Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.06.2024, RV/2100314/2024

Zuordnung des Familienbonus Plus, wenn für einzelne Monate kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Die Einkommensteuer 2022 wird festgesetzt mit € -1.349,- (bisher lt. angefochtenem Bescheid € -1.182,-).

Die Ermittlung der maßgeblichen Bemessungsgrundlage sowie der festgesetzten Abgabe ist den Entscheidungsgründen sowie dem als Beilage angeschlossenen "Erstbescheid" des Finanzamtes vom zu entnehmen und bildet einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.) erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Im zunächst erklärungsgemäß erlassenen Einkommensteuerbescheid 2022 vom wurde der Familienbonus Plus mit einem Betrag von € 1.166,76 (= 10 Monate halber Monatsbetrag, zwei Monate voller Betrag) berücksichtigt.

Per erging gemäß § 295a BAO der nunmehr angefochtene Bescheid, in welchem der Familienbonus Plus mit € 1.000,08 angesetzt wurde. Die Begründung lautete wie folgt:

"Der Familienbonus Plus kann für das Kind mit der Sozialversicherungsnummer/mit dem Geburtsdatum 1010101010 nur zur Hälfte berücksichtigt werden, weil für dieses Kind die andere Hälfte des Familienbonus Plus von der/dem Unterhaltszahler/in beantragt wurde."

Die dagegen erhobene Beschwerde wird folgendermaßen begründet:

"Alimente für Sohn XY habe ich von Januar bis Oktober 2022 erhalten, für diesen Zeitraum steht mir die Hälfte des Familien Bonus Plus zu. November bis Dezember 2022 habe ich keine Alimente mehr erhalten, für diesen Zeitraum steht mir der Familien Bonus Plus zur Gänze zu. Mein Exmann G hat aber falsche Angaben getätigt. Alimente hat er im Jahr 2022 Januar bis Oktober bezahlt."

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab: "Der Familienbonus Plus kann für das Kind mit der Sozialversicherungsnummer/mit dem Geburtsdatum 1010101010 nur zur Hälfte berücksichtigt werden, weil für dieses Kind die andere Hälfte des Familienbonus Plus von der/dem Unterhaltszahler/in beantragt wurde.

Lt. den vorliegenden Unterlagen ist der Unterhaltsleister den Unterhaltsverpflichtungen zur Gänze nachgekommen. Der leibliche Kindesvater ist verpflichtet, Alimente in Höhe von € 300,00/mon. zu zahlen. Im Jahr 2022 wurden Alimente in Höhe von insgesamt € 3.600,00 bezahlt. Da dem Kindesvater somit der Unterhaltsabsetzbetrag für 12 Monate zusteht, gebührt ihm auch der halbe Familienbonus plus für das gesamte Jahr."

Im Vorlageantrag bringt die Bf. vor, ihr Ex-Mann habe 2022 insgesamt € 3.000,- (10 Monate zu je € 300,-) an Unterhaltzahlungen geleistet. Im November und Dezember habe er mit der Begründung, dass der gemeinsame Sohn "über die Einkommensgrenze verdienen" würde, keine Alimente mehr bezahlt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Strittig ist, ob der Bf. im Streitjahr für die Monate November und Dezember der volle oder lediglich der halbe Familienbonus Plus zusteht. Für die übrigen zehn Monate steht der Familienbonus Plus unstrittig nur mit dem halben Betrag zu.

Für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, steht gemäß § 33 Abs. 3a EStG 1988 auf Antrag ein Familienbonus Plus nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu:

1. Der Familienbonus Plus beträgt

a) bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 166,68 Euro,

b) (…)

3. Der Familienbonus Plus ist in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen:

a) (…)

b) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:

- Beim Familienbeihilfenberechtigten oder vom Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder

beim Familienbeihilfenberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.

Für einen Monat, für den kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, steht dem Unterhaltsverpflichteten kein Familienbonus Plus zu.

c) Die Aufteilung des Familienbonus Plus gemäß lit. a und b ist bei gleichbleibenden Verhältnissen für das gesamte Kalenderjahr einheitlich zu beantragen. Wird von den Anspruchsberechtigten die Berücksichtigung in einer Höhe beantragt, die insgesamt über das nach Z 1 oder Z 2 zustehende Ausmaß hinausgeht, ist jeweils die Hälfte des monatlich zustehenden Betrages zu berücksichtigen. (…)

Der Unterhaltsverpflichtete (dh. die Person, der in Bezug auf das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht), hat demnach grundsätzlich (ebenfalls) Anspruch auf den Familienbonus Plus. Anspruch auf den Unterhaltsabsetzbetrag besteht für Kalendermonate, für die der gesetzliche Unterhalt zu leisten ist und auch tatsächlich zur Gänze geleistet wird. Wird der Unterhalt nicht in vollem Ausmaß geleistet, steht der Unterhaltsabsetzbetrag nur für die Monate zu, für die sich rechnerisch eine vollständige Zahlung ergibt (zB Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2024, § 33 Rz 37).

Für die Monate, für die der Unterhalt nicht voll geleistet wird, steht dem Unterhaltsverpflichteten der Familienbonus Plus nicht zu. Dieser kann vielmehr vom Familienbeihilfenberechtigten und/oder gegebenenfalls von dessen (Ehe)Partner in voller Höhe beansprucht werden (alternativ auch je zur Hälfte; s. nochmals zB Jakom/Kanduth-Kristen, aaO, § 33 Rz 37f.).

Aus der dem Finanzamt vorgelegten Scheidungsvergleichsausfertigung vom geht hervor, dass der Kindsvater (Herr G) verpflichtet ist, der Bf. für den gemeinsamen Sohn Sohn einen monatlichen Unterhaltsbetrag von € 300,- zu bezahlen.

Das Finanzamt hat der Bf. den Familienbonus Plus mit dem bekämpften Bescheid für die Monate November und Dezember (die übrigen Monate sind unstrittig) nur in halber Höhe gewährt, da der unterhaltspflichtige Kindsvater für 2022 ebenfalls die Hälfte des Familienbonus Plus beantragt habe. Es sei erhoben worden, dass der Unterhaltsverpflichtete den gesetzlichen Unterhalt für das ganze Jahr 2022 geleistet habe.

Dabei stützt sich das Finanzamt auf den Ausdruck eines Buchhaltungskontos des Ex-Gatten, welches dessen steuerlicher Vertreter vorgelegt hat. Auf diesem (Privat-)Konto werden im Jahr 2022 insgesamt zwölf Unterhaltszahlungen iHv. jeweils € 300,- für den gemeinsamen Sohn ausgewiesen. In diesem Ausdruck ist in den Monaten Jänner bis November jeweils eine Unterhaltszahlung verbucht, im April scheint noch ein zweites Mal ein geleisteter Betrag von € 300,- auf.

Das BFG brachte der Bf. diesen Buchhaltungskontoauszug mit dem Ersuchen um Stellungnahme zur Kenntnis.

Daraufhin übermittelte die Bf. die vollständigen Auszüge ihres Bankkontos der Monate April und November 2022. Darin scheint im April lediglich eine (einzige) Unterhaltszahlung des G auf. Im November ist auf dem Konto der Bf. keine Unterhaltszahlung von Seiten des ehemaligen Ehegatten eingegangen.

Unter Einem hat das BFG den steuerlichen Vertreter des Ex-Ehemannes der Bf. um Vorlage der die Unterhaltszahlungen betreffenden Überweisungsbelege ersucht.

Dieser teilte dem BFG daraufhin mit E-Mail vom Folgendes mit:

"Nach Rücksprache mit Herrn G* und nochmaliger Durchsicht der Buchhaltung 2022 hat es folgendes Missverständnis gegeben:

Auf den Kontoauszügen 04/2022 und 11/2022 sind lt. Auskunft von Herrn G* keine Zahlungen an die Exfrau ersichtlich. Tatsächlich wurden jedoch in den Monaten 04/2022 und 11/2022 Zahlungen an seine [nunmehrige] Frau EG in Höhe von jeweils EUR 300,00 geleistet.

Wir sind in der Buchhaltung missverständlich davon ausgegangen, dass es sich bei diesen Zahlungen an die Frau EG um seine Exfrau handelt und es sich somit um die monatlich unveränderte Unterhaltszahlung handelt."

Somit steht für das BFG unzweifelhaft fest, dass der vormalige Ehegatte G im Jahr 2022 tatsächlich nur für zehn Monate Unterhaltszahlungen für den gemeinsamen Sohn geleistet hat. Das ergibt sich nicht nur aus den Bankbelegen der Bf., sondern insbesondere auch aus den Angaben des ehemaligen Ehegatten der Bf. (E-Mail des Vertreters des Ex-Gatten vom ).

Daher konnte der Bf. auf Grund der oa. Rechtslage für die Monate November und Dezember der Familienbonus Plus jeweils in voller Höhe zugesprochen werden.

Im Jahr 2022 errechnet sich der Familienbonus Plus für die Bf. wie folgt:

Jänner bis Oktober - 10 x € 83,34 = € 833,40
November, Dezember - 2 x € 166,68 = € 333,36
Insgesamt daher € 1.166,76.

Bezüglich der Berechnung der Einkommensteuer 2022 verweist das BFG auf den (der Bf. bekannten) Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes Österreich vom , in welchem der Familienbonus Plus ursprünglich im von der Bf. beantragten (und nunmehr vom BFG wiederum zugesprochenen) Ausmaß von € 1.166,76 berücksichtigt wurde.

Dieser Einkommensteuerbescheid vom wird dem vorliegenden Erkenntnis als Beilage beigefügt.

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Erkenntnisfall war in sachverhaltsmäßiger Hinsicht zu klären, ob der Kindsvater in den Monaten November und Dezember (bzw. im gesamten Streitjahr) die Unterhaltszahlungen in voller Höhe geleistet hat oder nicht. Diese Frage konnte auf Grund der ergänzenden Ermittlungen des BFG - eindeutig - geklärt werden.

Es lag sohin eine in freier Beweiswürdigung zu lösende Sachverhaltsfrage und keine Rechtsfrage vor. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.2100314.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at