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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.06.2024, RV/5101407/2020

1.) Innergemeinschafticher Erwerb eines Fahrzeuges durch eine Privatperson 2.) keine widerrechtliche Verwendung eines Kraftfahrzeuges bei monatlicher Verbringung ins Ausland im Jahre 2012 (vor der Änderung der Bestimmung des § 82 Abs. 8 KFG durch das BGBl. I Nr. 26/2014 ) und Mittelpunkt der Lebensinteressen nicht in Österreich

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin *** in der Beschwerdesache der Beschwerdeführerin, vertreten durch Dr. Bernhard Helmut Birek, Marktplatz 4, 4707 Schlüßlberg, über die Beschwerden vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Braunau Ried Schärding (nunmehr Finanzamt Österreich) vom über die Festsetzung der Umsatzsteuer für den Erwerb neuer Fahrzeuge 2012, den Bescheid über die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe Zeitraum 4/2012 vom und den Bescheid über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 4 bis 12/2012 vom , Steuernummer XXX, zu Recht erkannt:

I. Den Beschwerden betreffend

  1. den Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer für den Erwerb neuer Fahrzeuge (Fahrzeugeinzelbesteuerung, Art. 1 Abs. 7 Umsatzsteuergesetz 1994) 2012,

  2. - den Bescheid über die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe Zeitraum 4/2012

  3. - den Bescheid über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 4 bis 12/2012

wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Strittig ist, ob ein innergemeinschaftlicher Erwerb durch eine Privatperson des gegenständlichen Fahrzeuges stattgefunden hat, sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Bf. in Österreich oder in Deutschland befindet und eine widerrechtliche Verwendung des Fahrzeuges in Österreich stattfand.

Mit Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer (OZ 4) für den Erwerb neuer Fahrzeuge (Fahrzeugeinzelbesteuerung, Art. 1 Abs. 7 Umsatzsteuergesetz 1994) wurde der Bf. für das KFZ Toyota RAV4, welches mit erworben und in Betrieb genommen wurde, € 5.234,40 von der Abgabenbehörde vorgeschrieben.

Begründed wurde die Festsetzung damit, dass diese erforderlich war, weil die Selbstberechnung der Abgabe unterblieb. Die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer sei ermittelt über den Eurotaxneuwert des Fahrzeuges zum Zeitpunkt der Anmeldung des Fahrzeuges (€ 38.036,-), abzüglich 10% Händlerrabatt (€ 3.803,60), abzüglich 20% Umsatzsteuer, abzüglich 9% Normverbrauchsabgabe ermittelt worden.

Im Bescheid über die Normverbrauchsabgaben (=kurz NoVA) für den Zeitraum 4/2012 (OZ 6) wurde der Bf. eine Nachzahlung in Höhe von € 3.336,58 vorgeschrieben. Begründend wurde zusammengefasst auf die Standortvermutung des § 82 Abs 8 Kraftfahrgesetz 1967, welche für Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland gelte, hingewiesen. Laut Mitteilung von Hrn. B vom verwende die Bf. das o.a. Fahrzeug als Privatfahrzeug. Eine Aufzeichnung eines Fahrtenbuches sei trotz Aufforderung nicht gebracht worden. Laut Grundstücksdatenbank sei sie alleinige Eigentümerin der Liegenschaft A 48 und A 56 und sei auch mit Nebenwohnsitz an der Adresse gemeldet. Am gemeldeten Hauptwohnsitz in D-P* befinden sich nur Büroräume und keine Wohnung, dies bekräftige die Standortvermutung.

Mit Bescheid über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer (= kurz KFZ-Steuer) für die Monate 4 bis 12/2012 (OZ 5) wurde der Bf. die Kraftfahrzeugsteuer in Höhe von € 563,92 vorgeschrieben. Begründend wurde ausgeführt, dass die Festsetzung erforderlich war, weil die Selbstberechnung der Kraftfahrzeugsteuer unterblieb. Da die Bf. Ihren Lebensmittelpunkt in Österreich habe, die Verwenderin des oben angeführten KFZ sei und nicht nachgewiesen habe, dass das KFZ überwiegend in Deutschland verwendet worden sei, sei die Kraftfahrzeugsteuer in Österreich zu entrichten. Die Kraftfahrzeugsteuer für das Jahr 2012 wurde von bis vorgeschrieben. Laut Aktenlage sei das KFZ auf Ihren Namen erstmals am zugelassen worden.

Die zuvor angeführten Bescheide wurden zuvor an die Bf. mit Adresse A 48/1 in Ö adressiert und versendet. Laut handschriftlichen Vermerken auf den Bescheiden erfolgte die Neuzustellung an die Adresse in Deutschland per .

Mit Schreiben jeweils datiert mit , eingelangt jeweils bei der belangten Behörde am , wurde vom Vertreter der Bf. "Berufungen" (nunmehr Beschwerden) gegen die zuvor angeführten Bescheide erhoben. Als Adresse der "Berufungswerberin" scheint im Rubrum die Adresse der Bf. in Deutschland auf.

Als Beschwerdegründe wurden in allen drei Beschwerden einerseits die Mangelhaftigkeit des Verfahrens, da Sachverhaltsermittlungen dahingehend unterlassen worden seien, dass die Bf. ihren Hauptwohnsitz in Deutschland habe (nämlich in P*) und sich dort auch das KFZ der Marke Toyota RAV4 befinde, eingewandt. Andererseits wurde die unrichtige rechtliche Beurteilung angeführt. Die Bf. fahre lediglich ein- bis zweimal pro Monat nach Österreich, um Heu für ihre Pferde zu transportieren.

In der Beschwerde betreffend die Kraftfahrzeugsteuer wird weiters angeführt, dass die Kraftfahrzeugsteuer eine Steuer für die Freigabe des Steuergegenstandes für den Verkehr sei. Da die Bf. einer derartigen Steuer bereits in Deutschland unterliege und sie sich nur gelegentlich mit diesem KFZ in Österreich aufhalten würde, sei eine Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer nicht gerechtfertigt.

In der Beschwerde betreffend die Vorschreibung der NoVA wird ergänzend ausgeführt, dass § 82 Abs. 8 KFG 1967 hier nicht zur Anwendung komme, da die Bf. das gegenständliche KFZ nicht in das Bundesgebiet eingebracht habe oder in diesem verwendet habe. Es werde bestritten, dass Deutschland lediglich Büroräumlichkeiten seien. Die Bf. habe dort ihren Mittelpunkt der Lebensinteressen.

In der Beschwerde zur Umsatzsteuerfestsetzung wurde zusätzlich angeführt, dass Art. 1 Abs. 2 Z 1 UStG 1994 nicht zu tragen komme, da kein Gegenstand aus dem Gebiet eines Mitgliedsstaates in das Gebiet eines anderen Mietgliedstaates geliefert werde. Dies deshalb, weil der Hauptwohnsitz und auch der Lebensmittelpunkt der Bf. an der Adresse in Deutschland sei und auch das gegenständliche KFZ hauptsächlich am Hauptwohnsitz der Bf. verwendet werde. Nur gelegentlich reise die Bf. mit dem gegenständlichen KFZ nach Österreich ein.

Mit Beschwerdevorentscheidung betreffend Festsetzung von Umsatzsteuer für den Erwerb neuer Fahrzeuge (OZ 8) wurde die Beschwerde abgewiesen und ausgeführt, die Bf. hätte beim Kauf des neuen Fahrzeuges nicht mit der deutschen Adresse auftreten dürfen. Was die Feststellung des Mittelpunktes der Lebensinteressen betreffe, werde auf die Begründung der mit gleichem Datum ergangenen Beschwerdevorentscheidung betreffend Normverbrauchsabgabe sowie Kraftfahrzeugsteuer verwiesen.

In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung (OZ 7) betreffend die Bescheide über die Festsetzung von NoVA 4/2012 und Festsetzung von KFZ-Steuer für die Zeiträume 4-12/2012 wurde begründend ausgeführt, dass die Bf. im streitgegenständlichen Zeitraum das KFZ verwendet habe und über dieses frei verfügen konnte. Sie sei seit dem bis dato mit Nebenwohnsitz in A 48 /1, Ö, polizeilich gemeldet. Sie sei laut Grundbuchsauszug Eigentümerin der Liegenschaften EZ 0 (A 48) und 258 (A 56). Im Notariatsakt vom , mit welchem die oben angeführten Liegenschaften von Ihrer Mutter an sie übergeben worden seien, werde als ihr Wohnsitz eindeutig A 48, Ö angegeben. In A 48 sei Ihre Mutter seit mit Hauptwohnsitz gemeldet. Auf dieser Liegenschaft habe sie auch 5 eigene Pferde untergestellt, welche sie laut Aussage vor der Finanzpolizei zweimal am Tag füttere. In Deutschland stehe der Bf. in P* nach eigenen Angaben eine Wohnung zur Verfügung. Nach Angaben im Zuge einer Kontrolle der Finanzpolizei am stehe der Bf. und ihrem Bruder in dieser Wohnung lediglich je ein Kinderzimmer zur Verfügung. Darüber hinaus werde bei dieser Befragung angegeben, dass sie von Montag bis Donnerstag in P lebe und sie sich ab Donnerstag regelmäßig in A 48 aufhalte. Mit Schreiben vom vom Bürgerbüro P werde ausgewiesen, dass sie an dieser Adresse auch gemeldet sei. Im Zuge des Beschwerdeverfahrens werde eingewendet, dass der Mittelpunkt Ihrer Lebensinteressen in P liege und daher keine NOVA-Verpflichtung bzw. Kraftfahrzeugsteuerpflicht gegeben sei. Nach Auskunft des FA P, Herrn *X*, sei die Einrichtung der Räumlichkeiten in Deutschland eher spärlich ausgerichtet, hauptsächlich seien einige Telefone angeschlossen. Unter dieser Adresse seien keinesfalls Wohnmöglichkeiten vorhanden und diese Adresse könne daher nach seiner Ansicht keinen Hauptwohnsitz begründen. Im Zuge einer Nachschau im Jahr 2012 anlässlich der Gründung der *1* mit Standort in A 56, deren Beteiligte der Bruder der Bf. sowie deren Mutter zu je 50% seien, sei festgestellt worden, dass sich das Gebäude sich im Ausbau befinde. Die gewerbliche Fläche betrage dabei ca. 20m2, die Wohnfläche ca. 120m2. Eigentümerin der Liegenschaft sei - wie bereits oben erwähnt - die Bf.. Mit schriftlichem Auskunftsersuchen vom wurde die Bf. eingeladen, umfangreich Stellungnahme zu beziehen und entsprechende zweckdienliche Unterlagen vorzulegen. Für den Fall, dass die Ermittlungen ergeben, dass der Lebensmittelpunkt in Österreich liege, sei sie bereits vorsorglich eingeladen worden, allenfalls den Gegenbeweis für die dann geltende Standortvermutung in Österreich zu erbringen.

In Beantwortung dieses Auskunftsersuchens seien Fotos vorgelegt worden, wonach bewiesen wäre, dass in Deutschland sehr wohl eine Wohnung vorhanden sei. Der deutsche Finanzbeamte habe im Übrigen damals lediglich die betrieblichen Räumlichkeiten besichtigt. Über die privaten Wohnräumlichkeiten könne er demnach gar keine Aussagen tätigen. Es sei zwar richtig, dass die Bf. vor der Finanzpolizei am angab, dass die Pferde zweimal täglich gefüttert werden müssen. Es sei jedoch falsch, dass die Bf. angab, dass die Tiere von ihr selbst gefüttert werden. Vielmehr sei es so, dass die Tiere von sämtlichen Familienmitgliedern, Bekannten und darüber hinaus von drei Reitbegleitern gefüttert werden. Unwesentlich für den derzeitigen Lebensmittelpunkt sei die Adresse im Übergabevertrag vom Jahr 2011. Dies deshalb, da das streitgegenständliche KFZ erst im April 2012 gekauft wurde. Da habe sich der Lebensmittelpunkt bereits in Deutschland befunden. Es werde ausdrücklich bestritten, dass die Bf. gegenüber der Finanzpolizei angegeben habe, dass sie in P ihr Jugendzimmer bewohne. Die Quadratmeteranzahl könne nicht Auskunft darüber geben, wo und in welchem Land der Lebensmittelpunkt der Bf. liege. Die Bf. fahre im Jahr ca. 11.000 Kilometer mit dem streitgegenständlichen Fahrzeug. Nach Würdigung sämtlicher Umstände des Falles geht die Abgabenbehörde davon aus, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen tatsächlich in Österreich gelegen ist. Es wird zwar nicht in Abrede gestellt, dass in Deutschland eine Wohnmöglichkeit vorhanden sei. Im Hinblick auf die verwandtschaftlichen Beziehungen in A 48 zur Mutter und dem Bruder im Zusammenhalt mit der doch luxuriöseren Wohnmöglichkeit in Österreich (Einfamilienhaus und anschließende kleine Landwirtschaft) und der Tatsache, dass auch 5 eigene Pferde untergestellt sind, muss wohl davon ausgegangen werden, dass auch der Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich sei.

Für diese Annahme spreche auch die Tatsache, dass die Bf. in Österreich Eigentümerin des Anwesens ist und im Übergabevertrag vom Oktober 2011, also zeitnah zur Anschaffung des KFZ im April 2012, der österreichische Wohnsitz als Adresse angegeben wird. Die diesbezüglichen Gegenäußerungen in der Stellungnahme seien nicht nachvollziehbar. Der Grund für die Angabe des deutschen Wohnsitzes bei der Anschaffung des neuen KFZ liege wohl vielmehr darin, dass dadurch allenfalls Normverbrauchsabgabe "eingespart" werden könne. Auch bei Annahme, dass die Bf. nicht täglich die Pferde versorge, stelle diese Tätigkeit jedenfalls ein Hobby dar. Zusammenfassend müsse daher gesagt werden, dass Familie und Hobby sowie Eigentum in Österreich für die Feststellung des Mittelpunktes der Lebensinteressen stärker zu würdigen seien, als die Beschäftigung und fallweises Wohnen in Deutschland. Im Übrigen wurden außer der Wohnung in Deutschland keine weiteren Anknüpfungspunkte für das Vorliegen des Mittelpunktes der Lebensinteressen in Deutschland ins Treffen geführt.

Die in diesem Fall im Gesetz vorgesehene Möglichkeit der Widerlegung der Standortvermutung in Österreich wurde bis dato nicht wahrgenommen bzw. konnte ein derartiger Beweis nicht erbracht werden. Die diesbezüglichen Angaben in der Anfragebeantwortung vom Juli 2014 seien nach Auffassung der Abgabenbehörde nicht geeignet, die weitaus überwiegende Verwendung des Fahrzeuges im EU-Ausland nachzuweisen.

Die zuvor angeführten Beschwerdevorentscheidungen wurden der Bf. mit Schreiben vom mit Überschrift "Externe Kurzmitteilung/Begleitzettel" (OZ 9) adressiert an Frau Beschwerdeführerin, A 48/1, Ö erneut beiliegend übermittelt. Dies erfolgte aufgrund des hg. Beschluss vom , welcher die von der Bf. eingebrachten Vorlageanträge vom , mangels Vorliegen einer ordnungsgemäßen Zustellung der Beschwerdevorentscheidungen an den Vertreter der Bf., als nicht zulässig zurückgewiesen hat.

In dem Schreiben wird weiters mitgeteilt: "Da Sie der Aufforderung vom , mit welcher Ihnen erneut die Möglichkeit eingeräumt wurde, die geeigneten Nachweise für den Gegenbeweis zu erbringen, nicht nachgekommen sind, war an den in der BVE getroffenen Feststellungen festzuhalten."

Gegen die zuvor angeführten Beschwerdevorentscheidungen wurde ein fristgerechter Vorlageantrag durch den (neuen) Vertreter der Bf. erhoben. Die Beschwerden werden vollinhaltlich aufrechterhalten und wird ergänzend vorgebracht, dass zwischenzeitig Festsetzungs- und Einhebungsverjährung eingetreten sei.

Im Vorlagebericht vom wurde in der Stellungnahme ausgeführt, dass die Bf. der Aufforderung vom , mit welcher ihr erneut die Möglichkeit eingeräumt worden sei, geeigneten Nachweise für den Gegenbeweis zu erbringen, nicht nachgekommen sei, werde an den in der Beschwerdevorentscheidung getroffenen Feststellungen festgehalten und die Abweisung beantragt.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde der gegenständliche Akt mit Wirkung der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung übertragen.

Mit Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom wurde betreffend die Beschwerdevorentscheidungen, welche direkt an die Bf. zugestellt wurden, bei der Abgabenbehörde Rückfrage gehalten, warum zu diesem Zeitpunkt die Vertretungsvollmacht des damaligen Vertreters nicht mehr aufrecht war, da dies für das Bundesfinanzgericht aus den Systemen der Finanzverwaltung nicht nachvollzogen werden konnte. In Beantwortung des Schreibens wurde zusammengefasst mitgeteilt, dass die Vollmacht des Vertreters (Vertretungs- und Zustellvollmacht) storniert worden sei, da der Vertreter mitgeteilt habe, dass er seine Tätigkeit mit beendet habe. Beim Zentralen Melderegister habe der damalige Vertreter seit April 2019 keinen Hauptwohnsitz mehr in Österreich gemeldet. Er sei nach Bosnien und Herzegowina verzogen. Die Abgabenbehörde teilte dem Bundesfinanzgericht auch die Zeitpunkte der beiden Namensänderungen der Bf. während des Verfahrens mit.

Das Bundesfinanzgericht hat den bisherigen Verfahrensverlauf, die vorliegenden Beweise und Fragestellungen an die Zentralstelle für internationale Zusammenarbeit übermittelt und wurde von dieser im Zuge des Internationalen Informationsaustausch folgendes Auskunftsersuchen an das Finanzamt P übermittelt:

"[…] Unsere zuständige Finanzbehörde geht jedoch von einem Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich aus.

Dies wird wie folgt begründet:

In einem Notariatsakt über die Liegenschaft (EZ 0, A 48, Ö, AT) vom hat unsere Steuerpflichtige Eigentum (von Ihrer Mutter) erworben. In diesem Notariatsakt gibt unsere Steuerpflichtige eindeutig die Adresse "A 48, Ö, AT" als Ihren Wohnsitz an. Auf dieser Liegenschaft sind 5 Pferde untergestellt. Aus Aussagen der Steuerpflichtigen vor der österreichischen Finanzpolizei ist bekannt, dass diese Pferde zwei Mal am Tag gefüttert werden. Weiters wurde angegeben, dass die Steuerpflichtige von Montag bis Donnerstag in P lebe und sie sich ab Donnerstag in A 48, Ö, AT aufhalte. Laut vorliegenden Informationen konnte festgestellt werden, dass die Räumlichkeiten in P (Deutschland) nur spärlich eingerichtet sind. Unsere Steuerpflichtige gibt jedoch bekannt, dass sie dennoch in diesen Räumlichkeiten wohne. Nach Würdigung sämtlicher Umstände des Falles, geht unsere zuständige Finanzbehörde davon aus, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen tatsächlich in Österreich gelegen ist. Es wird zwar nicht in Abrede gestellt, dass in Deutschland (P) eine Wohnmöglichkeit vorhanden ist. Im Hinblick auf die verwandtschaftlichen Beziehungen zur Mutter und dem Bruder (in A 48, Ö, AT) und mit der doch luxuriöseren Wohnmöglichkeit in Österreich (Einfamilienhaus und anschließende kleine Landwirtschaft) und der Tatsache, dass auch fünf eigene Pferde untergestellt sind, muss wohl davon ausgegangen werden, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich ist. Für diese Annahme spricht auch die Tatsache, dass die Steuerpflichtige in Österreich Eigentümerin des Anwesens ist und im Übergabevertrag vom Oktober 2011, also zeitnah zur Anschaffung des KFZ im April 2012 der österreichische Wohnsitz (A 48, Ö, AT) als Adresse angegeben wird. Die diesbezüglichen Gegenäußerungen der Steuerpflichtigen sind nicht nachvollziehbar. Daher vermutet die zuständige österreichische Finanzbehörde, dass der Grund für die Angabe des deutschen Wohnsitzes bei der Anschaffung des neuen KFZ vielmehr darin liegt, dass dadurch die Normverbrauchsabgabe "eingespart" werden konnte. Der Fall liegt derzeit bei unserem zuständigen Bundesfinanzgericht. Laut österreichischem Recht ist folgend zu beachten:

Für die Beurteilung der Frage, an welchem Ort (in welchem Staat) der Steuerpflichtige die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat, ist auf das Gesamtbild der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abzustellen, wobei das Überwiegen der Beziehungen zum einen oder anderen Staat den Ausschlag gibt. Von Bedeutung sind dabei familiäre Bindungen sowie Betätigungen gesellschaftlicher, religiöser und kultureller Art und andere Betätigungen zur Entfaltung persönlicher Interessen und, aber auch Verbindungen zu Sachgesamtheiten, wie Privatsammlungen, und die Mitgliedschaft in Vereinen und andere soziale Engagements. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen ist durch eine zusammenfassende Wertung aller Umstände zu ermitteln. Entscheidend ist letztlich, welcher Vertragsstaat für die Person der bedeutungsvollere ist. Um eine korrekte Beurteilung des Mittelpunktes der Lebensinteressen unserer Steuerpflichtigen durchführen zu können, bitten wir Sie um folgende Informationen:

1) Ist unsere Steuerpflichtige in Deutschland veranlagt bzw. steuerlich registriert? Wenn ja, ist sie beschränkt oderunbeschränkt steuerpflichtig?

2) Wenn unsere Steuerpflichtige bei Ihnen steuerlich veranlagt ist, an welche Adresse übermitteln Sie IhreSteuerbescheide? (Zustelladresse)

3) Im Zusammenhang mit der besonderen behördlichen Ermittlung gemäß Artikel 7 (4) VO 904/2010/ EUR, bitten wir Sie, zu ermitteln, um welche Art Räumlichkeiten es sich an der von der Steuerpflichtigen angegebenen Adresse Deutschland, P, DE handelt (Büroräumlichkeiten oder Wohnmöglichkeit oder beides?).

4) Wohnt(e) die Steuerpflichtige allein in der Wohnung?

5) Sind andere Personen an der angegebenen Adresse gemeldet?

6) Wurde beziehungsweise kann die Wohnung gleichzeitig als Büro genutzt werden?

7) Ist Ihnen bekannt, ob unsere Steuerpflichtige einen Lebensgefährten, Kinder oder sonstige nahe Angehörige in Deutschland hat?

8) Gibt es andere Anhaltspunkte, die auf den Lebensmittelpunkt der Steuerpflichtigen in Deutschland schließen lassen würden (Beispielsweise Unterlagen von Vereinen oder Ähnlichem)?

9) Unseren Informationen zur Folge, war die Steuerpflichtige als Fahrschullehrerin in DE tätig. Können Sie diese Information bestätigen? Wenn ja, wo war der Arbeitsplatz. Bitte um Bekanntgabe der Adresse des Arbeitgebers, Lohnzettel und wie viele Stunden unsere Steuerpflichtige dort beschäftigt war.

10) Sind weitere Arbeitgeber in DE bekannt? (Adresse Arbeitgeber, Lohnzettel, Stundenausmaß)

Unsere österreichischen Finanzbehörden haben alle innerstaatlichen Maßnahmen ausgeschöpft und bitten daher höflichst um oben angemerkte Informationen."

Mit E-Mail vom wurde die von der Zentralstelle internationale Zusammenarbeit die Beantwortung samt 2 Anlagen an die Richterin übermittelt (wobei angemerkt wird, dass die Aufzählungspunkte nicht exakt mit den Aufzählungspunken der übermittelten Fragen übereinstimmen):

"1) Die Steuerpflichtige Beschwerdeführerin ist beim Finanzamt P seit 2012 steuerlich unter wechselnden Steuernummern erfasst. Seit dem Veranlagungszeitraum 2012 werden Steuererklärungen mitunbeschränkter Steuerpflicht abgegeben bzw. Bescheide mit unbeschränkter Steuerpflicht erlassen. Der älteste Bescheid, der Einkommensteuerbescheid 2012, wurde am erlassen.

2) Der dem fraglichen Zeitraum am nächsten gelegene Einkommensteuerbescheid 2012 wurde an den Steuerberater als Empfangsbevollmächtigten gesandt. Inhaltsadressatin war Frau Bf., damals B, in P*.

3) Die Räumlichkeiten befinden sich im Eigentum eines fremden Dritten. Mittlerweile ist Frau Bf. im **Adressse** gemeldet. Eine Ermittlung vor Ort war mangels Rechtsgrundlage nicht möglich. Im Grundbuch handelt es sich bei der Adresse P* um ein Grundstück mit Forstflächen, Grünland und Wohnbaufläche. Aufgrund der Tatsache, dass zwei der drei Arbeitgeber von Frau Bf. aus 2012 an ebendieser Adresse gemeldet sind, ist davon auszugehen, dass im fraglichen Zeitraum die Räumlichkeiten sowohl zu Wohn- als auch zu Gewerbezwecken genutzt wurde.

4) Die tatsächlichen Wohnverhältnisse aus 2012 waren nicht mehr zu ermitteln.

5) An der Adresse P* waren im Jahr 2012 lauf Auskunft der Stadt P neben Frau Bf* auch die Mutter Frau Z und der Bruder Herr M gemeldet.

6) Unter der Adresse Deutschland sind auch Unternehmen ansässig. Es wird von einer Nutzung des Grundstücks zu Wohn- und Gewerbezwecken ausgegangen. Eine genaue Abgrenzung wie die Räumlichkeiten in 2012 genutzt wurden, ist nicht mehr möglich.

7) Die Steuerpflichtige hatte im Jahr 2012 keine Kinder oder Ehepartner. Als nahe Angehörige sind nur die Mutter und der Bruder unter der selben Adresse bekannt.

8) Unterlagen die für das Jahr 2012 auf einen Lebensmittelpunkt in Deutschland schließen lassen, liegen nicht (mehr) vor.

9) Laut den Lohnsteuerbescheinigungen 2012 war Frau Bf* ab für die Fahrschule Y in P tätig. Zwischen dem 1.1. und 30.5. war der Sitz des Arbeitgebers in Deutschland gemeldet.

10) Für das fragliche Jahr 2012 war Sie bei insgesamt drei Arbeitgebern angestellt. Ein Scan der Aufstellung liegt als Anlage bei."

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Das (neue) Fahrzeug Toyota RAV4, mit dem polizeilichen Kennzeichen 000, wurde mit von der Bf. erworben und mit selbigen Tag in Betrieb genommen. Es handelt sich um das Privatauto der Bf.

Die Bf. ist seit in P* gemeldet. Die Mutter und der Bruder waren im gegenständlichen Jahr ebendort gemeldet.

Die Bf. ist deutsche Staatsbürgerin und seit in A 48/1 in Ö nebenwohnsitzlich gemeldet. Als Unterkunftgeberin scheint ihre Mutter auf.

Die Bf. arbeitet im gegenständlichen Jahr bei 3 Arbeitgebern in Deutschland. Von bis war die Bf. bei der Fahrschule Y mit Adresse in P, von 1.1. bis bei Fr. Z mit Adresse in P und von 1.3. bis bei der ***1*** ebenfalls mit Sitz in P und tätig.

Die Bf. hat zumindest monatliche Fahrten von Deutschland nach Österreich und retour mit dem gegenständlichen Fahrzeug im Jahr 2012 unternommen.

Die engeren persönlichen Beziehungen hatte die Bf. im Beschwerdezeitraum zu Deutschland.

2. Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus den von der Abgabenbehörde vorgelegten angeführten elektronischen Verwaltungsakten, den Abfragen des Bundesfinanzgerichtes im Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung, im Internet (googlemaps.at) und dem internationalen Informationsaustausch mit dem Finanzamt P.

Informativ wird mitgeteilt, dass die vom Bundesfinanzgericht angeführten Ordnungsziffern (=OZ) den Ordnungsziffern im Vorlagebericht vom entsprechen. Diese werden im gegenständlichen Erkenntnis zur besseren Nachvollziehbarkeit des in den Schriftsätzen der Parteien Vorgebrachten und vorgelegten Schriftstücke - insbesondere der Beweiswürdigung - in Klammen angeführt.

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO haben die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

In der Beschwerde beiliegenden Meldebestätigung der Stadt P (OZ 28) wird als "einzige Wohnung" Deutschland P seit angeführt. Aus den Beilagen in der Beantwortung des Auskunftsersuchens über den internationalen Informationsaustausch mit dem Finanzamt P ist ersichtlich, dass der Bruder und die Mutter im gegenständlichen Beschwerdezeitraum an selbiger Adresse in P gemeldet waren.

Die Bf. hatte keine Kinder oder Ehepartner im streitgegenständlichen Jahr. Sämtliche Arbeitgeber der Bf. im Jahr 2012 befanden sich in P (siehe Beantwortung des internationalen Informationsaustauschs mit dem Finanzamt P).

Die Abgabenbehörde führt in den Beschwerdevorentscheidungen zur NoVA und KFZ-Steuer - sowie in der Beschwerdevorentscheidung betreffend Umsatzsteuer verweisend auf diese - aus: "Im Hinblick auf die verwandtschaftlichen Beziehungen mit der Mutter und dem Bruder in A 48 zu Mutter und dem Bruder imZusammenhalt mit der doch luxuriöseren Wohnmöglichkeit in Österreich (Einfamilienhaus und anschließende kleine Landwirtschaft) und der Tatsache, dass auch 5 eigene Pferde untergestellt sind, muss wohl davon ausgegangen werden, dass auch der Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich ist. Für diese Annahme spricht auch die Tatsache, dass die Bf. in Österreich Eigentümerin des Anwesens ist und im Übergabevertrag vom Oktober 2011 also zeitnah zur Anschaffung des KFZ im April 2012 der österreichische Wohnsitz als Adresse angegeben wird.

Auch wenn man annimmt, dass die Bf. nicht täglich die Pferde versorgt, so stellt diese Tätigkeit jedenfalls ein Hobby dar. Zusammenfassend muss daher gesagt werden, dass Familie und Hobby sowie Eigentum in Österreich für die Feststellung des Mittelpunktes der Lebensinteressen stärker zu würdigen sind, als die Beschäftigung und fallweises Wohnen in Deutschland.

Im Übrigen wurden außer der Wohnung in Deutschland keine weiteren Anknüpfungspunkte für das Vorliegen des Mittelpunktes der Lebensinteressen in Deutschland ins Treffen geführt."

Diese Beweiswürdigung der Abgabenbehörde kann vom Bundesfinanzgericht nicht nachvollzogen werden.

Laut dem vorliegenden Grundrissplan (OZ 13) hat das Haus in A 48 ein Kellergeschoss (bestehend aus Keller, Tankraum, Heizraum, Waschen und zwei weitere Keller - mit Wäscheabwurf), ein Erdgeschoss mit folgenden Zimmern: Wohnzimmer, Essen-Kochen, Diele, Wintergarten, Büro [Wohnfläche Bestand: 76,8 m2 und dem Zubau: Wohnfläche neu 15,1m2] und das Obergeschloss mit gesamt 92,8m2 inkl. Zubau [Schlafen, Zimmer, Bad, Büro, Abstellraum, und ein weiteren kleineres Zimmer]. Die m2 des Kellergeschoßes sind auf den übermittelten Unterlagen abgeschnitten, die teilweise lesbaren m2-Angaben ergeben gesamt 56,3m2 und Keller neu 21 m2.

Für das Bundesfinanzgericht kann aufgrund der vorliegenden Beweise und Unterlagen nicht ausgeschlossen werden, dass die Bf. ihren Hauptwohnsitz in der Wohnung in Deutschland hat. Insbesondere die Lichtbildvorlage der Stellungnahme (OZ 31) dokumentiert, dass dort eine Wohnung mit Schlafzimmer, Küche, Bad etc. vorhanden ist. Das Ergebnis der Nachschau (OZ 22) in welchem ausgeführt wird: "Erhebungen beim FA P haben ergeben, dass sich unter der Adresse in Deutschland nur Büro befinden und keine Wohnungen" kann nicht nachvollzogen werden.

Eine weitere Dokumentation ist nicht vorhanden. Insbesondere führt die Bf. in der Stellungnahme (OZ 34) glaubwürdig aus, dass die Wohnmöglichkeiten dem Finanzamt P nicht gezeigt wurden, da diese nur Interesse an den Büroräumlichkeiten gehabt hätten.

In der Beantwortung des Internationalen Auskunftsersuchen wird ebenfalls unter Punkt 3) ausgeführt, dass betreffend die sich im Eigentum eines fremden Dritten befindlichen Räumlichkeiten im gegenständlichen Zeitraum davon auszugehen ist, dass die Räumlichkeiten sowohl zu Wohn- als auch zu Gewerbezwecken genutzt wurden. Eine genaue Abgrenzung wie die Räumlichkeiten in 2012 genutzt wurden, sei nicht mehr möglich. Ausgehend von den Angaben, dass die Größe der Wohnung in P 150m2 beträgt, ist es jedenfalls denkmöglich und glaubwürdig, dass sich Büro- und Wohnmöglichkeiten darin befinden und somit sich auch der Hauptwohnsitz der Bf. dort befindet. Ein Kontoauszug über die Kommunalgebühren sowie die Miete für Februar 2014 der Bf. liegt ebenfalls vor (siehe OZ 34).

Dass die Abgabenbehörde vermeint, dass aus dem Notariatsakt vom (OZ 12) und (OZ 13), in welchem die Bf. die Adresse in Österreich angibt, abzuleiten ist, dass diese ihren Hauptwohnsitz an selbiger hat, ist zu entgegnen, dass aus dem Vertrag nicht ersichtlich ist, ob es sich um die Adresse des Hauptwohnsitzes oder Nebenwohnsitzes (den die Bf. durchgehend an dieser Adresse gemeldet hat) handelt.

Laut § 79 Abs. 5 Notariatsordnung ist die Anschrift der Partei nach deren Angaben beizufügen. Der Notar hat die Richtigkeit dieser Angaben nicht zu prüfen (Gruber/Haiden-Fill in Zib/Umfahrer, NO § 79 (Stand , rdb.at) RZ 47). Die Angaben der Bf. hinsichtlich der inländischen Adresse auf den Notariatsakten im Jahr 2011 können nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes auch aufgrund der in der Notariatsordnung für Ausland bestimmten Urkunden erforderlichen Form- Erklärungs- und Prüfpflichten erfolgt sein. Für das Gericht kann daraus daher kein Schluss über den Hauptwohnsitz in Österreich gezogen werden.

Als nahe Angehörigen sind laut Beantwortung des Internationalen Auskunftsersuchen nur der Bruder und die Mutter unter derselben (deutschen) Adresse bekannt. Der Hauptwohnsitz der Mutter ist laut Abfrage des Zentralen Melderegister seit an der Adresse in Österreich, an dem die Bf. den Nebenwohnsitz gemeldet hat, registriert.

Aus dem Vorbringen der Bf. und Beweismitteln ergibt sich, dass die Bf. wie in den Beschwerden vorgebracht ein- bis zweimal pro Monat von Deutschland nach Österreich und wieder retour fährt.

Auf der Liegenschaft A 56 sei laut Aktenvermerk betreffend die Nachschau im Zuge der Firmengründung des Bruders und der Mutter vom (OZ 16) das Fahrzeug der Bf. (einmalig) gesichtet werden. Es werde an dieser Adresse astrologische Beratung über Internet sowie über Telefon angeboten. Das Gebäude sei derzeit im Ausbau - die gewerblich genutzte Fläche betrage ca. 20 m2, wobei die Gesamtfläche der Wohnung ca. 120 m2 betrage. Das gegenständliche Fahrzeug wurde auf der Liegenschaft A 56 (welches laut handschriftlichen Vermerk auf der Eingabe auf den Bruder umgemeldet wurde) gesichtet.

Unter Berücksichtigung, dass die Bf. selbst angibt monatlich nach Österreich zu fahren, erscheint es nicht ungewöhnlich, dass das Fahrzeug dort am gesichtet wurde. Weitere Sichtungen liegen dem Bundesfinanzgericht nicht vor.

Eine einmalige Sichtung am (Zweit)wohnsitz bzw. auf dem sich in ihrem Eigentum befindlichen Grundstück allein, kann keinen Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich begründen.

Dieser ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Bf. angab, dass sie Pferde in Österreich hat, die zweimal am Tag gefüttert werden müssen. Vor allem nicht wenn die Bf. vorbringt (OZ 34), dass die Pferde von anderen Personen (Reitbegleitern, Bekannten, Familienmitgliedern) gefüttert werden und keine Erhebungen über die tatsächliche Haltung und Betreuung der Tiere und somit der Notwendigkeit des vor Ort seins der Bf. in Österreich vorliegen.

Hinsichtlich der gegebenen geografischen Lage der Wohnsitze der Bf. ist auszuführen, dass die Distanz zwischen dem Ort in Österreich, welcher laut Finanzamt den Hauptwohnsitz der Bf. darstellt und dem Wohnsitz in Deutschland (F) lediglich 10 Kilometer beträgt. Die Distanz zwischen dem "österreichischem Wohnsitz" und deutscher Grenze betragen geschätzt 2 Kilometer. Dies ergibt sich aus der Abfrage des Bundesfinanzgerichtes im Routenplaner www.googlemaps.at.

Weitere persönliche Beziehungen liegen laut Aktenlage nicht vor. Die Mutter der Bf. ist an der Liegenschaft A 48 hauptwohnsitzlich erst seit gemeldet. Betreffend den Bruder wird auf die Sachverhaltsfeststellungen des hg. Beschluss zu GZ RV/5100827/2016 vom verwiesen.

In diesem wurde festgestellt, dass der Bruder der Bf., welcher deutscher Staatsbürger ist, seit im Zentralen Melderegister einen Nebenwohnsitz in A- A 48, Ö, angemeldet hat. Unterkunftgeberin ist seine Mutter. Gleichzeitig betreibt er an der Adresse D-P*, in einer Wohnung eine Firma, welche astrologische Vorhersagen und Telefonsex zum Betriebsgegenstand hat. Die Wohnung verfügt über etwa 150 m2. Aus einem amtlichen Ausdruck aus dem Registerblatt des Amtsgerichtes P (HRB abgerufen am ) ergibt sich, dass mit Gesellschaftsvertrag vom die Firma * (haftungsbeschränkt) mit der Geschäftsanschrift D-P* gegründet wurde. Geschäftsführer dieser Gesellschaft sind der Bf. und seine Mutter. Als Tag der letzten Eintragung wird der angegeben. Der Ausdruck wurde am in P erstellt. Steuerlich war der Bf. im Beschwerdezeitraum in Deutschland beschränkt steuerpflichtig, hat allerdings einen Antrag gem. § 1 Abs.3 deutsches Einkommensteuergesetz auf unbeschränkte Steuerpflicht gestellt. Die im Akt aufliegenden deutschen Einkommensteuerbescheide des Bf. für 2011 und 2012 wurden an eine deutsche Steuerberatungskanzlei mit Sitz in P zugestellt. […]

Weiters wird von der Abgabenbehörde in der Stellungnahme vorgebracht, dass die von der Bf. behauptet, die Bescheide nicht erhalten zu haben, da sich ihr Wohnsitz in Deutschland befinde. Die Bescheide wurden von der Abgabenbehörde am an die deutsche Adresse der Bf. versendet.

Aus dem Aktenvermerk des Finanzamtes vom (OZ 13) hat der Bruder in seiner Vorsprache unter anderem mitgeteilt, dass die Bf. ihren Hauptwohnsitz in Deutschland habe. Ihre Pferde habe sie in Österreich eingestellt.

In einer Gesamtabwägung aller Umstände kommt das Bundesfinanzgericht zum Schluss, dass im Beschwerdezeitraum sowohl ein persönliches als auch ein wirtschaftliches Naheverhältnis zu Deutschland vorliegt.

Im Aktenvermerk der Finanzpolizei vom (OZ 27) gibt sowohl der Bruder als auch die Bf. an, dass sie ca. von Mo. bis Do. in Deutschland an der Adresse leben und sich ab Donnerstagabend an der Adresse in Österreich aufhalten.

Es ergibt sich, aus den vorliegenden Beweismitteln sowohl ein zeitliches sowie auch kilometermäßiges Überwiegen der Verwendung des KFZ in Deutschland.

Es spricht nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes eine überragende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Bf. im Beschwerdezeitraum das Fahrzeug ständig mindestens einmal monatlich entweder zB für berufliche Zwecke, für Behördenwege, für die Inanspruchnahme von Dienstleistungen oder um Heu für ihre Pferde zu transportieren, über die Grenze verbracht hat.

Im Rahmen der freien Beweiswürdigung erachtet es das Gericht daher als erwiesen, dass im Beschwerdezeitraum keine durchgehende monatliche Verwendung in Österreich stattgefunden hat.

Die Frage, ob die in § 82 Abs. 8 KFG 1967 eingeräumte einmonatige Verwendung im Inland ein einziges Mal überschritten wurde oder nicht, ist im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu beurteilen.

In freier Beweiswürdigung kommt das Bundesfinanzgericht zum Ergebnis, dass das gegenständliche Fahrzeug zumindest monatlich nach Deutschland verbracht wurde. Dies wird von der Abgabenbehörde nicht in Frage gestellt.

Dass es sich um das Privatauto der Bf. handelt, ergibt sich aus dem Schreiben der Fam. B vom (OZ 20).

Unstrittig ist, dass es sich um ein Neufahrzeug (zu den Voraussetzungen für das Vorliegen eines Neufahrzeuges siehe rechtliche Beurteilung) handelt. Konkrete diesbezügliche Unterlagen mit Kilometerständen liegen nicht vor. Aus dem Bericht über das Ergebnis der Nachschau (OZ 22) wird vom Prüforgan lediglich festgehalten: "Das Fahrzeug wurde als Neufahrzeug erworben." Aus der Urkundenvorlage vom (OZ 34), wurde laut Schreiben vom (OZ 34) lediglich der damals aktuelle Tachostand (22802 km) abfotografiert. Der Erwerb und die Inbetriebnahme waren am , somit rund über 2 Jahre zuvor. Aus den Vorbringen in der Stellungnahme (OZ 34) wonach die Bf. 11.000 km pro Jahr fahre lässt sich im Zusammenhang mit den Tachostand und dem Kaufdatum schließen, dass sich um ein Neufahrzeug handelt. Zu den rechtlichen Voraussetzungen für das Vorliegen eines Neufahrzeuges siehe unten in der rechtlichen Beurteilung.

Das Bundesfinanzgericht hat dabei gemäß § 167 Abs. 2 BAO unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens in freier Überzeugung eine Tatsache als erwiesen oder nicht erwiesen anzunehmen. Dabei genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen zu erachten, die gegenüber allen anderen eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat (/0123).

Das Bundesfinanzgericht ist nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung zu den oben angeführten Feststellungen gelangt und hat jene Möglichkeit als erwiesen angenommen, die alle anderen Möglichkeiten wahrscheinlich ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen ließ.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Allgemeines:

Zunächst ist festzuhalten, dass das Finanzamt Österreich gem. 323b Abs 1 BAO an die Stelle der angefochtenen Bescheide erlasssenden Finanzamtes Braunau Ried Schärding getreten ist.

In allen drei Beschwerden wurde die Mangelhaftigkeit des Verfahrens als Beschwerdegrund genannt wird. Entsprechende Ausführungen einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens wurden nicht genannt. Begründungsmängel im Abgabenverfahren können im Rechtsmittelverfahren saniert werden (zB ; , 2001/13/0281, 0282; , Ra 2020/13/0056). Eine fehlende (mangelhafte) Begründung hindert nicht den Eintritt der Rechtskraft ( ). Beschwerdevorentscheidungen haben Vorhaltscharakter. Es wurden lediglich Ausführungen in der Beschwerde getätigt, die im Ergebnis in allen drei Beschwerden zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes wurde der Bf. ausreichend Gehör eingeräumt und liegt eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens nicht vor.

Eine Festsetzungs- und Einhebungsverjährung - wie vom Vertreter der Bf. im Vorlageantrag eingewandt - liegt bei den gegenständlichen Bescheiden für die Zeiträume im Jahr 2012 vom bzw. nicht vor.

Die Bemessungsverjährung (Festsetzungsverjährung) befristet das Recht, eine Abgabe festzusetzen. Der im § 238 geregelten Einhebungsverjährung unterliegt das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen.

Nach § 207 Abs 1 BAO unterliegt das Recht eine Abgabe festzusetzen der Verjährung. Gemäß Abs 2 leg.cit. beträgt die Verjährungsfrist bei den Verbrauchsteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre.

Gemäß § 208 Abs 1 lit. a BAO beginnt die Verjährung in den Fällen des § 207 Abs 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, soweit nicht im Abs 2 ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird.

Die Verjährungsfrist beträgt nach § 207 BAO 5 Jahre. Die verkürzte Verjährungsfrist für Verbrauchsteuern von drei Jahre gilt nicht für die gegenständlichen Bescheide welche Umsatzsteuer, NoVA und KFZ-Steuer betreffen (siehe Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), § 207, III. Verjährungsfrist [Rz 11].

Einer Abgabenfestsetzung die in einer Beschwerdevorentscheidung oder in einem Erkenntnis zu erfolgen hat, steht gem. § 209a BAO der Eintritt der Verjährung nicht entgegen. Weitere Ausführungen zur Einhebungsverjährung und das Recht eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, (Verjährung gemäß § 238 BAO binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe. § 209) erübrigen sich aufgrund nachstehender Ausführungen:

Gesetzliche Grundlagen und Würdigung:

3.1.1. Umsatzsteuer für den Erwerb neuer Fahrzeuge

  • Es ist zu prüfen, ob der Tatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbes (kurz ig Erwerb) eines Neufahrzeuges gemäß Art. 1 Abs. 7 UStG 1994 (Binnenmarktregelung, BMR) in der für den gegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung (BGBl. I Nr. 76/2011) verwirklicht wurde.

  • Gemäß Art. 1 Abs. 7 UStG 1994 ist der Erwerb eines neuen Fahrzeuges durch einen Erwerber,

  • der nicht zu den in Abs. 2 Z 2 UStG 1994 genannten Personen gehört, unter den Voraussetzungen des Abs. 2 Z 1 UStG 1994 ein ig Erwerb.

  • Die Bf. fällt nicht unter den Personenkreis des Art. 1 Abs. 2 Z 2 UStG 1994. Sie ist keine

  • Unternehmerin, die den Gegenstand für ihr Unternehmen erwirbt oder eine juristische Person,

  • die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwirbt.

  • Gemäß Art. 1 Abs. 9 Z. 1 UStG 1994 gilt ein Fahrzeug als neu, wenn die erste Inbetriebnahme im Zeitpunkt des Erwerbs nicht mehr als drei Monate zurückliegt. Für motorbetriebene Landfahrzeuge nach Abs. 8 Z. 1 beträgt der Zeitraum sechs Monate. Dasselbe gilt, wenn das Landfahrzeug nicht mehr als 6 000 Kilometer zurückgelegt hat.

  • Gemäß Art. 19 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 ist Steuerschuldner in den Fällen des Art. 1 der Erwerber.

  • Es ist die Frage zu klären, ob die Bf. als private Erwerberin einen ig Erwerb zu verantworten hat, dies mit der Konsequenz, Erwerbsteuer im Rahmen der Fahrzeugeinzelbesteuerung entrichten zu müssen (Art. 20 Abs. 2 und Art. 21 Abs. 2 UStG-BMR).

  • Zu prüfen bleibt, ob die Voraussetzungen des Art 1 Abs 2 Z 1 UStG 1994 für den ig Erwerb vorliegen.

  • Gemäß Art. 3 Abs. 8 UStG 1994 wird der ig Erwerb in dem Gebiet

  • des Mitgliedstaates bewirkt, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder

  • Versendung befindet.

  • Nach dem Konzept der Binnenmarkt-Richtlinie unterliegt der ig Erwerb neuer Fahrzeuge stets der Besteuerung im Bestimmungsland, ungeachtet, ob der Erwerb durch Nichtunternehmer oder Unternehmer erfolgt ist.

  • Voraussetzung für die Besteuerung des ig Erwerbs neuer Fahrzeuge ist, wie sich aus dem Verweis in Art 1 Abs 7 auf Art 1 Abs 2 Z 1 UStG 1994 ergibt, das Überschreiten der Binnengrenzen der neuen Fahrzeuge bei einer Lieferung an den Abnehmer (Erwerber). Der Erwerb setzt somit neben der Übertragung der Verfügungsmacht voraus, dass das neue Fahrzeug durch den Lieferer oder Erwerber aus einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat verbracht wird.

  • Grundsätzlich wurde das Fahrzeug von der Bf. aufgrund der monatlichen Fahrten spätestens im Monat nach dem Erwerb in Deutschland nach Österreich verbracht und in der Folge für die regelmäßigen Fahrten zu den Pferden, welche in Österreich untergestellt waren, verwendet.

Es ist zu prüfen, in welchem Mitgliedstaat der Endverbrauch stattgefunden hat.

  • Um die Frage zu klären, ob sich das Fahrzeug am Ende der Beförderung in Österreich oder aber in Deutschland befunden hat, ist auf die vom EuGH in seinem Urteil vom , "X", C-84/09, getätigten Ausführungen zum Ort des igE einzugehen.

  • Demnach soll es der Steuertatbestand des igE von Gegenständen - so die Entscheidung - ermöglichen, die Umsatzsteuereinnahmen auf den Mitgliedstaat zu verlagern, in welchem der Endverbrauch der gelieferten Gegenstände erfolgt (Rn 22 des Urteils C-84/09). Bei neuen Fahrzeugen will der Unionsgesetzgeber insbesondere im Hinblick auf deren leichte Transportierbarkeit (und auf deren Wert) auch den Erwerb durch Privatpersonen besteuert wissen (Rn 24). Die Beurteilung, in welchem Mitgliedstaat der Endverbrauch eines Fahrzeugs (und damit der ig Erwerb) stattfindet, hat auf einer umfassenden Abwägung aller objektiven, tatsächlichen Umstände zu beruhen.

  • Für die Beurteilung, in welchem Mitgliedstaat der Endverbrauch eines Fahrzeuges (und damit der ig Erwerb) stattfindet, müssen alle objektiven tatsächlichen Umstände im Zeitpunkt der Lieferung umfassend abgewogen werden ( X, C-84/09, Rn 44).

  • Der VwGH hat - in Entsprechung dieser unionsrechtlichen Judikatur - zu den zu prüfenden im Rahmen des Gesamtbildes der Verhältnisse objektiven Umständen ausgeführt (; ), dass zu diesen zu berücksichtigenden Umständen u.a. der Ort der gewöhnlichen Verwendung des Gegenstandes, seine Registrierung, der Wohnort des Erwerbers sowie das Bestehen oder Fehlen von Verbindungen des Erwerbers zu einzelnen Mitgliedstaaten gehören (siehe X, C-84/09, Rn 45). Es ist anhand objektiver Umstände im Zeitpunkt der Lieferung festzustellen, in welchem Mitgliedstaat die endgültige und dauerhafte Verwendung eines Fahrzeugs stattfinden wird.

  • Der Wohnsitz der Bf. im Zeitpunkt des Erwerbes des Fahrzeugs und dessen (persönliche) Verbindungen in den Mitgliedstaaten (Mittelpunkt der Lebensinteressen) zählen. Auch auf die tatsächliche Nutzung des Fahrzeugs in den Jahren nach dem Erwerb wird - so der VwGH darin weiter - als Indiz für die beim Erwerb vorgelegene Verwendungsabsicht heranzuziehen sein.

  • Die Beurteilung der Frage, in welchem Staat ein Steuerpflichtiger den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen hat, ist im Rahmen einer einzelfallbezogenen Gesamtabwägung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zu ermitteln ( mwN; , Ra 2016/15/0057) und hängt damit entscheidend von den Umständen des Einzelfalles ab. Wirtschaftliche Bindungen gehen vor allem von örtlich

  • gebundenen Tätigkeiten und von Vermögensgegenständen in Form von Einnahmequellen aus. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen ist durch eine zusammenfassende Wertung aller Umstände zu ermitteln. Entscheidend ist letztlich, welcher Vertragsstaat für die Person der bedeutungsvollere ist (vgl. ; , Ra 2016/15/0057, mwN). Für die Beurteilung der Frage, an welchem Ort (in welchem Staat) der Steuerpflichtige

  • die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat, ist auf das Gesamtbild der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abzustellen, wobei das Überwiegen der Beziehungen zum einen oder anderen Staat den Ausschlag gibt (). Schließlich ist bei der Ermittlung des Mittelpunktes der Lebensinteressen regelmäßig nicht auf die Verhältnisse eines Jahres, sondern auf einen längeren Beobachtungszeitraum abzustellen ().

In Anwendung der Judikatur auf den gegenständlichen Fall bedeutet dies Folgendes:

Bei der Abwägung dieser angeführten Kriterien ist festzuhalten, dass sich der Wohnsitz und Mittelpunkt der Lebensinteressen der Bf. - wie aus der Beweiswürdigung ersichtlich - in Deutschland befand. Laut Aktenlage ergibt sich eine engere persönliche sowie auch wirtschaftliche Verbindung zu Deutschland.

Für das Bundesfinanzgericht besteht kein Zweifel, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Bf. im maßgeblichen Zeitraum des Endverbrauchs des Fahrzeugs in Deutschland lag.

Im gegenständlichen Fall lassen die objektive Umstände - wie aus der in der Beweiswürdigung angeführten Punkten ersichtlich - erkennen, dass im Zeitpunkt des Erwerbes die endgültige und dauerhafte Verwendung des in Deutschland registrierten Fahrzeugs (der Endverbrauch) nicht in Österreich stattfand.

Der Bescheid war daher spruchgemäß aufzuheben.

3.2.1NoVA und KFZ-Steuer

Gemäß § 1 Z 3 NoVAG 1991 idF BGBl. Nr. I 34/2010 unterlag im hier gegenständlichen Zeitraum der Normverbrauchsabgabe die erstmalige Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr im Inland, sofern die Steuerpflicht nicht bereits nach Z. 1 oder Z. 2 eingetreten ist oder nach Eintreten der Steuerpflicht eine Vergütung nach § 12 oder § 12a NovAG 1991 erfolgt ist. Als erstmalige Zulassung galt auch die Zulassung eines Fahrzeuges, das bereits im Inland zugelassen war, aber nicht der Normverbrauchsabgabe unterlag oder befreit war sowie die Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, ausgenommen es wird ein Nachweis über die Entrichtung der Normverbrauchsabgabe erbracht.

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992 unterliegen der Kraftfahrzeugsteuer Kraftfahrzeuge, die auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland ohne kraftfahrrechtlich erforderliche Zulassung verwendet werden (widerrechtliche Verwendung).

Gemäß § 4 Z 3 NoVAG 1991 ist Abgabenschuldner im Falle der Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre (§ 1 Z. 3 NoVAG 1991), der Zulassungsbesitzer und derjenige, der das Fahrzeug verwendet, als Gesamtschuldner (§ 6 Abs. 1 BAO).

Gemäß § 36 KFG 1967 dürfen Kraftfahrzeuge unbeschadet der Bestimmungen des § 82 KFG 1967 über die Verwendung von Kraftfahrzeugen mit ausländischem Kennzeichen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur verwendet werden, wenn sie zum Verkehr [Anm.: im Inland] zugelassen sind (§§ 37 bis 39) oder mit ihnen bewilligte Probe- oder Überstellungsfahrten (§§ 45 und 46) durchgeführt werden und sie weitere [hier nicht relevante] Voraussetzungen erfüllen.

Gemäß § 79 KFG 1967 ist das Verwenden von Kraftfahrzeugen und Anhängern mit ausländischem Kennzeichen, die keinen dauernden Standort im Bundesgebiet haben, auf Straßen mit öffentlichem Verkehr unbeschadet zollrechtlicher und gewerberechtlicher Vorschriften nur zulässig, wenn die Fahrzeuge vor nicht länger als einem Jahr in das Bundesgebiet eingebracht wurden und wenn die Vorschriften der §§ 62, 82 und 86 KFG 1967 eingehalten werden.

Gemäß § 82 Abs. 8 KFG 1967 in der bis geltenden Fassung sind Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dauerndem Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 KFG 1967 ist nur während eines Monates ab der Einbringung in das Bundesgebiet zulässig.

Mit dem Erkenntnis vom , Ro 2015/16/0031 und zuvor im Erkenntnis vom , 2011/16/0221, hat der Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass die Einbringung in das Bundesgebiet gemäß § 82 Abs. 8 KFG der Einbringung gemäß § 79 KFG 1967 entspricht, sodass die Monatsfrist bis zur erforderlichen inländischen Zulassung mit jeder Verbringung des Fahrzeugs ins Ausland oder in das übrige Gemeinschaftsgebiet neu zu laufen beginnt.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , G 72/2014, VfSlg 19.920, die Bestimmung des § 135 Abs. 27 KFG, womit der durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 26/2014 geänderte § 82 Abs. 8 KFG rückwirkend mit in Kraft trete, aufgehoben und ausgesprochen, dass die aufgehobene Bestimmung nicht mehr anzuwenden ist.

Demzufolge ist die geänderte Bestimmung des § 82 Abs. 8 KFG gemäß Art. 49 Abs. 1 B-VG mit Ablauf des Tages ihrer Kundmachung, mit Ablauf des , in Kraft getreten.

Im gegenständlichen Fall ist für die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe von 4/2012 vom und den Bescheid über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 4 bis 12/2012 § 82 Abs. 8 KFG in der Fassung des 2. AbgÄG 2002 (weiterhin) anzuwenden.

Bis zum Wirksamwerden des BGBl. I Nr. 26/2014 beginnt die Monatsfrist des § 82 Abs 8 KFG 1967 nach jeder Aus- und Einbringung in das Inland neu zu laufen.

Liegen regelmäßige, zumindest monatliche Ausbringungen - wie im gegenständlichen Beschwerdefall - vor, kann somit zumindest bis zum Wirksamwerden der Gesetzesänderung durch das BGBl. I Nr. 26/2014 per keine widerrechtliche Verwendung vorliegen und die Festsetzungen waren ersatzlos aufzuheben.

Da die Monatsfrist immer wieder neu zu laufen beginnt, entsteht keine Zulassungsverpflichtung im Inland. Solche Fahrzeuge sind im Sinne des NoVAG bzw. werden nicht "ohne die erforderliche (inländische) Zulassung" im Sinne des KfzStG 1992 im Inland verwendet.

In derartigen Fällen liegt somit keine widerrechtliche Verwendung vor, an die die Steuerpflicht nach dem NoVAG 1991 bzw. dem KfzStG 1992 anknüpft.

Wenn keine widerrechtliche Verwendung stattfand, bestand keine Verpflichtung zur Selbstberechnung und keine Berechtigung zu einer Festsetzung nach § 201 BAO.

Weiters setzt die Anwendbarkeit der Bestimmung des § 82 Abs. 8 KFG das Vorliegen folgender drei Sachverhaltselemente voraus (Haller, Normverbrauchsabgabegesetz (2017), § 1 Rz 84):

1. Es muss eine Verwendung des Fahrzeugs in Österreich im Sinne einer physischen Nutzung auf inländischen Straßen vorliegen.

2. Diese Verwendung muss rechtlich einer bestimmten natürlichen oder juristischen Person, dem sog. "Verwender", zugerechnet werden.

3. Der Verwender muss seinen Hauptwohnsitz bzw. Sitz im Inland haben.

Nur beim Vorliegen aller dieser drei genannten Voraussetzungen - die von der inländischen Behörde nachzuweisen sind - ist § 82 Abs. 8 KFG 1967 anwendbar und wird ein dauernder Standort des Fahrzeugs im Inland vermutet. Eine mögliche Widerlegung einer Standortvermutung der Bf. in Österreich ist mangels Vorliegen der Voraussetzungen für diese ohne Belang.

Der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Verwenderin ist wie aus Punkt 3.1.1. und der Beweiswürdigung ersichtlich nicht in Österreich und wäre der Beschwerde auch aus diesem Grund statt zu geben.

Außer in den Fällen des § 278 BAO hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen (§ 279 Abs 1 BAO).

Es waren alle Bescheide ersatzlos gemäß § 279 BAO aufzuheben.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der Beschwerdefall betraf einerseits auf der Ebene der Beweiswürdigung zu lösende Sachfragen, die einer Revision nicht zugänglich sind, andererseits ergaben sich die Rechtsfolgen aus der in den vorliegenden Erkenntnissen angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die Feststellung des - verfahrensentscheidenden - (Haupt)Wohnsitzes und Mittelpunkt der Lebensinteressen ist eine in freier Beweiswürdigung getroffene Feststellung des Bundesfinanzgerichts die der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich nicht zugänglich ist (). Bei der Beurteilung der Rechtsfrage für das Vorliegen einer widerrechtlichen Verwendung bei monatlichen Ausbringungen (Unterbrechbarkeit der Monatsfrist des § 82 Abs. 8 KFG 1967 vor der Gesetzesänderung BGBl. I Nr. 26/2014) ist durch die oa. Judikatur des VwGH (Erkenntnis vom , Ro 2015/16/0031) geklärt. Eine allfällige Revision ist nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängig und war die Revision insgesamt als unzulässig zu erklären.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 1 Abs. 7 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Art. 1 Abs. 2 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Art. 3 Abs. 8 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 1 Z 3 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 1 Abs. 1 Z 3 KFZStG, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1952, BGBl. Nr. 110/1952
§ 4 Z 3 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 82 Abs. 8 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, BGBl. Nr. 449/1992
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5101407.2020

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