TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.06.2024, RV/7101648/2024

Abstandnahme von der Festsetzung wegen Uneinbringlichkeit

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch die Steuerkanzlei Holowinski Partner KG, Hasenauerstraße 18/1/Top 2, 1190 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Körperschaftsteuer 2020, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Von der Festsetzung der Körperschaftsteuer 2020 wird gemäß § 206 lit. b BAO Abstand genommen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid des Finanzamtes Österreich vom wurden die Bemessungsgrundlagen betreffend Körperschaftsteuer 2020 auf Basis des Vorjahres inklusive eines Sicherheitszuschlages iHv 5 % im Schätzungsweg ermittelt. Die Körperschaftsteuer 2020 wurde mit 16.958,00 € festgesetzt.

Gegen diesen Bescheid wurde nach Rechtsmittelfristverlängerung mit Schreiben der steuerlichen Vertretung vom das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht. Die Beschwerde richte sich gegen die Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften, da die belangte Behörde die der Körperschaftsteuerfestsetzung 2020 zugrundeliegenden Bemessungsgrundlagen gemäß § 184 BAO im Schätzungsweg ermittelt und bescheidmäßig festgesetzt habe. Der Spruch des Bescheides erweise sich somit als rechtswidrig.
Begründend wurde ausgeführt, dass diese Beschwerde zunächst fristwahrend erfolgen würde. Eine ausführliche Begründung mit Abschriften und Anlagen würde in einem separaten Schreiben übermittelt werden.

Mit Bescheid vom wurde die beschwerdeführende Partei darauf hingewiesen, dass die Beschwerde Mängel aufweisen würde. Es würden die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten werde, die Erklärung, welche Änderungen beantragt würden und eine Begründung fehlen. Die angeführten Mängel seien bis zu beheben. Bei Versäumung dieser Frist gelte das Anbringen als zurückgenommen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2020 als zurückgenommen erklärt. Begründend wurde ausgeführt, dass die Frist zur Behebung der Mängel nicht genutzt worden sei.

Mit Schreiben vom wurde Vorlageantrag eingebracht. Begründend wurde ausgeführt, dass der beschwerdeführenden Partei der Mängelbehebungsauftrag vom weder postalisch noch im Weg von FinanzOnline in die Databox zugestellt worden sei.

Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Beschwerdesache dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und wies darauf hin, dass die Beschwerdeführerin im Firmenbuch per ***Datum*** infolge Vermögenslosigkeit gelöscht worden sei.

Mit Schreiben vom gab das Finanzamt in Beantwortung einer entsprechenden Anfrage der zuständigen Richterin bekannt, dass aus der Aktenlage der Beschwerdeführerin kein Aktivvermögen der Beschwerdeführerin erkennbar sei. Das Finanzamt gehe davon aus, dass auch kein Aktivvermögen vorhanden sei. Bei einer Stattgabe der Beschwerde, werde sich dadurch auch kein Guthaben für die Beschwerdeführerin ergeben, das zu einem Aktivvermögen führen würde. Seitens des Finanzamtes würden gegen eine Einstellung des Verfahrens keine Einwände bestehen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin war eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Der Geschäftszweig war die Montage von mobilen Trennwandsystemen. Der einzige Gesellschafter, ***GF***, wohnhaft in Polen, war von der Gründung im Jahr 2013 bis zur Löschung gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit der Geschäftsführer der Firma.

Zum (Abfragedatum des Abgabenkontos der Beschwerdeführerin) bestand am Abgabenkonto der Beschwerdeführerin ein Rückstand iHv 14.810,37 € bestehend aus Körperschaftsteuer 2020 (13.628,87 €), Anspruchszinsen (908,92 €) und Säumniszuschlag (272,58 €).

Die Beschwerdeführerin verfügt über kein aktives Vermögen und wurde mit Beschluss des ***LG*** vom ***Datum*** im Firmenbuch gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit gelöscht.

Die strittige Körperschaftsteuer 2020 wurde nicht entrichtet und ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bei der Beschwerdeführerin uneinbringlich.

2. Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den vorgelegten Verwaltungsakt sowie auf die Datenbankabfragen (Abgabenkonto, Firmenbuch, Finanzanwendungen).

Aus den beim Finanzamt aufliegenden Unterlagen (Email vom ) ergibt sich, dass kein Aktivvermögen vorhanden ist.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Nach § 206 Abs. 1 lit. b BAO kann die Abgabenbehörde von der Festsetzung von Abgaben ganz oder teilweise Abstand nehmen, soweit im Einzelfall aufgrund der der Abgabenbehörde zur Verfügung stehenden Unterlagen und der durchgeführten Erhebungen mit Bestimmtheit anzunehmen ist, dass der Abgabenanspruch gegenüber dem Abgabenschuldner nicht durchsetzbar sein wird.

Voraussetzung für die Abstandnahme von der Festsetzung ist somit, dass die Abgabenbehörde bzw. das Verwaltungsgericht entsprechende Erhebungen durchführt und diese eindeutig ergeben, dass die Abgaben uneinbringlich sind (vgl. ; ).

Abstandnahmen von der Abgabenfestsetzung iSd § 206 BAO können nicht nur von Abgabenbehörden, sondern auch von Verwaltungsgerichten getroffen werden (Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I³ § 206 BAO Rz 2).

Maßnahmen gemäß § 206 BAO verdrängen die aus § 114 Abs. 1 BAO ableitbare grundsätzliche Verpflichtung der Abgabenbehörde bzw. des Bundesfinanzgerichtes gemäß § 114 Abs. 1 BAO iVm § 269 Abs. 1 BAO, hinsichtlich aller in abgabenpflichtigen Fällen entstandener Abgabenansprüche jedenfalls entsprechende Abgabenfestsetzungen vorzunehmen.

Gemäß § 206 Abs. 1 lit. b BAO kann eine Abstandnahme von der Abgabenfestsetzung gegenüber den Abgabepflichtigen unabhängig davon erfolgen, ob für die betroffenen Abgaben persönliche Haftungen in Betracht kommen. Der Abgabenanspruch erlischt durch die Abstandnahme nicht, es wird nur wegen Uneinbringlichkeit auf dessen Durchsetzung verzichtet (vgl. § 206 Abs. 2 BAO).

Die Beschwerdeführerin wurde wegen Vermögenslosigkeit aus dem Firmenbuch gelöscht und hat nach derzeitigem Wissenstand keinen Rechtsnachfolger. Auch bei Stattgabe der gegenständlichen Beschwerde würde sich kein Aktivvermögen der Beschwerdeführerin ergeben.

Maßnahmen nach § 206 BAO liegen im Ermessen der Abgabenbehörde bzw. des Verwaltungsgerichtes (vgl. ; nochmals ).

Entscheidungen, die nach dem Ermessen zu treffen sind, müssen sich nach § 20 BAO in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Angesichts der Unwahrscheinlichkeit der Einbringlichkeit der Abgabenschuld bei der Beschwerdeführerin war es nach dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit geboten, mit der Abstandnahme von der Festsetzung vorzugehen, weil die Leistung weiteren Verwaltungsaufwandes nicht verhältnismäßig erscheint.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Dass für den Fall der mit Bestimmtheit anzunehmenden Uneinbringlichkeit eines Abgabenanspruches gegenüber dem Abgabenschuldner von der Festsetzung der Abgaben ganz oder teilweise Abstand genommen werden kann, ergibt sich aus der Gesetzesbestimmung des § 206 Abs. 1 lit. b BAO. Es liegt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, sodass die ordentliche Revision nicht zuzulassen war.

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 206 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 206 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101648.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at