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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.06.2024, RV/3100510/2023

Abbruch Lehre: ab Beendigung - auch krankheitshalber - keine tatsächliche Berufsausbildung mehr, kein FB-Anspruch nach § 2 Abs. 1 lit b und h FLAG. Lt. SMS lediglich derzeitige, dh. nicht dauerhafte Erwerbsunfähigkeit, daher kein FB-Anspruch nach § 2 Abs. 1 lit c FLAG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , Ordnungsbegriff Nr1, betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum April 2021 bis November 2022 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof
nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensablauf:

1. Laut Vorlagebericht des Finanzamtes hat Frau DI A (= Beschwerdeführerin, Bf) ua. für den Sohn B, geb. 03/2002, bis einschließlich November 2022 Familienbeihilfe (FB) und Kinderabsetzbetrag (KG) bezogen, da die Dauer der zweiten von ihm begonnenen Lehre lt. Lehrvertrag mit November 2022 angegeben war.
Zufolge anschließender Überprüfung des FB-Anspruchs hat das Finanzamt festgestellt, dass dieses Lehrverhältnis mit abgebrochen worden war.

2. Das Finanzamt hat daraufhin mit Bescheid vom , Ordnungsbegriff Nr1, unter Verweis auf § 26 FLAG 1967 von der Bf zu Unrecht bezogene Beträge an FB und KG für den Sohn B für den Zeitraum April 2021 bis November 2022 sowie hinsichtlich der drei weiteren Kinder C, D und E den je anteiligen FB-Erhöhungsbetrag gem. § 8 Abs. 3 FLAG 1967 (= sogen. Geschwisterstaffel) für denselben Zeitraum, gesamt € 5.726,00, zurückgefordert.

3. Mit Schreiben vom wurde der Bf mitgeteilt, dass die Rückzahlung des offenen FB-Rückstandes durch Anrechnung auf die fälligen oder fällig werdenden Familienbeihilfen (+ KG) erfolgt.

4. In der dagegen rechtzeitig erhobenen Beschwerde wird vorgebracht, der Sohn kämpfe seit mehreren Jahren mit einer gesundheitlich schwierigen Situation und brauche auf allen Ebenen zusätzliche Unterstützung.
Dazu wurde ein Antrag, Formular Beih 3, auf Gewährung des FB-Erhöhungsbetrages für den Sohn "ab Februar 2018" wegen erheblicher Behinderung, konkret "Depression", eingebracht.

5. Nach Anforderung durch das Finanzamt am wurde vom Sozialministeriumservice (SMS) am ein medizinisches Sachverständigengutachten erstellt:
Laut SMS-Gutachten liegt beim Sohn ein Grad der Behinderung (GdB) im Ausmaß von 50 % ab vor. Eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit wurde verneint mit der Begründung: "Hr. B ist zwar derzeit außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, unter Fortführung der laufenden Pharmako- und Psychotherapie ist die Herstellung der Erwerbsfähigkeit jedoch möglich".
Eine Nachuntersuchung nach drei Jahren wurde dahin begründet, dass der GdB unter 50 % fallen könnte.

6. Die abweisende Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom wurde vom Finanzamt nach Darlegung der bezughabenden Bestimmungen gemäß § 2 Abs. 1 lit b und lit c FLAG 1967 und unter Verweis auf das eingeholte SMS-Gutachten dahin begründet, dass die betr. Voraussetzungen für den FB-Anspruch nicht vorlägen. Der Sohn habe die Berufsausbildung im Jänner 2021 abgebrochen und seitdem keine neue Ausbildung begonnen. Zudem liege keine dauernde Erwerbsunfähigkeit vor (im Einzelnen: siehe die BVE v. ).

7. Im Vorlageantrag v. wird darauf von der Bf repliziert:
Den Ausführungen des Finanzamtes, der Sohn befinde sich nicht in Berufsausbildung, sei gegenüber zu stellen, dass er gerade wegen seiner gesundheitlichen Symptomatik keine Ausbildung mehr habe machen können. Er habe die Zimmerer-Lehre deshalb im Jänner 2021 sowie ein Jahr später den Zivildienst abbrechen müssen.
Lt. SMS-Gutachten bestehe eine Einschränkung von 50 %, die länger als 3 Jahre andauere, und zwar - entgegen dem ohne Begründung festgestellten Zeitpunkt "ab 11/2022" - zumindest seit November 2020 (Coronaerkrankung, Intensivierung der gesundheitlichen Probleme, Krankenstände). Man könne von einer mehrjährigen Einschränkung sprechen, die eine Fortführung der Ausbildung wie auch die Fähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, verunmöglicht habe. Der Beginn der depressiven Symptomatik sei im Gutachten bereits mit dem 15. Lebensjahr angegeben, dh. die Erwerbsunfähigkeit sei bereits vor dem 21. Geburtstag eingetreten. Dies werde durch das mit gewährte Reha-Geld, die stationäre Reha in OrtX im Feber/März 2022, den langen Krankengeldbezug und durch stationäre Aufenthalte im PKH-OrtY im Sommer und Herbst 2022 bestätigt. Zugleich zeige sich hiedurch das Bemühen des Sohnes um eine Verbesserung seines Zustandes, der seit Jahresbeginn auch psychiatrische und psychotherapeutische Unterstützung annehme und seine Arbeitsfähigkeit über eine geringfügige Mitarbeit zweimal wöchentlich in einem kleinen Tischlereibetrieb trainiere. Im Hinblick auf alle genannten Umstände seien daher die Voraussetzungen für die Gewährung der erhöhten FB gegeben.

8. An Unterlagen wurden von der Bf vorgelegt:

- Auszug der Sozialversicherungsdaten (Stand ):
Demnach hat der Sohn von bis die erste Lehre und vom
bis die zweite Lehre absolviert; er hat ab Ende Jänner 2021 bis inklusive Juli
2021 Arbeitslosengeld bezogen; ab August 2021 bis Feber 2022 hat er den Zivildienst
geleistet und ab bis laufend im Wesentlichen Krankengeld bezogen;

- Mitteilung v. , dass der Sohn seit aus gesundheitlichen Gründen
vorzeitig aus dem ordentlichen Zivildienst entlassen ist;

- Arztbericht des Dr. F v. betr. Untersuchungen vom
bis mit der Diagnose "Verdacht auf Long-COVID-Syndrom und auf Anpassungs-
störung". Weiters werden ua. angeführt: deutlich reduzierter Allgemeinzustand, Müdigkeit,
psychische Belastung, Infektneigung, jeweils verschlechtert seit COVID-19-Infektion im
November 2020;

- Bestätigung der ÖGK v. Februar 2022, dass der Sohn wg. Krankheit ab
arbeitsunfähig ist;

- Aufenthaltsnachweis des Reha-Zentrum OrtX vom März 2022 betr. Reha des Sohnes
im Zeitraum bis einschl. ;

- Bestätigung der ÖGK vom März 2023, dass der Sohn B ab Reha-Geld
in Höhe von täglich rund € 34 bzw. € 37 (ab ) erhält.

9. Im Akt erliegen noch folgende zusammengefasste Daten:

- zu den Lehrverhältnissen:
1. Lehre: Dauer lt. Lehrvertrag - , aufgelöst am
2. Lehre: Dauer lt. Lehrvertrag - , aufgelöst am

- zu den SMS-Gutachten:
1. Gutachten:
angefordert , erstellt , festgestelltes Ergebnis:
GdB 50 % ab ; dauerhaft erwerbsunfähig: nein, Begründung:
"Hr. B ist zwar derzeit außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, unter
Fortführung der laufenden Pharmako- und Psychotherapie ist die Herstellung der
Erwerbsfähigkeit jedoch möglich".

Nachuntersuchung nach drei Jahren, Begründung: Der GdB könnte unter 50 % fallen.

2. Gutachten:
angefordert , erstellt , festgestelltes Ergebnis:
GdB 50 % ab ; dauerhaft erwerbsunfähig: nein, gleichlautende Begründung
wie im Erstgutachten.

10. Nach Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (BFG) hat die Bf ein Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt/PVA v. an den Sohn B nachgereicht, woraus ua. hervorgeht:

"… Die Wiederbegutachtung hat ergeben, dass keine kalkülsrelevante Änderung Ihres Gesundheitszustandes eingetreten ist und daher vorübergehende Invalidität weiterhin vorliegt. Als medizinische Maßnahme der Rehabilitation zur Wiederherstellung Ihrer Arbeitsfähigkeit ist nach wie vor das Ergebnis weiterer Therapiemaßnahmen abzuwarten.
Die angeführte medizinische Maßnahme der Rehabilitation ist zur Besserung Ihres Gesundheitszustandes erforderlich und damit für die Wiederherstellung Ihrer Arbeitsfähigkeit notwendig."
Bei Nichteinhaltung der verpflichtenden Maßnahmen ist lt. PVA das Reha-Geld zu entziehen.

II. Sachverhalt:

Der Sohn der Bf, B geb. 03/2002, hat mit März 2020 die Volljährigkeit erreicht und im März 2023 das 21. Lebensjahr vollendet.
Er hat die im September 2017, dh. im Alter von 15 Jahren, erste begonnene Lehre im Mai 2018 sowie die im November 2019 zweite begonnene Zimmerer-Lehre vorzeitig im Jänner 2021 abgebrochen und in der Folge keine weitere Berufsausbildung angefangen (lt. zusammenge-fassten Daten der Lehrverhältnisse; eigene Angaben; Sozialversicherungsdaten).
Zu dem ab August 2021 geleisteten Zivildienst erfolgte mit die vorzeitige Entlassung aus gesundheitlichen Gründen; seither bezieht der Sohn Krankengeld sowie ab Dezember 2022 Reha-Geld (siehe Mitteilung zur Entlassung aus Zivildienst; Bestätigung der ÖGK vom März 2023; Sozialversicherungsdaten).
Laut ärztlichem Befund (siehe Arztbericht des Dr. F vom ) nach mehreren Untersuchungen im Zeitraum November 2021 bis Ende Jänner 2022 besteht beim Sohn, neben ua. einer psychischen Belastung, nach einer Corona-Infektion im November 2020 der Verdacht auf ein Long-COVID-Syndrom. Er wurde seitens der ÖGK ab Ende Jänner 2022 für arbeitsun-fähig befunden und hat von Mitte Februar bis Mitte März 2022 eine entsprechende Reha im Reha-Zentrum OrtX absolviert (siehe ÖGK-Bestätigung; Aufenthaltsbestätigung Reha-Zentrum OrtX). Lt. eigenen Angaben befindet er sich ab 2023 in psychiatrischer und psychotherapeutischer Behandlung.
Aufgrund des von der Bf mit der Beschwerde eingebrachten Antrages auf Zuerkennung des FB-Erhöhungsbetrages für den Sohn wurden beim Sozialministeriumservice zwei ärztliche Sachverständigengutachten angefordert und erstellt, wonach übereinstimmend beim Sohn ein GdB von 50 % vorliegt, dies seit (siehe lt. Zweitgutachten).
Es wurde übereinstimmend zwar eine derzeitige, jedoch unter Fortführung der Therapiemaß-nahmen keine dauerhaft bestehende Erwerbsunfähigkeit festgestellt.
Laut Schreiben der PVA vom liegt beim Sohn eine vorübergehende Invalidität, dh. eine durch vom Sohn einzuhaltende Therapiemaßnahmen besserungsfähige Arbeitsunfähigkeit vor.

III. Beweiswürdigung:

Obiger Sachverhalt ergibt sich aus dem dargelegten Akteninhalt, insbesondere aus den von der Bf beigebrachten Unterlagen und den beiden SMS-Gutachten, und ist weitgehend unbestritten.

IV. Rechtslage:

A) Gesetzliche Bestimmungen:

Gemäß § 2 Abs. 1Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG), BGBl 1967/376 idgF., haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe (Anm.: auf den Grundbetrag an Familienbeihilfe)
lit a) für minderjährige Kinder, ….
lit b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die
für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule
fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres
Berufes nicht möglich ist. …..
lit c) für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder
während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des
25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung
voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.
…..
lit h) für volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25. Lebensjahr
noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten
Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die
Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Gemäß § 8 Abs. 1 FLAG 1967 bestimmt sich der Betrag an Familienbeihilfe nach der Anzahl und dem Alter der Kinder, für die die FB gewährt wird, wobei die FB-Höhe nach dem Alter in Abs. 2 Z 3 und der zusätzliche Erhöhungsbetrag (= "Geschwisterstaffel") ua. bei vier Kindern in Abs. 3 Z 3 lit c dieser Bestimmung näher geregelt wird.

Gemäß § 8 Abs. 4 FLAG erhöht sich die Familienbeihilfe für jedes Kind, das erheblich behindert ist.
Gemäß § 8 Abs. 5 FLAG 1967 idgF gilt als erheblich behindert ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren (ab : "mehr als 6 Monaten"). Der Grad der Behinderung muss mindestens 50 v.H. betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behindertenein-stellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung, anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens alle fünf Jahre neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen.

Nach § 8 Abs. 6 FLAG 1967 ist der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (nunmehr Sozialministeriumservice) auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen.

Nach § 10 Abs. 2 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

§ 26 Abs. 1 FLAG 1967 lautet:
Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenaus-gleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

B) Rechtsprechung:

a) Berufsausbildung:

Die Gewährung von Familienbeihilfe (+ KG) ist nach § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 für volljährige Kinder bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres und nach § 2 Abs. 1 lit h FLAG 1967 für volljährige, erheblich behinderte Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres dezidiert an die Voraussetzung der Berufsausbildung gebunden.

Unter den im Gesetz nicht definierten Begriff der Berufsausbildung fallen nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird.
Zur Qualifikation als Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit b FLAG kommt es nicht nur - qualitativ - auf das "ernste und zielstrebige Bemühen um den Ausbildungserfolg" an, sondern eine Berufsausbildung muss grundsätzlich auch in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen (vgl. zB ; u.v.a.).

Bei beiden Tatbeständen ist das Vorliegen einer tatsächlichen Berufsausbildung für die Gewährung der FB notwendig (vgl. ).
Laut VwGH-Erk. vom , 93/15/0133, dem an Sachverhalt die Auflösung des Lehrverhältnisses durch ein volljähriges Kind zugrunde lag, kann von einer "Berufsausbildung" im Sinne des § 2 Abs. 1 lit b FLAG nicht mehr gesprochen werden, wenn die Ausbildungs-tätigkeit eingestellt und in der Folge nicht wiederaufgenommen wird.
Mit Verweis auf sein Erkenntnis v. , 82/14/0148, führt der VwGH weiter aus, dass zwar Unterbrechungen eines tatsächlichen Berufsausbildungsvorganges (etwa eine Erkrankung, die die Berufsausbildung nur auf begrenzte Zeit unterbricht) für einen bereits vorher erwachsenen und danach fortbestehenden FB-Anspruch unschädlich sind. Wenn aber die Tätigkeit, durch die ein Kind "für einen Beruf ausgebildet wurde", nicht mehr wieder aufgenommen, sondern krankheitshalber oder aus welchen Gründen auch immer endgültig beendet wird, so kann ab der Beendigung nicht mehr von einer "Berufsausbildung" des Kindes gesprochen werden.

Bei § 2 Abs. 1 lit h FLAG 1967 kommt neben der erforderlichen tatsächlichen Berufsausbildung des Kindes hinzu, dass es sich um ein erheblich behindertes Kind iSd § 8 Abs. 5 FLAG handeln, dh. ein Behinderungsgrad/GdB von zumindest 50 % vorliegen muss.

b) zu § 2 Abs. 1 lit c FLAG 1967:

Nach dieser Bestimmung bildet die dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, - unabhängig vom Vorliegen einer (tatsächlichen) Berufsausbildung - einen eigenständigen Tatbestand zur Gewährung von FB.
Das bedeutet, der Grundbetrag an FB steht für volljährige Kinder dann zu, wenn sie wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig sind. Hierbei ist auch eine Behinderung im psychischen Bereich als geistige Behinderung iSd obigen Bestimmungen anzusehen ().

c) Bescheinigung:

Zum Nachweis der Voraussetzung des Grades der Behinderung wie auch der dauernden Erwerbsunfähigkeit ist eine Bescheinigung des Sozialministeriumservice iSd § 8 Abs. 6 FLAG zwingend erforderlich.
Die Abgabenbehörden sowie der UFS, nunmehr das Bundesfinanzgericht/BFG, sind an die Feststellungen der im Wege des Bundessozialamtes (nunmehr Sozialministeriumservice/SMS) erstellten Gutachten grundsätzlich gebunden (vgl. ; ; u.a.).

d) Rückzahlung zu Unrecht bezogener Familienleistungen:

In § 26 FLAG wird eine (rein) objektive Erstattungspflicht desjenigen normiert, der die Familienbeihilfe (und den Kinderabsetzbetrag) zu Unrecht bezogen hat; dies ohne Rücksicht darauf, ob die bezogenen Beträge etwa gutgläubig empfangen wurden oder ob die Rückzahlung eine Härte bedeutet. Die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge ist nach Gesetzeslage und Rechtsprechung von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist somit lediglich, ob der Empfänger die Beträge objektiv zu Unrecht erhalten hat. Ebenso wäre unerheblich, ob und gegebenenfalls wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat (vgl. ; ).

V. Erwägungen:

In Streit gezogen ist die FB-Rückforderung für den Zeitraum von April 2021 bis November 2022.

Gegenständlich wurde in beiden von Seiten des Sozialministeriumservice erstellten Sachverständigengutachten zunächst übereinstimmend bescheinigt, dass beim Sohn der Bf ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 % vorliegt; dies letztlich laut Zweitgutachten rückwirkend seit Februar 2022. Damit wäre im Zeitraum Feber bis November 2022 die Voraussetzung nach § 2 Abs. 1 lit h FLAG 1967 der "erheblichen Behinderung" (GdB von zumindest 50 %) des Sohnes (Alter 20 Jahre) zunächst erfüllt.

Zugleich steht unbestritten fest, dass der Sohn das zweite Lehrverhältnis am abgebrochen und in der Folge bis dato offensichtlich keine weitere Berufsausbildung begonnen hat. Wie oben dargelegt, ist aber das Vorliegen einer tatsächlichen Berufsausbildung für die Gewährung der FB nach den Bestimmungen sowohl gemäß § 2 Abs. 1 lit b ("volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder fortgebildet werden") als auch nach lit h ("volljährige Kinder, die erheblich behindert sind, das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder fortgebildet werden") FLAG 1967 unabdingbar erforderlich (vgl. ). Lediglich bei einer zB wegen einer Erkrankung auf eine begrenzte Zeit (für maximal rund 3 Monate) unterbrochenen Ausbildungstätigkeit läge hinsichtlich des FB-Anspruchs Unschädlichkeit vor. Wird aber die Ausbildung - wie hier - krankheitshalber endgültig beendet bzw. das Lehrverhältnis abgebrochen, dann kann zufolge VwGH ab der Beendigung nicht mehr von einer "Berufsausbildung" des Sohnes gesprochen werden (siehe ).

Die gesetzlich geforderten Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 lit b und lit h FLAG 1967 sind damit im Gegenstandsfall insgesamt nicht erfüllt, sodass eine Zuerkennung der FB nach beiden genannten Bestimmungen zu versagen ist.

Selbst dann, wenn man - entgegen den in den SMS-Gutachten getroffenen Feststellungen - den Angaben der Bf folgen und davon ausgehen wollte, dass beim Sohn bereits seit mehreren Jahren bzw. bereits ab seinem 15. Lebensjahr aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen eine erhebliche Behinderung (GdB von mind. 50 %) vorgelegen war, würde sich an dieser rechtlichen Beurteilung nichts ändern. Die maßgebende Voraussetzung, dass sich der Sohn nämlich tatsächlich in Berufsausbildung befindet, bleibt dennoch ab dem Abbruch der Lehre () nicht erfüllt.

Wenn die Bf moniert, der Sohn befinde sich gerade deshalb nicht in Berufsausbildung, weil es sein gesundheitlicher Zustand nicht zulasse und weswegen er die Lehre sowie ein Jahr später den Zivildienst habe abbrechen müssen, so ist dem zu entgegnen, dass der VwGH im og. Erkenntnis v. , 93/15/0133, dezidiert bei einer Beendigung der Berufsausbildung "krankheitshalber oder aus welchen Gründen auch immer" den FB-Anspruch dennoch versagt.

Was nun einen allfälligen FB-Anspruch gem. § 2 Abs. 1 lit c FLAG 1967 anbelangt, so ist - nach oben dargelegten gesetzlichen Bestimmungen samt bezughabender Rechtsprechung - als maßgebend zu erachten, ob unabhängig vom GdB vor vollendetem 21. Lebensjahr beim Sohn bereits eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit eingetreten ist.

Entgegen dem Dafürhalten der Bf ist allein das Auftreten gesundheitlicher Einschränkungen keinesfalls von vorneherein einer "dauernden Erwerbsunfähigkeit" gleichzuhalten. Auch geben die von ihr ins Treffen geführten mehreren Krankenhausaufenthalte, der Bezug von Kranken-geld und von Reha-Geld noch vor seinem 21. Geburtstag für sich noch keinen Aufschluss über eine damit etwa verbundene, beim Sohn vorliegende dauerhafte Erwerbsunfähigkeit. Diese ist vielmehr gemäß § 8 Abs. 6 FLAG 1967 durch eine Bescheinigung des Sozialministeriumservice nachzuweisen.

Diesbezüglich kommen aber beide SMS-Begutachtungen übereinstimmend zum Ergebnis, dass nicht von einer voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit auszugehen ist. Die jeweilige Begründung lautet, dass eine derzeit nicht gegebene Erwerbsfähigkeit durch Fortführung pharmakologischer und therapeutischer Maßnahmen wieder herstellbar und eine Absenkung des GdB auf unter 50 % möglich ist. Laut beiden Gutachten handelt es sich insofern nicht um einen Dauerzustand.

Die Tätigkeit des BFG hat sich im Wesentlichen auf die Überprüfung der Schlüssigkeit und Vollständigkeit der Gutachten zu beschränken. Im Hinblick auf die durchwegs überein-stimmenden Aussagen ergeben sich - abgesehen vom unterschiedlichen Zeitpunkt des Eintritts des GdB, der aber nach Obigem hier nicht entscheidungswesentlich ist - keinerlei erkennbare Widersprüche und damit jedenfalls keine Anhaltspunkte, die dortigen Feststellungen als nicht nachvollziehbar oder unschlüssig in Zweifel zu ziehen.

Nach gleichlautender ärztlicher Expertise der Gutachter ist davon auszugehen, dass es sich bei der - derzeitigen - Erwerbsunfähigkeit des Sohnes nicht um einen auf Dauer bestehenden Zustand handelt. Dieser Zustand ist sohin nicht als irreversibel anzusehen, sondern vielmehr durch entsprechende medizinische und therapeutische Behandlung jedenfalls besserungsfähig. Dies wird zum Einen im Schreiben der PVA v. , wonach beim Sohn eine "vorüber-gehende Invalidität" vorliegt, und zum Anderen auch durch die eigenen Angaben der Bf, dass der Sohn sich um eine Verbesserung seines Zustandes bemüht und seine Arbeitsfähigkeit zweimal wöchentlich in einem Tischlereibetrieb trainiert, hinlänglich bestätigt.

Die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 lit c FLAG 1967 sind damit mangels dauernder Unfähigkeit des Sohnes, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ebenso nicht erfüllt.

Das Finanzamt hat daher den angefochtenen Rückforderungsbescheid zu Recht erlassen.

Der Vollständigkeit halber gilt anzumerken, dass dann, wenn der FB-Grundbetrag nach keiner der obgenannten Bestimmungen zukommt, der Zuerkennung eines beantragten Erhöhungsbe-trages zur Familienbeihilfe jede Grundlage entzogen ist.

In Anbetracht obiger Sach- und Rechtslage war daher die Beschwerde insgesamt abzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Lösung der gegenständlichen Rechtsfragen ergibt sich im Wesentlichen bereits aus den bezughabenden Gesetzesbestimmungen samt dazu vorhandener hg. Judikatur, ua. zur Beurteilung der "Beendigung einer Berufsausbildung". Hinsichtlich der Frage, ob noch vor dem 21. Lj. eine voraussichtlich "dauernde" Erwerbsunfähigkeit eingetreten war, ist das BFG an die Bescheinigungen (gutachterlichen Feststellungen) des Sozialministeriumservice gebunden.
Da sohin keine Rechtsfrage von "grundsätzlicher Bedeutung" vorliegt, ist eine Revision nicht zulässig.

Innsbruck, am

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