Beschlagnahme/Sachhaftung und Leistung einer Sicherheit
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RV/7200062/2023-RS1 | Leistet der potentielle Zollschuldner eine Sicherheit in der Höhe der voraussichtlichen Eingangsabgabenschuld liegen die Voraussetzungen für die Erlassung einer Beschlagnahme im Rahmen der Sachhaftung gem. § 69 ZollR-DG nicht vor. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf.***, vertreten durch ***RA***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Österreich vom , Zl. ***1***, betreffend Sachhaftung gem. § 225 BAO iVm § 69 ZollR-DG zu Recht erkannt:
I. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit dem an die nunmehrige Beschwerdeführerin (Bf.), die **Bf.** mit Sitz in den Niederlanden gerichteten Sachhaftungsbescheid gem. § 225 BAO iVm § 69 ZollR-DG beschlagnahmte das Zollamt die im Bescheid näher genannten 38 Armbanduhren der Marke ***NN***.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vom .
Das Zollamt wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom , GZ. ***2*** und GZ ***3***, als unbegründet ab.
Die Bf. stellte daraufhin mit Eingabe vom den Vorlageantrag.
Am fand in Wien die von der Bf. beantragte mündliche Verhandlung statt.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Am wollte die Geschäftsführerin und Alleingesellschafterin der Bf., Frau ***R.*** (GF), vom Flughafen Wien nach Düsseldorf fliegen. Im Zuge einer am Flughafen Wien durchgeführten Sicherheitskontrolle stellte sich heraus, dass die GF und ihr Mitarbeiter insgesamt 38 Stück Uhren der Marke ***NN*** mit sich führten. Den daraufhin beigezogenen Zollorganen legte die GF 13 Vordrucke "Model Purchase Declaration Used Goods" vor und erklärte dazu, sie habe die 38 Uhren als Mitarbeiterin des in diesen Vordrucken als "Buyer" erwähnten Unternehmens, der Bf., von einem japanischen Unternehmen (vertreten durch Herrn **K**, wohnhaft in Japan) in einem Wiener Hotel erworben.
Das Zollamt geht im nunmehr angefochtenen Bescheid davon aus, dass **K** die in Rede stehenden 38 Uhren am vorschriftswidrig über den Flughafen Wien in das Zollgebiet der Union verbracht habe. Dadurch sei die Zollschuld gem. Art. 79 Abs. 1 Buchstabe a und Abs. 3 Buchstabe a UZK entstanden. Die Personenfahndung nach **K** sei jedoch ergebnislos verlaufen.
Am kündigte die Bf. die Überweisung eines Betrages in der Höhe von € 62.018,06 auf das Konto des Zollamtes Österreich an (Erlag einer Sicherheitsleistung, um eine vorzeitige Verwertung der beschlagnahmten Uhren zu verhindern).
Das Zollamt hat diesen Betrag tatsächlich erhalten und auf Verwahrung gebucht.
2. Beweiswürdigung
Die Beweiserhebung seitens des Bundesfinanzgerichtes erfolgte durch Einsichtnahme in die vom Zollamt elektronisch vorgelegten Verwaltungsakte und unter Berücksichtigung der seitens des Bundesfinanzgerichts zusätzlich vorgenommenen Ermittlungen. Darüber hinaus wurde auch auf die im Rahmen der mündlichen Verhandlung gewonnenen Erkenntnisse Bedacht genommen.
Daraus ergibt sich der oben wiedergegebene Sachverhalt und der geschilderte Verfahrensgang.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Aufhebung)
Rechtslage
§ 69 ZollR-DG in der maßgeblichen Fassung lautet:
"Zur Sicherstellung der Entrichtung von Abgabenbeträgen haften Waren, für die eine Zollschuld entstanden ist und die sich im Besitz eines Zollschuldners oder eines nach den Abgabenvorschriften persönlich Haftenden befinden, ohne Rücksicht auf die Rechte anderer Personen für die auf sie entfallenden Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben und können aus diesem Grund von der Zollstelle beschlagnahmt werden (Sachhaftung). Die Haftung beginnt mit dem Entstehen und endet mit dem Erlöschen der Zollschuld. In gleicher Weise haften Waren, die sich im Besitz einer anderen Person befinden, sofern diese wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass der Zollanmeldung unrichtige oder unvollständige Angaben zugrunde gelegt worden waren, dass die Waren vorschriftswidrig in das Zollgebiet oder aus einer Freizone in einen anderen Teil des Zollgebiets verbracht worden waren, dass die Waren der zollamtlichen Überwachung entzogen worden waren oder dass andere Umstände vorgelegen hatten, die zu einer Entstehung der Zollschuld nach Art. 79 des Zollkodex geführt haben."
Erwägungen
Wie bereits oben ausgeführt, brachte die Bf. einen Betrag in der Höhe von € 62.018,06 an das Zollamt zur Überweisung. Dieser Betrag dient zur Sicherstellung der Entrichtung der Abgabenbeträge für den Fall, dass die Bf. zu Recht als Zollschuldnerin oder persönlich Haftende in Anspruch genommen wird (siehe Antwort zu Frage 26 laut Niederschrift vom ).
Die Bf. nahm im Rahmen der mündlichen Verhandlung die in der Eingabe vom enthaltene Einschränkung, wonach der Erlag der Sicherheitsleistung ausschließlich deshalb erfolge, um die Verwertung der beschlagnahmten Uhren vor Vorliegen einer rechtskräftigen gerichtlichen Erledigung der Bescheidbeschwerde zu verhindern, ausdrücklich zurück.
Das Zollamt erklärte daraufhin, dass es auf Grund dieser Umstände nunmehr von einer doppelten Absicherung des in Rede stehenden Abgabenbetrages ausgehe (einerseits durch die Beschlagnahme und zusätzlich durch die eben erwähnte Sicherheitsleistung).
Die Bestimmungen des § 69 ZollR-DG zielen unmissverständlich auf eine Sicherstellung der Entrichtung von Abgabenbeträgen ab. Ist keine Gefährdung der Einbringlichkeit der betreffenden Abgabenschuld (mehr) gegeben, weil - wie hier - die auf dem Spiel stehenden Eingangsabgaben (letztlich vorbehaltlos und im Hinblick auf einen allenfalls an die Zollschuldnerin zu erlassenden Abgabenbescheid) in Form einer Sicherheitsleistung an das Zollamt eingezahlt und dort auf Verwahrung gebucht wurden, liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Beschlagnahme zum Zwecke der Sicherstellung der Entrichtung von Abgabenbeträgen nicht mehr vor.
Alleine aus dieser für das Schicksal der vorliegenden Beschwerde entscheidungsmaßgeblichen Feststellung folgt, dass der angefochtene Beschlagnahmebescheid aufzuheben ist. Eine nähere Auseinandersetzung mit dem übrigen Beschwerdevorbringen konnte daher unterbleiben.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung eines Beschlagnahmebescheids gem. § 69 ZollR-DG dann nicht vorliegen, wenn es keiner Sicherstellung der Entrichtung der Abgabenbeträge bedarf, ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz.
Es musste daher der Revisionsausschluss zum Tragen kommen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | § 69 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994 § 225 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 Art. 113 UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7200062.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at