Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.06.2024, RV/7101696/2018

Säumniszuschlag wegen Rehaaufenthalts

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***RI*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***Bf-Vertreter***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg, nunmehr Finanzamt Österreich, vom betreffend Säumniszuschlag 2017 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom wurde von der Umsatzsteuer 06/2017 in Höhe von € 3017,11 gemäß § 217 Abs. 1 und 2 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein erster Säumniszuschlag mit 2 %, insgesamt € 60,34, festgesetzt. Die Festsetzung des Säumniszuschlages war erforderlich weil der Beschwerdeführer die Abgabenschuldigkeit nicht bis zum entrichtet hat.

Dagegen richtete sich die Beschwerde des Parteienvertreters vom , mit der Begründung dass der Beschwerdeführer aufgrund eines Burn-out-Syndroms seit Anfang August stationär in einer Rehaklinik ist. Das Mail des Parteienvertreters die U 06 2017 zu bezahlen, konnte den Beschwerdeführer dadurch nicht erreichen. Da den Beschwerdeführer an dem Versäumnis kein grobes Verschulden trifft, wird ersucht den Säumniszuschlag gemäß § 217 Abs. 7 auf null herabzusetzen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Mit Vorlageantrag vom beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage an das Bundesfinanzgericht. Im Vorlageantrag wurde wie folgt ausgeführt:

"Sehr geehrte Damen und Herren, lt. Beilage 1 war ***Bf1***, wie bereits in der Beschwerde angeführt, vom bis aufgrund gesundheitlicher Probleme in der Rehaklinik in stationärer Behandlung. ***Bf1*** den Zahlungsverkehr nicht delegieren kann, konnte er die U6 2017 am technisch nicht durchführen. Weiters war er auch aufgrund seines Gesundheitszustandes dazu nicht im Stande. Auf diesen Beschwerdepunkt wurde Ende Beschwerde Vorentscheidung nicht eingegangen."

Es wurde nochmals darum ersuchte Säumniszuschlag betreffend der U6 2017 mit null Euro festzusetzen da den Beschwerdeführer aufgrund seines Rehaaufenthalts wohl kein grobes Verschulden unterstellt werden kann und er seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen wohl in nahezu vorbildlicher Weise nachgekommen ist.

Das gegenständliche Beschwerdeverfahren wurde mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom im Zuge einer Altaktenumverteilung dem erkennenden Richter zur Erledigung übertragen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Umsatzsteuer für Juni 2017 in Höhe von € 3.017,11 war am fällig. Am beglich der Bf. die Umsatzsteuerschuld für Juni 2017. Am wurde infolge nicht fristgerechter Entrichtung der Umsatzsteuer für Juni 2017 ein Säumniszuschlag in Höhe von € 60,34 festgesetzt.

Die Umsatzsteuer April 2016 wurde verspätet entrichtet. Am wurde ein Säumniszuschlag betreffend Umsatzsteuer für Mai 2016 festgesetzt. Am wurde ein Säumniszuschlag für die Umsatzsteuer April 2017 festgesetzt. Dieser Säumniszuschlag wurde am aufgrund einer Beschwerde im Sinne des § 217 Abs. 7 stattgebend erledigt.

Der Beschwerdeführer war vom bis aufgrund gesundheitlicher Probleme in einer Rehaklinik in stationärer Behandlung.

2. Beweiswürdigung

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht unbestritten fest und ergibt sich aus den übereinstimmenden Parteienvorbringen und aus der Aktenlage.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 217 Abs. 1 BAO gilt: Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

Abs. 2: Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Abs. 7: Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.

Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages gemäß Abs. 2 entsteht nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten, hinsichtlich derer die Gebarung (§ 213) mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet hat.

Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt (§ 217 Abs. 7 BAO).

Ein Verschulden ist lediglich für die Frage des Antrages auf Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung eines Säumniszuschlages von Relevanz (§ 217 Abs. 7 BAO). An der Entstehung des Säumniszuschlages ändert ein fehlendes bzw. geringes Verschulden jedoch nichts, weil die Vorschreibung des Säumniszuschlages eine objektive, vom Verschulden unabhängige Säumnisfolge bei Nichtentrichtung der Abgabe am Fälligkeitstag ist ().

Für die Herabsetzung des Säumniszuschlages bzw. die Unterlassung der Festsetzung eines solchen kommt es auf die Umstände der konkreten Säumnis des Abgabepflichtigen an. Entscheidend ist nach der zitierten Gesetzesstelle, ob ihn an der Säumnis ein grobes Verschulden trifft. Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt. Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht. Keine leichte Fahrlässigkeit liegt aber vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt. (Grobes) Verschulden von Arbeitnehmern der Partei (oder des Parteienvertreters) ist nicht schädlich. Entscheidend ist diesfalls, ob der Partei selbst (bzw. ihrem Vertreter) grobes Verschulden, insbesondere grobes Auswahl- oder Kontrollverschulden anzulasten ist (vgl. ).

Der Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages hängt allein davon ab, dass eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird. Die Vorschrift berücksichtigt somit nicht die Gründe, aus welchen im Einzelfall eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wurde und ist die Höhe des Säumniszuschlages von der Dauer des Verzuges nicht abhängig ().

Strittig ist, ob den Bf. ein grobes Verschulden an der Säumnis trifft und der Säumniszuschlag gemäß § 217 Abs. 7 BAO im Fall des Nichtzutreffens herabzusetzen oder nicht festzusetzen wäre.

Für die Herabsetzung oder Unterlassung der Festsetzung eines Säumniszuschlages kommt es auf die Umstände der konkreten Säumnis an. Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt. Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht. Keine leichte Fahrlässigkeit liegt aber vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt (vgl. ). Auffallend sorglos handelt, wer die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt (vgl. ).

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH tritt bei Begünstigungstatbeständen, dazu gehört auch die Antragsmöglichkeit nach § 217 Abs. 7 BAO, die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund. Der eine Begünstigung in Anspruch nehmende Abgabepflichtige hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen aller jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (vgl. bspw ).

Zudem hat der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt darauf hingewiesen, dass auch die Büroorganisation von Kapitalgesellschaften in gleicher Weise wie eine Rechtsanwaltskanzlei dem Mindesterfordernis einer sorgfältigen Organisation entsprechen muss (vgl. ). Unabdingbarer Bestandteil einer im Sinne der Judikatur sorgfältigen Organisation ist es dabei, dass entsprechende Vorkehrungen für den Fall der Erkrankung des für die termingerechte Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Erklärungs- und Zahlungspflichten verantwortlichen Mitarbeiters getroffen werden. Wird für den Fall der Erkrankung eines mit fristgebundenen Arbeiten befassten Mitarbeiters keine Vorsorge getroffen, kann nicht mehr von einem bloß minderen Grad des Versehens ausgegangen werden (vgl. , und ). Dass derartige Vorkehrungen getroffen worden wären, wurde jedoch weder behauptet noch näher dargelegt. Gleiches muss für einen in Form eines Einzelunternehmens geführten Geschäftsbetrieb gelten.

Abgesehen von der streitgegenständlichen Säumnis betreffend die verspätete Entrichtung der Umsatzsteuer für Juni 2017 wurde bereits am ein Säumniszuschlag betreffend Umsatzsteuer für Mai 2016 festgesetzt. Außerdem wurde die Umsatzsteuer für Mai 2016 verspätet entrichtet. Daraus ist zu schließen, dass der Bf. kein hinreichend verlässliches Fristvormerk- und Kontrollsystem in seinem Einzelunternehmen vorgesehen hat, um derartige Versäumnisse zu verhindern. Die vom Bf. vorgesehene Organisation des Zahlungsverkehrs erwies sich daher schon in der Vergangenheit - vor dem stationären Aufenthalt in der Rehabilitationsklinik - als unzureichend, weshalb bereits deshalb nicht von einer bloß leichten Fahrlässigkeit ausgegangen werden kann.

Das Vorbringen, dass die Abgaben, aufgrund des Rehabilitationsaufenthalts des Beschwerdeführers von 03.08. bis , verspätet einbezahlt worden sei, vermag an der Rechtmäßigkeit des Säumniszuschlages ebenso nichts zu ändern wie die Geringfügigkeit der Verzögerung.

Ergänzend ist zum Vorbringen des Bf., dass die Fristversäumnis auf das bei ihm vorliegende Burn-out-Syndrom zurückzuführen sei, das Folgende auszuführen: Zunächst ist anzumerken, dass es dem oben erwähnten Erfordernis einer sorgfältigen Büroorganisation immanent ist, für den Fall einer Erkrankung Vorsorge zu treffen. Eine solche Vorsorge unabhängig von einem konkreten Krankheitsfall wurde nicht getroffen.

Insgesamt wurde daher der erste Säumniszuschlag zu Recht festgesetzt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Säumniszuschlages folgt das BFG der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur. Somit wurden im Beschwerdefall Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung nicht berührt, weshalb eine (ordentliche) Revision nicht zulässig ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Säumniszuschlag
Rehaaufenthalt
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101696.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at