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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.06.2024, RV/4100384/2022

Keine Bescheiderlassung wegen eingetretener Verjährung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** über die Beschwerde der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Ingrid Huber, WP/StB, Feldweg 7, 9241 Wernberg, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich, dieses vertreten durch HR Mag. ***AV1**, vom betreffend Einkommensteuer 2012 bis 2014, allesamt ergangen zu Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin FOI ***SF1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert. Gegenüber den jeweils am erlassenen Beschwerdevorentscheidungen ergeben sich keine Änderungen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die am ***T1M1***.1945 geborene Beschwerdeführerin (Bf) zog im Jahre 2011 gemeinsam mit ihrem Ehegatten ***M*** von der Schweiz nach Österreich. Die Eheleute begründeten zunächst ihren Hauptwohnsitz in ***Wohnort1***. In der Folge, und zwar ab dem , verlegten sie diesen nach ***Wohnort2***, wo sie ein Eigenheim erworben hatten.

Die Bf gab bis einschließlich 2020 keine Steuererklärungen ab.

Mit Vorhalt vom teilte die Abgabenbehörde der Bf mit, sie sei gemäß der EU-Zinsrichtlinie (RL 2003/48/EG) von Seiten der Schweizer Steuerbehörde darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass der Bf in den Jahren 2014 bis 2019 Kapitalerträge zugeflossen seien. Aufgrund dieser Mitteilung habe die Bf die Höhe der ausländischen Kapitalerträge sowie allfällig entrichtete Steuern bekanntzugeben und ihre Angaben durch zweckdienliche Unterlagen (Kontoauszüge, Sparbücher, etc.) zu belegen. Vorzulegen seien auch - sofern die Kapitalerträge aus einer Wertpapierveranlagung stammen sollten - die entsprechenden Auszüge betreffend Depot und Verrechnungskonto. Auch sei die Herkunft des Kapitals offen zu legen.

Mit Vorhaltsbeantwortung vom führte die Bf aus, dass sie mit ihrem Gatten ein Gemeinschaftskonto bei der ***Bank2*** ***Wohnort1*** unterhalte. Der Einlagenstand auf diesem Konto würde aus der im Jahre 2011 erfolgten Veräußerung des gemeinsamen Hauses in der Schweiz stammen. Sie selbst beziehe seit 2011 eine "ordentliche einfache Altersrente" iHv monatlich CHF 1.643,00. Als Nachweis ihres Vorbringens legte die Bf ihrem Schreiben eine mit datierte Rentenbestätigung der Schweizerischen Ausgleichskasse (SAK) als rentenauszahlende Stelle bei.

Mit Ergänzungsvorhalt vom übermittelte die Behörde der Bf Erklärungsvordrucke betreffend Einkommensteuer für die Zeiträume 2012 bis 2019 (Form E 1). Zudem führte die Behörde in Bezug auf die ausländischen Kapitalerträge Nachstehendes aus:

"Nicht beantwortet wurde die Frage nach den ausländischen Kapitalerträgen. Folgende Daten wurden uns aus der Schweiz zu Ihren Konten bei der **Bank1** AG gemeldet:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zinserträge
2014
2015
2016
2017
Konto **xxxxxx*
2.579,00
2.195,00
1.905,00
2,22
Dividenden
2015
2016
2017
2018
2019
Konto **xxxxxx*
1.021,00
79,00
-
-
-
Konto ***xxxxx*** 0000
2.196,29
Konto ***xxxxxx**
1.914,21
1.628,00
Konto ***xxxxx***
449,79

Die Zinsen sind in Österreich mit 25% zu versteuern, die Dividenden bis 2015 ebenfalls mit 25% und ab 2016 mit 27,5%. Bei den Dividenden kann die Schweizer Quellensteuer iHv. 15% angerechnet werden.

o Sie werden daher nochmals ersucht, sämtliche (!) ausländische Kapitalerträge ab 2012 bekanntzugeben und dazu sämtliche (!) Depot- und Kontoauszüge vorzulegen!

Die genannten Konten der **Bank1** AG weisen zum jeweiligen 31.12. die folgenden Kontostände auf:

(…) Anm: betrifft 2017 bis 2019

o Zur Mittelherkunft wurde Ihrerseits lediglich bekanntgegeben, dass es sich um Einkünfte aus der Veräußerung Ihres Hauses handelt. Dazu wird um entsprechenden Nachweis ersucht (Kaufvertrag, sämtliche Kontoauszüge).

Es wird ersucht, die mit separater Post übermittelten Einkommensteuererklärungen ausgefüllt und unterschrieben zurückzusenden. Alternativ können Sie diese auch elektronisch einreichen (…)"

Mit Vorhaltsbeantwortung vom führte die nunmehr beauftragte steuerliche Vertreterin zu den ausländischen Kapitalerträgen Folgendes aus:

"Eine Aufstellung für die Jahre 2012 bis 2019 ist aus Anlage 12 ersichtlich.

Sie wurde von den Unterlagen, wie sie **Bank1** AG zur Verfügung gestellt hat, erstellt (jährliche Depotauszüge liegen bei). Die Kapitalertragsteuer (Steuer), wie sie ***Bank1*** in Abzug gebracht hat, ist bis 2014 auf den ***Bank1*** Unterlagen angeführt. Leider war es nicht möglich, eine Aufstellung von ***Bank1*** für das Gemeinschaftskonto zu erhalten, wie ***Bank1*** diese für das Einzelkonto von Frau ***Bf*** (***xxxxx***.0- siehe Anlage 38-41) bis 2016 seinerzeit übermittelt hat. Es wird daher beantragt, dass amtswegig die Kapitalertragsteuer in der Schweiz und somit anrechenbare Quellensteuer angesetzt wird.

Zur Aufstellung der Abgabenbehörde auf Seite 2 des Ergänzungsersuchens ist anzumerken, dass diese teilweise falsch ist. Es sind 100% der Beträge des Gemeinschaftskontos teilweise angeführt (2017 bis 2019) anstatt der 50%-Anteil und zudem ist die Aufteilung auf Zinsen und Dividenden nicht korrekt (zB 2015: Zinsen 2195 + Dividenden 1021; wie der Berechnung auf Anlage 12 zu entnehmen ist, beträgt der 50 % Anteil der Dividenden 1.560,50 und der 50 % Anteil der Zinsen 634,50 - zusammen somit 2.195,00).

Das Ehepaar ***Bf*** hat nur die beiden Konten bei der ***Bank1*** wie sie in der Anlage 12 dargestellt sind. Die im Ergänzungsersuchen der Abgabenbehörde angeführte Kontonummer im Jahr 2017 unter Dividenden ist offensichtlich falsch und Konto **xxxxxx* und Konto ***xxxxxx** ist ident (Kundennummer und Depotkontonummer - siehe Anlagen).

Wunschgemäß wurden mit heutigem Datum die Einkommensteuererklärungen 2012 bis 2019 eingereicht. Da die Einkommensteuererklärungen 2012 und 2013 nicht über FinanzOnline eingereicht werden können (über 7 Jahre), liegen sie diesem Schreiben bei.

Ich habe das Ehepaar ***Bf*** gefragt, warum sie bisher ab ihrer Übersiedlung nach Österreich keine Steuererklärungen eingereicht haben. Das Ehepaar ***Bf*** stammt aus der Schweiz. In der Schweiz ist es so, dass das Finanzamt aktiv wird und zur Abgabe von Steuererklärungen auffordert. Das ist normal. Daher ist es für sie normal, dass sie nun vom Staat Österreich aufgefordert werden, Steuererklärungen einzureichen. Das Ehepaar ***Bf*** hat sich zwar gewundert, dass es in Österreich so lange dauert, bis sie vom Finanzamt eine Aufforderung zur Abgabe von Erklärungen erhalten. Sie haben seinerzeit auch eine Erklärung abgegeben, womit Österreich über ihr Einkommen informiert wird und mir die Anlage 53 (Anmerkung: "Steuerabkommen Österreich: Ermächtigung zur freiwilligen Meldung) übermittelt. Ich habe sie aufgeklärt, dass in Österreich der Weg anders ist: der Abgabepflichtige wird nicht vom Finanzamt aufgefordert sondern muss von sich aus aktiv werden, wenn Erklärungspflicht besteht. Das Ehepaar ***Bf*** hat versichert, nie die Absicht gehabt zu haben, keine Abgabenerklärungen einzureichen bzw. Abgaben zu hinterziehen. Sie sind gewissenhafte Bürger und kommen ihren Zahlungspflichten stets nach."

Der Vorhaltsbeanwortung beigelegt wurde ein Konvolut von Unterlagen. Darin enthalten sind beispielsweise:

a) Anlage 12 (Kapitalerträge **Bank1** AG), aus der zu entnehmen ist (auszugsweise betreffend die Jahre 2012 bis 2014):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
50% Anteil jeweils Herr und Frau ***Bf***
2012
2013
2014
Dividenden
1.315,63
2.025,50
1.800,50
Zinsen
2.746,86
1.326,50
527,00
4.062,49
3.352,00
2.327,50
Steuer 35% CH
1.421,87
759,50
691
anrechenbar 15%
609,3735
502,8
349,125

b) Rentenbestätigung der SchweizerischenAusgleichskasse (SAK) vom über den Bezug einer ordentlichen einfachen Altersrente von CHF 1.643,00 mtl (ab )

Die Schweizerische Ausgleichskasse bescheinigt darin ausdrücklich, "dass auf dem Überweisungsbetrag, der oben genannter Person zusteht, weder Gebühren noch Steuern in Abzug gebracht werden."

c) Anlage 52, enthält u.a.

- Aufstellung ua. über steuerrelevante Zahlungen der Pensionskasse ***Bank1*** ab 2012 bis 2020 über CH 2.382,00 p.a.

- Jahresbezüge SAK in CHF, umgerechnet in Euro nach Steuerwerten

d) Vertrag betreffend Verkauf des Hauses in der Schweiz

e) Ermächtigung der Bf vom zur freiwilligen Meldung von Bankdaten an die Österreichische Abgabenbehörde

Die Bf unterzeichnete zum genannten Zeitpunkt eine von Seiten der **Bank1** AG übermittelte Erklärung, mit welcher sie dieser die unwiderrufliche Ermächtigung zur Weitergabe von Kunden-, Depot- und und Kontodaten über die Schweizer Steuerbehörde an die Österreichische Finanzverwaltung erteilte:

Konkret hält die Vereinbarung fest:

In den ergangenen Einkommensteuerbescheiden brachte das Finanzamt die erklärten Kapitalerträge (Steuersatz 25%) unter Anrechnung der in der Schweiz geleisteten Quellensteuern im Höchstmaß von 15% in Ansatz. Weiters wurden die bezogenen Renteneinkünfte (Schweizer Ausgleichskasse) sowie Leistungen der Pensionskasse **Bank1** (summiert 2012: € 16.715,27, 2013: € 16.429,09; 2014: € 16.634,93) erklärungskonform als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit angesetzt.

In der Bescheidbegründung führte die Behörde in Bezug auf die nunmehr vorlageverhafteten Bescheide der Jahre 2012 bis 2014 aus:

"Bei hinterzogenen Abgaben beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre (§ 207 Abs. 2 BA0). Gem. § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt. Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist anzunehmen, dass derjenige, der über ein Vermögen verfügt, von der potentiellen Steuerpflicht anfallender Erträge weiß (, ). Es wurde unterlassen, sich über das Bestehen einer Erklärungspflicht zu erkundigen (vgl. dazu , ). In diesem Zusammenhang muss auch auf die seit vielen Jahren in den Medien bzw. in der Öffentlichkeit geführten politischen Diskussionen bezüglich der Besteuerung von Kapitaleinkünften aus in Liechtenstein, der Schweiz und dgl. angelegtem Kapitalvermögen verwiesen werden (vgl. auch ). Gem. Doppelbesteuerungsabkommen ist nur die ausländische Quellensteuer auf Dividenden mit 15% anrechenbar (Art. 10 iVm. Art. 23 Abs. 2 DBA)."

Mit der gegen die Einkommensteuerbescheide eingebrachten Bescheidbeschwerde (diese betraf die Jahre 2012 bis 2019) wandte die Bf hinsichtlich der Zeiträume 2012 bis 2014 u.a. ein, die Festsetzung der Abgabe sei verjährt und aus diesem Grunde seien die bekämpften Bescheide aus dem Rechtsbestand zu heben.

Die von der Behörde vorgenommene Qualifikation einer vorsätzlichen Abgabenverkürzung werde nachdrücklich bestritten. Einer Abgabenhinterziehung mache sich gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirke. Vorsätzlich handle, wer einen Sachverhalt verwirklichen wolle, der einem gesetzlichen Tatbild entspreche; ausreichend sei, dass der Täter die Verwirklichung ernstlich für möglich halte und sich damit abfinde.

Fahrlässig handle hingegen jemand, wer die Sorgfalt außer Acht lasse zu der er nach den Umständen verpflichtet und seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt sei und deshalb nicht erkenne, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könnte, der einem gesetzlichen Tatbild entspreche. Fahrlässig handle auch, wer es für möglich halte, dass er einen solchen Sachverhalt verwirkliche, ihn aber nicht herbeiführen will (§ 8 Abs. 2 FinStrG).

Weder vorsätzlich noch fahrlässig handle jemand, wenn ihm bei einer Tat ein entschuldbarer Irrtum unterlaufe, der ihn das Vergehen oder das darin liegende Unrecht nicht erkennen lasse.

Nach der einhelligen Judikatur des VwGH beruhe ein vorsätzliches Handeln zwar auf einem nach außen nicht erkennbaren Willensvorgang, sei aber aus dem nach außen in Erscheinung tretenden Verhalten des Täters zu erschließen, wobei sich die diesbezüglichen Schlussfolgerungen als Ausfluss der freien Beweiswürdigung erweisen würden ( mwN).

Die Verlängerung der Verjährungsfrist gemäß § 207 Abs. 2 Satz 2 BAO setze eine Hinterziehung von Abgaben voraus; die Hinterziehung verlange gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG Vorsatz. Eine allenfalls fahrlässige Abgabenverkürzung gemäß § 34 FinStrG bewirke keine Verlängerung der Verjährungsfrist. Ein bedingter Vorsatz liege dann vor, wenn der Täter die Verwirklichung des Tatbestandes ernstlich für möglich halte und sich damit abfinde. Der Täter muss also einerseits den Eintritt des verpönten Erfolges als naheliegend ansehen (vergleiche hiezu auch RIS Justiz RS0088985) und andererseits bereit sein, diesen Erfolgseintritt in Kauf zu nehmen (vergleiche ).

Weder die Bf noch ihr Gatte hätten die Absicht gehabt, Abgaben zu hinterziehen. Sie hätten auch die an sie ergangenen Vorhalte umgehend beantwortet. Ebenso seien die Abgaben unmittelbar nach deren vorläufigen Berechnung durch die steuerliche Vertretung von der Bf zur Einzahlung gebracht worden.

Wenn die Behörde in ihren Bescheiden ausführe, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung anzunehmen sei, dass derjenige, der über ein Vermögen verfüge auch um die potentielle Steuerpflicht anfallender Erträge Bescheid wisse, so missachte diese den Umstand, dass die Schweizer Steuerbehörde von den Erträgen rund 35 % einbehalten habe. Auch der Verweis der Behörde auf die Medienberichterstattung bzw. öffentliche Diskussionen zur Besteuerung von Kapitalvermögen sei nicht überzeugend. Das Ehepaar ***Bf*** sei vielmehr der Ansicht gewesen, dass mit der Erteilung der Ermächtigung zur Weitergabe von bankinternen Daten an die österreichische Steuerbehörde, diese von Seiten der **Bank1** AG auch darüber informiert worden sei, in welcher Höhe Steuern an der Quelle einbehalten worden seien.

Die Bf und ihr Gatte seien davon ausgegangen, dass das Finanzamt sie irgendwann in nächster Zeit zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung auffordern würde. Es sei für die Bf nicht naheliegend oder gar ernstlich in Betracht kommend gewesen, dass überhaupt eine Verjährung eintreten könne.

Wenn das Finanzamt in den bekämpften Bescheiden anführe, dass selbst bei Vorliegen eines Rechtsirrtums nicht von einem entschuldbaren Irrtum auszugehen sei, so sei dem entgegenzuhalten, dass auch ein nicht entschuldbarer Rechtsirrtum gemäß § 9 FinStrG einen Vorsatz ausschließe; ein solcher bewirke lediglich das Vorliegen von grober Fahrlässigkeit.

Weiters beantragte die Bf, die Behörde möge eine Korrektur der in den angefochtenen Bescheiden ausgewiesenen Pensionseinkünften vornehmen, da die Rentenbescheinigung der Pensionskasse "***PK**" nicht in Euro, sondern in Schweizer Franken (CHF) ausgestellt sei.

Mit den ergangenen Beschwerdevorentscheidungen gab das Finanzamt der Bescheidbeschwerde teilweise Folge und änderte die Höhe der angesetzten Pensionseinkünfte gemäß dem Beschwerdebegehren ab. So brachte die Behörde in Bezug auf die Streitjahre an Einkünften aus nsA ohne inländischen Steuerabzug € 16.279,90 (2012), € 15.952,92 (2013) und € 16.184,65 (2014) in Ansatz.

Dem Hauptbegehren, nämlich die ersatzlose Aufhebung der bekämpften Bescheide wegen eingetretener Verjährung, gab das Finanzamt indes keine Folge; sowohl die Pensions- als auch die Kapitaleinkünfte wurden in den Beschwerdevorentscheidungen angesetzt.

Im Begründungsteil der jeweiligen Beschwerdevorentscheidung hielt die Behörde Folgendes fest:

"Der Zuzug nach Österreich erfolgte bereits 2011. 2014 wurde die Schweizer Bank schließlich ermächtigt, die Kapitalerträge nach Österr. zu melden. Der Einwand, man habe gedacht, die österr. Finanzverwaltung werde von sich aus tätig werden, kann aufgrund dieses langen Zeitraumes nicht nachvollzogen werden. Nicht zumutbar ist zwar das Wissen über Details der steuerlichen Regelung. Wohl zumutbar ist aber, dass man sich entsprechend informiert und sich dazu einer steuerlichen Vertretung bedient, wie Sie es im Zuge der Vorhaltsbeantwortung bzw. der Beschwerde getan haben. Im vorliegenden Fall reicht bereits der bedingte Vorsatz gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG das heißt also, dass "etwas für möglich halten und sich damit abfinden", aus, um den Tatbestand der Abgabenhinterziehung zu erfüllen. Nach Lehre und Rechtsprechung kann nämlich bei intellektuell durchschnittlich begabten Personen die Kenntnis über das prinzipielle Bestehen einer Einkommensteuerpflicht grundsätzlich vorausgesetzt werden (). Somit geht auch das Argument, einem ´entschuldbaren Irrtum´ erlegen zu sein, ins Leere. Die Beschwerde war in diesem Punkt abzuweisen."

Mit Eingabe vom beantragte die Bf die Vorlage ihrer Beschwerde an das Verwaltungsgericht. Unter Hinweis auf ihr bisheriges Vorbringen ergänzte die Bf, dass sie nicht im Wissen gewesen sei, dass eine Abgabe verjähren würde. Demzufolge habe sie auch nie die Verwirklichung einer Abgabenhinterziehung für möglich gehalten und sich damit abgefunden. So dränge sich vielmehr die Frage auf, weshalb die Abgabenbehörde die Einkommensteuer ihres Gatten der Jahre 2012 bis 2014, aus denen sich für jedes Jahr eine Gutschrift errechne, bis dato nicht veranlagt habe. Fakt sei, dass beide Steuererklärungen gleichzeitig eingereicht worden seien. Aus dem genannten Sachverhalt sei zu erschließen, dass die Behörde beim Gatten den Verjährungstatbestand offenbar erkannt habe. Weiters sei aus der Abfrage der Quotenliste der steuerlichen Vertretung vom der Hinweis auf die Steuernummer bei Herrn und Frau ***Bf*** hinterlegt, dass keine Erklärungen abzugeben seien.

Das Finanzamt legte die Beschwerde dem Verwaltungsgericht vor und führte in seinem Vorlagebericht zum Punkt "Stellungnahme" Nachstehendes aus:

"Antrag des FA: Teilweise Stattgabe

Begründung: Die Pensionseinkünfte wurden im Zuge der BVE berichtigt und ist der Antrag auf eine teilweise stattgebende Entscheidung begründet.

Der Zuzug nach Österreich erfolgte bereits 2011. 2014 wurde die Schweizer Bank schließlich ermächtigt, die Kapitalerträge nach Österr. zu melden. Der Einwand, man habe gedacht, die österr. Finanzverwaltung werde von sich aus tätig werden, kann aufgrund dieses langen Zeitraumes nicht nachvollzogen werden. Nicht zumutbar ist zwar das Wissen über Details der steuerlichen Regelung, eine Versorge betreffend die diesbezüglichen persönlichen Belange muss allerdings von jedem Normunterworfenen erwartet werden können, sei es im Selbststudium oder der Inanspruchnahme einer versierten steuerlichen Vertretung.

Im vorliegenden Fall reicht bereits der bedingte Vorsatz gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG - das heißt also, dass "etwas für möglich halten und sich damit abfinden", aus, um den Tatbestand der Abgabenhinterziehung zu erfüllen. Nach Lehre und Rechtsprechung kann nämlich bei intellektuell durchschnittlich begabten Personen die Kenntnis über das prinzipielle Bestehen einer Einkommensteuerpflicht grundsätzlich vorausgesetzt werden (). Somit ist auch das Argument, einem "entschuldbaren Irrtum" erlegen zu sein, obsolet."

Im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens teilt die belangte Behörde dem Gericht mit, dass im gegenständlichen Fall kein Finanzstrafverfahren gegen die Bf eingeleitet worden sei. Die Finanzstrafbehörde wertete die Vorhaltebeantwortung der steuerlichen Vertretung vom als strafbefreiende Selbstanzeige.

An der am abgeführten mündlichen Beschwerdeverhandlung nahm die Bf nicht teil. Die steuerliche Vertreterin entschuldigte ihr Fernbleibleiben damit, dass ihre Mandantin gesundheitlich angeschlagen sei und darüber hinaus nicht fließend Deutsch spreche (sie komme aus dem französischsprachigen Teil der Schweiz) und daher Probleme hätte der Verhandlung zu folgen. An der Verhandlung nahm der Gatte der Bf, Herr ***M***, als ihr Vertreter teil. Dieser gab an, dass er und seine Gattin anlässlich des Umzugs von der Schweiz nach Österreich sich bei verschiedenen Behörden (Gemeinde, Bezirkshauptmannschaft, Zollamt, Finanzamt) um bestehende bzw. zu erfüllende verwaltungsrechtliche Vorschriften erkundigt hätten. Beim Finanzamt habe er sich in Bezug auf die NoVA im Zusammenhang mit der Einfuhr seines KFZ erkundigt, nicht jedoch hinsichtlich der steuerlichen Behandlung der Pensions- bzw. Kapitaleinkünfte seiner Gattin. Das Finanzamt habe allerdings gewusst, dass seine Gattin und er zugereist seien und hätte daher von sich aus tätig werden müssen.

Zur Ausbildung seiner Gattin befragt, gab Herr ***Bf*** an, dass diese zunächst den Friseurberuf erlernt habe; später habe sie die Handelsschule besucht und auch absolviert. Nach ihrer Schulausbildung habe seine Gattin bis zu ihrer Pensionierung bei der ***Bank1*** Bank AG in der Schweiz im Back-Office als Büroassistentin gearbeitet. Seine Gattin habe keinerlei Erfahrungen in kaufmännischen oder steuerlichen Belangen; wirtschaftliche Dinge habe stets er für sie erledigt.

Er selbst sei vor seiner Pensionierung als Elektroniker bei der Firma ***X*** in der Schweiz beschäftigt gewesen. Er habe keine kaufmännische Ausbildung und sei in steuerlichen Belangen ebenso wenig versiert wie seine Gattin. Er sei der Auffassung gewesen, dass aufgrund der gegenüber der ***Bank1*** Bank abgegebenen Ermächtigung zur freiwilligen Meldung hinsichtlich der Weitergabe von Bankdaten vom das Finanzamt von den Kapitalerträgen ohnedies Bescheid wisse. In Bezug auf die Pensionseinkünfte seiner Gattin sei er der Meinung gewesen, dass in diesem Fall ein aktives Herantreten an die Behörde nicht erforderliche wäre; vielmehr würde sich das Finanzamt an die Steuerpflichtige wenden.

Die Amtsvertreterin führte aus, dass die Behörde aufgrund einer Kontrollmitteilung betreffend die Kapitaleinkünfte tätig geworden sei. In Bezug auf die Pensionseinkünfte habe die Behörde bis zur Abgabe der Steuererklärungen durch die steuerliche Vertreterin keine Kenntnis von deren Existenz gehabt. Zu welchem Zeitpunkt die Kapitalerträge des Jahres 2014 von der Schweizer Steuerbehörde dem Finanzamt mitgeteilt worden seien, entziehe sich ihrer Kenntnis.

Herr ***Bf*** habe gewusst, dass eine Steuerpflicht bestehe; dieses Wissen habe sich sowohl auf die Kapital- als auch auf die Pensionseinkünfte bezogen. Er habe somit eine Abgabenverkürzung in Kauf genommen, da er sich jahrelang nicht darum gekümmert habe, welche Maßnahmen zu setzen seien, sodass es zu einer ordnungsgemäßen Versteuerung der Einkünfte seiner Gattin komme.

Bei der Beurteilung des Vorsatzes sei nicht der Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruches, sondern der seiner Durchsetzbarkeit relevant. Das Finanzamt sei der Ansicht, dass eine mit den rechtlichen Werten verbundene Person, die vom Ausland nach Österreich zuziehe und überdies auch noch wisse, dass eine Steuerpflicht ihrer Einkünfte gegeben sei, sich auch an der richtigen Stelle, und zwar beim Finanzamt, in Bezug auf die ihr erwachsenen steuerlichen Verpflichtungen zu erkundigen habe. Die Bf bzw. ihr Gatte hätten keine Erkundigungen beim Finanzamt, sondern bei unzuständigen Stellen eingeholt. Sie hätten es auch unterlassen sich beim Finanzamt rückzuversichern, ob man selbst tätig werden hätte müssen und entsprechende Erklärungen zu legen gehabt hätte; dies trotz des Umstandes, dass seit Entstehen des Abgabenanspruchs viele Jahre vergangen seien.

Die steuerliche Vertreterin hielt dem entgegen, dass ihre Mandantschaft nie die Absicht gehabt habe, Abgaben zu hinterziehen, weshalb zu keinem Zeitpunkt ein vorsätzliches Handeln, auch nicht in Form eines bedingten Vorsatzes, vorgelegen habe. Zum Einwand der Amtsvertreterin, wonach im vorliegenden Fall ein Pflichtveranlagungstatbestand vorliege, replizierte die steuerliche Vertreterin, dass dieser Umstand in ihrer "Quotenliste für 2020", zumindest zum Stichtag , nicht angemerkt sei.

Allein aufgrund ihres Bildungsstandes hätte die Bf nicht erkennen können, dass sie den Tatbestand der Abgabenhinterziehung verwirklichen würde. Im gegenständlichen Fall liege ein entschuldbarer Irrtum vor.

Die steuerliche Vertreterin beantragte die vollinhaltliche Stattgabe der Beschwerde; die Amtsvertreterin beantragte hingegen deren Abweisung im Sinne der ergangenen Beschwerdevorentscheidungen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf zog gemeinsam mit ihrem Gatten im Jahr 2011 von der Schweiz nach Österreich und begründetet in ***Land1*** ihren Hauptwohnsitz.

Die Bf bezog im Streitzeitraum (und auch danach) neben einer von der Schweizer Ausgleichskasse (SAK) zur Auszahlung gebrachten "ordentlichen einfachen Altersrente", auch Leistungen von der Pensionskasse der ***Bank1*** in steuerrelevanter Höhe von CHF 2.382,00 p.a.

Ferner bezog die Bf in den Beschwerdejahren 2012 bis 2014 aus dem bei der **Bank1** AG geführten Gemeinschaftsskonto" Herr und Frau ***Bf***", Kto Nr. ***XXXX**, folgende erst im Jahre 2021 aufgrund eines Vorhalteverfahrens erklärten Kapitaleinkünfte (50 % Anteil; Beträge in Euro; siehe Akt Oz 13, Blg. 12):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2012
2013
2014
Dividenden
1.315,63
2.025,50
1.800,50
Zinsen
2.746,86
1.326,50
527,00
Summe
4.062,49
3.352,00
2.327,50
Steuer 35% in CH
1.421,87
759,50
691
Anrechenbar 15%
609,3735
502,80
349,125

Die Bf erklärte weder die Pensionseinkünfte noch die Kapitalerträge gegenüber der inländischen Finanzbehörde, obwohl sie den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen seit 2011 in Österreich hatte und daher unbeschränkt steuerpflichtig war.

Nachdem das Finanzamt entsprechende Mitteilungen seitens der Schweizer Steuerbehörde über Kapitalerträge erhalten hatte und die Behörde die Bf im Vorhaltewege aufforderte entsprechende Einkommensteuererklärung einzureichen, beauftragte die Bf eine steuerliche Vertreterin, die sodann die angeforderten Unterlagen zur Vorlage brachte sowie die entsprechenden Steuererklärungen verfasste und einreichte.

Die Höhe der in der in den ergangenen Beschwerdevorentscheidungen ausgewiesenen Steuerbemessungsgrundlagen stehen außer Streit. Strittig ist lediglich, ob das Finanzamt dem Grunde nach berechtigt war die nunmehr angefochtenen Steuerbescheide der Zeiträume 2012 bis 2014 zu erlassen bzw. ob dem der Einwand der Verjährung entgegensteht.

Die belangte Behörde ging von einer zehnjährigen Verjährungsfrist aus; diese "lange" Verjährungsfrist erfordert das Vorliegen einer Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG, und zwar in Bezug auf die subjektive Tatseite zumindest in der Schuldform des bedingten Vorsatzes (dolus eventualis).

2. Beweiswürdigung

Das Gericht legt seiner Entscheidung den aktenkundigen Sachverhalt, insbesondere das Vorbringen der Verfahrensparteien im administrativ- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren sowie die in der mündlichen Verhandlung erstatteten Ausführungen der Parteienvertreter zugrunde.

Die steuerliche Verteterin der Bf betonte wiederholt, dass ihre Mandantin nie die Absicht gehabt habe mit Wissen und Wollen, also vorsätzlich, Abgaben zu hinterziehen. Diese sei stets davon ausgegangen, dass sie die Finanzbehörde zur Abgabe von Steuererklärungen auffordern würde; dies sei in der Schweiz so üblich. Zudem habe sich auch nicht gewusst, dass die Abgabenfestsetzung verjähren könnte. Sie habe die Verwirklichung eines Hinterziehungstatbestandes nicht für möglich gehalten und sich aus diesem Grund auch nicht damit abgefunden bzw. abfinden können.

Nun hatte die Bf am eine ihr von Seiten der **Bank1** AG übermittelte Erklärung unterzeichnet, mit welcher sie dieser die unwiderrufliche Ermächtigung erteilte, Vermögenswerte, Kunden-, Konto- und Depotnummern etc, der Zeiträume ab 2003 über die Schweizer Finanzverwaltung an die österreichische Steuerbehörde zu melden. Damit ist offensichtlich, dass die Bf von einer etwaig bestehenden Steuerpflicht der Kapitalerträge in Österreich Kenntnis erlangt haben musste. Die Unterzeichnung der Erklärung geschah zu einem Zeitpunkt, als die Bf bereits seit nahezu drei Jahren ihren Wohnsitz in Österreich hatte.

Dass die Bf bzw. der für sie handelnde Gatte prinzipiell von steuerpflichtigen Kapitaleinkünften (wie auch Pensionseinkünften) ausgingen, wird keineswegs bestritten, sondern ausdrücklich bejaht. Herr ***Bf*** gab im Zuge der Verhandlung zu Protokoll, dass ihm "von Anfang an bewusst war, dass Steuer für die Pensionseinkünfte und Kapitalerträge anfallen würde".

Der Einwand, dass die Bf auf eine Aufforderung der Finanzbehörde zur Abgabe einer entsprechenden Steuererklärung zugewartet habe, vermag nach Auffassung des erkennenden Gerichtes im Blickwinkel des Rechtsirrtums nicht zu überzeugen. Das Beschwerdevorbringen, dass es in der Schweiz üblich sei, eine Steuererklärung erst dann einzureichen, wenn man von Seiten der Finanzbehörde durch Zusendung einer Steuererklärung dazu aufgefordert wird, vermag nicht zu verfangen. Auch in der Schweiz besteht (und bestand diese auch in den Streitjahren) die Verpflichtung bei Vorliegen eines Veranlagungstatbestandes, eine Steuererklärung einzureichen (s. Pkt 3). Sollte einem Schweizer Steuerpflichtigen aus irgendwelchen Gründen kein entsprechendes Erklärungsformular von Seiten der Finanzbehörde zugekommen sein, so hat sich dieser an die Finanzbehörde zu wenden. Auch in der Schweiz (und wohl in den meisten Staaten der Welt) ist es nicht möglich (abgesehen von einer bestehenden Festsetzungsverjährung) durch Verschweigen von Einkünften sich rechtlich einer bestehenden Steuerpflicht zu entziehen.

Auch das Vorbringen, wonach die Bf keine Kenntnis über die Existenz des Instituts der Verjährung gehabt habe, überzeugt nicht. Auch nach dem Schweizer Steuerrecht besteht eine allgemeine Verjährungsfrist von fünf Jahren sowie eine absolute Verjährungsfrist von 15 Jahren (s. Pkt 3).

Die Bf hatte eine kaufmännische Ausbildung (Handelsschule) und war bis zu ihrer Pensionierung in einer Großbank (**Bank1** AG) beschäftigt. Allein aufgrund dieser beruflichen Positionierung hatte diese durchaus die Möglichkeit sich etwa vorab bei ihrem (ehemaligen) Arbeitgeber über die steuerliche Behandlung von Kapitalerträgen in Österreich, zumindest in grundsätzlichen Belangen, zu erkundigen.

Wenngleich Herr ***Bf*** in der Verhandlung den Eindruck vermitteln wollte, dass seine Gattin in kaufmännischen und steuerlichen Belangen völlig unbedarft sei, so spricht sowohl ihre Schulausbildung (Handelsschule) als auch ihre berufliche Tätigkeit im Bankensektor gegen eine derartige Annahme. Nach Auffassung des Gerichts kann keinesfalls davon ausgegangen werden, dass die Bf intellektuell nicht in der Lage gewesen wäre, eine Abgabenhinterziehung zu erkennen.

Die Bf musste damit rechnen, dass eine Steuerpflicht der ausländischen Kapitalerträge besteht, und zwar ungeachtet der Tatsache, dass die ***Bank1*** Bank eine Quellensteuer von 35% auf die Erträge einbehalten hatte. Diese Schlussfolgerung ergibt sich bereits aus dem Umstand der gefertigten Einwilligungserklärung zur Meldung der Erträge an die österreichische Steuerbehörde. Wäre die inländische Kapitalertragssteuer durch die ausländische Quellensteuer zur Gänze abgegolten, so wäre die erteilte Ermächtigung wohl überflüssig.

Herr ***Bf*** gab an, man habe nicht angenommen, dass eine aktive Meldung von Einkünften an das Finanzamt nach der in Österreich geltenden Rechtslage überhaupt erforderlich sei. Er sei diesbezüglich schlecht beraten gewesen; so habe er durch den "Schweizerclub" (privatrechtlich organisierter Zusammenschluss von aus der Schweiz stammenden und nunmehr in Österreich lebenden Personen) erfahren, dass die Behörde sehr lange, und zwar bis zu 10 Jahre benötige, um zugezogene Steuerpflichtige zu kontaktieren und im Verfahren die Steuer festzusetzen.

Auch dieser Einwand ist nicht überzeugend. Wie die Amtsvertreterin völlig zutreffend ausführt, ist es Aufgabe eines Steuerpflichtigen, welcher nach Österreich zuzieht, sich um seine steuerlichen Angelegenheiten bzw. um die seiner Vertretenen zu kümmern und sich beim Finanzamt als zuständige Behörde zu erkundigen, welche Schritte konkret zu setzen sind, um die sich ergebenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen.

Die Bf bzw. ihr Gatte hatte sehr wohl Kontakt mit dem Finanzamt wegen der NoVA im Zusammenhang mit dem eingeführten KFZ aufgenommen, um so die Voraussetzungen für den Erhalt einer inländischen Zulassung zu schaffen. Dass in diesem Fall ein betontes Zuwarten über Jahre hinweg nicht opportun gewesen wäre, wurde offensichtlich erkannt.

Einen anderen Maßstab legte die Bf offenbar in Bezug auf die Versteuerung ihrer Auslandseinkünfte an. Hier wurde die Verpflichtung zur Offenlegung und Meldung der Einkünfte quasi als "Holschuld" der Finanzbehörde gewertet und jahrelang zugewartet, bis sich die Behörde "meldet"; dies geschah schlussendlich auch im Jahre 2020 aufgrund einer Kontrollmitteilung durch die Schweizer Steuerbehörde in Bezug auf die Kapitaleinkünfte.

Dieselbe Gangart legte die Bf auch in Bezug das Verschweigen ihrer Einkünfte aus der ordentlichen Altersrente und der Pensionskassenleistungen an den Tag. Die an die Bf adressierte Mitteilung der SAK vom (bereits adressiert an die österreichische Adresse) enthält ausdrücklich den Hinweis, dass der überwiesene Betrag ohne Steuern und Gebühren zur Auszahlung gebracht wird.

Das Vorbringen, wonach eine aktive Meldung von Pensionseinkünften an die inländische Abgabenbehörde nicht erforderlich sei, da die Behörde sich irgendwann einmal bei der Abgabepflichtigen melden würde, wird vom Gericht in keiner Weise als taugliche Rechtfertigung qualifiziert. Einerseits hatte die Finanzbehörde mangels bestehender bilateraler Meldeverpflichtung gar keine Möglichkeit Kenntnis über die ausländischen Pensionseinkünfte zu erlangen, andererseits drängt sich im Blickwinkel des verstrichenen Zeitraumes (der Zuzug erfolgte 2011, das Finanzamt erlangte hingegen erst neun Jahre später durch Abgabe einer Steuererklärung durch die steuerliche Vertreterin Kenntnis von den Pensionseinkünften) für das Gericht förmlich die Frage auf, ob nicht die Bf ernstlich damit gerechnet hatte, dass das Finanzamt zumindest für viele Jahre hindurch keine Kenntnis über die Existenz ausländischer Einkünfte erlangt und somit eine Versteuerung (zumindest für diese Jahre) hintangehalten bzw. verzögert werden kann.

3. Rechtliche Beurteilung

Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob die Festsetzung der Einkommensteuer für die Jahre 2012 bis 2014 wegen eingetretener Verjährung unzulässig ist.

Nach § 207 Abs. 1 BAO unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, der Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt nach § 207 Abs. 2 BAO in der für die Streitjahre geltenden Fassung - abgesehen von den dort angeführten, im Beschwerdefall nicht maßgeblichen Ausnahmen - fünf Jahre, soweit eine Abgabe hinterzogen ist, zehn Jahre.

Die Frage, ob die Bf durch die Nichterklärung von Pensions- und Kapitaleinkünften den Tatbestand der Abgabenhinterziehung erfüllt hatte, ist im Rahmen der Vorfragenbeurteilung (§ 116 Abs. 4 BAO) nach den einschlägigen Bestimmungen des Finanzstrafgesetzes zu beurteilen.

Wenn der Tatbestand einer Hinterziehung durch das Gericht oder durch die zuständige Finanzstrafbehörde festgestellt worden ist, ist im Abgabenverfahren von einer hinterzogenen Abgabe auszugehen. Im Falle eines rechtskräftigen Freispruches im Strafverfahren besteht allerdings keine Bindung an die Beurteilung im Strafverfahren. Der VwGH leitet dies aus der Pflicht der Abgabenbehörde zur freien Beweiswürdigung ab (vgl ).

Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.

Eine Abgabenverkürzung ist nach § 33 Abs. 3 lit. a FinStrG mit Bekanntgabe des Bescheides, mit dem die festzusetzende Abgaben zu niedrig festgesetzt wurden oder wenn diese infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist (Anmeldefrist, Anzeigefrist) nicht festgesetzt werden ***Land1***, bewirkt.

Vorsätzlich handelt nach § 8 Abs. 1 FinStrG, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet (bedingter Vorsatz).

Gemäß § 9 FinStrG wird dem Täter weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit zugerechnet, wenn ihm bei einer Tat ein entschuldbarer Irrtum unterlief, der ihn das Vergehen oder das darin liegende Unrecht nicht erkennen ließ; ist der Irrtum unentschuldbar, so ist dem Täter Fahrlässigkeit zuzurechnen. Dem Täter wird auch Fahrlässigkeit dann nicht zugerechnet, wenn ihm bei der Tat eine entschuldbare Fehlleistung unterlief.

Liegt eine finanzstrafrechtliche Verurteilung nicht vor, so hat, wie ausgeführt, die Abgabenbehörde und in nächster Instanz auch das Verwaltungsgericht von Amts wegen über die Hinterziehung als Vorfrage zu entscheiden. Die Beurteilung, ob Abgaben hinterzogen sind, setzt nach ständiger Rechtsprechung eindeutige, ausdrückliche und nachprüfbare bescheidmäßige Feststellungen über die Abgabenhinterziehung voraus.

Eine Abgabenhinterziehung erfordert nach § 33 Abs. 1 FinStrG vorsätzliches Handeln und liegt daher nicht schon bei einer objektiven Abgabenverkürzung vor, sondern kann erst dann als erwiesen gelten, wenn in nachprüfbarer Weise auch der Vorsatz feststeht. Vorsätzliches Handeln wiederum beruht nach ständiger Rechtsprechung zwar auf einem nach außen nicht erkennbaren Willensvorgang, ist aber aus dem nach außen in Erscheinung tretenden Verhalten des Täters zu erschließen, wobei sich die diesbezüglichen Schlussfolgerungen als Ausfluss der freien Beweiswürdigung erweisen. Im Rahmen der der Behörde nach § 167 Abs. 2 BAO zukommenden "freien Überzeugung" genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt; die Abgabenbehörde muss, wenn eine Partei eine für sie nachteilige Tatsache bestreitet, den Bestand der Tatsache nicht "im naturwissenschaftlichen-mathematisch exakten Sinn" nachweisen. Für das Vorliegen des Tatbestandes der Abgabenhinterziehung ist daher entscheidend, ob neben einer (objektiven) Abgabenverkürzung ausreichend festgestellte Sachverhaltselemente den Schluss darauf zulassen, dass das Entstehen der Abgabepflicht tatsächlich erkannt oder zumindest ernstlich für möglich gehalten worden war und damit eine auf eine Abgabenverkürzung gerichtete subjektive Einstellung bejaht werden kann. Auch bedingter Vorsatz (dolus eventualis) setzt eine solche (die Abgabenverkürzung in Kauf nehmende) zielgerichtete subjektive Einstellung voraus (vgl. , sowie und die dort jeweils zitierte Rechtsprechung des VwGH).

Nach § 8 Abs. 1 FinStrG liegt der bedingte Vorsatz an der Untergrenze des Vorsatzes. Beim Eventualvorsatz strebt der Abgabepflichtige die Verwirklichung des Unrechts des Sachverhalts zwar nicht an, rechnet nicht einmal mit Bestimmtheit mit dem Erfolg, hält ihn jedoch für möglich. Eine Bejahung des Handlungsergebnisses durch den Abgabepflichtigen ist nicht erforderlich, auch bewusste Gleichgültigkeit stellt bedingten Vorsatz dar. Es genügt, wenn der Abgabepflichtige sich mit der Sachverhaltsverwirklichung, sei es auch bedauernd und mit Unlust, abfindet.

Erkennt der Abgabepflichtige nicht, dass seine Handlungsweise die Bestimmung des § 33 FinStrG, also geltendes Finanzstrafrecht verletzt, so liegt ein Rechtsirrtum vor. Für den Fall, dass dem Abgabepflichtigen bei einer Tat ein entschuldbarer Irrtum unterlaufen ist, der ihn das Vergehen oder das darin liegende Unrecht nicht erkennen ließ, wird ihm gemäß § 9 FinStrG weder Vorsatz, noch Fahrlässigkeit zugerechnet; ist der Irrtum allerdings unentschuldbar, so ist dem Täter Fahrlässigkeit zuzurechnen. Dem Täter wird Fahrlässigkeit auch dann nicht zugerechnet, wenn ihm bei der Tat eine entschuldbare Fehlleistung unterlief.

Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht (unbewusste Fahrlässigkeit). Fahrlässig handelt auch, wer es für möglich hält, dass er einen solchen Sachverhalt verwirklicht, ihn aber nicht herbeiführen will (bewusste Fahrlässigkeit).

Sowohl bei dolus eventualis als auch bei bewusster Fahrlässigkeit hält der Täter den Eintritt der strafbaren Folge für möglich. Der Unterschied liegt darin, dass er bei dolus eventualis den strafbaren Erfolg ernstlich für möglich hält und in Kauf nimmt, während bei bewusster Fahrlässigkeit der Täter bei sicherer Kenntnis der Tatbildmäßigkeit seines Verhalten dieses unterlassen hätte (Doralt/Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts, 2021, Rz 1481 ff).

Im vorliegenden Fall wendet die Bf das Vorliegen eines Rechtsirrtums ein. Sie habe nicht darüber Bescheid gewusst, dass in Österreich eine Erklärungspflicht für Einkünfte (Kapitaleinkünfte und Renten bzw. Pensionen) bestehe.

Dass die gegenständlichen Auslandseinkünfte der inländischen Steuerpflicht unterliegen, ist offenkundig und wurde das Wissen in Bezug auf die Steuerpflicht von Seiten der Bf auch nicht in Abrede gestellt.

In Bezug auf die ordentliche Altersrente wurde die Bf von der rentenauszahlenden Stelle sogar darüber informiert, dass die monatlich angewiesenen Beträge ohne Abzug von Steuern überwiesen werden.

Was die ausländischen Kapitaleinkünfte anbelangt, so erteilte die Bf der ***Bank1*** Bank mit Datum die Ermächtigung zur freiwilligen und unwiderruflichen Meldung von Kundendaten (Kunden-, Konto- und Depotnummern) und Vermögenswerten an die Schweizer Steuerbehörden, welche diese an die österreichische Steuerverwaltung im Rahmen der Umsetzung des einschlägigen Steuerabkommens weiterleitet. Die Bf musste trotz einer von der ***Bank1*** Bank einbehaltenen Quellensteuer davon ausgehen, dass Kapitaleinkünfte in Österreich steuerpflichtig sind. Im Formular betreffend Ermächtigung zur freiwilligen Meldung wird ausdrücklich festgehalten, dass diesbezüglich die Beratung durch einen qualifizierten Steuerberater ratsam ist bzw. sein kann.

Zum Einwand, wonach eine in Österreich bestehende Erklärungspflicht von Auslandseinkünften nicht bekannt gewesen sei, zumal in der Schweiz die Finanzbehörde an den Steuerpflichtigen proaktiv herantrete und diesem die entsprechenden Erklärungen zumittle, hält das Gericht fest:

Auch in der Schweiz besteht nach der dortigen Gesetzeslage eine Verpflichtung des Steuerpflichtigen aktiv tätig zu werden, sollte die Steuerbehörde durch einen Fehler oder durch ein Versehen ein Steuererklärungsformular nicht zugesendet haben.

So etwa ordnet Art 124 ("Steuererklärung") des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG) in der für den gegenständlichen Streitzeitraum geltenden Fassung an:

"1. Die Steuerpflichtigen werden durch öffentliche Bekanntgabe oder Zustellung des Formulars aufgefordert, die Steuererklärung einzureichen. Steuerpflichtige, die kein Formular erhalten, müssen es bei der zuständigen Behörde verlangen.

2 Der Steuerpflichtige muss das Formular für die Steuererklärung wahrheitsgemäss und vollständig ausfüllen, persönlich unterzeichnen und samt den vorgeschriebenen Beilagen fristgemäss der zuständigen Behörde einreichen.

3 Der Steuerpflichtige, der die Steuererklärung nicht oder mangelhaft ausgefüllt einreicht, wird aufgefordert, das Versäumte innerhalb angemessener Frist nachzuholen.

4 Bei verspäteter Einreichung und bei verspäteter Rückgabe einer dem Steuerpflichtigen zur Ergänzung zurückgesandten Steuererklärung ist die Fristversäumnis zu entschuldigen, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass er durch Militär- oder Zivildienst, Landesabwesenheit, Krankheit oder andere erhebliche Gründe an der rechtzeitigen Einreichung oder Rückgabe verhindert war und dass er das Versäumte innerhalb von 30 Tagen nach Wegfall der Hinderungsgründe nachgeholt hat."

Wenn die Schweizer Steuerbehörde einem Steuerpflichtigen das entsprechende Erklärungsformular nicht zusendet, so berechtigt dies keinesfalls zu einem Verschweigen von Einkünften. Die Bf wäre im vorliegenden Fall nach Schweizer Steuerrecht verpflichtet gewesen, bei der Abgabenbehörde ein entsprechendes Erklärungsformular zu verlangen, um so ihren steuerlichen Pflichten nachkommen zu können.

Das Verschweigen von Einkünften mit dem Argument, es sei quasi Aufgabe der Finanzbehörde durch Zusendung einer entsprechenden Erklärung den Steuerpflichtigen aufzufordern, die Einkünfte einzubekennen, lässt sich mit dem Einwand des Vorliegens eines Rechtsirrtums nicht begründen, zumal auch in der Schweiz eine Erklärungspflicht besteht. Es wäre die Pflicht der Bf gewesen, sich bei der zuständigen Behörde (Finanzamt) in Bezug auf die steuerliche Behandlung ihrer Auslandseinkünfte zu erkundigen. Die Einholung von Informationen von in Österreich lebenden Schweizern über steuerliche Pflichten und Vorgehensweisen erweist sich, so diese überhaupt stattgefunden hat, als völlig unzureichend respektive untauglich.

Zur Argumentationsschiene, der Bf sei auch nicht bekannt gewesen, dass der Abgabenanspruch überhaupt verjähren kann, hält das Gericht fest:

Auch das Schweizer Steuerrecht kennt eine Verjährungsbestimmung. So hält etwa § 120 des genannten Schweizer Bundesgesetzes unter "Veranlagungsverjährung" fest:

1. Das Recht, eine Steuer zu veranlagen, verjährt fünf Jahre nach Ablauf der Steuerperiode. Vorbehalten bleiben die Artikel 152 und 184.

2 Die Verjährung beginnt nicht oder steht still:
a. während eines Einsprache-, Beschwerde- oder Revisionsverfahrens;
b. solange die Steuerforderung sichergestellt oder gestundet ist;
c. solange weder der Steuerpflichtige noch der Mithaftende in der Schweiz
steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt haben.

3 Die Verjährung beginnt neu mit:
a. jeder auf Feststellung oder Geltendmachung der Steuerforderung gerichteten Amtshandlung, die einem Steuerpflichtigen oder Mithaftenden zur Kenntnis gebracht wird;
b. jeder ausdrücklichen Anerkennung der Steuerforderung durch den Steuerpflichtigen oder den Mithaftenden;
c. der Einreichung eines Erlassgesuches;
d. der Einleitung einer Strafverfolgung wegen vollendeter Steuerhinterziehung oder wegen Steuervergehens.

4 Das Recht, eine Steuer zu veranlagen, ist 15 Jahre nach Ablauf der Steuerperiode auf jeden Fall verjährt."

In Ansehung der zitierten Gesetzeslage vermag der Einwand der Unkenntnis nicht zu überzeugen. Das Gericht vermag nicht anzunehmen, dass einer Steuerpflichtigen, die eine kaufmännische Ausbildung erfahren hat und ihre berufliche Tätigkeit in einer Großbank ausübte, das Rechtsinstitut der Verjährung von abgabenrechtlichen Ansprüchen völlig unbekannt ist.

Das Vorliegen eines entschuldbaren Irrtums oder einer entschuldbaren Fehlleistung schließt das Gericht in Anbetracht der vorliegenden Umstände gänzlich aus. Einer derartigen Annahme steht jedenfalls die Vorwerfbarkeit des Verhaltens der Bf in Bezug auf nicht aufgenommene elementare Erkundigungen über ihre steuerlichen Pflichten entgegen.

Das erkennende Gericht hält in freier Beweiswürdigung das Vorliegen eines Rechtsirrtums (und damit einer fahrlässigen Abgabenverkürzung) in Bezug auf eine bestehende Erklärungsverpflichtung als weit weniger wahrscheinlich als eine Abgabenhinterziehung in der Schuldform eines bedingten Vorsatzes.

Für diese Qualifizierung spricht einerseits der Umstand, dass der Bf bekannt sein musste, dass auch in der Schweiz ein Verschweigen von Einkünften mangels Zusendung einer Steuererklärung über Jahre hinweg keineswegs toleriert wird und daher sanktionsbelastet ist. Bei Nichtzusendung einer Erklärung ist nämlich ein Schweizer Steuerpflichtiger dazu verhalten, von sich aus aktiv zu werden und sich mit der Behörde in Verbindung zu setzen um das entsprechende Erklärungsformular zu erlangen. Die Berufung auf das Schweizer Steuerrecht erweist sich nach Ansicht des Gerichtes daher als nicht zielführend. Zum anderen steht auch der lange Zeitraum (2014: Einwilligung zur Meldung von Kapitalerträgen; 2020: Kenntnisnahme des FA von den Kapitaleinkünften bzw. 2011: Mitteilung über Steuerfreistellung der Renteneinkünfte) gegen die Annahme eines Rechtsirrtums bzw. bildet dieser Umstand ein gewichtiges Indiz in Richtung vorsätzliches Handeln. Wenn die Finanzbehörde über viele Jahre hinweg von sich aus keinen Kontakt mit einer zugezogenen Steuerpflichtigen aufnimmt, so würde eine mit den rechtlichen Werten verbundene Steuerpflichtige nach Ansicht des Gerichts wohl den Kontakt mit der Behörde suchen, um - im Wissen um eine bestehende Steuerpflicht der Auslandseinkünfte - ihre steuerlichen Angelegenheiten zu regeln.

Das vorliegende Verschweigen der ausländischen Einkünfte über Jahre hinweg lässt nach Ansicht des Gerichts mit einem sehr hohen Grad an Wahrscheinlichkeit die Schlussfolgerung zu, dass die Bf offenbar darauf vertraut hatte, dass die Finanzbehörde sich bei ihr nicht bzw. nicht mehr melden würde und sie somit einer bestehenden Steuerpflicht - zumindest über einen längeren Zeitraum hindurch - entgehen kann.

Diese Auffassung vertritt das Gericht in Anbetracht der Gesamtumstände sowohl in Bezug auf die Pensionseinkünfte (Alterspension der SAK und Pensionskassenleistung der **Bank1** AG) als auch hinsichtlich der Kapitaleinkünfte.

Dass die ***Bank1*** Bank im April 2014 ermächtigt wurde, Bankdaten über die Schweizer Steuerbehörde der inländischen Finanzverwaltung weiterzugeben, und die Bf damit rechnen musste in den Fokus abgabenbehördlicher Ermittlungen zu geraten, steht dieser Beurteilung (subjektive Tatseite in Form von dol. ev.) nicht entgegen; allein der verstrichene Zeitraum von über sechs Jahren bildet ein maßgebliches Indiz dafür, dass die Bf wohl damit gerechnet hatte, dass eine Kontaktaufnahme des Finanzamtes wegen der Kapitaleinkünfte nicht mehr erfolgen würde.

Damit hatte es die Bf nach Auffassung des Gerichtes zumindest ernstlich für möglich gehalten, durch die jahrelange Nichterklärung ihrer Pensions- und Kapitaleinkünfte Steuern zu verkürzen und nahm dies auch billigend in Kauf. Im gegenständlichen Fall wusste die Bf bzw. ihr Gatte definitiv, dass die Auslandseinkünfte der österreichischen Steuerpflicht unterliegen.

In Bezug auf das subjektive Tatbild sieht das Gericht somit sowohl die Wissens- als auch die Willenskomponente als erfüllt an.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das erkennende Gericht bei Beurteilung der Schuldform das Vorliegen eines bedingten Vorsatzes und zwar sowohl hinsichtlich der Pensionseinkünfte als auch in Bezug die ausländischen Kapitalerträge als weitaus wahrscheinlicher ansieht als das Vorliegen eines fahrlässigen Verhaltens. Gegen die Annahme einer fahrlässigen Abgabenverkürzung, selbst in der stärksten Form der bewussten Fahrlässigkeit, spricht der Umstand, dass die Bf über viele Jahre hindurch im Wissen um eine bestehende Steuerpflicht in Bezug auf ihre essentiellen steuerlichen Pflichten in Untätigkeit verharrte und keine Offenlegung bzw. Erklärung der besagten Einkünfte vornahm. Eine derart krasse und anhaltende Pflichtverletzung lässt die Annahme eines fahrlässigen Verhaltens in den Hintergrund treten.

Das Gericht teilt die Rechtsansicht der belangten Behörde in Bezug auf das Vorliegen eines bedingten Tatvorsatzes. Eine Festsetzungsverjährung der Einkommensteuer hinsichtlich der Streitjahre liegt demnach nicht vor.

Begründung nach § 25a (1) VwGG

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzungen liegen gegenständlich allesamt nicht vor. Im vorliegenden Fall hatte das Gericht in freier Beweiswürdigung im Rahmen einer Vorfrage zu beurteilen, ob die Bf durch Nichtoffenlegung ihrer Einkünfte eine vorsätzliche oder eine fahrlässige Abgabenverkürzung bewirkt hatte.

Die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts ist, abgesehen von den gesetzlich normierten Ausnahmen, nicht revisibel.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 8 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 25 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 27 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 207 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.4100384.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at