Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.06.2024, RV/5100358/2023

Die Zurücknahme des Widerrufs zur Regelbesteuerung ist schriftlich gegenüber der Abgabenbehörde zu erklären.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Pölzleithner Wirtschaftstreuhand KG, Dr. Scheiberstrasse 20, 4870 Vöcklabruck, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Umsatzsteuer 2021 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer für das Jahr 2021 mit 163,42 € fest. Begründend wurde ausgeführt, dass die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer gemäß § 11 Abs. 12 UStG vorzuschreiben war, weil der Abgabepflichtige Kleinunternehmer war und nicht zur Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes optiert habe.

In der Beschwerde vom wurde beantragt, den Umsatzsteuerbescheid 2021 aufzuheben und die Umsatzsteuer unter Berücksichtigung der Option zur Regelbesteuerung neu festzusetzen. Begründend wurde ausgeführt, dass im Jahr 2021 monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben worden seien. Im Jänner 2021 habe der Beschwerdeführer beim zuständigen Finanzamt ein Schreiben eingebracht, wonach er "auf die Ausnahme für die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer verzichtet." Aufgrund der Tatsache, dass monatlich Umsatzsteuervoranmeldungen gemeldet worden seien, sei klar zu erkennen, dass der Abgabepflichtige die Option gemäß § 6 Abs. 3 UStG weiterhin ausüben möchte. Außerdem sei bei einem Telefongespräch mit einem Sachbearbeiter am Finanzamt vereinbart worden, dass das Schreiben vom Beschwerdeführer als gegenstandslos zu betrachten sei.

Mit Schreiben vom wurden die Anträge auf Senatszuständigkeit und Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer erzielte ab 2015 gewerbliche Einkünfte als Fitnesstrainer. Er erhielt aufgrund seines Antrages vom mit Bescheid vom eine UID-Nummer erteilt und veranlagte aufgrund des Verzichtes vom auf die Kleinunternehmerbefreiung seine Umsätze im Rahmen der Regelbesteuerung. Mit formlosen Schreiben vom teilte der Beschwerdeführer dem Finanzamt mit, dass er auf die Regelbesteuerung gemäß § 6 Abs. 3 UStG verzichtet und ersuchte zugleich um Löschung des Umsatzsteuersignales auf seinem Abgabenkonto. Dennoch wurde für das gesamte Kalenderjahr 2021 monatlich eine Umsatzsteuervoranmeldung abgegeben.

Das Finanzamt hat den Umsatzsteuerbescheid für 2021 unter Berücksichtigung des Widerrufsschreibens vom erlassen, weshalb abweichend zu den UVA-Meldungen die Vorsteuer gestrichen und die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer gemäß § 11 Abs. 12 UStG vorgeschrieben wurde.

Im Vorlagebericht vom teilte das Finanzamt dem Bundesfinanzgericht mit, dass sich das in der Beschwerde monierte Telefonat vom Jänner 2021 zwischen der steuerlichen Vertretung und dem Sachbearbeiter des Finanzamtes mangels Dokumentation im Akt nicht mehr eruieren lässt.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt geht aus den von der Abgabenbehörde vorgelegten Akten hervor.

3. Rechtslage

Gemäß § 2 Abs. 1 UStG 1994ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers.

Gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994sind die Umsätze der Kleinunternehmer umsatzsteuerfrei. Kleinunternehmer ist ein Unternehmer, der im Inland einen Wohnsitz oder Sitz hat und dessen Umsätze nach § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 im Veranlagungszeitraum 30.000,00 € nicht übersteigen.

Gemäß § 6 Abs. 3 UStG 1994 kann der Unternehmer, dessen Umsätze nach § 6 Abs. 1 Z 27 befreit sind, bis zur Rechtskraft des Bescheides gegenüber dem Finanzamt schriftlich erklären, dass er auf die Anwendung des § 6 Abs. 1 Z 27 verzichtet. Die Erklärung bindet den Unternehmer mindestens für fünf Kalenderjahre. Sie kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden. Der Widerruf ist spätestens bis zum Ablauf des ersten Kalendermonates nach Beginn dieses Kalenderjahres zu erklären.

Gemäß § 85 Abs. 1 BAO sind Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen (Eingaben). Gemäß § 85 Abs. 3 BAO hat die Abgabenbehörde mündliche Anbringen der in Abs. 1 bezeichneten Art dann entgegen zu nehmen, wenn - dies die Abgabenvorschriften vorsehen, oder - dies für die Abwicklung des Abgabeverfahrens zweckmäßig ist oder - wenn die Schriftform dem Einschreiter nach seinen persönlichen Verhältnissen nicht zugemutet werden kann.

4. Erwägungen

Strittig ist, ob das Finanzamt im Umsatzsteuerbescheid für 2021 abweichend zu den monatlichen UVA-Meldungen die Vorsteuer zurecht gestrichen und die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer gemäß § 11 Abs. 12 UStG 1994 zurecht vorgeschrieben hat oder nicht.

Gemäß § 6 Abs. 3 UStG 1994 kann der Unternehmer, dessen Umsätze nach § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 befreit sind, bis zur Rechtskraft des Bescheides gegenüber dem Finanzamt schriftlich erklären, dass er auf die Anwendung des § 6 Abs. 1 Z 27 verzichtet. Die Erklärung bindet den Unternehmer mindestens für fünf Kalenderjahre. Sie kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden. Der Widerruf ist spätestens bis zum Ablauf des ersten Kalendermonates nach Beginn dieses Kalenderjahres zu erklären. Der Widerruf unterliegt denselben Regeln wie die Verzichtserklärung und ist somit ebenfalls schriftlich der zuständigen Abgabenbehörde gegenüber zu erklären.

Im beschwerdegegenständlichen Fall liegt zweifelsfrei ein solches Widerrufschreiben vor. Mit formlosen Schreiben vom teilte der Beschwerdeführer dem Finanzamt mit, dass er auf die Regelbesteuerung gemäß § 6 Abs. 3 UStG 1994 verzichtet und ersuchte zugleich um Löschung des Umsatzsteuersignales auf seinem Abgabenkonto.

Der Beschwerdeführer vermeint, dass aufgrund der Tatsache, dass im Jahr 2021 weiterhin monatlich Umsatzsteuervoranmeldungen gemeldet worden seien, klar zu erkennen gewesen sei, dass die Option gemäß § 6 Abs. 3 UStG 1994 weiterhin ausgeübt werde. Außerdem sei bei einem Telefongespräch mit einem Sachbearbeiter am Finanzamt vereinbart worden, dass das Widerrufschreiben als gegenstandslos zu betrachten sei.

Dazu stellt das Bundesfinanzgericht fest, dass Anträge grundsätzlich zurücknehmbar sind (vgl. Ritz, BAO6, § 85, Tz 5). Es wäre auch dem Beschwerdeführer offen gestanden, den Widerruf zur Option zur Regelbesteuerung zurückzunehmen. So wie der Beschwerdeführer den Verzicht auf die Regelbesteuerung schriftlich mitgeteilt hat, wäre auch die Zurücknahme des Verzichtes schriftlich gegenüber der Abgabenbehörde zu erklären gewesen.

Die im Jahr 2021 monatlich eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen vermögen keinesfalls die erforderliche schriftliche rechtswirksame Erklärung (in Form der Antragszurücknahme) ersetzen.

Zum Telefonat mit dem Sachbearbeiter teilte das Finanzamt mit, dass es keine Dokumentation über ein derartiges Gespräch gebe. Dazu stellt das Bundesfinanzgericht fest, dass nach der ständigen Rechtsprechung "Telefonische Anbringen" keine mündlichen Anbringen sind (vgl. Ritz, BAO6, § 85, Tz 9). Ergänzend wird dazu bemerkt, dass im gegenständlichen Fall auch ein Aktenvermerk (der aber nicht vorhanden ist) dem Erfordernis der Schriftlichkeit nicht Genüge getan hätte.

Aus den angeführten Gründen konnte der Beschwerde kein Erfolg beschieden sein.

5. Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar aus dem Gesetz und der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, diese schlichte Rechtsanwendung berührt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Die ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 85 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100358.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at