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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.06.2024, RV/1100099/2024

Stellen die Ausgaben für eine private inländische Krankenversicherung eines Grenzgängers in die Schweiz Werbungskosten gemäß § 16 EStG dar?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Roman Galehr in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022 Steuernummer xx-xxx/xxxx zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Der bekämpfte Bescheid bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde des Beschwerdeführers gegen den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2022 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Aufgrund des in diesem Zuge übermittelten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, stellt sich der Verfahrensgang für das Bundesfinanzgericht wie folgt dar:

Der Beschwerdeführer hat seine Einkommensteuererklärung (Arbeitnehmerveranlagung) 2022 samt dem Formular L1 i für das Jahr 2022 mit Datum postalisch bei der belangten Behörde eingebracht.

Darin beantragte er unter der Kennzahl 718 ein Pendlerpauschale in der Höhe von € 3.424,00 und in der Kennzahl 916 einen Pendlereuro in der Höhe von € 126,00. Dem Antrag beigefügt hat der Beschwerdeführer den Lohnausweis seines ausländischen Arbeitgebers für das Jahr 2022, das dazugehörige Beiblatt für österreichische Arbeitnehmer in der Schweiz (Grenzgänger), als auch die Bestätigung der ***1*** vom über bezahlte Krankenversicherung in der Höhe von € 2.825,94.

Laut Lohnausweis des ausländischen Arbeitgebers des Beschwerdeführers schlüsseln sich die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit wie folgt auf:


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Lohn
82.821,00
Bonus (Teuerungsbonus)
(-) 500,00
Bruttolohn
82.321,00
Grundlohn brutto
59.828,00
13. Monatslohn
5.386,00
14. Monatslohn
5.386,00
Bonus
500,00
SEG Zulagen
9.101,00
Überstundenzuschlag
1.200,00
Wegvergütungen
1.920,00
Total Bruttolohn
83.321,00
AHV/IV/FAK/ALV/NBU
5.333,00
Pensionsversicherung
2.342,00
Quellensteuer
10.409,00
Krankentaggeldversicherung
291,15

Durch die belangte Behörde wurde der ausländische Lohnausweis in einem nächsten Schritt erfasst und in diesem Zuge die belegten Krankenversicherungsbeiträge des Beschwerdeführers in der Höhe von € 2.825,94 im Formular L17 berücksichtigt.

Mit Datum erließ die belangte Behörde den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2022, als auch den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 2024.

Den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2022 erließ sie antragsgemäß. Im zugleich ergangenen Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 2024 setzte die belangte Behörde die zu leistende Vorauszahlung auf die Einkommensteuer mit € 5.288,00 fest.

Mit undatiertem Schriftsatz, bei der belangten Behörde eingelangt am , erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde gemäß § 245 BAO gegen den Einkommensteuerbescheid 2022 und den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 2024, beide datierend mit .

In Bezug auf den bekämpften Einkommensteuerbescheid 2022 führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass die von ihm geleisteten Krankenversicherungsbeiträge fälschlicherweise nicht zum Werbungskostenabzug zugelassen wurden. Bei den Krankenversicherungsbeiträgen handle es sich um Pflichtbeiträge.

Bei Berücksichtigung dieser Beiträge, reduziere sich die festzusetzende Einkommensteuer entsprechend. Eine Bestätigung über die bezahlte Krankenversicherung liege der belangten Behörde bereits vor.

In Bezug auf den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 2024 wandte der Beschwerdeführer ein, dass dieser aufgrund der obigen Ausführungen zum Einkommensteuerbescheid 2022 ebenfalls zu korrigieren sei.

Mit Datum erließ die belangte Behörde die Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuerbescheid 2022. Darin wies sie die hängige Beschwerde als unbegründet ab. In der Bescheidbegründung führte sie aus wie folgt:

"Die Krankenversicherungsbeiträge sind in den Sozialversicherungsbeiträgen KZ 357 umgerechnet in Schweizer Franken bereits im Erstbescheid berücksichtigt worden. Da diese bereits im Erstbescheid berücksichtigt wurden, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen."

Mit undatiertem Schriftsatz, bei der belangten Behörde eingelangt am , stellte der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag in Bezug auf den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2022. Darin führte er im Wesentlichen aus wie folgt:

Die Krankenversicherungsbeiträge, bei welchen es sich bei mir als Grenzgänger um Pflichtbeiträge handelt, wurden bei der Festsetzung der Einkommensteuer fälschlicherweise nicht berücksichtigt.

Eine Bestätigung der Versicherung wurde der Behörde bereits im Zuge der Einkommensteuererklärung 2022 vorgelegt und wird erneut beigelegt.

Die Krankenversicherungsbeiträge stellen in meinem Fall Werbungskosten dar (KZ 154 der Beilage L1 i) und sind als solche zu berücksichtigen. Fälschlicherweise hat die belangte Behörde diese in den Sozialversicherungsbeiträgen KZ 357 berücksichtigt. Durch die rechtmäßige Berücksichtigung als Werbungskosten wird die Einkommensteuer reduziert werden. Eine Abgabennachforderung wird sich nicht mehr ergeben. Um entsprechende Neufestsetzung wird ersucht.

Dem Vorlageantrag beigefügt wurde eine Bestätigung der ***1*** über im Jahr 2022 geleistete Prämienzahlungen für eine Krankenversicherung in der Höhe von € 2.825,94.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht hat folgenden Sachverhalt festgestellt:

Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz im Inland. Er ist unbeschränkt steuerpflichtig. Er hat einen ausländischen Arbeitgeber und ist Grenzpendler in die Schweiz. Im Beschwerdezeitraum erzielte der Beschwerdeführer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

In der Einkommensteuererklärung (Arbeitnehmerveranlagung) 2022 machte der Beschwerdeführer die in der Schweiz in Abzug gebrachten Sozialversicherungsbeiträge als Werbungskosten geltend.

Zusätzlich dazu beantragte er die bei der ***1*** bezahlte Prämie für die private Krankenversicherung in der Höhe von € 2.825,94 zum Werbungskostenabzug zuzulassen.

Strittig ist folgender Punkt:

  1. Hat die belangte Behörde die Ausgaben für die private Krankenversicherung des Beschwerdeführers als Werbungskosten berücksichtigt?

2. Beweiswürdigung

Der vorliegende Sachverhalt erschließt sich dem Bundesfinanzgericht aufgrund des im Zuge der Vorlage der Beschwerde übermittelten Verwaltungsaktes der belangten Behörde.

Daraus ist ersichtlich, dass der Beschwerdefüher als Grenzgänger in die Schweiz tätig ist. Die vom Beschwerdeführer getätigten Ausgaben für die private Krankenversicherung ergeben sich für das erkennende Gericht aufgrund der im Akt einliegenden Bestätigung der ***1***, welche mit datiert. Daraus ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2022 eine Prämie in der Höhe von € 2.825,94 geleistet hat.

Das Bundesfinanzgericht hegt keine wie immer gearteten Zweifel an der Echtheit und Glaubwürdigkeit der vorgelegten Unterlagen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Die Werbungskosten werden in § 16 EStG geregelt. § 16 EStG lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 16. (1) Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen und Ausgaben für den Erwerb oder Wertminderungen von Wirtschaftsgütern sind nur insoweit als Werbungskosten abzugsfähig, als dies im folgenden ausdrücklich zugelassen ist. Hinsichtlich der durchlaufenden Posten ist § 4 Abs. 3 anzuwenden. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Werbungskosten sind auch:
[...]

4. a) Beiträge des Versicherten zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung. [...]

e) Pflichtbeiträge zu Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen, soweit diese Einrichtungen der Kranken-, Unfall-, Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung dienen; weiters Beiträge zu einer inländischen gesetzlichen Krankenversicherung sowie Beiträge zu einer Krankenversicherung auf Grund einer in- oder ausländischen gesetzlichen Versicherungspflicht. Beiträge zu Einrichtungen, die der Krankenversorgung dienen, Beiträge zu inländischen gesetzlichen Krankenversicherungen sowie Beiträge zu einer Krankenversicherung auf Grund einer in- oder ausländischen gesetzlichen Versicherungspflicht sind nur insoweit abzugsfähig, als sie der Höhe nach insgesamt Pflichtbeiträgen in der gesetzlichen Sozialversicherung entsprechen.
[...]

f) Beiträge von Arbeitnehmern zu einer ausländischen Pflichtversicherung, die einerinländischen gesetzlichen Sozialversicherung entspricht.

Im Lohnausweis des ausländischen Arbeitgebers des Beschwerdeführers werden folgende beschwerderelevanten Werbungskosten in CHF-Werten angeführt. Als Umrechnungskurs für den Schweizer Franken wurden 0,980392 zugrunde gelegt.


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Bezeichnung
Betrag in CHF
Betrag in €
AHV/IV/FAK/ALV/NBU
5.333,00
5.228,43
Pensionsversicherung
2.342,00
2.296,07
Krankentaggeldversicherung
291,15
285,44
Gesamt
7.966,15
7.809,94

Nebst den oben angeführten Werbungskosten, berücksichtigte die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer geleistete Prämie für die private Krankenversicherung bei der ***1*** in der Höhe von € 2.825,94.

Beiträge von Arbeitnehmern zu einer ausländischen Pflichtversicherung sind dann abzugsfähig, wenn die Pflichtversicherung einer inländischen gesetzlichen Sozialversicherung entspricht. Diese Bestimmung ist dann von Bedeutung, wenn Arbeitnehmer, die im Ausland beschäftigt sind, in Österreich zur Einkommensteuer veranlagt werden (zB Grenzgänger) (siehe dazu Jakom EStG17, RZ 21 zu § 16).

Im gegenständlich bekämpften Einkommensteuerbescheid 2022 berücksichtigte die belangte Behörde ausländische Pflichtversicherungsbeiträge in der Höhe von € 7.809,94 (entspricht CHF 7.966,15) als Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs 1 Z 4 lit f EStG.

Die Ausgaben für die private Krankenversicherung des Beschwerdeführers bei der ***1*** in Höhe von € 2.825,94 stellen ebenfalls Werbungskosten im Sinne des § 16 EStG dar.

Diese Beiträge können aufgrund der Bestimmung des § 16 Abs 1 Z 4 lit e EStG als Werbungskosten berücksichtigt werden. Dies insoweit, als sie auf Grund einer in- oder ausländischen gesetzlichen Versicherungspflicht geleistet worden sind und der Höhe nach insgesamt Pflichtbeiträgen in der gesetzlichen Sozialversicherung entsprechen. (Betragsbeschränkung vgl. ).

Auch die Prämie in Höhe von € 2.825,94, welche der Beschwerdeführer an ein privates inländisches Versicherungsunternehmen geleistet hat, sind von der belangten Behörde berücksichtigt worden und zum Werbungskostenabzug zugelassen worden.

Dies wird von der belangten Behörde so auch im Vorlagebericht vom dezidiert ausgeführt.

Der Gesamtbetrag der von der belangten Behörde diesbezüglich zum Abzug zugelassenen Werbungskosten setzt sich wie folgt zusammen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bezeichnung
Betrag in CHF
Betrag in €
AHV/IV/FAK/ALV/NBU
5.333,00
5.228,43
Pensionsversicherung
2.342,00
2.296,07
Krankentaggeldversicherung
291,15
285,44
Priv. Krankenversicherung ***2***
2.882,45
2.825,94
Gesamt
10.848,60
10.635,89

Die beschwerdegegenständlichen Werbungskosten in der Höhe von € 10.635,89 sind aufzuteilen wie folgt:

Die ausländischen Pflichtversicherungsbeiträge gemäß § 67 Abs 12 EStG in der Höhe von gesamthaft € 7.809,94 waren auf die laufenden und die sonstigen Bezüge aufzuteilen. Deshalb konnte von diesen ein Betrag in Höhe von € 1.015,79 nur bei den sonstigen Bezügen berücksichtigt werden.

Die inländischen Krankenversicherungsbeiträge in der Höhe von € 2.825,94 wurden zur Gänze neben den um € 1.015,79 verminderten ausländischen Pflichtversicherungsbeiträgen als Werbungskosten ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag anerkannt.

Die sonstigen Werbungskosten ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag in Höhe von € 9.620,10 setzen sich zusammen wie folgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bezeichnung
Betrag
private Krankenversicherung ***2***
2.825,94
ausländische Pflichtversicherungsbeiträge CHF 7.966,15 x 0,980392 = € 7.809,94 abzüglich € 1.015,79 betreffend sonstige Bezüge = als Werbungskosten in Bezug auf die laufenden Bezüge gewährte Werbungskosten (€ 6.794,16)
6.794,16
Gesamt
9.620,10

Die unter den laufenden Bezügen und den sonstigen Bezügen diesbezüglich gewährten Werbungskosten setzten sich wie folgt zusammen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Werbungskosten (Versicherung/Pflichtversicherung)
Betrag
unter laufenden Bezügen berücksichtigt
9.620,10
unter sonstigen Bezügen berücksichtigt
1.015,79
Gesamthaft berücksichtigt im bekämpften Bescheid
10.635,89
Gesamthaft beantragt durch Beschwerdeführer
10.635,89

Die einzelnen Berechnungsschritte sind aus der im Zuge der Vorlage der Beschwerde mitübermittelten Berechnungshilfe der belangten Behörde ersichtlich. Die Berechnungshilfe stellt einen integrierten Bestandteil des vorliegenden Erkenntnises dar und wird diesem als Allonge beigefügt.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis ergeht in Einklang mit den klaren gesetzlichen Regelungen, wie sie in der obigen Entscheidung angeführt wurden. Eine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor. Die ordentliche Revision war somit zu versagen.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.1100099.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at