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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 20.06.2024, RV/3100252/2024

Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Versäumung der Frist zur Erhebung einer (ordentlichen) Revision gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes aus dem Grund, dass das die Revision enthaltende Schriftstück rechtzeitig am letzten Tag der Frist dem Zustelldienst übergeben worden war, jedoch bei der Gerichtsbehörde nicht einlangte.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht fasst durch den Richter Dr. Nicolaus Pomaroli MAS in der Revisionssache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***VBf1***, ***VBf1-Adr***, betreffend Beschwerde des Revisionswerbers vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom ***DB*** betreffend Einkommensteuer 2021 über den Antrag des Revisionswerbers vom auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 46 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hinsichtlich der Versäumung der Frist zur Erhebung einer (ordentlichen) Revision gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom ***DE***, GZ. ***GZ***, folgenden Beschluss:

I. Dem Antrag wird stattgegeben. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Versäumung der Frist zur Erhebung einer (ordentlichen) Revision gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom ***DE***, GZ. ***GZ***, wird bewilligt.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Verfahrensgang

Mit Eingabe vom , welche vorab per Telefax gesendet noch am selben Tag, per Post gesendet am beim Bundesfinanzgericht eingelangt ist, beantragte der Revisionswerber hinsichtlich der Versäumung der Frist zur Erhebung der ordentlichen Revision gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom ***DE***, GZ. ***GZ*** die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gemäß § 46 VwGG zu bewilligen.

"Unter einem" - also im selben Schriftsatz - wurde in Folge der Stellung des Wiedereinsetzungsantrages die Revision erhoben und damit die versäumte Handlung "gleichzeitig nachgeholt". Seinen Antrag auf Wie dereinsetzung in den vorig en Stand begründet der Revisionswerber wie folgt (Die Wiedergabe erfolgt auf das für die Entscheidung der antragsgegenständlichen Angelegenheit Wesentliche beschränkt sowie unter Weglassung der gliedernden Randnummern im Antrag):

"…

Die ordentliche Revision wurde am eingeschrieben in der Postfiliale ***PF-Adr*** mit der Sendungsnummer RQ599103126AT aufgegeben, adressiert an das Bundesfinanzgericht, Innrain 32, 6020 Innsbruck (wie im Erkenntnis ausgewiesen).

Am wurde den Rechtsvertretern des Revisionswerbers plötzlich die Sendung mit dem Stempel "retour, nicht behoben" zurückgestellt. Darüber hinaus war die im Brieffenster ausgewiesene Adresse bzw der ausgewiesene Adressat mit Filzstift durchgestrichen.

Die elektronisch durchführbare Sendungsverfolgung, die noch am durchgeführt wurde, hat ergeben, dass die Sendung offensichtlich das Postamt, in dem die Sendung aufgegeben wurde, niemals verlassen hat. Vielmehr wird - in Übereinstimmung mit dem Aufgabezettel - die Postaufgabe dokumentiert und registriert, in der Folge wird die Sendung am 22.4. als "abholbereit" ausgewiesen und sodann wieder mit dem Vermerk "retour - nicht behoben" an die Rechtsvertreter des Revisionswerbers zurückgestellt.

Am um 14.10 Uhr haben die Rechtsvertreter des Revisionswerbers ebenso unverzüglich die Hotline der ***ZD*** angerufen. Seitens Frau ***N*** wurde mitgeteilt, dass die Sendung nach den ihr vorliegenden Informationen offenbar in der gleichen Filiale hinterlegt wurde, in der diese Sendung aufgegeben wurde, derartige Versehen würden selten aber doch vorkommen.

Nach § 46 Abs. 1 VwGG ist dann, wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei dabei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Im vorliegenden Fall sind alle Voraussetzungen für die Bewilligung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegeben:

Der Revisionswerber hat fristgerecht das Rechtsmittel der ordentlichen Revision erhoben und diese fristgerecht postalisch aufgegeben. Dadurch, dass die postalische Sendung nicht an das Bundesfinanzgericht weitergeleitet wurde, sondern - offensichtlich aufgrund eines postinternen Fehlers - im Postamt als "abholbereit" ausgewiesen wurde und sodann wieder den Rechtsvertretern des Revisionswerbers retourniert wurde, erlitt der Revisionswerber einen Rechtsnachteil, zumal die fristgerecht eingebrachte Revision aufgrund dieses Umstands nicht behandelt wird.

Das unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis liegt im vorliegenden Fall darin, dass die ordentliche Revision richtig und zeitgerecht postalisch aufgegeben wurde. Im Fenster des aufgegebenen Briefumschlags ist sowohl der Name des Adressaten (Bundesfinanzgericht) als auch die Adresse, die im zu bekämpfenden Erkenntnis rechts oben auf Seite 1 angeführt hat, klar und deutlich zu erkennen.

Die Sendung wurde frankiert und eingeschrieben aufgegeben. Die Sendungsverfolgung und der Aufgabeschein wurden in der Kanzlei des Revisionswerbers aufbewahrt, um im Notfall Nachforschungen anstellen zu können.

Am musste der Revisionswerber erkennen, dass offensichtlich aufgrund eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses bei der ***ZD*** diese Sendung nicht weitergeleitet wurde. Konkret ergibt sich aus dem elektronisch einsehbaren Sendungsverlauf, dass die Sendung 4 Tage nach der Postaufgabe, konkret am , in einer Postfiliale mit der ***PLZ*** (***PF***) als abholbereit deklariert wurde. Dabei handelt es sich um jenes Postamt, bei welchem die Sendung ursprünglich auch aufgegeben wurde. Am wurde diese Sendung mit dem Vermerk, "retour-nicht behoben" an die ausgewiesene Rechtsanwaltskanzlei zurückgeschickt. Ganz offensichtlich wurde in diesem Zusammenhang die Adresse im Fenster des Briefumschlags mit Filzstift durchgestrichen und der Stempel der Kanzlei eingekreist, um dem Postboten zu signalisieren, dass die Sendung an die Rechtsanwaltskanzlei zu retournieren ist.

Es ist somit davon auszugehen, dass der Brief aufgrund eines unvorhergesehenen bzw unabwendbaren Ereignisses bei der ***ZD*** nicht an die ausgewiesene Zieladresse weitergeleitet wurde und der Beschwerdeführer so an der Einhaltung der Frist gehindert wurde.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich eine Partei einen Boten ohne Vertretungsmacht nicht zurechnen lassen muss. Sein Versäumen kann somit in jedem Fall einen Wiedereinsetzungsgrund darstellen (VwGH 2000/16/0055; BVwG W178 1426362-1).

Ein Verschulden des Revisionswerbers bzw der Rechtsvertreter des Revisionswerbers ist gegenständlich nicht gegeben. Vielmehr wurde jegliche Sorgfalt eingehalten, zumal aufgrund der noch vorhandenen Aufgabescheine der Weg bzw der Sendungsverlauf der Sendung klar und deutlich nachvollzogen werden kann.

Ausgehend davon sind sämtliche Voraussetzungen dafür gegeben, dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattzugeben.

Gemäß § 46 Abs. 3 VwGG ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen und zwar bis zur Vorlage der Revision beim Verwaltungsgericht und ab Vorlage der Revision beim Verwaltungsgerichtshof.

Der vorliegende Antrag wurde rechtzeitig gestellt. Den Rechtsvertretern des Revisionswerbers wurden am zur Kenntnis gebracht, dass die Revision nicht an das Bundesfinanzgericht versendet wurde, weil die Sendung mit dem Vermerkt "retour, nicht behoben" an diesem Tag postalisch der Kanzlei retourniert wurde (siehe Eingangsstempel, Beilage ./1)."

Am , 11:55, wurde von Seiten des Gerichtes mit dem Kundenservice der Österreichische Post AG telefonisch Kontakt aufgenommen.

Dabei wurde auf den Aktenvermerk der rechtsfreundlichen Vertretung der Revisionswerberin vom über ein Telefonat mit der Hotline Bezug genommen.

Der zuständige Mitarbeiter hat den von der Revisionswerberin im Zuge ihres Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom dargestellten (und als solchen) belegten Sendungsverlauf bestätigt. Weitere Ausführungen wurden vom Mitarbeiter nicht getätigt.

Daraufhin wurde der Beschwerdeführer im Ergänzungsersuchen dieses Gerichtes vom gebeten, binnen kurzer Frist von einer Woche ab Erhalt dieses Schreibens eine Beilage ./4 zum Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entsprechende Dokumentation, jedoch mit ersichtlichem (geöffnetem) Absender und in einer Weise, welche das mit der Sendungsnummer verbundene Dokument ersehen lässt (oder als Alternative eine andere geeignete Entsprechungsdarstellung) an das Verwaltungsgericht zu übermitteln.

Der Vorhalt wurde nicht innerhalb der gesetzten Frist beantwortet.

Dazu wurde erwogen:

Sachverhalt und Beweiswürdigung

1. Der Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , von einer Behandlung der Beschwerde des Revisionswerbers vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom ***DB*** betreffend Einkommensteuer 2021 abzusehen und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten, wurde dem Revisionswerber am zugestellt.

Am hat der Wiedereinsetzungswerber die Revision vom selben Tag dem Zustelldienst frankiert und eingeschrieben übergeben.

2. Im Schriftsatz der ursprünglich zu erheben beabsichtigten Revision vom wurde das Bundesfinanzgericht als Adressat bezeichnet (Beilage ./2); überdies wurde die Kopie eines dem Zustelldienst übergebenen Kuverts vorgelegt, welche die Umrisse einer Klarsichtfolie zeigt. Innerhalb dieser Umrisse lässt sich in Kopie ein Ausschnitt des das genannte Verwaltungsgericht als Empfänger bezeichnenden Schriftstückes mit der Geschäftszahl des Revisionsfalles erkennen (Beilage ./1). Durchgestrichen wurde offensichtlich der aus dem Fenster ersichtliche gerichtliche Adressat des Schriftstückes inklusive der ebenfalls ersichtlichen gerichtlichen Geschäftszahl; eingekreist wurde die absendende Rechtsanwaltskanzlei.

Den auf dem Kuvert zu ersehenden Stempelwortfolgen "Retour, nicht behoben." - vom Zustelldienst stammend - sowie "EINGEGANGEN 15. MAI 2024 KANZLEINAME" - von der Kanzlei des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers stammend - entsprechen auch in der erschließbaren zeitlichen Abfolge ihrer Anbringung jene Stufen, welche der mit übermittelte Sendungsverlauf des Zustelldienstes enthält.

Diese Umstände lassen darauf schließen, dass es sich bei dem am dem Zustelldienst übergebenen Schriftstück um die Revision gehandelt hat.

3. Der Sendungsverlauf (Beilage ./4) enthielt jene Sendungsnummer, welche auf dem Kassenbeleg (Beilage ./3) aufscheint. Der Sendungsverlauf bezog sich auf die vom Beschwerdeführer zu erheben intendierte Revision.

So konnte dieser Sendungsverlauf über das idente Datum der Postaufgabe - - und in Ansehung des Umstandes, dass die diese Nummer enthaltenden Belege sich jeweils in Händen des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers befanden, als jenem Schriftsatz zuzuordnen identifiziert werden, der die Revision darstellt, und damit darauf zurückgeführt werden.

Dass allenfalls auch mehrere Schriftstücke mit der genannten Sendung übermittelt worden sein könnten, schadet dieser Annahme nicht.

4. Der Sendungsverlauf begann am 19:53 ***PLZ*** mit der Postaufgabe. Es folgten die weiteren Stufen: :30 ***PLZ*** Sendung abholbereit; :44 ***PLZ*** retour - nicht behoben; :50 ***PLZ2*** Sendung in Zustellung; :33 ***PLZ2*** Sendung wurde zugestellt (in Beilage ./4).

5. Am hat der Revisionswerber den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt.

6. Auf den Geschehnisablauf konnte auch ohne Vorhaltsbeantwortung geschlossen werden.

Rechtslage

Die einschlägige Bestimmung des § 46 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 lautet folgendermaßen:

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

§ 46. (1) Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsfrist und der Frist zur Stellung eines Vorlageantrages ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil das anzufechtende Erkenntnis, der anzufechtende Beschluss oder die anzufechtende Revisionsvorentscheidung fälschlich einen Rechtsbehelf eingeräumt und die Partei den Rechtsbehelf ergriffen hat oder keine Belehrung zur Erhebung einer Revision oder zur Stellung eines Vorlageantrages, keine Frist zur Erhebung einer Revision oder zur Stellung eines Vorlageantrages oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsbehelf zulässig sei.

(3) In den Fällen des Abs. 1 ist der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen und zwar bis zur Vorlage der Revision beim Verwaltungsgericht und ab Vorlage der Revision beim Verwaltungsgerichtshof; ein ab Vorlage der Revision vor Zustellung der Mitteilung über deren Vorlage an den Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgericht gestellter Antrag gilt als beim Verwaltungsgerichtshof gestellt und ist diesem unverzüglich vorzulegen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen

1. nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die den Rechtsbehelf als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Erhebung der Revision bzw. der Stellung eines Antrages auf Vorlage Kenntnis erlangt hat, beim Verwaltungsgericht zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

(4) Bis zur Vorlage der Revision hat über den Antrag das Verwaltungsgericht zu entscheiden. Ab Vorlage der Revision hat über den Antrag der Verwaltungsgerichtshof durch Beschluss zu entscheiden. Das Verwaltungsgericht oder der Verwaltungsgerichtshof können dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.

(6) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages findet keine Wiedereinsetzung statt.

Vorbemerkung: Nach ständiger Rechtsprechung entspricht § 308 Abs 1 BAO inhaltlich § 46 VwGG (Nachweise bei Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 308 (Stand , rdb.at) E 2), und regelt jene Bestimmung die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand "in gleicher Weise" wie diese oder etwa § 71 Abs. 1 lit a AVG 1950 (vgl. bereits ; Hinweis auf ). Dass dies von der Judikatur stets nur in eine Richtung aufgegriffen wurde, nämlich dahingehend, dass die für die Auslegung dieser Vorschrift - gemeint: § 46 VwGG - in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Grundsätze daher auch hier - gemeint: im Anwendungsbereich des § 308 BAO - zur Anwendung kommen könnten, findet seinen Grund darin, dass bereits das Gesetz vom , StGBl. Nr. 208, über die Einrichtung, den Aufgabenkreis und das Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes (Verwaltungsgerichtshofgesetz - VwGG.) eine - mehrfach wiederverlautbarte - Regelung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand enthielt. Auch wurde der Terminus "minderer Grad des Versehens" in § 308 Abs. 1 durch das 2. AbgÄG 1987, BGBl. 312/1987, eingefügt (Althuber in: Althuber/Tanzer, Unger, BAO-Handbuch, § 308, S. 826), während § 46 VwGG, BGBl. Nr. 10/1985, erstmals bereits in seiner Fassung BGBl. Nr. 564/1985 auf einen unschädlichen Verschuldensgrad beim Wiedereinsetzungswerber Bezug nimmt.

Dieser "mindere Grad des Versehens" entspricht im Übrigen der zivilrechtlichen "leichten Fahrlässigkeit" i. S. d. §§ 1324 und 1332 ABGB (vgl. Althuber in: Althuber/Tanzer/Unger, BAO-Handbuch, § 308, 826f), worauf in den eine Entsprechung beider Normen hervorhebenden Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes auch regelmäßig unmittelbar nach dieser Hervorhebung und im Zusammenhang damit Bezug genommen wird. Die Entsprechung erweist sich demgegenüber freilich in beide Richtungen verallgemeinerungsfähig. Nach Ansicht des erkennenden Gerichtes lässt sich damit die auf eine dieser Bestimmungen referierende höchstgerichtliche Rechtsprechung grundsätzlich auf den Anwendungsbereich der jeweils anderen übertragen.

a) Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung sind

  1. die Versäumung einer Frist,

  2. ein hierdurch entstandener Rechtsnachteil,

  3. ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis,

  4. kein grobes Verschulden sowie

  5. ein rechtzeitiger Antrag auf Wiedereinsetzung (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 308 Tz 1).

b) Zufolge der Bestimmung des § 26 Abs. 4 VwGG hatte die Revisionsfrist mit Zustellung des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom über die (Ablehnung und) Abtretung der Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. (2 und) 3 B-VG begonnen, welcher dem Revisionswerber am zugestellt worden war. Die Tage des Postlaufes werden in die Revisionsfrist nicht eingerechnet (§ 33 Abs. 3 AVG; ; , Ro 2014/10/0058); dies gilt aber nur, wenn ein Schriftsatz einem Zustelldienst übergeben wird, der ordnungsgemäß das Verwaltungsgericht als Adressaten bezeichnet (Mayer/Muzak, B-VG5 (2015) Vw § 26 VwGG IV. m. w. N.). Diese Übergabe an den Zustelldienst geschah nachweislich am und somit rechtzeitig am letzten Tag der Revisionsfrist nach VwGG.

Unter Einbringung der Berufung bei der Behörde ist hiebei nach ständiger hg. Judikatur das Einlangen bei der Behörde zu verstehen. Wäre unter Einbringung die Postaufgabe zu verstehen, so wäre § 33 Abs. 3 AVG, demzufolge die Tage des Postenlaufes in die Frist nicht eingerechnet werden, überflüssig ().

Das Rechtsmittel ("die Berufung") ist auf Grund der Anordnung des § 33 Abs. 3 AVG rechtzeitig eingebracht, wenn sie innerhalb der Berufungsfrist bei der Einbringungsstelle abgegeben oder der Post zur Beförderung übergeben worden ist. Das Einlangen des Anbringens bei der Behörde spielt hier (unter diesem Gesichtspunkt) nur insoweit eine Rolle, als die Beförderung durch die Post auf Gefahr des Absenders erfolgt; denn wenn auch gemäß § 33 Abs. 3 die Tage des Postenlaufes in eine Frist nicht eingerechnet werden, setzt dies doch voraus, dass die Eingabe überhaupt bei der Behörde einlangt (vgl. m. w. N.; insb. Zl. 1855/75; Hervorhebung durch das Gericht).

Mit anderen Worten ist das tatsächliche "physische Einlangen" des Rechtsmittels bei der Behörde zwar entscheidend dafür, dass überhaupt ein rechtliche Wirkungen entfaltendes Rechtsmittel vorliegt, jedoch hat der Zeitpunkt dieses "Einlangens" keinerlei Auswirkungen auf die Frage der Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels, bei der es gemäß § 63 Abs. 5 AVG ausschließlich auf den Zeitpunkt des "Einbringens" ankommt (Gemäß § 62 Abs. 1 VwGG ist, soweit im VwGG nicht anderes bestimmt ist, ist auf das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof das AVG anzuwenden. Nach Ansicht des erkennenden Gerichtes gilt dies auch dann, wenn wie hier, weil im Anwendungsbereich des § 46 VwGG das Verwaltungsgericht insbesondere nach den Absätzen 3 und 4 dieser Rechtsvorschrift tätig zu werden hat).

In Bezug auf die Frage der Rechtzeitigkeit der Berufung - stattdessen im Anwendungsbereich des VwGG zu lesen: des Rechtsmittels der Revision - müssen sowohl die Begriffe als auch die Zeitpunkte des "Einbringens" und des "Einlangens" verschieden gesehen werden, weil der "Postenlauf" gemäß § 33 Abs. 3 AVG nur zwischen dem "Einbringen" und dem "Einlangen" der Berufung stattfinden kann ().

Wenn allerdings ein Anbringen erst vorliegt, wenn die Eingabe bei der Behörde tatsächlich eingelangt; die Gefahr des Verlustes einer versendeten Eingabe sohin den Einschreiter trifft ( unter Verweis auf Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze, 13. Auflage, 1998, Anmerkung 5 zu § 13 AVG), so ist damit ausgedrückt, dass das eine erfüllt sein muss, um das andere prüfen zu müssen. Ist die Revision demnach bei der Behörde eingelangt und damit - rückblickend "wirksam" - eingebracht worden, kommt es darauf an, ob sie im Sinne der §§ 33, 63 Abs. 5 erster Satz AVG rechtzeitig eingebracht wurde.

c) Nachdem das Verwaltungsgericht in seinen Überlegungen zur Beweiswürdigung darauf geschlossen hat, dass es sich bei dem am dem Zustelldienst übergebenen Schriftstück um die Revision gehandelt hat, war auch die Frage zu bejahen, ob das die Fristversäumnis verursachende Ereignis vor Ablauf der versäumten Frist liegt (vgl. zu diesem Erfordernis Mayer/Muzak, B-VG5 (2015) Vw § 46 VwGG II. m. w. N.): Geht man mit dem Verwaltungsgerichtshof vom - tatsächlichen - Nichteinlangen als "dem Ereignis" aus (siehe dazu sogleich ), muss dieses, um überhaupt ereignishaft sein zu können, auf einen bestimmten Zeitpunkt und eine bestimmte andere Qualität zurückgeführt und darin "festgemacht" werden.

In der Vorstellung, welche der Wiedereinsetzungswerber zu jeder Zeit haben durfte, dass nämlich das Schriftstück bei der Behörde einlangen werde bzw. eingelangt sein werde (vgl. die widerlegbare Vermutung des § 26 Abs. 2 ZustG), kann dieses Ereignis, durch das die Partei "eine Frist versäumt", jedenfalls nicht gelegen sein; handelte es sich doch dabei um eine im Einzelfall zwar falsche, so aber doch um die Vorstellung von einem Sendungsverlauf, der zum Ziel führt und mit dem der Wiedereinsetzungswerber auch rechnen konnte. Dieser rechtfertigt letztlich auch das Postenlaufprivileg selbst wie auch dessen Inanspruchnahme im vorliegenden Fall. Diese Vorstellung hat auch im vorliegender Fall in keiner Weise der Möglichkeit, die Frist einzuhalten, geschadet. Vielmehr erforderte der tatsächliche Sendungsverlauf letztlich in Verbindung mit der in der Zwischenzeit bereits versäumten Frist die Wiedereinsetzung.

In Konstellationen wie der vorliegenden muss die Postaufgabe, welche am letzten Tag der Frist erfolgte, als das die Versäumung der Frist auslösende "Ereignis" gesehen werden; und zwar selbst dann, wenn sie - wie hier - eigentlich rechtzeitig erfolgte. An diesem Tag wurde, indem das bestehende Postenlaufprivileg in Anspruch genommen wurde, ein Schriftstück "aus der Hand" gegeben. So konnte der Sendungsverlauf unabhängig von der Vorstellung des Wiedereinsetzungswerbers jenen Verlauf nehmen, den er tatsächlich nahm. Währenddessen verstrich die Frist ungenutzt.

Selbst im Fall grundsätzlich nicht vorwerfbarer Übergabe treffen Risiko und Folgen des Verlustes oder Unterganges einer versendeten Eingabe prinzipiell den Einschreiter. Eben dieser Umstand rechtfertigt allerdings auch eine spätere trennende Zurechnung auf Verschuldensebene im Rahmen der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Konzentration auf die Übergabe des Schriftstückes sowohl im Hinblick auf objektive Tatbestandsmäßigkeit wie auf subjektive Vorwerfbarkeit.

d) Das Ereignis, das dabei den Wiedereinsetzungsgrund bilden soll, muss unvorhergesehen oder unabwendbar sein; "unvorhergesehen" ist ein Ereignis dann, wenn die Partei sein Eintreten tatsächlich nicht einberechnet hat, "unabwendbar" ist es, wenn die Partei den Eintritt mit eigenen Mitteln nicht verhindern konnte, wobei die Judikatur auf einen Durchschnittsmenschen abstellt ( zu § 46 VwGG). Den Eintritt des solcherart "unvorhergesehenen" Ereignisses durfte die Partei auch unter Bedachtnahme auf die ihr persönlich zumutbare Aufmerksamkeit und Vorsicht nicht erwartet haben können (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 308 (Stand , rdb.at), E21).

Geht die Sendung nach Übergabe an die Post verloren und langt sie daher nicht bei der Behörde ein, ist dies ein unvorhergesehenes und auch unabwendbares Ereignis, das zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand berechtigt ( unter Hinweis auf die Vorjudikatur; Hervorhebung durch das Gericht).

Nicht anders zu bewerten ist aber nach Ansicht des erkennenden Gerichtes der Fall, dass der Vorgang der Zustellung eine Wendung nimmt, dass Schriftstücke erstens - entsprechend der Auskunft des Kundenservices - in derselben Filiale hinterlegt wie aufgegeben werden und zweitens diese dort als nicht behoben klassifiziert und als solche wiederum dem Absender "zurückgestellt" werden. Dass der Übergeber einen derart "missglückten" Verlauf des Vorganges nicht (mit) einberechnet hat, ist für das Gericht glaubhaft. Die Partei konnte ein derartiges Ereignis wie das Ergebnis eines Irrlaufes nach Übergabe auch unter Bedachtnahme auf die ihr persönlich zumutbare Aufmerksamkeit und Vorsicht nicht erwarten. Erst am musste sie dies erkannt haben.

e) In solchen Konstellationen liegt der Rechtsnachteil, welchen die Partei dadurch erleidet, dass sie eine Frist versäumt, darin, dass einerseits die Revisionsfrist, welche im Fall einer vom Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG vorgenommenen Abtretung mit Zustellung des Beschlusses des VfGH neu zu laufen beginnt, vom Beschwerdeführer durch Erheben der Revision konsumiert wurde, andererseits das Verfahren über die Revision mangels Revision nicht eröffnet werden konnte.

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dient in jeder Verfahrensordnung dazu, Rechtsnachteile zu beseitigen, die einer Partei daraus erwachsen, dass sie eine Frist ohne grobes Verschulden versäumt hat. Im Regelfall ist sie zu diesem Zweck so konzipiert, dass sich die Partei parteibezogen rechtfertigen kann, an der Einhaltung der Frist durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - als Hindernis (Capek/Rzeszut/Turpin, Onlineaktualisierung 2.06 zu § 308 BAO, Jänner 2023, Rz 40) - verhindert gewesen zu sein. Gegenüber dieser Grundkonzeption, aber ebenso mit der Zielsetzung, ein ansonsten abgeschlossenes Verfahren wieder in Gang zu setzen oder seine Eröffnung erstmals zu ermöglichen (ebd, Rz 32), formuliert § 46 VwGG die Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung neutraler.

Rechtsnachteil ist also "bloß", dass die befristete Prozesshandlung nicht mehr vorgenommen kann (Walter, ÖJZ 1961, 620; zit. in Ritz/Koran, BAO7, § 308 Tz 7). "Versäumt" ist dabei eine Frist, wenn sie zu laufen begonnen hat und - objektiv - ungenutzt verstrichen ist (vgl. , unter Hinweis auf die zum VwGG ergangene Entscheidung ; Hervorhebung durch das Gericht). Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat (§ 46 Abs. 5 VwGG).

Ist die Sendung, was die Ausnahme darstellt, tatsächlich nicht bei der Behörde eingelangt, so muss der Wiedereinsetzungswerber auch die Möglichkeit haben, sich das tatsächliche Nichteinlangen, welches er zunächst als (realisierte) Gefahr aus einer verunglückten Versendung auf sich zu nehmen und zu tragen hat, zum Ausgleich rechtlich nicht zurechnen zu lassen und, soweit die Frist restituierbar ist, die versäumte Handlung gleichzeitig nachzuholen (vgl. zur Korrekturfunktion der Wiedereinsetzung auch bei Säumnisfolgen Wagner, Der Sorgfaltsmaßstab bei der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Zivilverfahren, Dipl.-Arb., Graz 2023, 4). Dies ist die erneute Einbringung der Revision (siehe oben; vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze, 13. Auflage, 1998, Anmerkung 5 zu § 13 AVG).

f) Wie bereits ausgeführt, ist für die Bewilligungsfähigkeit der beantragten Wiedereinsetzung entscheidend, ob die Partei auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht den Eintritt des Ereignisses nicht erwarten konnte (; man beachte in diesem Zusammenhang die geringfügig unterschiedliche Ausrichtung der Begriffe "unvorhergesehen" und "unvorhersehbar"). Damit ist für die Tauglichkeit eines Ereignisses als Wiedereinsetzungsgrund die Eigenschaft eines Ereignisses als unvorhersehbar oder unabwendbar zwar relevant; sie kann jedoch nicht rein objektiv verstanden werden. Diese bereits in der Begrifflichkeit grundgelegte Tendenz, subjektive Elemente in die Beurteilung eines Vorliegens auf Tatbestandsebene einzubeziehen, schlägt die Brücke zur Beurteilung der Relevanz allfälligen Verschuldens im Verhalten der Partei als die Wiedereinsetzung ausschließend.

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies: Indem nun der Wiedereinsetzungswerber das Schriftstück an den Zustelldienst zur Sendung übergeben hat, liegt ihm so wenig ein Verschulden zur Last, welches die Bewilligung der Wiedereinsetzung auf Grund nicht geschehenen Einlangens bei der Behörde hinderte, wie er mit dem nachfolgenden "Untergang" der Sendung nicht zu rechnen brauchte, dieses Ereignis also unvorhergesehen und/oder unabwendbar war.

In diese Richtung weist die Rechtsprechung, welche betont, dass der Verlust eines nicht eingeschriebenen Briefes auch kein den minderen Grad des Versehensübersteigendes Verschulden darstellt, weilauch ohne diese besondere Form der Postaufgabe mit dem Einlangen des Schriftstückes bei der Behörde gerechnet werden kann (vgl ; , Ra 2015/02/0050 u. a. zu § 71 AVG; Hervorhebung durch das Gericht). Auch in der Unterlassung der (allgemein jedenfalls nicht vorgeschriebenen) Überprüfung des Einlangens der Erklärungen bei der Abgabenbehörde erster Instanz kann kein auffallend sorgloses Verhalten erblickt werden (, unter Hinweis auf ).

Die diesen Entscheidungen zugrundeliegenden Sachverhalte haben gemeinsam, dass ein Schriftstück einem Zustelldienst übergeben worden war. Unter bereits wertender Rücksicht ist den Judikaten gemeinsam, dass diesfalls im Allgemeinen mit dem ordnungsgemäßen Einlangen gerechnet werden kann, sofern keine besonderen Gründe gegen eine solche Annahme sprechen.

Wurde ein fristgebundener Antrag im Wege der Post, aber nicht als bescheinigte Sendung eingebracht, so liegt darin (bei Verlust der Sendung auf dem Postweg) nicht ein auffallend sorgloses Verhalten, das eine Wiedereinsetzung aus Verschuldensgründen von vornherein ausschließt, zumal keine allgemeine Verpflichtung besteht, fristgebundene Anbringen als bescheinigte Sendungen aufzugeben. Der Verlust eines - hineinzulesen ist: auch - als nicht bescheinigte Sendung aufgegebenen Anbringens auf dem Postweg gilt als unabwendbares und unvorhergesehenes Ereignis, die gewöhnliche (nicht eingeschriebene) Aufgabe bei der Post nicht als auffallend sorglos, damit nicht als ein die Wiedereinsetzung schon aus Verschuldensgründen ausschließendes Ereignis (; zit. in Stoll, BAO-Kommentar 2985; Hervorhebung durch das Gericht). Ein dermaßen begründeter Wiedereinsetzungsantrag ist somit nicht schon aus Rechtsgründen (Verschuldensfrage) ohne Prüfung der Sachfragen abzuweisen; der tatsächliche Sachverhalt ist vielmehr unter Bedachtnahme auf die Parteienschritte, gerichtet auf Glaubhaftmachung, dass die nichtbescheinigte Sendung spätestens am letzten Tag der Frist zur Post gegeben (etwa in den Postkasten eingeworfen) worden ist, unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse eines mängelfreien Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung festzustellen (ebd, 2985, wird dies aufgreifen).

Mit seinen Ausführungen zeichnet Stoll eine saubere Grundlage für die Sphärentrennung, wobei diese allerdings nach Ansicht des erkennenden Gerichtes in ihrer Reinform erst auf der Ebene des Verschuldens in Gestalt der Frage nach dem "eigenen Verschulden" zum Tragen kommt. Demgemäß wird die Schuldfrage auf das Moment der Postaufgabe zu konzentrieren sein. Im Fall der festgestellten rechtzeitigen Postaufgabe wird sie des Weiteren - wie hier - zu verneinen sein.

Vor dem Hintergrund verstrichener Frist wie auch der "ratio" der Wiedereinsetzung (ursprünglich gedacht als Wiedereinsetzung des Verfahrens) muss diesbezüglich ein nicht geschehenes Einlangen dem Verlust des Schriftsatzes wertend gleichgehalten werden.

g) Über den zentralen Fall der Übergabe zur Sendung hinaus müsste allerdings über besondere Formen des Verschuldens des Wiedereinsetzungswerbers die Zurechenbarkeit zu diesem positiv (wieder) hergestellt werden (können), um eine Wiedereinsetzung ausschließen zu können. Deshalb werden hier grundsätzlich Maßstäbe des Auswahlverschuldens am Zustelldienst oder vorwerfbare Verletzungen der Überwachungspflicht im Sinne deren Vernachlässigung angesetzt (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 308 (Stand , rdb.at) Anm. 12; E 155 m. w. N.), um gegebenenfalls noch "eigenes Verschulden" zu begründen.

Fehlen hierfür Anhaltspunkte, kann von einem solchen eigenen Verschulden nicht ausgegangen werden, wogegen Verschulden des Boten die Partei nicht trifft ("Das Verschulden des Boten, der lediglich zu Überbringerdiensten herangezogen wird, ist dem Verschulden des Parteienvertreters (und damit der Partei) oder dem der Partei nicht gleichzuhalten.": ebd., Anm. 12; VwGH 2000/16/0055). Dies ist vorliegend der Fall.

Dem Wiedereinsetzungswerber liegt also kein Verschulden an der Fristversäumung zur Last.

Da der Antrag auch binnen der im § 46 Abs. 3 VwGG vorgesehenen zwei Wochen nach jenem Zeitpunkt, in dem die Partei definitiv Kenntnis davon erlangt hat, dass die Revision tatsächlich nicht bei der Gerichtsbehörde eingelangt war, beim Verwaltungsgericht gestellt wurde, war dem Antrag zu entsprechen. Die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war (wie) im Spruch zu bewilligen.

Das Verwaltungsgericht wird die im § 30a VwGG vorgesehenen Verfahrensschritte vornehmen.

Dieser Beschluss des Verwaltungsgerichtes kann nach Maßgabe des § 25a Abs. 1 VwGG wiederum durch Revision beim Verwaltungsgerichtshof bekämpft werden (siehe hierzu sogleich).

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da die gegenständliche Entscheidung orientiert sich an der in der Begründung angeführten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes orientiert, fehlt es an einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Ob ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne grobes Verschulden der Partei zur Fristversäumnis geführt hat, unterliegt grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes; diese Beurteilung stellt daher regelmäßig keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar (vgl. / Ra 2017/16/0167).

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 46 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
§ 26 Abs. 4 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
§ 63 Abs. 5 AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.3100252.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at