Zahlungserleichterung bei behauptetem Finanzierungsengpass
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Johann Fischerlehner in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Stb. über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Zahlungserleichterungen § 212 BAO 2024 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Im Ansuchen auf Zahlungserleichterung vom wurde vorgebracht:
"…laut FA Auszug besteht derzeit ein Rückstand von EUR 23.074,89. Zugesichert wird seitens der Geschäftsführung, dass die Lohnabgaben 012024 sowie die UVA-Zahllast für 122023 rechtzeitig bis zur Überweisung gebracht werden.
Hinsichtlich des Restrückstandes wird vorerst die Zustimmung zur folgenden Ratenzahlung beantragt:
1. Rate bis EUR 4.000,00
2. Rate bis EUR 4.000,00
3. Rate bis EUR 4.000,00
4. Rate bis EUR 4.000,00
5. Rate bis EUR 5.500,00
Vorerst deshalb, da derzeit gerade Finanzierungsänderungen mit den Banken besprochen werden, da durch den Verlust des letzten Jahres ein Finanzierungsengpass entstanden ist.
Sobald dies geklärt ist, wird jedenfalls der offene Rückstand sofort bezahlt werden. Dies sollte eigentlich vor Ablauf des beantragten Ratenzeitraumes möglich sein. Der starke Rückgang der Auftragslage und mehrere Auftragsstornierungen im Vorjahr führten zu dieser Verschlechterung. Für das laufende Jahr kann laut Geschäftsführung aber festgehalten werden, dass durch die vorhandenen Aufträge sowie durch Personalabbau sichergestellt ist, dass die Ratenzahlungen zuzüglich der laufenden Abgaben stets rechtzeitig bedient werden können."
Mit dem angefochtenen Bescheid vom wurde das am eingebrachte Ansuchen um Bewilligung einer Zahlungserleichterung für Abgabenschuldigkeiten abgewiesen.
In der Begründung wurde ausgeführt, dass in der sofortigen vollen Entrichtung von selbst zu berechnenden bzw. einzubehaltenden und abzuführenden Abgaben keine erhebliche Härte zu erblicken ist. Der aushaftende Rückstand sei im Wesentlichen auf die nicht erfolgte Zahlung solcher selbst zu berechnender bzw. einzubehaltender und abzuführender Abgaben zurückzuführen, in deren sofortiger voller Entrichtung keine erhebliche Härte erblickt werden kann.
Dagegen richtet sich die Bescheidbeschwerde vom mit folgender Begründung:
"Im Auftrag der Geschäftsführung bringe ich hiermit Beschwerde gegen die Abweisung des Ratenantrages ein. Es ist zwar richtig, dass der Rückstand aus selbst zu berechnenden und einzumeldenden Abgaben entstanden ist.
Es ist aber so, dass die Kunden mit den Zahlungen sehr säumig sind, sodass diesbezüglich eine Vorfinanzierung vorliegt. Andererseits sollte man schon berücksichtigen, dass im Baugewerbe die Auftragslage im Vorjahr stark zurückgegangen ist und dennoch die Dienstnehmer nicht abgemeldet wurden, sodass durch zu hohe Personalkosten die sofortige Finanzierung nicht möglich war. Man hätte auch die Dienstnehmer zum AMS auslagern können, dann wären diese Probleme nicht entstanden. Es ist aber so, dass die derzeit gute Auftragslage es ermöglicht den Rückstand in kurzer Zeit ( eta 4 Monate) zu tilgen, sodass der Ratenantrag sicherlich gerechtfertigt ist."
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die gegenständliche Beschwerde abgewiesen und in der gesonderten Begründung vom ausgeführt:
"Die Bewilligung einer Zahlungserleichterung stellt eine Begünstigung dar, daher hat die Begünstigungswerberin die Voraussetzungen einer Zahlungserleichterung sowohl hinsichtlich des Vorliegens der erheblichen Härte wie auch der Nichtgefährdung der Eindringlichkeit aus eigenem Antrieb überzeugend darzulegen und glaubhaft zu machen. Die Darlegung dieser beiden Voraussetzungen habe konkretisiert anhand der Einkommens- und Vermögenslage der Abgabepflichtigen zu erfolgen.
Eine diesbezügliche Darstellung ist nicht erfolgt.
Des Weiteren setzt sich der antragsgegenständliche Rückstand überwiegend aus Selbstbemessungsabgaben wie Lohnsteuer und Umsatzsteuer zusammen. Umsatzsteuern stellen für den Unternehmer ein treuhändig inkassiertes Fremdgeld dar (Durchlaufposten), für welches an den gesetzlichen Fälligkeitstagen eine zwingende Abfuhrverpflichtung bestehe. Sollte die Beschwerdeführerin als Abgabenpflichtige mit diesem Treuhandgeldern anderweitig disponieren und eine Säumigkeit verursachen, liegt keine erhebliche Härte vor.
Da mangels Vorliegen der erheblichen Härte kein Raum mehr für eine Ermessensentscheidung der Behörde ist, war Ihre Beschwerde abzuweisen."
Im Vorlageantrag vom wurde vorgebracht:
"Wie bereits in der Beschwerde ausgeführt wurde, entstand der kurzfristige Finanzierungsengpass, da die Kunden ihren Zahlungsverpflichtungen nicht rechtzeitig nachgekommen sind.
Trotz dieser Umstände und der Tatsache, dass die Auftragslage stark zurückgegangen ist, wurden die Dienstnehmer nicht freigestellt, wodurch durch die hohen Personalkosten auch die Finanzierungsmöglichkeiten entsprechend eingeschränkt wurden.
Im Gegenzug dazu hatte die öffentliche Hand kein Finanzierungsproblem in Bezug auf die Mitarbeiter des Unternehmens.
Die Tatsache jedoch, dass derzeit der Auftragsstand erfreulich gut ist und somit die angebotenen Ratenzahlungen fristgerecht bezahlt werden können, rechtfertigt sicherlich die Bewilligung des Ratenantrages.
Diese Umstände wurden im Zuge der abweisenden Beschwerdevorentscheidung nicht entsprechend gewürdigt, sodass die abweisende Beschwerde aufzuheben ist.
Wir beantragen daher, dass der Ratenantrag positiv erledigt wird, sodass in einem überschaubaren Zeitraum der Gesamtrückstand auch abgebaut werden kann."
Die Beschwerde wurde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Laut aktueller Abfrage des Abgabenkontos () haften bei der beschwerdeführenden Partei fällige Abgabenschuldigkeiten in Höhe von € 17.446,82 aus. Davon sind € 12.414,58 in Vollstreckung. Der Rückstand setzt sich wie folgt zusammen:
[...]
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die beschwerdeführende Partei beantragte eine Zahlungserleichterung (Ratenzahlung) für rückständige Abgabenschuldigkeiten, welche sich insbesondere aus Umsatzsteuer und Lohabgaben zusammensetzen, ohne konkret und nachvollziehbar ihre derzeitige wirtschaftliche Einkommens- und Vermögenssituation darzulegen. Es ist von einem kurzfristigen Finanzierungsengpass die Rede, ohne diesen näher und faktenbasiert auszuführen.
2. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Nach § 212 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung (BAO) kann auf Ansuchen des Abgabepflichtigen die Abgabenbehörde für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229 BAO) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird. Eine vom Ansuchen abweichende Bewilligung von Zahlungserleichterungen kann sich auch auf Abgaben, deren Gebarung mit jener der den Gegenstand des Ansuchens bildenden Abgaben zusammengefaßt verbucht wird (§ 213 BAO), erstrecken.
Für die Annahme einer Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben braucht es noch nicht zu einem Abgabenausfall gekommen zu sein. Es reicht aus, wenn das Aufkommen in Gefahr gerät. Bei einer Gefährdung handelt es sich um das Vorstadium eines Abgabenausfalls, in dem eine Tendenz erkennbar ist, dass die Abgabe nicht bezahlt werden wird (). Dafür genügt allerdings nicht die bloße theoretische Möglichkeit eines Abgabenausfalls; es müssen vielmehr Tatsachen vorliegen, die das konkrete Risiko eines Abgabenausfalls ins Auge rücken; es genügt auch nicht die bloße Feststellung, der AbgPfl sei "wiederholt" säumig geworden. Ebensowenig, wie der Umstand, dass der Abgabenschuldner in der Vergangenheit die Abgaben im Allgemeinen pünktlich bezahlt hat, nicht ausreicht, eine Abgabengefährdung auszuschließen, kann aus der Säumigkeit allein auf eine solche rechtens nicht geschlossen werden (). Ob eine Gefährdung der Einbringlichkeit vorliegt, wird regelmäßig nur aufgrund einer Gegenüberstellung der Abgabenforderung und des dem Abgabepflichtigen zur Begleichung dieser Forderung zur Verfügung stehenden Einkommens und Vermögens beurteilt werden können (). Dieses Stundungshindernis liegt nicht nur dann vor, wenn die Gefährdung der Einbringlichkeit durch die Stundung selbst verursacht wird. Auch im Falle bereits bestehender Gefährdung der Einbringlichkeit ist für die Gewährung einer Stundung kein Raum (). Die Voraussetzung der Zahlungserleichterung, dass keine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben besteht, hat der Antragsteller aus eigenem Antrieb konkret und nachvollziehbar darzutun und glaubhaft zu machen. Ein Schuldtilgungsplan ersetzt diese Darlegung nicht ( und Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I3 § 212 BAO, Rz 9ff, Stand: , rdb.at)
Für die bescheidmäßige Bewilligung einer Zahlungserleichterung müssen sämtliche gesetzlich vorgesehene Bedingungen erfüllt sein. Es ist daher zu prüfen, ob - sofern ein Antrag des Abgabepflichtigen vorliegt - die sofortige (volle) Entrichtung der Abgaben eine erhebliche Härte darstellt und die Einbringlichkeit der Abgaben nicht gefährdet ist. Bei Vorliegen all dieser Voraussetzungen steht es im Ermessen der Abgabenbehörde, die beantragte Zahlungserleichterung zu bewilligen. Fehlt hingegen auch nur eine der genannten Voraussetzungen, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum, sondern die Behörde hat diesfalls den Antrag aus Rechtsgründen abzuweisen. In prozessualer Hinsicht gilt, dass die Zahlungserleichterung ein antragsbedürftiger begünstigender Verwaltungsakt ist. Ungeachtet der auch hiefür geltenden grundsätzlichen Pflicht der Abgabenbehörden, die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, erfährt dieser Grundsatz doch gerade bei der antragsbedürftigen Inanspruchnahme abgabenrechtlicher Begünstigungen eine am Kriterium der Zumutbarkeit orientierte mehr oder weniger starke Einschränkung. Dem Antragsteller fällt die Behauptungslast und eine diesbezügliche Konkretisierungspflicht (erhöhte Mitwirkungspflicht) zu, deren Nichterfüllung der freien Beweiswürdigung unterliegt. In diesem Sinne obliegt es dem Abgabepflichtigen, der Zahlungserleichterungen in Anspruch nehmen will, selbst das Vorliegen aller Umstände darzutun, auf die er sein Begehren stützt ().
Trotz des Hinweises auf diese Rechtslage in der Beschwerdevorentscheidung hat die beschwerdeführende Partei im Verwaltungsverfahren nicht ihre Einkommens- und Vermögenssituation dargelegt. Die beschwerdeführende Partei unterließ somit konkrete und überprüfbare Angaben zur zwingenden Tatbestandsvoraussetzung, dass keine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben besteht. Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wurde somit nicht aufgezeigt. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Erkenntnis folgt der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, sodass keine Rechtsfrage vorliegt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher unzulässig.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 212 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100354.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at