Einreihung von Projektoren mit eingebautem Fernsehempfangsgerät, der Beschaffenheit nach nicht für den Einbau eines Videobildschirms hergerichtet
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/3200018/2023-RS1 | Aus dem Wortlaut der Position 8528 ergibt sich, dass die Einreihung von Projektoren in die Position 8528 6200 der Kombinierten Nomenklatur unter anderem voraussetzt, dass es sich um Projektoren ohne eingebautes Fernsehempfangsgerät handelt. |
RV/3200018/2023-RS2 | Projektionsfernsehgeräte der Position 8528 7210 müssen der Beschaffenheit nach für den Einbau eines Videobildschirms (video display or screen) hergerichtet sein. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden***Ri1***, den Richter ***Ri2*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***Ri3*** und ***Ri4*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Albl & Frech Rechtsanwälte OG, Rooseveltplatz 4-5 Tür 8, 1090 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Österreich vom , Zahl: ***800000/000000/04/2022***, betreffend Einfuhrabgaben und Verzugszinsen nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***AA*** zu Recht erkannt:
I. Der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass der Zoll (A00) und die Verzugszinsen laut angeschlossenem Berechnungsblatt, welches einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses bildet, neu festgesetzt werden.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
Die Betriebsprüfung Zoll hat bei der ***Bf*** (nachstehend mit "Bf" bezeichnet) eine Nachschau betreffend Zollwert und Tarifierung durchgeführt und dabei laut Niederschrift vom , Zahl: ***800000/000000/2022***, ua folgende Unregelmäßigkeiten festgestellt:
"4.2.1 Fehltarifierungen Lieferant ***CN***
4.2.1.1. Projektionsfernsehgeräte/Laser-Projektoren mit Android TV-Funktionen, ohne DVB-Tuner
Das geprüfte Unternehmen importiert seit Mai 2021 Projektionsfernsehgeräte/Laser-Projektoren mit Android TV-Funktionen (ohne DVB-Tuner) der Marke "***CN***" und Zubehör wie Tragtaschen und Stative in die Europäische Union. In den betreffenden Zollanmeldungen wurde für die vorstehend angeführten Projektoren grundsätzlich die zollfreie Tarifnummer 8528 6200 00 erklärt.
Im Vorfeld dieser Prüfung erfolgte eine Dokumentenkontrolle zu ***MRN1*** vom durch die ***Zollstelle***. Dabei wurden Produktdatenblätter der Projektoren (Produktbeschreibungen und technischen Spezifikationen) angefordert. Mit diesen Unterlagen (Rechnung, Produktdatenblätter und Produktbeschreibungen) wurden die ETOS Untersuchungen ***A/2022*** (***Gerät1***), ***B/2022*** (***Gerät2***) und ***C/2022*** (***Gerät3***) für die zolltarifliche Einreihung beantragt.
Nach Einlagen der Ergebnisse, wurde der Firma ***Bf*** am im Zuge der Mitteilung zur Wahrung des Parteiengehörs gemäß Art. 22 Abs. 6 UZK mitgeteilt, dass die oben genannten Projektoren in die Zolltarifnummer 8528 7210 00 mit 14% Einfuhrzoll einzureihen sind. Aufgrund einer Stellungnahme durch die Firma ***Bf*** (Hr. ***W***) vom mit der mitgeteilt wurde, dass die Geräte nicht den technischen Voraussetzungen der Zolltarifnummer 8528 7210 00 entsprechen, wurden 2 Projektoren (ETOS ***D/2022*** und ***E/2022***) samt Datenblätter zur technischen Untersuchung und zolltarifarischen Einreihung an die Zentralstelle für verbindliche Zolltarifauskünfte (ZVZ) neuerlich übermittelt.
Bei dem Projektor "***Gerät4***" handelt es sich verglichen mit dem Modell "***Gerät2***" um eine baugleiche Ware mit derselben Funktionalität, weshalb eine Übermittlung eines Warenmusters zur technischen Untersuchung für diesen Projektor nicht erfolgte.
Die Zentralstelle für verbindliche Zolltarifauskünfte (ZVZ) hat mit ETOS-Entscheidungen vom , unter den GZ. ***D/2022*** und ***E/2022***, für die Einfuhrwaren mit der Handelsbezeichnung "***Gerät2***" und "***Gerät5***" mitgeteilt, dass diese Waren nicht unter der Warennummer 8528 6200 00, sondern als Projektionsfernsehgeräte/Laser-Projektoren mit Android TV- Funktionen - ohne DVB-Tuner - , in die Zolltarifnummer 8528 7210 00 einzureihen sind.
In den Tarifierungsgutachten der ZVZ werden die Waren wie folgt beschrieben:
ETOS ***D/2022***- ***Gerät5***
"Android-TV DLP-Laser-Projektor,
- bestehend aus einem 0,47" DMD Displaychip, einer Laser TV Lichtquelle mit optischem Projektionssystem, CPU, GPU, 2 GB RAM-Speicher, 32 GB Flash-Speicher, LAN-, W-LAN- und Bluetooth-Modul, sowie 2 Lautsprechern in einem gemeinsamen Gehäuse mit Statusanzeige, Bedienelement und diversen Schnittstellen (3x HDMI, 2x USB, LAN, Audio, Optical, Strom- und Service-Anschluss). Der Laserprojektor ist mit einem Android-TV Betriebssystem ausgestattet.
- dient dem Empfang, sowie der Wiedergabe und Anzeige von Mediainhalte (Videos, Fotos, Musik). Die Mediainhalte können dabei von verschiedenen Geräten und Konsolen über FIDMI- oder Bluetooth-Schnittstellen übermittelt, von IP-Streamingquellen empfangen oder von lokal anschließbaren Speichermedien wiedergegeben und danach auf eine zwischen 11 und 44 cm entfernte Wand oder Leinwand projiziert werden (Auflösung: bis zu 3840 x 2160 Bildpunkte; Größe der projizierten Bilddiagonale in Abhängigkeit der Entfernung: 80 bis 150").
- geeignet zum Empfang von mittels Internettechnologie live übermittelten Fernsehsignalen - ohne DVB-Tuner
- Abmessungen: ca. 606 x 401 x 140 mm"
ETOS ***E/2022*** - ***Gerät2***
"Android-TV LED-DLP-Projektor,
- bestehend aus einem 0,47" DMD Displaychip, LED Lichtquelle mit optischem Projektionssystem, CPU, GPU, 2 GB RAMSpeicher,32 GB Flash-Speicher, LAN-, W-LAN- und Bluetooth-Modul, sowie zwei Lautsprechern in einem gemeinsamen Gehäuse mit Bedienelementen und diversen Schnittstellen (2x FIDMI, 2x USB, LAN, Audio, Optical, Stromversorgungsanschluss). Der LED-Projektor ist mit einem Android-TV Betriebssystem ausgestattet,-dient dem Empfang, sowie der Wiedergabe und Anzeige von Mediainhalten (Videos, Fotos, Musik). Die Mediainhalte können dabei von verschiedenen Geräten und Konsolen über FIDMI oder Bluetooth Schnittstellen übermittelt, von IP-Streamingquellen empfangen oder von lokal anschließbaren Speichermedien wiedergegeben und danach auf eine zwischen 159 und 398 cm entfernte Wand oder Leinwand projiziert werden (Standardauflösung: 3840 x 2160 Bildpunkte; Größe der projizierten Bilddiagonale in Abhängigkeit der Entfernung: 60 bis 150"),
- geeignet zum Empfang von mittels Internettechnologie live übermittelten Fernsehsignalen - ohne DVB-Tuner"
Aufgrund der abweichenden Einreihung der Projektoren in den Zolltarif der Europäischen Gemeinschaft wurden seitens der Betriebsprüfung/Zoll noch 4 weitere Tarifierungsgutachten für Projektoren der Marke "***CN***" veranlasst (es wurden im Prüfungszeitraum noch 4 weitere Modelle von Projektoren importiert).
Die ZVZ hat bezüglich der im Zuge der Prüfung untersuchten Projektoren ebenfalls mitgeteilt, dass sämtliche Waren nicht unter der Warennummer 8528 6200 00, sondern als Projektionsfernsehgeräte/Laser-Projektoren mit Android TV- Funktionen (ohne DVB-Tuner), in die Zolltarifnummer 8528 7210 00 einzureihen sind.
Die ETOS-Entscheidungen zu den im Zuge der Prüfung eingeschickten Projektoren sind in nachstehender Tabelle angeführt:
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ETOS-Nr. | Datum | Warenbeschreibung | Zolltarifnummer |
***F/2022*** | 14.11. 2022 | ***Gerät6*** | 8528 7210 00 |
***G/2022*** | 14.11. 2022 | ***Gerät7*** | 8528 7210 00 |
***H/2022*** | 14.11. 2022 | ***Gerät8*** | 8528 7210 00 |
***I/2022*** | 05.12. 2022 | ***Gerät9*** | 8528 7210 00 |
In den Tarifierungsgutachten der ZVZ werden die Waren wie folgt beschrieben:
ETOS ***F/2022*** -***Gerät6***:
"Android-TV LED-DLP-Projektor,
- bestehend aus einem 0,23" DMD Displaychip, LED Lichtquelle mit optischem Projektionssystem, 2 GB RAM- Speicher, 16 GB Flash-Speicher, W-LAN- und Bluetooth-Modul, sowie zwei Lautsprechern in einem gemeinsamen Gehäuse mit Bedienelementen und diversen Schnittstellen (HDMI, USB, Audio und Stromversorgungsanschluss). Der LED-Projektor ist mit einem Android-TV 9 Betriebssystem ausgestattet,
- dient dem Empfang, sowie der Wiedergabe und Anzeige von Mediainhalten (Videos, Fotos, Musik). Die Mediainhalte können dabei von verschiedenen Geräten und Konsolen über HDMI-Schnittstelle oder Chromecast übermittelt, von IP-Streamingquellen empfangen oder von lokal anschließbaren Speichermedien wiedergegeben und danach auf eine zwischen ca. 159 und 319 cm entfernte Wand oder Leinwand projiziert werden (Standardauflösung: 1920 x 1080 Bi Id punkte; Größe der projizierten Bilddiagonale in Abhängigkeit der Entfernung: 60 bis 120"),
- geeignet zum Empfang von mittels Internettechnologie live übermittelten Fernsehsignalen - ohne TV-Tuner.
- Abmessungen: ca. 146 x 105,5 x 94,5 mm"
ETOS ***G/2022*** - ***Gerät7***:
"Android-TV DLP-LED-Projektor,
- bestehend aus einem 0,33" DMD Displaychip, LED Lichtquelle mit optischem Projektionssystem, 2 GB RAM- Speicher, 16 GB Flash-Speicher, W-LAN- und Bluetooth-Modul, Akkumulator sowie zwei Lautsprechern in einem gemeinsamen Gehäuse mit Bedienelementen und diversen Schnittstellen (HDMI, USB, Audio und Stromversorgungsanschluss). Der LED-Projektor ist mit einem Android-TV Betriebssystem ausgestattet,
- dient dem Empfang, sowie der Wiedergabe und Anzeige von Mediainhalten (Videos, Fotos, Musik). Die Mediainhalte können dabei von verschiedenen Geräten und Konsolen über HDMI- oder WIFI-Schnittstellen übermittelt, von IP-Streamingquellen empfangen oder von lokal anschließbaren Speichermedien wiedergegeben und danach auf eine zwischen ca. 159 und 319 cm entfernte Wand oder Leinwand projiziert werden (Standardauflösung: 1920 x 1080 Bi Id punkte; Größe der projizierten Bilddiagonale in Abhängigkeit der Entfernung: 60 bis 120"),
- geeignet zum Empfang von mittels Internettechnologie live übermittelten Fernsehsignalen - ohne TV-Tuner.
- Abmessungen: ca. 113,5 x 145 x 171,5 mm (LxBxH)"
ETOS ***H/2022*** - ***Gerät8***:
,,Android-TV DLP-LED-Projektor,
- bestehend aus einem 0,33" DMD Displaychip, LED Lichtquelle mit optischem Projektionssystem, 2 GB RAM- Speicher, 16 GB Flash-Speicher, W-LAN- und Bluetooth-Modul, Akkumulator sowie zwei Lautsprechern in einem gemeinsamen Gehäuse mit Bedienelementen und diversen Schnittstellen (HDMI, USB, Audio und Stromversorgungsanschluss). Der LED-Projektor ist mit einem Android-TV Betriebssystem ausgestattet,
- dient dem Empfang, sowie der Wiedergabe und Anzeige von Mediainhalten (Videos, Fotos, Musik). Die Mediainhalte können dabei von verschiedenen Geräten und Konsolen über HDMI-Schnittstelle oder Chromecast übermittelt, von IP-Streamingquellen empfangen oder von lokal anschließbaren Speichermedien wiedergegeben und danach auf eine zwischen ca. 159 und 319 cm entfernte Wand oder Leinwand projiziert werden (Standardauflösung: 1920 x 1080 Bi Id punkte; Größe der projizierten Bilddiagonale in Abhängigkeit der Entfernung: 60 bis 120"),
- geeignet zum Empfang von mittels Internettechnologie live übermittelten Fernsehsignalen - ohne TV-Tuner.
- Abmessungen: ca. 113,5 x 145 x 171,5 mm (LxBxH)"
ETOS ***I/2022*** - ***Gerät9***
"Android-TV DLP-LED-Projektor,
- bestehend aus einem 0,33" DMD Displaychip, LED Lichtquelle mit optischem Projektionssystem, 2 GB RAM- Speicher, 16 GB Flash-Speicher, W-LAN- und Bluetooth-Modul, sowie zwei Lautsprechern in einem gemeinsamen Gehäuse mit Bedienelement und diversen Schnittstellen (HDMI, USB, Audio und Stromversorgungsanschluss). Der LED-Projektor ist mit einem Android-TV Betriebssystem ausgestattet,
- dient dem Empfang, sowie der Wiedergabe und Anzeige von Mediainhalten (Videos, Fotos, Musik). Die Mediainhalte können dabei von verschiedenen Geräten und Konsolen über HDMI-Schnittstelle oder Chromecast übermittelt, von IP-Streamingquellen empfangen oder von lokal anschließbaren Speichermedien wiedergegeben und danach auf eine zwischen ca. 159 und 319 cm entfernte Wand oder Leinwand projiziert werden (Standardauflösung: 1920 x 1080 BiIdpunkte; Größe der projizierten Bilddiagonale in Abhängigkeit der empfohlenen Entfernung: 60 bis 120"),
- geeignet zum Empfang von mittels Internettechnologie live übermittelten Fernsehsignalen - ohne TV-Tuner.
- Abmessungen: ca. 192 x 192x 47 mm"
Nach Durchsicht der Zollanmeldungen betreffend den Lieferanten ***CN*** wurde festgestellt, dass für die eingeführten vorstehend beschriebenen Projektoren grundsätzlich die unzutreffende zollfreie Tarifnummer 8528 6200 00 erklärt wurde. In der Anlage 2 zu dieser Niederschrift sind die von dieser Feststellung betroffenen Zollanmeldungen angeführt.
Die Zollanmeldung ***MRN1*** ist in der Anlage 2 zu dieser Niederschrift nicht angeführt, da mit Bescheid des Zollamtes Österreich, ***Zollstelle***, GZ. ***800000/000000/01/2022*** vom der aus der unzutreffenden Einreihung der Projektoren in den Zolltarif resultierende zu gering buchmäßig erfasste Zoll in Höhe von 104.802,01 € nachträglich buchmäßig erfasst wurde.
In den Zollanmeldungen ***MRN2*** vom und ***MRN3*** vom wurde für die eingeführten Projektoren die zutreffende Tarifnummer 8528 7210 00 erklärt.
4.2.1.2.Bodenständer für ***CN***-Projektoren
Darüber hinaus wurde festgestellt, dass - bis auf eine Ausnahme - als "***Floor*** stand" bzw. "***Desktop*** stand pro" bezeichnete Bodenständer für die ***CN***-Projektoren in unzutreffende Tarifnummern eingereiht wurden. Der Standfuß besteht aus Erz+PC + ABS (Kunststoff) und der Mast aus einer Aluminiumlegierung. In zolltarifarischer Hinsicht sind die Bodenständer als "Einbeinstativ" anzusehen und in die Tarifnummer 9620 0091 90 einzureihen. Der Zollsatz für diese Tarifnummer betrug im Prüfungszeitraum 6%.
In der Anlage 2 zu dieser Niederschrift sind die betreffenden Fälle mit unzutreffenden Einreihungen der Bodenständer angeführt. Wie der Spalte Zollsatz Warennummer angemeldet (ZS) zu entnehmen ist, wurden in sämtlichen Fällen Tarifnummern mit geringeren Zollsätzen erklärt (0%, 0,8%, 1,3% bzw. 2,7%).
4.2.1.3. Tragetasche ***carrying*** case
Eine weitere Feststellung zu den Einfuhren des Lieferanten ***CN*** betrifft die Fehltarifierung des Artikels "***carrying*** case". Laut Produktspezifikationen handelt es sich bei diesem Artikel um eine Tragetasche für den ***+*** Projektor mit einer wasserdichten TPU Folie.
In zolltarifarischer Hinsicht ist im Hinblick auf die Außenseite aus Kunststofffolie die Tragetasche in die Tarifnummer 4202 1211 00, für die eine Zollbelastung in Höhe von 9,7% vorgesehen ist, einzureihen. Durch die in den Zollanmeldungen erklärte unzutreffende Tarifnummer 4202 2290 90 wurde bewirkt, dass ein Zollsatz in Höhe von 3,7% zur Anwendung gelangte. Die betreffenden Zollanmeldungen sind ebenfalls der Anlage 2 zu dieser Niederschrift zu entnehmen."
In der Folge wurde für 25 näher bezeichnete Zollanmeldungen, die im Zeitraum bis angenommen worden sind, der Differenzbetrag der Eingangsabgaben (Zoll) in Höhe von € 1.139.567,64 mit Bescheid vom , Zahl: ***800000/000000/04/2022***, nachträglich buchmäßig erfasst und der Bf als Empfängerin zusammen mit den zu entrichtenden Verzugszinsen von € 30.105,57 mitgeteilt.
Die nachträgliche buchmäßige Erfassung der Einfuhrumsatzsteuer ist gemäß § 62 ZollR-DG unterblieben, da der Warenempfänger (Bf) zum vollen Vorsteuerabzug nach den umsatzsteuerlichen Vorschriften berechtigt ist.
Gegen diesen Bescheid hat die Bf mit Schreiben vom durch ihren Vertreter Beschwerde erhoben und bringt zusammenfassend vor, die "Begründung", die nach Ansicht der Bf mangelhaft ist, für die abweichende Einreihung der verfahrensgegenständlichen Projektoren sei nicht gesetzmäßig und darüber hinaus auch unrichtig. Weder auf Basis der vollständigen Beschreibungen der Projektoren, noch in Zusammenhang mit den vom Zollamt herangezogenen AV und/oder den Erläuterungen zum HS, sei eine Subsumption der Projektoren unter TN Projektionsfemsehgeräte möglich. Aber auch darüber hinaus würden weitere Gründe gegen die vom Zollamt vorgenommene Subsumtion unter TN Projektionsfernsehgeräte sprechen. Die Bf führt ua aus:
"Vor Einordnung unter eine dieser drei Positionen [TN 8528 71, 8528 72, 8528 73] ist daher zu klären, ob die Projektoren "für den Einbau eines Videobildschirms hergerichtet" sind.
Sind die Projektoren für den Einbau eines Videobildschirmes geeignet, dh zwingend unter TN 8528 72 oder TN 8528 73 einzuordnen, ist die Frage der Ein- oder Mehrfarbigkeit zu beantworten. Erst danach gelangt man zu einer Einreihung auf dritter (achtstelliger) (TN)Ebene (sofern vorhanden).
In diesem Zusammenhang ist klarzustellen, dass die Projektoren jedenfalls "nicht für den Einbau eines Videobildschirmes hergerichtet" sind (vgl dazu Punkt 3. und die Anlage ./l - ./6). Der Einbau eines Videobildschirmes ist bei den Projektoren technisch überhaupt nicht möglich. Die Projektoren projizieren Bilder auf nicht mit den Projektoren in Verbindung stehende externe Flächen (zB Leinwände). Die Konkurrenz auf dieser (TN)Ebene ist daher dahingehend zu lösen, dass die Projektoren dem Wortlaut folgend unter TN 8528 71 einzureihen wären.
Oftmals kann ein Blick in die englische (oder eine anderssprachige) Version im Rahmen der Auslegung zielführend sein. Die englische Version der TN 8528 71 lautet "not designed to incorporate a video display or screen". Die Heranziehung der englischen Version kann aber augenscheinlich im konkreten Fall keine Abhilfe schaffen. Vielmehr führt der Vergleich der beiden Versionen zu sprachlichen Diskrepanzen {"video display or screen" vs "Videobildschirm"). Auch bestehen für Wörter unterschiedliche Übersetzungsmöglichkeiten ("incorporate" vs. zB "enthalten", "einbetten", "einbauen", "verbinden" etc).
In aller Kürze ist an dieser Stelle somit festzuhalten, dass die englische Version der TN 8528 71 (oder auch der TN 8528 72) keine taugliche Grundlage zur Klärung der Frage der Einreihung ist. Gemäß Art 55 des Vertrages über die Europäische Union ist der Vertrag in jeder der Amtssprachen verbindlich. Dies bezieht sich auch auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Da alle Sprachen gleichermaßen authentisch sind, kann im Zweifel nicht dem Wortlaut einer bestimmten Sprache der Vorzug gegeben werden. Die Lösung bei Divergenzen kann nach der Judikatur des EuGH nur in einer einheitlichen Auslegung bestehen (vgl. zB 29/69 -Stauder, C-219/95 P. Ferriere Nord/Kommission). Damit reduziert jede der Fassungen den Sinn eines Ausdrucks auf den möglichen Inhalt ihrer Sprache. Gibt es somit beispielsweise zwischen der der deutschen und einer anderssprachigen Version unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten, ist nach der Judikatur des EuGHklar, dass aus einer anderssprachigen Terminologie rechtlich nichts ableiten kann und auf andere Auslegungsmethoden zurückzugreifen ist (vgl. zB 100/84 - Kommission/Großbritannien).
Bei der TN 8528 71 steht aber jedenfalls der Empfang von Fernsehprogrammen im Vordergrund; der Empfang von Fernsehprogrammen ist also die wesentliche (Haupt)Funktion. Gemeint sind Geräte wie TV-Tuner, SAT-Receiver udgl. Derartigen Geräten fehlt es aber - im Unterschied zu den Projektoren - an der (Haupt-)Funktion, Bilder zu projizieren.
Schon auf Basis der durch die AV vorgegebenen wörtlichen Auslegung auf der 2. (TN)Ebene ist die vom Zollamt vorgenommene Einreihung unter die TN Projektionsfemsehgeräte unrichtig und zudem auch der Rechtsprechung des EuGH widersprechend (vgl. zB C-700/15 - LEK) Von einer "eher zutreffenden" Einreihung der Projektoren unter die TN 8528 71 (allerdings bezogen auf die 2. (TN)Ebene) abgesehen, ist die Einreihung der Projektoren aber dennoch richtigerweise unter TN 8528 6200 ("TN Projektoren") vorzunehmen.
2.3.5Einreihung unter TN Projektoren
Wie bereits umfassend dargelegt, ist die Einreihung der Projektoren unter TN Projektionsfemsehgeräte schon aufgrund einer unrichtig aufgelösten Konkurrenz auf 2. (TN)Ebene rechtlich unrichtig.
Richtigerweise sind die Projektoren aber unter TN Projektoren zu subsumieren. Die einschlägigen Erläuterungen HS (Buchstabe "C" - Projektoren) enthalten einen entscheidenden Hinweis dafür, was unter dem Terminus "Projektoren" zu verstehen ist:
"Projektoren projizieren das üblicherweise auf dem Bildschirm eines Fernsehempfangsgerätes oder auf einem Monitor wiedergegebene Bild auf eine externe Oberfläche."
Diese Definition passt exakt auf die Projektoren. Die Erläuterungen HS machen somit klar, dass der historische Gesetzgeber/Verordnungsgeber unter dem Terminus "Projektoren" Geräte, die der Projektion auf externe Oberflächen dienen, verstanden hat. Mangels anderer Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass dieses Verständnis nach wie vor gilt. Diese Beschreibung entspricht weiters vollumfänglich der TN Projektoren. Die Projektoren sind daher entsprechend (der gebotenen Auslegung nach) AV 1 und AV 6 unter TN Projektoren einzureihen.
Aber auch auf Basis der Grundsätze des EuGH zur teleologischen Auslegung gelangt man unzweifelhaft zu einer Einreihung der Projektoren unter die TN Projektoren. Die teleologische Auslegung hat für den EuGH eine sehr hohe Bedeutung. Im Urteil "van Gend & Loos", hat der EuGH den Sinn und Zweck sowie die Systematik sogar dem Wortlaut als übergeordnet angesehen (vgl. 26/62 - van Gend & Loos). Die Erläuterungen HS machen unzweifelhaft klar, dass der historische Gesetzgeber/Verordnungsgeber Projektoren die Fähigkeit der Projektion von (Fernseh)Bildem, die ansonsten üblicherweise auf dem Bildschirm eines Femsehempfangsgerät wiedergegeben wird, zuspricht. Wäre jedes Gerät, welches (Femseh)Bilder auf externe Oberflächen projiziert, automatisch als Femsehempfangsgerät im Sinne der TN 8528 72 zu qualifizieren, wäre die TN Projektoren ihrem Sinn beraubt. Eine solche Auslegung widerspricht demnach dem Sinn und Zweck der Abgrenzung zwischen der TN 8528 72 und der TN Projektoren."
Hauptfunktion der Projektoren sei unzweifelhaft die Projektion von Bildern auf externe Flächen. Hauptfunktion von Produkten, die unter TN 8528 71 oder TN 8528 72 einzureihen sind, sei - im Gegensatz zu den Projektoren - aber jedenfalls der Fernsehempfang. Es könne somit nur die TN Projektoren rechtlich richtig sein.
Eine von der italienischen Zollbehörde am (gültig bis ) erteilte verbindliche Zolltarifauskunft (ITBTI2020-0052M-135100, "ITVZA"), die sich auf ein Vorgängermodell der Projektoren beziehe, bestätige die Einreihung der Projektoren unter TN Projektoren.
Darüber hinaus würden andere näher genannte VZTA's aus Deutschland zeigen, dass Geräte, welche unter der Bezeichnung Projektor geführt werden und Digital Light Processing (DLP) nutzen, unter die TN Projektoren eingestuft worden seien. Unter diesen Geräten finden sich zudem auch solche, welche neben DLP über ein Android-TV-Betriebssystem verfügen bzw die Funktion des "smart TV" aufweisen (Verweis auf Entscheidungen aus Belgien, Spanien und Frankreich). Auch diese Geräte seien unter TN Projektoren subsumiert worden.
Soweit ersichtlich reihe lediglich die VZTA: PLBTIWIT-2021-001051 ein Projektionsgerät unter die TN Projektionsfemsehgeräte; betroffen wäre allerdings, im Unterschied zu den Projektoren, ein Gerät mit eingebautem TV-Tuner.
Eine Einreihung der Produkte unter TN Projektionsfemsehgeräte sei auch vor dem Hintergrund der Erläuterungen KN nicht gedeckt. Die Projektoren würden über keine eingebauten Bildröhren verfügen. Die Projektion der Bilder auf externe Flächen erfolge nicht im Wege einer Bildröhre. Ganz im Gegenteil würden die Projektoren DLP mit optischer Linse nutzen. Weiters sei allen Projektoren gemein, dass kein Projektionsschirm vorhanden sei.
Zusammenfassend könne festgehalten werden, dass die Projektoren elektronische Geräte sind, welche Bilder auf externe Oberflächen projizieren können, über Android-TV-Betriebssysteme verfügen und keine Bildröhren/Bildschirme sowie keinen DVB-Tuner aufweisen. Die Projektoren würden DLP mit optischer Linse nutzen.
Die technischen Daten der Projektoren könnten im Internet aufgerufen werden. Benutzerhandbücher seien der Beschwerde beigelegt.
Aus den genannten Gründen sei es zu keiner unrichtigen Abgabenvorschreibung infolge unrichtiger oder unvollständiger Angaben in der Zollanmeldung gekommen und der angefochtene Bescheid aufzuheben.
Das Zollamt hat die Beschwerde vom mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zahl: ***800000/000000/01/2023***, als unbegründet abgewiesen.
Die Abgabenbehörde hält daran fest, dass die betreffenden Einfuhrwaren aufgrund ihrer technischen Ausführungen und Spezifizierung nicht von der Zolltarifnummer 8528 6200 00 erfasst, sondern als Projektionsfernsehgeräte (Projektoren mit Android TV- Funktionen) nach dem Wortlaut der Unterposition in die Warennummer 8528 7210 00 im Rahmen der Anwendung der Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur einzureihen sind.
Mit Schreiben vom wurde beantragt, das Bundesfinanzgericht möge über die Beschwerde entscheiden. Wie schon in der Beschwerde wird im Vorlageantrag neuerlich die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Entscheidung durch den Senat beantragt.
Mit Schreiben vom hat die Bf zur Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung einen Schriftsatz samt Anlagen (ua diverse verbindliche Zolltarifauskünfte) vorgelegt.
Am hat das Zollamt dem Bundesfinanzgericht eine Stellungnahme der Technischen Untersuchungsanstalt vom samt Anlagen vorgelegt.
Die beantragte mündliche Senatsverhandlung wurde am in Innsbruck durchgeführt.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Strittig ist im vorliegenden Fall, unter welche Warennummer die verfahrensgegenständlichen Projektoren der ***CN*** zu subsummieren sind.
Nach Ansicht der Bf sind die Erzeugnisse als Projektoren zum direkten Anschluss an und für die Verwendung mit einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine der Position 8471 in die Position 8528 62 00 einzureihen, nach Ansicht der belangten Behörde als Projektionsfernsehgeräte in die Position 8528 72 10.
Unstrittig ist, dass alle betreffenden Modelle über ein Android-Betriebssystem verfügen und geeignet sind, live mittels Internettechnologie Fernsehsignale zu empfangen (IPTV-Streaming-Funktion).
Mit der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 wurde eine Warennomenklatur ("Kombinierte Nomenklatur" oder "KN") eingeführt, die sowohl den Erfordernissen des Gemeinsamen Zolltarifs als auch denen der Außenhandelsstatistik der Union sowie anderen Unionspolitiken in den Bereichen Wareneinfuhr und -ausfuhr entspricht.
Die durch die oa Verordnung eingeführte KN beruht auf dem weltweiten Harmonisierten System zur Bezeichnung und Codierung der Waren (im Folgenden: HS), das vom Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens, jetzt Weltzollorganisation, ausgearbeitet und durch das am in Brüssel geschlossene Internationale Übereinkommen eingeführt wurde, das im Namen der Gemeinschaft mit dem Beschluss 87/369/EWG des Rates vom (ABl. L 198, S. 1) genehmigt wurde. Die KN übernimmt die Positionen und sechsstelligen Unterpositionen des HS; nur die siebte und die achte Stelle bilden eigene Unterteilungen. Die KN ist ebenso wie die autonomen und vertragsmäßigen Zollsätze und die zusätzlichen Einheiten für statistische Zwecke in Anhang I der genannten Verordnung enthalten.
Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH ist die Fassung der KN anwendbar, die zum Zeitpunkt des Erlasses der nationalen Entscheidung in Kraft war.
Anwendbar sind im vorliegenden Fall daher die
Durchführungsverordnung (EU) 2020/1577 der Kommission vom zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und Statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif, die ab dem gilt, und die
Durchführungsverordnung (EU) 2021/1832 der Kommission vom zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und Statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif, die ab dem gilt.
Die genannten Durchführungsverordnungen unterscheiden sich hinsichtlich der KN-Codes und der Warenbezeichnung der relevanten Positionen nicht.
Die in Abschnitt XVI Kapitel 85 des Teils II des Anhangs I dieser Verordnung enthaltene Position 8528 der KN betrifft "Monitore und Projektoren, ohne eingebautes Fernsehempfangsgerät; Fernsehempfangsgeräte, auch mit eingebautem Rundfunkempfangsgerät oder Ton- oder Bildaufzeichnungs- oder -wiedergabegerät". Diese Position ist unterteilt in:
Monitore mit Kathodenstrahlröhre;
andere Monitore;
Projektoren und
Fernsehempfangsgeräte, auch mit eingebautem Rundfunkempfangsgerät oder Ton- oder Bildaufzeichnungs- oder -wiedergabegerät.
In der die Position 8528 betreffenden Erläuterung zum HS heißt es:
"8528 62 00 bis 8528 69 80:
Projektoren
Nicht hierher gehören Erzeugnisse mit einem Projektor und einem Bildschirm zusammen in einem gemeinsamen Gehäuse (Unterpositionen 8528 52 10 bis 8528 59 00 oder mit eingebautem Fernsehempfangsgerät Unterposition 8528 72 10 ).
(Fassung in englischer Sprache:
Projectors
These subheadings do not include products comprising a projector and a screen in the same housing (subheadings 8528 52 10 to 8528 59 00 or, when incorporating reception apparatus for television, subheading 8528 72 10).
8528 72 10:
Projektionsfernsehgeräte
Projektionsfernsehgeräte sind Geräte mit einer oder mehreren eingebauten Bildröhren, bei denen das Bild mit Hilfe eines optischen Systems auf einen Schirm projiziert wird.
Der Projektionsschirm kann entweder zusammen mit dem Fernsehempfangsgerät in einem Gehäuse untergebracht oder außerhalb dieses Gehäuses angeordnet sein.
(Fassung in englischer Sprache:
Television projection equipment
This subheading includes projection equipment incorporating reception apparatus for television. Such equipment projects the image via an optical system onto a screen. It may be based on cathode-ray-tube or flat-panel (for example, DMD, LCD, plasma) technology.
The projection screen may be either incorporated in the same housing as the television receiver or may be separate.)"
Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sowie des Verwaltungsgerichtshofes (vgl etwa , vom , C-396/02, vom , C-445/04, und vom , C-288/18; ; ) ist im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen und in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln des Gemeinsamen Zolltarifs festgelegt sind (vgl die Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der KN).
Soweit in den Positionen und Anmerkungen nichts anderes bestimmt ist, richtet sich die Einreihung nach den Allgemeinen Vorschriften 2 bis 5 für die Auslegung der KN. Daneben gibt es nach dem Übereinkommen zum HS Erläuterungen und Einreihungsavise, die ebenso wie die Erläuterungen zur KN bzw zum HS, die von der Europäischen Kommission bzw der Weltzollorganisation ausgearbeitet wurden, ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen darstellen (vgl , vom , C-143/96, und vom , C-11/93). Auf den Verwendungszweck einer Ware darf nur dann abgestellt werden, wenn im Wortlaut der Bestimmungen oder in den Erläuterungen dazu ausdrücklich auf dieses Kriterium Bezug genommen wird (vgl zB BFH, Urteile vom , VII R 83/9 und vom , VII R 42/98).
Die ErlHS werden von der Weltzollorganisation in englischer und französischer Sprache verfasst und herausgegeben. Diese Sprachfassungen sind als maßgeblich anzusehen, die deutsche Fassung, die sich auch im elektronischen Zolltarif findet, ist inoffiziell und damit im Falle eines Widerspruchs zur englischen oder französischen Fassung nicht maßgeblich (vgl C- 280/97).
Zum Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen der KN ist festzustellen, dass die KN-Position 8528 ua Monitore und Projektoren ohne eingebautes Fernsehempfangsgerät erfasst.
Die streitigen Projektoren verfügen über eine IPTV-Streaming-Funktion. IPTV (Internet Protocol Television) steht für die Übertragung von Fernsehprogrammen und Filmen mit Hilfe des Internet Protocols. Das Endgerät empfängt beim IPTV Datenströme über eine Internetanbindung, teilt diese in Unterströme auf (Audio, Video, Daten etc.), dekodiert und liefert ein Bild- und Audiosignal an die Video-Audio-Ausgabeeinheit.
Geräte, mit denen mittels Internettechnologie live übermittelte Fernsehsignale empfangen, eingestellt und verarbeitet werden können, sind in die Unterpositionen 8528 71 , 8528 72 oder 8528 73 00 der KN einzureihen ().
Die Verwendung des allgemeinen Begriffs "Projektoren" in KN-Unterposition 8528 62 00 bedeutet nicht, dass alle Projektoren grundsätzlich zu dieser Unterposition gehören. Nur Projektoren ohne eingebautes Fernsehempfangsgerät können - unabhängig von der Hauptfunktion - in die KN-Unterposition 8528 62 00 eingereiht werden, Projektoren mit IPTV-Streaming-Funktion gehören aufgrund des Wortlautes der Position 8528 nicht zur KN-Unterposition 8528 62 00 "Projektoren zum direkten Anschluss an und für die Verwendung mit einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine der Position 8471".
Aus den genannten Gründen handelt es sich bei den so genannten Projektoren um Fernsehempfangsgeräte im Sinne der KN. Diese werden unterteilt in Geräte
der Beschaffenheit nach nicht für den Einbau eines Videobildschirms hergerichtet;
andere, für mehrfarbiges Bild und
andere, für einfarbiges Bild.
Es ist also in einem nächsten Schritt zu klären, ob die verfahrensgegenständlichen Fernsehempfangsgeräte der Beschaffenheit nach für den Einbau eines Videobildschirms hergerichtet sind oder nicht.
Laut Vorbringen der Bf ist dies nicht der Fall, die belangte Behörde ist anderer Ansicht und verweist auf den diesbezüglichen Wortlaut in der englischen und französischen Version der Kombinierten Nomenklatur, wonach nicht unbedingt auf einen Videobildschirm abgestellt werde. Es sei klar, dass die vorliegenden Einfuhrwaren alle HDMI Anschlüsse und die Möglichkeit einer Bluetooth Verbindung besitzen und der vorgesehene Verwendungszweck für die diesbezüglichen Waren die Projektion von Bildern und Filmen auf eine Leinwand und nicht auf einen Bildschirm darstelle.
Der Text "der Beschaffenheit nach nicht für den Einbau eines Videobildschirms hergerichtet" lautet in der englischen Fassung "Not designed to incorporate a video display or screen", in der französischen Fassung "non conçus pour incorporer un dispositif d'affichage ou un écran vidéo". Ein Widerspruch zwischen diesen Sprachfassungen ist nicht zu erkennen.
Ausschlaggeben ist auch nicht, ob tatsächlich ein Display oder Bildschirm eingebaut ist, sondern nur, ob das Gerät dafür hergerichtet ist.
Zur mündlichen Verhandlung sind die von der Technischen Untersuchungsanstalt untersuchten Mustergeräte von der Bf dem Senat vorgelegt worden.
Die Prüfung dieser Muster, der Inhalt der vorliegenden Handbücher und die technischen Beschreibungen (auch in den betreffenden ETOS-Befunden) führen zum Ergebnis, dass die verfahrensgegenständlichen Erzeugnisse nicht für den Einbau eines Bildschirms hergerichtet sind. Vielmehr wird das Bild unbestritten aus kurzer Distanz auf eine externe Oberfläche projiziert.
Zum Hinweis der Bf auf die Erläuterungen zu 8528 72 10, wonach Projektionsfernsehgeräte Geräte mit einer oder mehreren eingebauten Bildröhren sind, bei denen das Bild mit Hilfe eines optischen Systems auf einen Schirm projiziert wird, der entweder zusammen mit dem Fernsehempfangsgerät in einem Gehäuse untergebracht oder außerhalb dieses Gehäuses angeordnet sein kann, ist festzustellen, dass dies nicht bedeutet, dass in Projektionsfernsehgeräte zwingend Bildröhren eingebaut sein müssen.
Eine Einreihung der Erzeugnisse als Projektionsfernsehgeräte der Position KN 8528 72 10 setzt allerdings voraus, dass es sich um andere Fernsehempfangsgeräte (der Beschaffenheit nach für den Einbau eines Videobildschirms hergerichtet) für mehrfarbiges Bild handelt.
Da dies aufgrund der vorstehenden Ausführungen nicht der Fall ist, scheidet eine Einreihung in die genannte Position aus.
Das Bundesfinanzgericht kommt aus den genannten Gründen zu dem Schluss, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Erzeugnissen weder um Projektoren der Position 8528 62 00 handelt noch um Projektionsfernsehgeräte der Position 8528 72 10.
Im vorliegenden Fall umfasst die Unterposition 8528 71 der KN Fernsehempfangsgeräte, die der Beschaffenheit nach nicht für den Einbau eines Videobildschirms hergerichtet sind.
Dabei wird zwischen "Videotunern" in den Unterpositionen 8528 71 11, 8528 71 15 und 8528 71 19 der KN und "anderen" in den Unterpositionen 8528 71 91 und 8528 71 99 unterschieden.
Hier ist klarzustellen, dass die Ausdrücke "Empfang von Fernsehsignalen" und "Empfang von Videosignalen" in ihrer Bedeutung übereinstimmen (, C-330/11, C-382/11 und C-383/11, Rn 29).
Der Begriff "Videotuner" wird in der KN nicht definiert. Nach ständiger Rechtsprechung sind die Bedeutung und die Tragweite von Begriffen, die das Unionsrecht nicht definiert, entsprechend ihrem üblichen Sinne im gewöhnlichen Sprachgebrach und unter Berücksichtigung des Zusammenhangs, in dem sie verwendet werden, und der mit der Regelung, zu der sie gehören, verfolgten Ziele zu bestimmen (zB EuGH, , C-320/11, C-330/11, C-382/11 und C-383/11, Rn 38).
Nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch sind Videotuner (auch TV-Tuner genannt) Geräte, die Hochfrequenz-Fernsehsignale in Signale umwandeln, die von Geräten zur Bildaufnahme oder -wiedergabe oder von Monitoren verwendet werden können. Sie ermöglichen auch die Wahl von Fernsehsignalen, die auf einer bestimmten Frequenz ausgestrahlt werden.
Diese Definition wird durch die Erläuterungen zur KN bestätigt, die zum Zeitpunkt der in Rede stehenden Einfuhren gültig waren.
Denn nach den am veröffentlichten Erläuterungen zur KN "enthalten [Videotuner] Schaltkreise für die Programmwahl, die die Wahl eines bestimmten Kanals oder einer Trägerfrequenz ermöglichen, sowie Demodulationsschaltungen. Die Geräte können auch mit einer Dekodiervorrichtung (Farbe) oder einer Trennschaltung für die Synchronisierung ausgestattet sein. Sie sind im Allgemeinen für den Empfang über eine Einzelantenne oder eine Gemeinschaftsantenne bestimmt (Hochfrequenzkabelfernsehen).
Das Ausgangssignal kann als Eingangssignal für Monitore oder für Geräte zur Bildaufnahme oder -wiedergabe verwendet werden. Dabei handelt es sich um das ursprüngliche Bildsignal der Kamera vor der Modulation durch den Sender.
Hierher gehören auch analoge Videotuner in Form von Modulen, die zumindest Hochfrequenzschaltungen (RF-Block), Zwischenfrequenzschaltungen (IF-Block) und Demodulationsschaltungen (DEM- Block) enthalten, wobei am Ausgang ein separates Audio- und ein CVB-Signal (Composite Video Baseband Signal) bereitstehen.
Hierher gehören auch digitale Videotuner in Form von Modulen, die zumindest den RF-Block, den IF-Block, den DEM-Block und einen MPEG-Decoder für digitales Fernsehen enthalten, wobei am Ausgang ein separates Audio- und ein digitales Videosignal bereitstehen.
Module, die sowohl einen analogen als auch einen digitalen Videotuner enthalten, gehören hierher, wenn eines der Module als vollständiger oder fertiger Videotuner gemäß der Allgemeinen Vorschrift 2 a) für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur einzureihen ist.
Ein Modul, das die oben genannten Voraussetzungen nicht erfüllt, ist als Teil in die Position 8529 einzureihen."
Laut den vorliegenden technischen Daten und Beschreibungen handelt es sich bei den verfahrensgegenständlichen Geräten nicht um Video- oder TV-Tuner. Dies wurde von der Bf bei der mündlichen Verhandlung auch ausdrücklich bestätigt.
Wenn es sich nicht um Videotuner handelt, sondern um andere Geräte, stehen zwei Unterpositionen zur Auswahl:
Geräte auf Mikroprozessorenbasis, mit eingebautem Modem für den Internetanschluss, für den interaktiven Informationsaustausch, geeignet zum Empfang von Fernsehsignalen (sog. "Set-Top-Boxen (STB) mit Kommunikationsfunktion", einschließlich Geräte, die mit einer Aufnahme- oder Wiedergabefunktion ausgestattet sind, vorausgesetzt, das Gerät behält den wesentlichen Charakter einer Set-Top-Box mit Kommunikationsfunktion) und
andere.
Die Zusätzlichen Anmerkung 2 zu Kapitel 85 lautet:
"Nur für die Zwecke der Unterpositionen 8528 71 15 und 8528 71 91 erfasst der Begriff "Modem" Geräte oder Vorrichtungen, die Eingangs- und Ausgangssignale modulieren und demodulieren, wie V.90-Modems oder Kabelmodems, sowie andere Geräte, die für den Zugang zum Internet ähnliche Technologien verwenden, wie WLAN, ISDN und Ethernet. Der Zugang zum Internet kann durch den Dienstanbieter beschränkt sein.
Geräte dieser Unterpositionen müssen einen wechselseitigen Kommunikationsprozess oder einen wechselseitigen Informationsfluss zur Herstellung eines interaktiven Informationsaustausches ermöglichen."
Laut Auskunft der Bf und den vorliegenden technischen Daten und Beschreibungen ist in die verfahrensgegenständlichen Geräte kein Modem im Sinne der vorstehenden Anmerkung eingebaut.
Daraus folgt, dass die gegenständlichen Geräte als andere Fernsehempfangsgeräte in die Position 8528 71 99 einzureihen sind. Der vertragsgemäße Drittlandszollsatz für derartige Geräte hat zwischen (Tag der ersten Einfuhr) und 5,3 % betragen, zwischen und (Tag der letzten Einfuhr) 3,5 %.
Hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Bodenständer und Tragetaschen ist unstrittig, dass diese - wie in der Niederschrift und im angefochtenen Bescheid ausgeführt - in den betreffenden Zollanmeldungen falsch eingereiht worden sind. Die Neuberechnung der Abgaben beschränkt sich daher auf die Geräte des KN-Codes 8528 (siehe Berechnungsblatt), wobei gemäß § 62 ZollR-DG die Abänderung der Festsetzung von Einfuhrumsatzsteuer im Rechtsbehelfsverfahren zu unterbleiben hat, da die Bf als Empfänger für diese Abgabe nach den umsatzsteuerrechtlichen Vorschriften zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Zulassung der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Hinblick darauf, dass Mitgliedstaaten anderen Antragstellern anderslautende vZTA-Entscheidungen für diverse Projektoren erteilt haben und eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes über die Einreihung der verfahrensgegenständlichen Geräte fehlt, wird die Revision zugelassen.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | § 62 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994 |
Verweise | P |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.3200018.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at