach § 108a in Anspruch genommen wird, sowie ausgenommen Beiträge zu einer Pensionszusatzversicherung (§ 108b),
(…)

§ 124b Z 285 EStG lautet wie folgt:

§ 18 Abs. 1 Z 2 und 3, Abs. 3 Z 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 118/2015 sind anzuwenden, wenn die Einkommensteuer veranlagt wird, bei der Veranlagung für die Kalenderjahre 2016 bis 2020, die Einkommensteuer (Lohnsteuer) durch Abzug eingehoben oder durch Veranlagung festgesetzt wird, für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem und vor dem enden.

§ 34 EStG in der im Beschwerdezeitraum geltenden Fassung lautet wie folgt:

§ 34. (1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
von höchstens 7.300,00 Euro
6%
Mehr als 7.300,00 Euro bis 14.600,00 Euro
12%
Mehr als 14.600 Euro bis 36.400,00 Euro
10%
Mehr als 36.400,00 Euro
12%

(…)

§ 33 Abs 6 in der im Beschwerdezeitraum geltenden Fassung BGBl. I Nr. 194/2022 lautet wie folgt:

(6) Stehen einem Steuerpflichtigen die Absetzbeträge nach Abs. 5 nicht zu und erhält er Bezüge oder Vorteile im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1 oder 2 für frühere Dienstverhältnisse, Pensionen und gleichartige Bezüge im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 3 oder Abs. 1 Z 4 bis 5, steht ein Pensionistenabsetzbetrag gemäß Z 1 und Z 2 oder gemäß Z 3 zu. Bei Einkünften, die den Anspruch auf einen Pensionistenabsetzbetrag begründen, steht der Werbungskostenpauschbetrag nach § 16 Abs. 3 nicht zu. Für die Berücksichtigung des Pensionistenabsetzbetrages gilt:
1. Ein erhöhter Pensionistenabsetzbetrag steht zu, wenn - der Steuerpflichtige mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner
nicht dauernd getrennt lebt, - der (Ehe-)Partner (§ 106 Abs. 3) Einkünfte im Sinne des Abs. 4 Z 1 von höchstens 2 315 Euro jährlich erzielt und - der Steuerpflichtige keinen Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag hat.
2. Der erhöhte Pensionistenabsetzbetrag beträgt 1 278 Euro, wenn die laufenden Pensionseinkünfte des Steuerpflichtigen 20 967 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen. Dieser Absetzbetrag vermindert sich gleichmäßig einschleifend zwischen zu versteuernden laufenden Pensionseinkünften von 20 967 Euro und 26 826 Euro auf null.
3. Liegen die Voraussetzungen für einen erhöhten Pensionistenabsetzbetrag nach der Z 1 nicht vor, beträgt der Pensionistenabsetzbetrag 868 Euro. Dieser Absetzbetrag vermindert sich gleichmäßig einschleifend zwischen zu versteuernden laufenden Pensionseinkünften von 18 410 Euro und 26 826 Euro auf null.

Die Artikel 18 und 19 des DBA (Doppelbesteuerungsabkommens) Schweiz in der im Beschwerdezeitraum geltenden Fassung BGBl III 169/2012 lauten wie folgt:

Artikel 18

Vorbehaltlich des Artikels 19 Absatz 1 dürfen Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen, die einer in einem Vertragstaat ansässigen Person für frühere unselbständige Arbeit gezahlt werden, nur in diesem Staat besteuert werden.

Artikel 19

1. Vergütungen, einschließlich der Ruhegehälter, die ein Vertragstaat für ihm erbrachte, gegenwärtige oder frühere Dienstleistungen oder Arbeitsleistungen auszahlt, dürfen in diesem Staat besteuert werden. Dies gilt auch dann, wenn solche Vergütungen von einem Land, von einem Kanton, von einer Gemeinde, einem Gemeindeverband oder einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts eines der beiden Staaten gewährt werden.

2. Ob eine juristische Person eine solche des öffentlichen Rechts sei, wird nach den Gesetzen des Staates entschieden, in dem sie errichtet ist.

a) Besteuerung der AHV Rente aus der Schweiz:

  1. § 1 EStG regelt die persönliche Steuerpflicht einzelner natürlicher Personen, während die sachliche Steuerpflicht von § 2 leg cit erfasst ist. Einkommensteuerpflichtig sind gemäß § 1 Abs 1 EStG nur natürliche Personen; sie können unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtig sein. Ob eine menschliche Betätigung einkommensteuerrechtlich als Einkunftsquelle anzusehen ist oder nicht, ist grundsätzlich bei jedem einzelnen Steuerpflichtigen gesondert zu prüfen ().

  2. Unbeschränkt steuerpflichtig sind jene Personen, die im Inland entweder einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erfasst alle inländischen und ausländischen Einkünfte (Welteinkommensprinzip) (siehe dazu Jakom EStG17 2024, RZ 1 - 2 zu § 1).

  3. Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz im Inland. Sie unterliegt somit der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht.

  4. Im Beschwerdezeitraum hat die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer ehemaligen beruflichen Tätigkeit im Inland eine Pension (steuerpflichtiger Bezug Kennzahl 245) in der Höhe von € 12.315,48 bezogen.

  5. Aufgrund ihrer ehemaligen Grenzgängertätigkeit in die Schweiz bezog sie im Beschwerdezeitraum 2022 zudem eine AHV Rente in der Höhe von € 5.988,24.

  6. Aufgrund der oben zitierten Regelungen des § 1 EStG unterliegt die aus der Schweiz bezogene AHV Rente der unbeschränkten Besteuerung im Inland. Da es sich in diesem Zusammenhang um einen grenzüberschreitenden Sachverhalt handelt, ist zudem auf die Regelung des entsprechenden Doppelbesteuerungsabkommens mit der Schweiz Bedacht zu nehmen.

  7. Art 18 des Doppelbesteuerungsabkommens mit der Schweiz regelt Privatpensionen einschließlich der Renten aus der gesetzlichen Sozialversicherung (AHV). Gemäß dieser Bestimmung steht das Besteuerungsrecht jenem Vertragsstaat zu, in welchem die jeweilige Person ansässig ist.

  8. Art 19 des gegenständlichen Doppelbesteuerungsabkommens regelt hingegen Bezüge aus öffentlichen Kassen, die auf Grund einer dem schweizerischen Staat gegenüber erbrachten Arbeitsleistung gezahlt werden.

  9. Für den gegenständlichen Beschwerdefall folgt daraus, dass Österreich das Besteuerungsrecht für die AHV Rente der Beschwerdeführerin, welche aus einer unselbständigen Erwerbstätigkeit in der Schweiz herrührt, zusteht. Ein (besonderer) Progressionsvorbehalt kommt auf Grundlage des Art 18 des DBA nicht zur Anwendung.

b) Besteuerung des Gesamtbetrages der Einkünfte mit dem Tarif des § 33 EStG:

Die sachliche Steuerpflicht nach § 2 Abs 2 EStG knüpft an den Begriff des Einkommens an. Die Summe der vom Steuerpflichtigen innerhalb des Wirtschaftsjahres (Kalenderjahres) erzielten positiven und negativen Einkünfte führt zum Gesamtbetrag der Einkünfte.

Das Einkommen wird sodann durch Abzug der Sonderausgaben, der außergewöhnlichen Belastungen und des Freibetrages gemäß § 105 ermittelt (vgl hierzu Jakom EStG17 2024, RZ 1 zu § 2).

Den obigen Ausführungen folgend, hat die Besteuerung der inländischen, als auch der ausländischen (aus der Schweiz resultierenden) Einkünfte zum Tarif des § 33 EStG zu erfolgen.

Eine Besteuerung des Einkommens zum Durchschnittssteuersatz ist in Bezug auf den vorliegenden Beschwerdefall einzig und allein dann vorzunehmen, wenn die Voraussetzungen des § 33 Abs 11 EStG vorliegen. Abs 11 ist nach dem Gesetzeswortlaut nur dann anzuwenden, wenn bei der Berechnung der Steuer ein Progressionsvorbehalt aus der Anwendung eines DBA zu berücksichtigen ist (vgl hierzu, Jakom, EStG17, RZ 128 zu § 33).

Die ausländische Rente, welche die Beschwerdeführerin im Zeitraum 2022 bezogen hat, entstammt aus einer (ausländischen) gesetzlichen Sozialversicherung und ist aus diesem Grunde unter Art 18 des DBA zu subsumieren. Für Einkünfte welche unter Art 18 zu subsumieren sind, ist ein Progressionsvorbehalt im gegenständlichen Abkommen nicht vorgesehen.

Die im Beschwerdezeitraum 2022 erzielten Einkünfte sind den obigen Ausführungen folgend somit unter Anwendung des Tarifs des § 33 Abs 1 EStG der Besteuerung zu unterwerfen.

c) Krankenversicherungsbeiträge inländische und ausländische Pension:

Beiträge des Versicherten zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung stellen nach § 16 Abs 1 Z 4 lit a EStG Werbungskosten dar.

Die angefallenen Krankenversicherungsbeiträge in Bezug auf die durch die PVA ausbezahlte inländische Pension wurden von dieser bereits im Zuge der laufenden Zahlungen berücksichtigt und entsprechend in Abzug gebracht. Die von der PVA im Zeitraum 2022 als Werbungskosten gemäß § 16 Abs 1 Z 4 lit a EStG zum Abzug gebrachten Sozialversicherungsbeiträge stellen sich laut dem an die belangte Behörde übermittelten Jahreslohnzettel 2022 wie folgt dar:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bezeichnung
Betrag
SV Beiträge für die laufenden Bezüge
661,80
SV Beiträge für sonstige Bezüge
110,30
Gesamt
772,10

Beiträge von Arbeitnehmern zu einer ausländischen Pflichtversicherung § 16 Abs 1 Z 4 lit f EStG sind dann abzugsfähig, wenn die Pflichtversicherung einer inländischen gesetzlichen Sozialversicherung entspricht. Diese Bestimmung ist dann von Bedeutung, wenn Arbeitnehmer, die im Ausland beschäftigt sind, in Österreich zur ESt veranlagt werden (zB Grenzgänger) (vgl hierzu Jakom, EStG17, RZ 21 zu § 16).

Auf Grundlage der Bestimmung des § 16 Abs 1 Z 4 lit f EStG hat die belangte Behörde die für die AHV Rente aus der Schweiz beantragten Krankenversicherungsbeiträge in der Höhe von € 305,42 als Werbungskosten ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag zum Abzug zugelassen.

Gesamthaft wurden in diesem Zusammenhang die folgenden Werbungskosten zum Abzug zugelassen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bezeichnung
Betrag
SV Beiträge inländische Pension (PVA)
772,10
SV Beiträge ausländische Pension (AHV)
305,42
Gesamt
1.077,52

Der in den Schriftsätzen der Beschwerdeführerin angeführte Betrag von € 1.070,90 an Krankenversicherungsbeiträgen in Bezug auf die von der PVA ausbezahlte Pension konnte seitens des BFG nicht nachvollzogen werden.

d) Ausgaben für private Unfallversicherung:

Die Beschwerdeführerin beantragt die steuerliche Geltendmachung von € 293,26, welche sie im Beschwerdezeitraum nachweislich für eine private Unfallversicherung bei der ***6*** aufgewendet hat.

Sonderausgaben sind mit Ausnahme des Verlustabzugs Ausgaben, die der privaten Lebensführung zuzuordnen sind (). Sie sind Einkommensverwendung (;) (vgl hierzu Jakom EStG17, RZ 1 zu § 18).

Sonderausgaben liegen nur dann vor, wenn nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten gegeben sind (vgl hierzu Jakom, EStG17, RZ 4 zu § 18).

Die Ausgaben für die private Unfallversicherung der Beschwerdeführerin wurden im gegenständlichen Verfahren weder als Betriebsausgaben, noch als Werbungskosten zum Abzug zugelassen.

Für Versicherungsbeiträge wie die antragsgegenständliche private Unfallversicherung gilt das Folgende:

Der der Zahlung zugrundeliegende Vertrag muss vor dem abgeschlossen worden sein. Aufgrund von Verträgen, die nach dem abgeschlossen worden sind, gezahlte Beiträge sind seit dem nicht mehr als Sonderausgaben abzugsfähig. Aufgrund von Verträgen, die vor dem abgeschlossen worden sind, gezahlte Beiträge konnten nur mehr befristet bis zum Ende des Jahres 2020 als Sonderausgaben geltend gemacht werden (§ 124b Z 285; 684 BlgNR XXV. GP, 13) (vgl hierzu Jakom, EStG17, RZ 30 zu § 18).

Aufgrund der obigen Ausführungen können die beantragten Versicherungsbeiträge für eine private Unfallversicherung in der Höhe von € 293,26 nicht zum Sonderausgabenabzug zugelassen werden.

Letztlich gilt noch zu überprüfen, ob die Ausgaben für die private Unfallversicherung außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 34 EStG darstellen.

Die außergewöhnliche Belastung dient der Berücksichtigung von Aufwendungen der privaten Lebensführung, die das Einkommen eines Kalenderjahres belasten, bei der Erstellung des auf durchschnittlichen Verhältnissen angelegten ESt-Tarifs aber unberücksichtigt bleiben ().

Es können nur Aufwendungen abgezogen werden, die das Einkommen des Steuerpflichtigen überverhältnismäßig belasten, d.h. die außergewöhnlich sind. Die Ausgaben müssen, weil sie zu Lasten der Allgemeinheit gehen, zwangsläufig erwachsen; sie dürfen unter kein Abzugsverbot fallen. Betroffen sind Kosten der privaten Lebensführung (vgl hierzu, Jakom, EStG17, RZ 1 zu § 34).

§ 34 EStG 1988 räumt dem unbeschränkt Steuerpflichtigen einen Rechtsanspruch auf Abzug außergewöhnlicher Belastungen bei der Ermittlung des Einkommens ein, wenn folgende im Gesetz aufgezählte Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sind:

1. Die Aufwendungen müssen außergewöhnlich sein (Abs 2).

2. Sie müssen zwangsläufig sein (Abs 3).

3. Sie müssen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen wesentlich beeinträchtigen (Abs 4).

Gemäß § 34 Abs 2 EStG 1988 ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

Gemäß § 34 Abs 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Eine außergewöhnliche Belastung muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen wesentlich beeinträchtigen. Gemeint ist die Berücksichtigung eines nach der Einkommenshöhe einerseits sowie nach dem Familienstand andererseits gestaffelten Selbstbehalts (auf das Vermögen wird nicht Rücksicht genommen). Die Rechtsprechung zieht die mangelnde Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit indessen auch als Kurzbegründung für das Fehlen einer der übrigen Voraussetzungen einer außergewöhnlichen Belastung heran (zB Gegenwert; , 99/13/0101 mangelnde Belastung).

Die Höhe des Selbstbehalts wird durch Anwendung des jeweils zutreffenden Prozentsatzes auf das Einkommen ermittelt, unabhängig davon, ob und aus welchen Gründen dieses im betreffenden Jahr atypisch hoch ist (). Übersteigen die geltend gemachten Ausgaben nicht den Selbstbehalt, kann sich der Steuerpflichtige nicht beschwert erachten, wenn die Behörde berücksichtigungsfähige Ausgaben überhaupt nicht angenommen hat () (vgl hierzu, Jakom, EStG17, RZ 51 zu § 34).

§ 34 EStG räumt einen Rechtsanspruch ein (; ). Voraussetzung ist, dass sämtl Merkmale des § 34 kumulativ vorliegen () (vgl hierzu Jakom, EStG17, RZ 5 zu § 34).

Den obigen Ausführungen folgend stellen die von der Beschwerdeführerin getragenen Ausgaben für die private Unfallversicherung in Höhe von € 293,26 keine außergewöhnlichen Belastungen im Sinne des § 34 EStG dar.

So ist das Kriterium der Außergewöhnlichkeit (§ 34 Abs 2 EStG) nicht erfüllt. Die finanzielle Belastung für die Beschwerdeführerin durch Zahlung der jährlichen Prämie in Höhe von € 293,26 ist nicht höher als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse bzw gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

Auch erwächst die Belastung für die Beschwerdeführerin nicht zwangsläufig. Sie ist den Versicherungsvertrag für die private Unfallversicherung freiwillig eingegangen. Es liegen somit keine tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründe vor, weshalb sie sich der Bezahlung der Versicherungsprämie nicht von Beginn an - durch Nichtabschluss eines Versicherungsvertrages - entziehen hätte können.

Letztlich ist auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin durch die beantragte Versicherungsprämie in der Höhe von € 293,26 nicht beeinträchtigt.

e) Ausgaben für Medikamente:

Durch Krankheit verursachte Aufwendungen sind außergewöhnlich (), sie erwachsen aus tatsächlichen () bzw bei Unterhaltsverpflichtung aus rechtlichen Gründen zwangsläufig.

Die Kosten sind aber nur dann als außergewöhnliche Belastung absetzbar, wenn keine Betriebsausgaben oder Werbungskosten gegeben sind (; s Berufskrankheit).

Sie müssen mit einer Heilbehandlung bzw -betreuung typischerweise verbunden sein (); es genügt jedoch, wenn sie den Zweck verfolgen, die Krankheit erträglich zu machen. Keine außergewöhnliche Belastung sind Aufwendungen für die Erhaltung der Gesundheit; für Stärkungsmittel und zur Nahrungsergänzung.

Abzugsfähig sind Aufwendungen für Arzt und Krankenhaus, Medikamente, einschließlich medizinisch verordneter homöopathischer Präparate (); bei chronisch Erkrankten auch wiederholt verschriebene Präparate, wenn im Einzelfall kein neues Rezept eingeholt wurde (); (vgl hierzu Jakom, EStG17, ABC der außergewöhnlichen Belastungen § 34).

Die Beschwerdeführerin hat im hängigen Verfahren den Untersuchungsbericht des behandelnden Arztes datierend mit übermittelt. Aus dem besagten Schreiben geht hervor, dass die Beschwerdeführerin an einer chronischen Erkrankung leidet und deshalb einer Dauermedikation mit Thormboass, Concor, Ezerosu und anderen Medikamenten bedarf.

Eine außergewöhnliche Belastung muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen wesentlich beeinträchtigen. Gemeint ist die Berücksichtigung eines nach der Einkommenshöhe einerseits sowie nach dem Familienstand andererseits gestaffelten Selbstbehalts (vgl hierzu, Jakom, EStG17, RZ 51 zu § 34).

Eine wesentliche Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit liegt insoweit vor, als die Belastung den vom Steuerpflichtigen zu tragenden Selbstbehalt überschreitet. Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Selbstbehaltes ist das Einkommen vor Abzug der außergewöhnlichen Belastung selbst. Progressionsvorbehaltseinkünfte gemäß § 3 EStG 1988 sind nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen ().

Die Höhe des Selbstbehaltes wird nach der Bestimmung des § 34 Abs 4 EStG ermittelt.

Die Beschwerdeführerin hat gesamthaft Belege in der Höhe von € 602,20 in Zusammenhang mit beantragten außergewöhnlichen Belastungen (Krankheitskosten) übermittelt.

Ein Betrag von € 559,40 steht in Zusammenhang mit regelmäßig bezogenen Medikamenten (Exforge, Concor, Thromboass etc.) im Sinne einer Dauermedikation.

Eine übermittelte Medikamentenrechnung über € 36,80 betrifft das Jahr 2021 und kann somit in Zusammenhang mit der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2022 keine Berücksichtigung finden.

Keine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung findet zudem das Parkticket vom (***7***) in Höhe von € 6,00.

Das Einkommen der Beschwerdeführerin vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen beträgt € 18.045,80. Gemäß § 34 Abs 4 EStG beträgt der Selbstbehalt 10%. Die beantragten außergewöhnlichen Belastungen mit Selbstbehalt (Medikamentenkosten) betragen € 559,40 und finden somit im Selbstbehalt von € 1.804,58 (10% von € 18.045,80) Deckung.

Die angefallenen Ausgaben für die Medikamente können somit nicht als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 34 EStG Berücksichtigung finden.

f)Pauschale Fahrtkosten zum LKH Feldkirch:

Die Beschwerdeführerin beantragt im gegenständlichen Verfahren pauschale Fahrtkosten für ihre medizinische Versorgung im LKH Feldkirch in der Höhe von € 250,00 (für 500 Kilometer) als außergewöhnliche Belastung zum Abzug zuzulassen.

Fahrtkosten anlässlich der Konsultation von Ärzten und dem Aufsuchen von Spitälern sind als (mittelbare) Krankheitskosten regelmäßig zwangsläufig und deshalb als außergewöhnliche Belastung absetzbar (vgl idS zB ; , 85/14/0181; , 85/14/0128). Das Merkmal der Zwangsläufigkeit muss auch der Höhe nach gegeben sein. Demnach sind Fahrtkosten grundsätzlich nur in notwendiger Höhe zu berücksichtigen (vgl ) (vgl hierzu, Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Einkommensteuergesetz, 23. Lieferung 2023, ABC der außergewöhnlichen Belastungen § 34 EStG).

Der Nachweis von Fahrtkosten als Werbungskosten hat grundsätzlich mit einem Fahrtenbuch zu erfolgen. Dieses hat die beruflichen und privaten Fahrten zu enthalten.

Ein Fahrtenbuch bildet nur dann einen tauglichen Nachweis der Fahrtkosten, wenn es fortlaufend und übersichtlich geführt wird, das Datum der beruflichen Fahrten, Ort, Zeit und Kilometerstand jeweils am Beginn und Ende der Fahrt, Zweck jeder einzelnen beruflichen Fahrt und die Anzahl der gefahrenen Kilometer, aufgegliedert in beruflich und privat gefahrene Kilometer, enthält. Es muss dem Finanzamt möglich sein, die im Fahrtenbuch angegebenen Kilometerstände anhand z.B. von Servicerechnungen bei Werkstätten oder anlässlich des Ankaufes und Verkaufes eines Wagens zu kontrollieren.

Jede einzelne berufliche Verwendung des eigenen Kfz ist grundsätzlich für sich und mit dem bei Abschluss der Fahrt erreichten Gesamtkilometerstand aufzuzeichnen (siehe dazu z.B. ).

Die oben beschriebenen Voraussetzungen für den Nachweis von Fahrtkosten haben auch in Verbindung mit geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen Geltung.

Die Beschwerdeführerin beantragt pauschale Fahrtkosten in der Höhe von € 250,00 für 500 Kilometer aufgrund ihrer Erkrankung und der damit einhergehenden Notwendigkeit, mehrmals jährlich das LKH Feldkirch aufzusuchen.

Diesbezüglich ist auszuführen, dass anknüpfend an die obigen Aussagen Fahrtkosten in Zusammenhang mit der Konsultation von Ärzten und dem Besuch von Spitälern als mittelbare Krankheitskosten dem Grunde nach außergewöhnliche Belastungen darstellen. Allerdings sind solche Aufwendungen lediglich in notwendiger Höhe zu berücksichtigen.

Mangels der Aufzeichnung der einzelnen Fahrten in Form eines Fahrtenbuches, können die beantragten Ausgaben in der Höhe von € 250,00 nicht zum Abzug zugelassen werden.

Selbst wenn die angefallenen Fahrtkosten aufgrund Nachweises als außergewöhnliche Belastungen (Krankheitskosten) zu qualifizieren gewesen wären, hätten diese im Selbstbehalt Deckung gefunden. Ebenso verhält es sich mit den beantragten Kosten in Bezug auf das Parkticket.

g)Pensionistenabsetzbetrag; erhöhter Pensionistenabsetzbetrag

Absetzbeträge tragen entweder in der Tarifsteuer nicht berücksichtigten persönlichen Verhältnissen Rechnung (Alleinverdiener- und Alleinerzieherabsetzbetrag, Kinderabsetzbetrag - der allerdings eine direkt ausbezahlte Transferleistung darstellt -, Unterhaltsabsetzbetrag, wohl auch Pensionistenabsetzbetrag) oder berücksichtigen einkunftsbezogene oder sonstige Umstände (Verkehrsabsetzbetrag, Pendlereuro Arbeitnehmerabsetzbetrag) (vgl hierzu Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg.), Einkommensteuergesetz, 23. Lieferung 2023, RZ 26 zu § 33).

Nach den Materialien zum EStG 1972 (EB zur RV 474 BlgNR XIII. GP) soll der Pensionistenabsetzbetrag eine Entlastung von Pensionsbeziehern bewirken, vgl auch . Allgemein wird er auch durch allfällige erhöhte Aufwendungen von Pensionisten gerechtfertigt.

Erhöhte Aufwendungen von Pensionisten betreffen allerdings in erster Linie Kosten von Krankheit, die in der Regel auch zu einem Grad der Behinderung von zumindest 25% führen, sodass solche Mehraufwendungen ohnehin ohne Kürzung durch einen Selbstbehalt als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind. Seit der Einschleifung des Pensionistenabsetzbetrages ab Pensionseinkünften von € 17.000,00 jährlich steht wohl eine soziale Komponente im Vordergrund.

Diese berücksichtigt aber nur die Pensionseinkünfte alleine und lässt andere Einkünfte und damit das Gesamteinkommen außer Betracht, sodass der Pensionistenabsetzbetrag auch bei hohen Einkommen in voller Höhe zustehen kann.

Für die Einschleifung sind alle Pensionseinkünfte maßgeblich, die im Welteinkommen enthalten sind, unabhängig davon, ob ein Teil der Pensionseinkünfte als Auslandseinkünfte auf Grund eines Doppelbesteuerungsabkommens von der österreichischen Steuer freigestellt ist. Pensionseinkünfte sind die laufenden Brutto(pensions)bezüge abzüglich Werbungskosten (zB Sozialversicherung).

Der Pensionistenabsetzbetrag für das Jahr 2022 beträgt € 825,00 und schleift sich zwischen Pensionseinkünften in der Höhe von € 17.500,00 bis € 25.500,00 ein.

Der erhöhte Pensionistenabsetzbetrag war der Ersatz durch den in der Regel für alleinverdienende Pensionisten mangels Kind/ern iSd § 106 Abs 1 seit 2011 weggefallenen Alleinverdienerabsetzbetrag (vgl hierzu Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg.), Einkommensteuergesetz, 23. Lieferung 2023, RZ 26 zu § 33).

Der erhöhte Pensionistenabsetzbetrag steht jährlich zu, wenn

  • der Steuerpflichtige mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom Ehepartner oder eingetragenen Partner nicht dauernd getrennt lebt,

  • die Pensionseinkünfte des Steuerpflichtigen die obere Einkunftsgrenze im Kalenderjahr nicht übersteigen,

  • die Einkünfte des Ehepartners oder eingetragenen Partners (§ 106 Abs. 3 EStG 1988) im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 den jährlichen Höchstbetrag nicht übersteigen und

  • der Steuerpflichtige keinen Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag hat.

Die Beschwerdeführerin ist ledig und erfüllt somit die Anspruchsvoraussetzungen für den erhöhten Pensionistenabsetzbetrag nicht.

Ein Pensionistenfreibetrag, wie von der Beschwerdeführerin in den vorliegenden Schriftsätzen beantragt, ist im Einkommensteuergesetz nicht geregelt.

h)Von der PVA einbehaltene Lohnsteuer:

Die in Abzug gebrachte Lohnsteuer in der Höhe von € 15,77 wurde aufgrund des von der PVA übermittelten Jahreslohnzettels für das Jahr 2022 in Abzug gebracht. Aus den von der Beschwerdeführerin übermittelten Buchungsbesätigungen vom und ist das Folgende ersichtlich:

In der Buchungsbestätigung betreffend der PVA Pension 04/2022 vom ist eine einbehaltene und folglich abgeführte Lohnsteuer in der Höhe von € 24,38 ausgewiesen. In der Buchungsbestätigung betreffend PVA Pension 10/2022 vom ist eine Gutschrift an Lohnsteuer in der Höhe von € 8,61 ersichtlich. Die von der PVA im Lohnzettel 2022 angeführte Lohnsteuer berechnet sich wie folgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Text
Betrag
Lohnsteuerabzug 04/2022
(-) 24,38
Gutschrift Lohnsteuer 10/2022
(+) 8,61
Gesamt einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer 2022
15,77

Der von der Beschwerdeführerin beantragte Betrag von € 32,99 errechnet sich wie folgt: (€ 24,39 + € 8,61 = € 32,99). Bei dieser Form der Berechnung wurde übersehen, dass es sich bei dem Betrag von € 8,61 um eine Gutschrift an Lohnsteuer handelt.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis ergeht in Einklang mit den oben angeführten klaren und eindeutigen gesetzlichen Bestimmungen, den Regelungen im Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz und der oben angeführten Judikatur des VwGH. Eine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor. Die ordentliche Revision war somit zu versagen.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.1100097.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at