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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.03.2024, RV/2100858/2022

Gefahrenzulage für Ordinationsassistentinnen und Dienstverhältnis für in der Ordination verrichtete Arbeiten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch die ***Vt***, ***Vt-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2016 bis 2020, Steuernummer ***1***, zu Recht erkannt:

I. Die angefochtenen Bescheide für das Jahr 2017 werden abgeändert:
Der Beschwerdeführer wird für Lohnsteuer in der Höhe von 1.125,76 Euro in Anspruch genommen.
Der Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen wird mit 3.135,26 Euro festgesetzt.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit den Haftungsbescheiden vom wurde der Beschwerdeführer für die Jahre 2016 bis 2020 als Arbeitgeber für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer in Anspruch genommen. Mit den Abgabenbescheiden vom selben Tag wurden dem Beschwerdeführer für die Jahre 2016 bis 2020 der Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (Dienstgeberbeitrag) vorgeschrieben. In den jeweiligen Bescheiden wurde unter "Begründung" auf den Bericht über das Ergebnis einer Außenprüfung vom und allenfalls auf die Niederschrift über die Schlussbesprechung verwiesen. Im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung wurde unter "Sachverhaltsdarstellung" neben der Wiedergabe von Rechtsvorschriften und grundsätzlichen Ausführungen im Wesentlichen ausgeführt, es sei festgestellt worden, dass die Patientenkarteien von vermeintlichen Werkvertragsnehmern eingescannt worden seien. In den vorgelegten Werkverträgen sei die durchführende Tätigkeit als Belegscannen sowie teilweise mit Postweg definiert worden. Den Werkverträgen sei somit nicht zu entnehmen, welche individualisierte Leistung, welches konkrete Werk geschuldet gewesen sei. Es fehlten auch ein Ausführungstermin oder ein Fertigstellungstermin. Die Werkverträge seien unbefristet abgeschlossen worden. Die vermeintlichen Werkvertragsunternehmer seien bedingt durch ihre Tätigkeit an die Öffnungszeiten der Ordination gebunden gewesen, andernfalls eine laufende Zugangsmöglichkeit gegeben gewesen sein müsste. Die Arbeitsmittel seien zur Verfügung gestellt worden, die Eingliederung ergebe sich überdies schon alleine durch den Umgang mit höchstsensiblen Patientendaten. Eine Vertretungsregelung sei weder dem Werkvertrag zu entnehmen, noch sei eine solche aufgrund der notwendigen Einhaltung der Datensicherheit wahrscheinlich. Es habe sich um eine laufend zu erbringende, durchschnittlich qualifizierte Dienstleistung eines Erwerbstätigen gehandelt. Für die durchgeführten vorwiegend einfachen manipulativen Tätigkeiten sei generell keine Weisung notwendig, sodass die behauptete Weisungsfreiheit kein Argument für eine selbständige Tätigkeit sein könne. Die durchgeführten Tätigkeiten würden grundsätzlich im Rahmen einer nichtselbständigen Tätigkeit erbracht und seien dadurch gekennzeichnet, im Rahmen der Zuverfügungstellung der Arbeitszeit verrichtet zu werden. Die Vertragsverhältnisse seien als Dienstverhältnisse gemäß § 47 EStG zu qualifizieren.
An die angestellten Ordinationsassistentinnen sei eine steuerfreie Infektionszulage gemäß § 68 Abs. 1 EStG ausbezahlt worden. Es seien keine schriftlichen Aufzeichnungen über die Art der Tätigkeit geführt worden. Die steuerliche Vertretung sei davon ausgegangen, dass die Ordinationsassistentinnen während der gesamten Arbeitszeit Schutzkleidung getragen hätten, um der Infektionsgefahr zu begegnen; nach Ansicht dieser sei die Dauer der Infektionsgefahr ident mit der Arbeitszeit. In Ermangelung ordnungsgemäßer Aufzeichnungen habe die materielle Voraussetzung des Überwiegens für die steuerfreie Gewährung der Infektionszulage nicht überprüft werden können. Zusätzlich sei nicht anzunehmen, dass entsprechend gefährdende Tätigkeiten tatsächlich überwiegend ausgeführt worden seien. Das ergebe sich auch aus den durchgeführten Niederschriften. Eine bloße Schätzung, wonach die Tätigkeit etwa 50:50 in administrative und andere Tätigkeiten aufgeteilt werden könne, sei für die Gewährung der Steuerfreiheit nicht ausreichend. Die Zulagen seien somit als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren.
Ebenso sei festgestellt worden, dass unter dem Titel "freiwilliger Sozialaufwand" die Kosten eines Geburtstagsgeschenkes für eine Dienstnehmerin (Gattin des Beschwerdeführers) aufwandwirksam verbucht worden seien. Nach Befragung der steuerlichen Vertretung sei am eine Selbstanzeige eingebracht worden. Der Vorteil sei als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren. Von einer irrtümlichen Übernahme oder einer typischen aus der Privatsphäre heraus gewährten Leistung könne nicht gesprochen werden, da durch die Aufnahme in das betriebliche Rechenwerk der Wille des Arbeitgebers eindeutig auf Vorteilsgewährung gerichtet gewesen sei. Selbst wenn der Aufwand in der Folge gemäß § 20 EStG als nicht abzugsfähig qualifiziert werden sollte, stehe dies einer steuerlichen Zurechnung nicht im Wege. Die Selbstanzeige sei zur Kenntnis genommen und weitergeleitet worden.

Dagegen richtete sich die Beschwerde vom . Der Beschwerdeführer, vertreten durch die ***Vt***, brachte vor, es handle sich um Werkverträge und nicht um Aushilfen. Die Werknehmer seien an keine Zeit, keinen Ort oder an keine Weisung gebunden gewesen. Sie hätten die eingescannten Patientenkarteien zu liefern gehabt. Diese Leistung sei im Rahmen eines Werkvertrages erfolgt. In den Jahren 2019 und 2020 seien infolge der Betriebsaufgabe 2020 die Patientenkarteien einzuscannen gewesen. Diese Tätigkeit sei von den Werknehmern in eigener Verantwortung und ohne Weisung des Auftraggebers erfolgt. Zu dem Punkt "Infektionszulage" wurde ausgeführt:
"Gemäß § 68 Abs 5 sind Zulagen steuerfrei die infolge schädlicher Einwirkung....oder anderen Gefahren zwangsläufig eine Gefährdung von Leben, Gesundheit oder.... Mit sich bringen. Diese Arbeiten müssen überwiegend geleistet werden. Die Gefahr für die Gesundheit ist gegeben: Die Assistentinnen arbeiteten in einer Ordination für Allgemeinmedizin und waren daher erste Anlaufstelle für jegliche Erkrankungen der Patienten. Sie hatten daher andauernd Kontakt mit erkrankten Personen und waren Infektionen ausgesetzt. Die Arbeiten bestanden aus folgenden Tätigkeiten, die immer einen Kontakt mit infektiösen Material bedeuteten:
Wundverbände anlegen und wechseln
Injektionen
Blutabnahme und Blutröhrchen bearbeiten für den Versand
Harnproben abnehmen und versenden
Blutsenkungen
Kontakt mit Blut, Harn und Eiter bei Untersuchungen der Patienten
Seit Covid ständige Infektionsgefahr infolge Körperkontakt mit Patienten
Aber auch die gesamte Tätigkeit der Assistentinnen wird in permanenter Gefahr der Ansteckung ausgeübt.
Die Infektionsgefahr in einer ärztlichen Ordination ist alleine dadurch kumuliert, dass die Patienten mit einer Erkrankung in die Ordination kommen, wobei zu Beginn nicht feststeht welche Erkrankung und welche Art der Infektionsgefahr vom Patienten ausgeht. Lt. Angabe Herrn Dr. (…) als Arzt ist die Gefahr der Infektion und der Kontakt mit infektiösen Material bei vielen Krankheiten gegeben. Es muss sich nicht um Tröpfcheninfektion handeln. Es besteht auch Infektionsgefahr bei Kontakt mit Patienten, die z.B. eine Gürtelrose oder Hepatitis haben oder HIV positiv sind. In allen Fällen kommen die Assistentinnen mit infektiösem Gewebe in Kontakt. Auch bei der Ausübung im administrativen Bereich kommen die Assistentinnen mit dem Patienten in Berührung und sind der Infektionsgefahr unmittelbar ausgesetzt. Natürlich schützen sich die Angestellten mit Schutzkleidung. Dies beweist die erhöhte Infektionsgefahr bei Kontakt. Die besondere Schutzkleidung soll die Infektionsgefahr minimieren, die bei Kontakt mit Patienten besteht. Ganz auszuschließen ist die Gefahr der Infektion auch bei sorgfältigen Schutzmaßnahmen nicht. Die Meinung der Prüferin, dass nur der direkte Kontakt mit infektiösem Material eine Gefahrenzulage rechtfertigt, würde bedeuten, dass die Dienstnehmerinnen regelmäßig erkranken bzw. ein unverantwortliches Risiko eingehen, dass der Gesetzgeber sicher nicht gemeint hat. Die Infektionsgefahr ist mit anderen nichtärztlichen Berufen nicht vergleichbar. Es handelt sich nicht, wie die Prüferin anführt, um eine Allgemeingefahr. Es ist nicht anzunehmen, dass im Allgemeinen der Dienstnehmer mit ausschließlich kranken Personen in Körperkontakt kommt.
Die Anforderung des Finanzamtes eine genaue Zeiterfassung der Handlungen mit infektiösem Material zu erstellen, ist unmöglich zu erfüllen. Die Assistentinnen sind während der Ordination mit vielen Leistungen befasst, die vorweg die Infektionsgefahr auslösen. Die Assistentinnen müssten daher die gesamte Zeit ihrer Tätigkeit als Gefährdung aufzeichnen.
Die Infektionszulage wird in allen Ordinationen abgerechnet. Sie ist immer steuerbegünstigt. Es wäre ein Verstoß gegen die Gleichmäßigkeit der Besteuerung wenn nunmehr in einer Ordination die Steuerbegünstigung den Dienstnehmern verweigert wird.
Überwiegen der Tätigkeiten mit Gesundheitsgefahr:
Die Assistentinnen arbeiten in engem Kontakt mit dem Arzt und den kranken Personen. Sie assistieren bei den Leistungen des Arztes. Damit verbunden immer der Körperkontakt mit dem kranken Patienten. Die administrative Arbeit findet in der unmittelbaren Nähe der Patienten oder im Kontakt mit dem Patienten statt. Es ist daher auch bei diesen Tätigkeiten die Infektionsgefahr gegeben.
Auch hier hinkt der Vergleich mit anderen nichtärztlichen Berufen, da der Kontakt immer mit kranken Menschen erfolgt. Gesunde Menschen finden sich selten in einer Ordination ein. Die Tätigkeiten der Assistentinnen wurde mehrfach dargelegt. Allein der Hinweis, dass diese Tätigkeiten immer mit Schutzkleidung ausgeübt werden, weist auf die erhöhte Infektionsgefahr hin. Die Prüferin verlangt für die Steuerfreiheit der Zulage einen direkten Kontakt ohne Schutzkleidung mit infektiösem Material. Es ist aber auszuschließen, dass sich jemand einer Gefahr aussetzt ohne Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Deshalb besteht die Gefahr trotzdem und damit die Infektionsgefahr.
Der Beruf der Ordinationsassistentin erfordert permanent die Bereitschaft sich diesen Gefahren auszusetzten. Es kann die Arbeitszeit nicht in gefahrlose Zeiten geteilt werden. Dass die Tätigkeit immer mit Schutzkleidung ausgeübt wird, unterscheidet den Beruf von anderen Berufen und auch davon, dass die Infektionsgefahr eine Allgemeingefahr darstellt. In der Allgemeinheit ist es, trotz Pandemie, nicht üblich in Schutzkleidung fremde Personen zu berühren und Körperkontakt aufzunehmen. Die Forderung Aufzeichnungen darüber zu erstellen, dass die Ordinationsassistentinnen während der Tätigkeit der Gefahr ausgesetzt sind, sind unverhältnismäßig. Die Assistentinnen arbeiten die gesamte Dienstzeit unter Infektionsgefahr. Eine Aufzeichnung der täglichen Arbeiten ist unzumutbar. Das Berufsbild und die Ausbildung als Ordinationsassistentin beweist bereits die Arbeiten in Infektionsgefahr.
Wie bereits dargelegt sind die Assistentinnen der Infektionsgefahr sämtlicher vom Patienten ausgehenden Infektion ausgesetzt. Da in Ordinationen die Patienten unterschiedliche Krankheiten haben und daher unterschiedliche Infektionen auslösen können, besteht eine besondere Gesundheitsgefährdung, die mit anderen nichtärztlichen Berufen nicht vergleichbar ist. Die Schutzkleidung soll die Gesundheitsgefährdung minimieren, kann diese aber nicht ausschließen.
Die von der Prüferin angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes behandeln keine ärztlichen Berufe, sondern Berufe, die bei ihrer Arbeiten auch mit Arbeiten befasst sind für die eine Gefahrenzulage steuerfrei zusteht. Die zeitweise Ausübung einer Tätigkeit in Gefahr ist mit einer Tätigkeit in dauernder Gesundheitsgefahr nicht zu vergleichen.
"

In der Beschwerde wurde weiter ausgeführt, zu ihrem Geburtstag habe der Beschwerdeführer seiner Gattin einen Geldbetrag überwiesen. Die Überweisung sei vom Betriebskonto erfolgt, von dem auch private Abhebungen oder andere private Zahlungen getätigt würden. Die Behauptung, es handle sich um eine Zuwendung an die Dienstnehmerin (Gattin), sei falsch und durch nichts bestätigt. Der Beschwerdeführer habe in den Jahren seiner Ordinationstätigkeit keine überbordenden Sozialleistungen an die Dienstnehmer getätigt. Auch an die Gattin als Assistentin seien die gleichen Sozialleistungen wie an die anderen Dienstnehmerinnen gegeben worden. Auch sei die Überweisung an die Gattin ausdrücklich mit dem Vermerk "Geburtstagsgeschenk" versehen gewesen. Die Zahlung an die Gattin sei nicht als Betriebsausgabe geltend gemacht worden. Nach der Argumentation des Finanzamtes müssten alle Überweisungen vom Betriebskonto eine betriebliche Veranlassung haben. Bei einem selbständigen Arzt sei es normal, dass dieser nur ein Bankkonto habe, von dem er alle seine Zahlungen privat und betrieblich tätige.

Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, die Kosten eines Geburtstagsgeschenkes für die Gattin (Dienstnehmerin) seien als freiwilliger Sozialaufwand verbucht worden. Durch die Aufnahme in das betriebliche Rechenwerk sei der Wille des Beschwerdeführers eindeutig auf eine Vorteilsgewährung gerichtet gewesen. Bei einem Irrtum des Buchhalters hätte dieser Rücksprache halten müssen, ob die Übernahme der Kosten tatsächlich als Betriebsausgabe gewollt sei. Für die Abgabenbehörde sei nicht glaubhaft, dass ein Irrtum des Buchhalters ursächlich für die Aufnahme der Zahlung in das betriebliche Rechenwerk sein solle.
Im Falle der vereinbarten Werkverträge seien tatsächlich Dienstverhältnisse im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG vorgelegen. Die vorgelegten Honorarnoten führten alle unter dem Titel "Leistungsumfang" die Tätigkeiten "div. Büroarbeiten, Ablage, Belege sortieren, Postwege" bzw. "Einscannen der Papierkarteien" an. Ein selbständiges, konkret umrissenes und gewährleistungsfähiges Werk liege nicht vor.
Es entspreche nicht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass jeder die Ordination betretende Patient an einer infektiösen Erkrankung leide und daher schon eine Gefahrensituation darstelle. Im Zuge der Prüfung sei festgestellt worden, dass die beschriebenen Tätigkeiten der Ordinationsgehilfinnen durchwegs eine Allgemeingefahr darstellten. Die kontaktlose aerogene Übertragung durch Keime in der Luft bzw. durch Tröpfcheninfektion stelle für sich alleine keine typische Berufsgefahr dar, die eine steuerfreie Auszahlung der Gefahrenzulage rechtfertige. Ein direkter Patientenkontakt, bei dem überwiegend mit infektiösen Stoffen wie etwa Blut, Harn oder Stuhl hantiert werde, sei vom Abgabepflichtigen nachzuweisen; solche Unterlagen seien nicht vorgelegt worden. Darüber hinaus bestünden die Tätigkeiten der Ordinationsgehilfinnen über weite Teile aus rein administrativen Aufgaben. Laut Auskunft von zwei Ordinationsgehilfinnen hätten sich die Laborarbeiten und administrative Tätigkeiten die Waage gehalten. Die nur an zwei Tagen (jeweils maximal zwei Stunden) in der Woche durchgeführten Blutabnahmen seien vom Arzt vorgenommen worden, so wie das Anlegen von Infusionen und das Verabreichen von Injektionen. Beim Verbandswechsel seien stets Einweghandschuhe getragen worden. Es seien nach Auskunft der befragten Personen sämtliche Schutzmaßnahmen eingehalten worden. Mangels vorgelegter Aufzeichnungen habe ein Überwiegen der tatsächlich geleisteten steuerbegünstigten Tätigkeiten nicht nachgewiesen werden können. Das Vorbringen, in allen Ordinationen werde eine Infektionszulage abgerechnet, könne weder bestätigt noch dementiert werden und sei für die gegenständliche Beurteilung unerheblich. Der Auffassung des Beschwerdeführers, die Voraussetzungen für eine steuerfreie Auszahlung der Infektionszulage sei gegeben, könne nicht zugestimmt werden, da die Voraussetzungen nicht erfüllt seien und zudem keine Aufzeichnungen der tatsächlich verrichteten Tätigkeiten als Nachweis vorgelegt worden seien.

Dagegen richtete sich der Vorlageantrag vom . Der Beschwerdeführer brachte vor, es gehe aus mehreren Tatsachen hervor, dass die Buchung des "Geburtstagsgeschenkes" als freiwilliger Sachaufwand ein Irrtum des Buchhalters gewesen sei. Der Steuerbescheid für das Jahr 2017 sei umgehend in einer Selbstanzeige korrigiert worden, der korrigierte Bescheid sei bereits veranlagt und die Einkommensteuer nachbezahlt.
Die Arbeiten der Werkvertragsnehmer seien ohne Vereinbarung einer bestimmten Zeit, eines bestimmten Ortes und einer Verpflichtung, die Arbeit persönlich auszuüben, erfolgt. In allen Fällen handle es sich um die Kinder des Beschwerdeführers, die für bestimmte Arbeiten, wie Ablage, Vorbereitung und Sortierung der Belege, Postwege und das Einscannen der Patientenkartei als Verpflichtung vor der Pensionierung des Beschwerdeführers sich zur Verfügung gestellt hätten. Diese Arbeiten seien von geringem Umfang, was bereits die Zahlung in der Höhe von 730 Euro pro Jahr ausdrücke. Die Werkvertragsnehmer hätten die Zeiten bestimmt. Wenn die Werkvertragsnehmer die Arbeit nicht übernommen hätten, sei die Arbeit entweder liegen geblieben, weil nicht zeitkritisch, oder der Beschwerdeführer habe diese Arbeiten erledigen müssen. Es fehlten die Merkmale eines Dienstverhältnisses.
Die Infektionszulage stehe den Ordinationshilfen zu, wenn sie in direktem Patientenkontakt einem potentiell erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt seien. Direkter Patientenkontakt heiße nicht Körperkontakt, sondern sei bereits die Nähe zum Patienten bei der Anmeldung und Hilfe beim Ausziehen und in der Unterstützung des Arztes in der Behandlung. Potentiell heiße, dass der Patient nicht krank sein müsse, sondern das Bestehen der Möglichkeit, dass der Patient infektiös sei. Infektionsrisiko bedeute, dass die Ordinationshilfe sich nicht anstecken müsse, sondern dass das Risiko einer Ansteckung bestehe. Die Ordinationshilfen seien mit allen Patienten in direktem Kontakt. Es sei nicht von vornherein klar, welche Erkrankung der Patient habe, sodass auch die Berührung des Patienten zu einem erhöhten Risiko einer Infektion führen könne. Die Mithilfe bei der Behandlung des Patienten bedeute Kontakt mit Injektionen, gebrauchten Injektionsnadeln, Verbänden, anderen Ausscheidungen des Patienten, etc. Bei diesen Arbeiten könne es mehrfach zu Kontakten mit infektiösem Material kommen. Die Ordinationshilfen seien bei ihrer Arbeit in ununterbrochenem Kontakt mit den Patienten. Es gebe ansteckende Krankheiten, die erst der Arzt bei der Untersuchung feststelle. Bei der Sterilisierung der Instrumente bestehe ebenfalls ein erhöhtes Infektionsrisiko. Diese Arbeit gehöre zum täglichen Aufgabengebiet und werde während der Ordination mehrfach durchgeführt. Die Ordinationshilfen seien während ihrer Tätigkeit durchgehend dem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt, auch wenn es ihnen nicht bewusst sei. Es erübrigte sich somit eine Zeitaufzeichnung über jenen Zeitraum, in dem ein erhöhtes Infektionsrisiko bestehe, da dieses Risiko während der gesamten Tätigkeit vorhanden sei. Die Gefahrenzulage bei den Ordinationshilfen sei jahrzehntelang steuerfrei behandelt worden. Es könne daher von Treu und Glauben ausgegangen werden, dass die Zulage steuerfrei behandelt worden sei. Wenn die Finanzverwaltung einer Änderung der Besteuerung wünsche, dann sollte diese für die Zukunft gelten, damit sich der Steuerpflichtige darauf einstellen könne. Es sei für die Dienstnehmerinnen nicht einzusehen, dass nunmehr rückwirkend eine Lohnsteuer eingehoben werde.
Abschließend wurde beantragt, eine mündliche Verhandlung zu führen, weil die Sachverhalte für viele Steuerpflichtige von erheblicher Bedeutung seien.

Mit Schreiben des Bundesfinanzgerichtes vom wurde Herr ***2*** als Zeuge geladen. Dieser teilte mit Schreiben vom dem Bundesfinanzgericht Folgendes mit:
"(…) meine Tätigkeit in den Jahren 2017 bis 2020 in der Ordination meines Vaters war in geringem Umfang. Ich habe verschiedene Arbeiten erledigt, die weder eine Dringlichkeit hatten noch in einem bestimmten Zeitrahmen erledigt werden mussten. So konnte ich die Arbeiten nach meiner Zeiteinteilung und zum Teil auch mit meinen Arbeitsmitteln erledigen. Wenn die Arbeit erledigt war, habe ich die Honorarnote gelegt. Meistens halbjährlich, weil die einzelnen Tätigkeiten Kleinbeträge waren und diese jeweils nach Fertigstellung zu verrechnen einen erheblichen Aufwand verursacht hätten.
Die Werksvertragshonorarnoten und die Werkverträge haben wir der Finanzverwaltung bereits vorgelegt. Ich lege sie aber meinem Schreiben nochmals bei.
Der Werkvertrag wurde am Beginn der Tätigkeit 2017 abgeschlossen und 2019 erneuert. Er gilt jeweils auch für die Folgejahre.
Ich hoffe, Sie haben damit Ihre Fragen beantwortet.
Da ich aus beruflichen Gründen nicht abkömmlich bin, mache ich von meinem Entschlagungsrecht als Sohn Gebrauch.
"

Mit Schreiben des Bundesfinanzgerichtes vom wurden die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zur mündlichen Verhandlung geladen.
Mit Schreiben vom zog der Beschwerdeführer den Antrag auf mündliche Verhandlung zurück und brachte vor, das Berufsbild der Ordinationshilfen umfasse jene Tätigkeiten, die einen intensiven Körperkontakt mit den Patienten erforderlich machten. Das Berufsbild sei im Medizinische Assistenzberufe Gesetz definiert. Arbeitsaufzeichnungen seien wegen überbordender Verwaltungsarbeit für Dienstnehmer mit fixen Arbeitszeiten arbeitsrechtlich nicht erforderlich. Aufzeichnungen über die tatsächlich täglich verrichtete Arbeit sei für Ordinationsgehilfen in einer Kassenpraxis nicht zumutbar. Es sei daher vom allgemeinen Berufsbild auszugehen. Die Lohnsteuerrichtlinien führten in Randziffer 1140 an, dass bei Angestellten in medizinischen (ärztlichen) Ordinationen eine Berufsgefahr gegeben sei. Betreffend einer Aufzeichnung der täglichen Arbeiten würden keine Anforderungen gestellt. Es müsse daher das Berufsbild laut Medizinische Assistenzberufe Gesetz ausreichen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Der Beschwerdeführer hat in den verfahrensgegenständlichen Jahren eine Ordination für Allgemeinmedizin betrieben. Der Beschwerdeführer beschäftigte drei Ordinationsassistentinnen. Es waren jeweils zwei Ordinationsassistentinnen in der Ordination tätig, die jeweils andere Kollegin hatte dienstfrei. Von den jeweils anwesenden Assistentinnen wurden alle anfallenden Arbeiten (administrative Arbeiten und Laborarbeiten) durchgeführt, niemand war ausschließlich für eine Kategorie der Arbeiten zuständig. So hatten die jeweils diensthabenden Ordinationsassistentinnen Telefongespräche, Terminvereinbarungen, die Anmeldungen und das Aufrufen der Patientinnen und Patienten, das Ausdrucken der Rezepte vorzunehmen, Befunde zu schreiben und den notwendigen Schriftverkehr und die Abrechnungen mit den Kassen und andere administrative Aufgaben abzuwickeln, wie Blutabnahmen vorzubereiten, die Röhrchen mit dem abgenommenen Blut zu versenden, abgegebene Harnproben zu untersuchen, Wundverbände zu wechseln, Blutzuckeruntersuchungen und ähnliche Arbeiten vorzunehmen. Aufzeichnungen über Art und Dauer der Tätigkeiten wurden nicht geführt.
Frau ***3***, Frau ***4*** und Herr ***2*** haben in den verfahrensgegenständlichen Jahren verschiedene Tätigkeiten (Vorbereitung und Sortierung sowie Ablage von Belegen, Postwege, Einscannen der Patientenkartei) für den Beschwerdeführer ausgeführt. Diese Arbeiten sind in den Räumlichkeiten und im Wesentlichen mit den Arbeitsmitteln des Beschwerdeführers erfolgt.
Nach einer Selbstanzeige durch den Beschwerdeführer wurde das Verfahren betreffend die Einkommensteuer für das Jahr 2017 gemäß § 303 Abs. 1 BAO wiederaufgenommen und der mit Bescheid vom erfolgten Festsetzung der Einkommensteuer der um 1.160 Euro verminderte Personalaufwand zugrunde gelegt. Vom Beschwerdeführer wurde die Einkommensteuer für den ursprünglich als freiwilliger Sozialaufwand verbuchten Betrag in der Höhe von 1.160 Euro (Geburtstagsgeschenk an die Dienstnehmerin und Gattin des Beschwerdeführers Frau ***5***) nachgefordert.

Gemäß dem im Abgabenverfahren vorherrschenden Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 167 BAO) genügt es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (zB ).

Der Sachverhalt stand aufgrund der vom Finanzamt mit dem Vorlagebericht vorgelegten Unterlagen und aufgrund der vom Bundesfinanzgericht durchgeführten Ermittlungen unstrittig fest. Dass vom Beschwerdeführer oder von den Ordinationsassistentinnen keine Aufzeichnungen über Art und Dauer der jeweiligen Tätigkeit geführt worden sind, stand aufgrund der Ausführungen in der Beschwerdeschrift, wonach eine solche Anforderung unmöglich zu erfüllen sei, fest. Die von den Ordinationsassistentinnen verrichteten Arbeiten sowie die Arbeitsaufteilung ergaben sich aus den Aussagen der beiden Assistentinnen Frau ***6*** und Frau ***7*** anlässlich ihrer Befragungen im Rahmen der durchgeführten Prüfung beim Beschwerdeführer.
Der Umfang und die Abwicklung der Arbeiten der Personen, mit denen ein Werkvertrag abgeschlossen worden ist, stand aufgrund der Vorbringen des Beschwerdeführers und der Feststellungen der belangten Behörde fest. Dies wird durch die Verträge und die von den Personen gelegten Honorarnoten sowie durch die Ausführungen des Herrn ***2*** in seinem Schreiben vom bestätigt.
Die Nachversteuerung des ursprünglich als freiwilliger Sozialaufwand verbuchten Betrages stand aufgrund der vom Bundesfinanzgericht durchgeführten Abfragen fest. Auf Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes bestätigte die belangte Behörde die Rechtskraft des neuen Sachbescheides.

Gefahrenzulage:
Gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 sind Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen sowie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit und mit diesen Arbeiten zusammenhängende Überstundenzuschläge insgesamt bis 360 Euro monatlich steuerfrei.

§ 68 Abs. 5 EStG 1988 lautet auszugsweise:
"Unter Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen sind jene Teile des Arbeitslohnes zu verstehen, die dem Arbeitnehmer deswegen gewährt werden, weil die von ihm zu leistenden Arbeiten überwiegend unter Umständen erfolgen, die
- in erheblichem Maß zwangsläufig eine Verschmutzung des Arbeitnehmers und seiner Kleidung bewirken,
- im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwernis darstellen, oder
- infolge der schädlichen Einwirkungen von gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Strahlen, von Hitze, Kälte oder Nässe, von Gasen, Dämpfen, Säuren, Laugen, Staub oder Erschütterungen oder infolge einer Sturz- oder anderen Gefahr zwangsläufig eine Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlicher Sicherheit des Arbeitnehmers mit sich bringen.
Diese Zulagen sind nur begünstigt, soweit sie
1. (…)
5. auf Grund von Kollektivverträgen oder Betriebsvereinbarungen, die auf Grund besonderer kollektivvertraglicher Ermächtigungen abgeschlossen worden sind,
(…)
"

Nach Punkt XVIII. (Zulage/Gefahrenzulage) des Kollektivvertrages für Angestellte bei Ärztinnen und Ärzten in der Steiermark erhalten Angestellte, "die in Ausübung ihrer Tätigkeit mit Blut, Serum, Harn, Stuhl in Berührung kommen bzw. aufgrund der Berufsausübung in direkten Patientenkontakt, mit potentiell erhöhtem Infektionsrisiko, kommen", eine monatliche Zulage.

Die Begünstigung des § 68 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 5 EStG 1988 setzt unter anderem voraus, dass der Arbeitnehmer tatsächlich Arbeiten verrichtet, die überwiegend unter Umständen erfolgen, welche die eben angeführten Voraussetzungen erfüllen. Der Arbeitnehmer muss also während der Arbeitszeit überwiegend mit Arbeiten betraut sein, die zwangsläufig eine außerordentliche Gefahr darstellen. Es müssen in zeitlicher Hinsicht die Tätigkeiten, die mit einer Gefahrenlage verbunden sind, überwiegen (). Es ist daher in der Regel durch das Lohnkonto und die zugehörigen Grundaufzeichnungen nachzuweisen, um welche Arbeiten es sich im Einzelfall gehandelt hat und wann diese geleistet worden sind.

Solche Aufzeichnungen wurden vom Beschwerdeführer seinen eigenen Angaben zufolge nicht geführt. Zu dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die Ordinationsassistentinnen seien während ihrer Tätigkeit durchgehend einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt, ist festzuhalten, dass diese bei der Wahrnehmung der administrativen Aufgaben (wie Anmeldung der Patientinnen und Patienten, Befunde schreiben, Abrechnungen, etc.) keiner über das Allgemeinrisiko hinausgehenden Gefährdung ausgesetzt sind (Jakom/Ebner EStG, 2023 § 68 Rz 8). Eine solche Allgemeingefahr ist keine Gefahr im Sinne des § 68 Abs. 5 EStG 1988 (Kirchmayer/Schaunig in Doralt/Kirchmayer/Mayr/Zorn, EStG22, § 68 Tz 32).

Hingegen können die Arbeiten mit Blut, Harn, Stuhl und Serum eine Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlicher Sicherheit der Ordinationsassistentinnen mit sich bringen. Die beiden Ordinationsassistentinnen haben im Rahmen ihrer Befragungen angegeben, dass sie Blutabnahmen vorbereitet haben und das Blut nach Abnahme durch den Arzt zentrifugiert und für den Versand in das zuständige Labor fertiggemacht haben. Ebenso haben diese bei Harnuntersuchungen im Bedarfsfall die Behältnisse für die Harnproben ausgegeben und anschließend den Harn übernommen und untersucht. Auch Blutzuckeruntersuchungen und Verbandswechsel seien von den Ordinationsassistentinnen durchgeführt worden. Die Assistentinnen haben auch angegeben, die "Laborarbeiten" und die administrativen Tätigkeiten hätten sich die Waage gehalten.

Schon diese übereinstimmende Angabe der beiden Ordinationsassistentinnen vermag nicht zu belegen, dass diese während der Arbeitszeit überwiegend mit Arbeiten betraut waren, die zwangsläufig eine außerordentliche Gefahr darstellen. Im Gegenteil, mit ihren Angaben, wonach das Vorbereiten von Blutabnahmen (die vom Arzt vorgenommen worden sind), das Ausgeben der Behältnisse für die Abgabe von Harn, das Messen des Blutdruckes, die Durchführung von Elektrotherapien, wo (noch) keine Gefahr bestand, mit Blut, Harn und dergleichen in Berührung zu kommen, auch von den Labortätigkeiten erfasst gewesen seien, wurde klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, dass eine Gefahr darstellende Arbeiten nicht überwiegend durchgeführt worden sind. Bestätigt wird die Ansicht des Bundesfinanzgerichtes auch durch den Umstand, dass in der Ordination des Beschwerdeführers im Regelfall nur an zwei Tagen Blutabnahmen (im Ausmaß von jeweils zirka einer Stunde) stattgefunden haben und es nach allgemeiner Lebenserfahrung auszuschließen war, dass in einer Ordination für Allgemeinmedizin tätige Ordinationsassistentinnen überwiegend mit Tätigkeiten betraut sind, die eine (über die Allgemeingefahr hinausgehende) Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlicher Sicherheit mit sich bringen. Im verfahrensgegenständlichen Fall konnte nicht nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden, dass die Ordinationsassistentinnen überwiegend mit Arbeiten betraut waren, die zwangsläufig eine außerordentliche Gefahr darstellten. Die Voraussetzungen für eine steuerfreie Auszahlung der Zulage lagen nicht vor (vgl. ).

Daran vermochte auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf die Lohnsteuerrichtlinien nichts zu ändern. Nach dieser das Bundesfinanzgericht nicht bindenden Verwaltungspraxis wird eine Berufsgefahr nur bei den Angestellten in Ordinationen gegeben sein, die im Strahlenbereich arbeiten und tätig sind. Das war nicht der Fall. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist auch nach der Verwaltungspraxis nur dann von einer Berufsgefahr auszugehen, wenn eine über das Allgemeinrisiko hinausgehende Gefährdung gegeben ist, ansonsten es der weiteren Voraussetzung des Arbeitens im Strahlenbereich nicht bedurft hätte.

Der Umstand, dass eine lohngestaltende Vorschrift (hier Kollektivvertrag für Angestellte in Ordinationen in der Steiermark) eine Gefahrenzulage vorsieht, kann nicht als Erfüllung der Voraussetzungen des § 68 Abs. 5 EStG 1988 angesehen werden. Denn § 68 Abs. 1 in Verbindung mit § 68 Abs. 5 EStG 1988 stellt darauf ab, dass tatsächlich nach den konkreten Verhältnissen des Einzelfalls eine Berufsgefahr (überwiegend) besteht ().

Nach ständiger Rechtsprechung verstößt es nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, wenn entgegen einer früheren Lohnsteuerprüfung die Zulagen mangels Erfüllung aller Voraussetzungen nicht mehr als steuerfrei anerkannt werden.

Werkverträge:
Gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis. Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit wird die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben. Der Arbeitgeber haftet dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer.

Gemäß § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) haben alle Dienstgeber, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen, den Dienstgeberbeitrag zu leisten. Dienstnehmer sind unter anderem Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen.

Gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

Die Definition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 ist eine eigenständige des Steuerrechts, weder dem bürgerlichen Recht, dem Sozialversicherungsrecht, noch anderen Rechtsgebieten entnommen. Die Absicht des historischen Gesetzgebers ging dahin, ein tatsächliches Verhältnis, oder mit anderen Worten, einen Zustand zu umschreiben (Fellner in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer III D § 47 Tz 27). Die Tatsache, dass das Einkommensteuergesetz eine eigenständige Definition des Dienstverhältnisses enthält, kann dazu führen, dass derselbe Sachverhalt im Steuerrecht anders zu beurteilen ist als im bürgerlichen Recht, Sozialversicherungsrecht oder Ausländerbeschäftigungsrecht. Etwaige unterschiedliche Ergebnisse erkannte der Verfassungsgerichtshof jedoch nicht als unsachlich ().

Für die Beantwortung der Frage, ob ein Dienstverhältnis besteht, kommt es auch nicht auf die von den Vertragsparteien gewählte Bezeichnung (Dienstvertrag, freier Dienstvertrag, Werkvertrag, etc.) an. Es genügt, wenn die ausgeübte Tätigkeit in ihrer äußeren Erscheinungsform dem "Tatbild" des § 47 Abs. 2 EStG 1988 entspricht ().

Ein Dienstverhältnis liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Der Legaldefinition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 sind zwei Kriterien zu entnehmen, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. In den Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständigen und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf weitere Abgrenzungskriterien (wie etwa das Fehlen eines Unternehmerrisikos, oder die Befugnis, sich vertreten zu lassen) Bedacht zu nehmen (). Nicht alle Bestimmungsmerkmale müssen gemeinsam vorliegen bzw. können sie in unterschiedlich starker Ausprägung bestehen ().

Maßgebend für die Beurteilung einer Leistungsbeziehung als Dienstverhältnis ist daher stets das Gesamtbild der vereinbarten Tätigkeit, wobei auch der im Wirtschaftsleben üblichen Gestaltungsweise Gewicht beizumessen ist ().

Betreffend die Weisungsgebundenheit ist grundsätzlich zwischen den persönlichen Weisungen einerseits und den sachlichen Weisungen andererseits zu unterscheiden. Eine sachliche Weisungsgebundenheit, die sich lediglich auf den Erfolg einer bestimmten Arbeitsleistung bezieht, begründet für sich allein kein Dienstverhältnis.

Das für die Arbeitnehmereigenschaft sprechende persönliche Weisungsrecht hingegen ruft einen Zustand wirtschaftlicher Abhängigkeit und persönlicher Gebundenheit hervor (). Die persönlichen Weisungen sind auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet. Der Arbeitnehmer verspricht nicht die Ausführung einzelner Arbeiten, sondern stellt seine Arbeitskraft zur Verfügung.

Die Personen, die für den Beschwerdeführer die genannten Arbeiten verrichtet haben, haben neben den für den Beschwerdeführer erbrachten Leistungen keine oder nur nichtselbständige Tätigkeiten ausgeübt. Diese Personen hatten die in der Ordination erstellten Belege vorzusortieren und/oder abzulegen und Schriftstücke zur Post zu bringen, das heißt, die ihnen zur Verfügung gestellten Dokumente der jeweils vorgesehenen Bestimmung (Ablage, Versand) zuzuführen und die für sie angefallenen Arbeiten zu verrichten. Art und Umfang der Tätigkeiten waren von den vom Beschwerdeführer jeweils erstellten Unterlagen bzw. von seinen Vorarbeiten abhängig, diese wiederum waren Ausfluss der vom Beschwerdeführer behandelten Patientinnen und Patienten. Die Sortierung und Ablage der Dokumente hatte zwangsläufig nach den Vorgaben des Beschwerdeführers zu erfolgen (ansonsten seine Aufbewahrungspflichten, Geheimhaltungspflichten etc. verletzt worden wären); eine solcherart vorgenommene Arbeit ist auf den zweckmäßigen Einsatz der jeweiligen Arbeitskraft gerichtet. Ebenso waren die Arbeiten aus den genannten Gründen und im Hinblick auf die in § 54 ÄrzteG 1988 normierte Verschwiegenheitspflicht im Betrieb des Beschwerdeführers vorzunehmen. Ebenso verhielt es sich bei der elektronischen Erfassung der Patientenkarteien. Auch hier handelte es sich um streng vertrauliche Unterlagen, die in den Räumlichkeiten des Ordinationsbetriebes zu verarbeiten waren. Die übernommenen Arbeiten waren nicht nur abhängig von den des Beschwerdeführers, sondern auch die mit der Durchführung der Arbeiten im Zusammenhang stehenden Einrichtungen (Ablagesystem, etc.) waren solche des Beschwerdeführers. Die in den Honorarnoten umschriebenen Leistungen "div. Büroarbeiten, div. Administrative Tätigkeiten, Ablage, Belege sortieren, Postwege, Einscannen der Papierkartei" und die Ausführungen des Herrn ***2*** in seinem Schreiben vom bringen klar und deutlich zum Ausdruck, dass nicht ein genau umschriebenes Werk Gegenstand der Vereinbarung war, sondern dass die genannten Personen ihre Arbeitskraft zur Verfügung gestellt haben und die jeweils angefallenen Arbeiten verrichtet haben.

Eine Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers wird nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes durch jede nach außen als auf Dauer angelegt erkennbare Tätigkeit hergestellt (). Die genannten Personen waren über längere Zeit für den Beschwerdeführer tätig. Diese Personen übten ihre Tätigkeit im Interesse des Beschwerdeführers aus, indem sie bei der im Rahmen seines Betriebes angefallenen Arbeiten mitwirkten. Die genannten Personen waren somit in den betrieblichen Organismus des Beschwerdeführers eingegliedert. Für die durchgeführten Arbeiten stand die Infrastruktur des Beschwerdeführers zur Verfügung. Das wurde auch durch die Ausführungen des Herrn ***2*** in seinem Schreiben vom bestätigt. Dieser hat angegeben, die Arbeiten zum Teil mit eigenen Arbeitsmitteln erledigt zu haben. Daraus lässt sich ableiten, dass der Beschwerdeführer auch Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt hat (argumentum: "zum Teil"). Das Bereitstellen der für die Durchführung der Arbeiten erforderlichen Infrastruktur und der benötigten Materialien spricht für das Bestehen einer organisatorischen Eingliederung in den Betrieb des Beschwerdeführers. Die Arbeiten der genannten Personen stellten einen unverzichtbaren Bestandteil bei der Erfüllung der Aufgaben des Beschwerdeführers dar. Das sind ebenfalls typische Merkmale für die Eingliederung in den Betrieb des Beschwerdeführers.

Die vorrangig zu prüfenden Kriterien der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung sprachen eindeutig für das Vorliegen von Dienstverhältnissen.

Für das Vorliegen von Dienstverhältnissen sprach auch die Tatsache, dass in den verfahrensgegenständlichen Jahren jeweils zumindest zwei Personen für den Beschwerdeführer tätig gewesen sind. Werden Arbeiten an andere Unternehmer vergeben, so ist es üblicherweise Aufgabe des Unternehmers, für die Erledigung des Auftrages Sorge zu tragen. Absolut unüblich ist es, dass mehrere Unternehmer gemeinsam ein Werk herstellen ().

Zuwendung:
Bei der Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 2017 mit dem Einkommensteuerbescheid vom (neuer Sachbescheid nach der erfolgten Wiederaufnahme) wurde der ursprünglich als freiwilliger Sozialaufwand verbuchte Betrag in der Höhe von 1.160 Euro nicht als Betriebsausgabe abgezogen. Es lagen keine Bezüge im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 vor; es handelte sich um die Verwendung eines dem Beschwerdeführer zugeflossenen und bei diesem versteuerten Betrages. Die Bescheide betreffend Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag für das Jahr 2017 waren daher zu berichtigen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht stützt die Entscheidung auf den klaren und eindeutigen Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen und auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind keine Rechtsfragen aufgeworfen worden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, eine Revision ist nicht zulässig.

Aus den dargestellten Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.2100858.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at