Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.06.2024, RV/7500267/2024

Parkometer: Vorbringen der Mangelhaftigkeit der vorangegangenen Organstrafverfügung gegen ein Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7500267/2024-RS1
Allfällige Mängel der Organstrafverfügung sind im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren betreffend dieselbe Tat nicht relevant.
RV/7500267/2024-RS2
Die Nichtentrichtung (Verkürzung, Hinterziehung) der Parkometerabgabe infolge des Unterlassens, die Parkometerabgabe zu entrichten, bewirkt einen Schaden für die Stadt Wien. Denn der Stadt Wien entgeht durch die festgestellte Nichtentrichtung der Parkometerabgabe zu einem bestimmten Zeitpunkt die rechtzeitige Einnahme von Parkometerabgabe in Höhe von zumindest 1,25 Euro (für eine angefangene halbe Stunde nach dem derzeitigen Tarif). Eine Verkürzung liegt bereits dann vor, wenn die Abgabe nicht zum vorgesehenen Termin entrichtet wird (vgl. ). Folglich enthält der Tatbestand des § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 durch die Verkürzung der Abgabe (ebenso durch die Hinterziehung der Abgabe) den Eintritt eines Schadens. Deshalb normiert § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 ein Erfolgsdelikt (vgl. auch zur ähnlich formulierten, damaligen Fassung des § 19 Abs. 1 erster Satz Wiener Vergnügungssteuergesetz) und kein sogenanntes Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Christian Seywald in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, (Beschwerdeführer) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 51/2005, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 9/2006 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 24/2012, über die Beschwerde des Beschwerdeführers vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , Zahl: MA67/Zahl1/2024, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von € 12,00 zu leisten.

III. Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG wird der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde bestimmt.

IV. Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine (ordentliche) Revision an den VwGH (durch die belangte Behörde) nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Hinweis: Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Vorauszuschicken ist:

  1. Hinsichtlich des Kraftfahrzeuges des Beschwerdeführers wurden am zwei Organstrafverfügungen - die erste um 09:49 Uhr betreffend fehlendem Parkschein mit der Identifikationsnummer IDnr und die zweite um 09:51 betreffend Halten und Parken verboten / Anrainerzone - ausgestellt.

  2. Gemäß Art. 131 Abs. 5 B-VG idF BGBl I 51/2012 iVm § 5 des Wiener Landesgesetzes über die Organisation der Abgabenverwaltung und besondere abgabenrechtliche Bestimmungen in Wien (WAOR), LGBl. 21/1962 idF LGBl. 45/2013, ist das Bundesfinanzgericht (BFG) für die Entscheidung über Beschwerden in Angelegenheiten der abgabenrechtlichen Verwaltungsübertretungen u.a. zur Wiener Parkometerabgabe zuständig. Der Verfassungsgerichtshof bestätigte die Verfassungskonformität dieser Zuständigkeitsübertragung vom (Landes)Verwaltungsgericht Wien auf das BFG durch § 5 WAOR mit seinem Erkenntnis vom unter Zahl G 139/2014-10.

  3. Hingegen ist das BFG nicht für die Entscheidung über Beschwerden in Angelegenheiten der Verwaltungsübertretungen nach der Straßenverkehrsordnung 1960 zuständig.

Mit Straferkenntnis vom , Zahl: MA67/Zahl1/2024, hat der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67 (als belangte Behörde) dem Beschwerdeführer ***Bf1*** (als beschwerdeführender Partei) angelastet, er habe die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt, indem er das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen WienX am um 09:49 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1090 Wien, straßeY, abgestellt habe, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben.
Dadurch habe die beschwerdeführende Partei die Rechtsvorschrift des § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, in der geltenden Fassung, verletzt.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung werde über die beschwerdeführende Partei gemäß § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von € 60,00 sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt.
Ferner habe die beschwerdeführende Partei gemäß § 64 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG einen Betrag von € 10,00 als Mindestbeitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) betrage daher € 70,00.

Dieses Straferkenntnis wurde folgendermaßen begründet:

"Das Fahrzeug wurde beanstandet, weil es ohne gültigen Parkschein abgestellt war.

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Organstrafverfügung samt Fotos, welche von einem Parkraumüberwachungsorgan der Landespolizeidirektion Wien auf Grund einer eigenen dienstlichen Wahrnehmung gelegt wurde.

Bereits vor Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens bestritten Sie die Übertretung und wendeten mehrmals im Wesentlichen ein, dass die Organstrafverfügung It. eines Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichts nicht korrekt ausgefüllt (Unterschrift des Parkraumüberwachungsorgans fehlt) ist und sohin aufgrund dieses formellen Mangels nicht der gesetzlichen Norm entspricht.

Die Übertretung wurde Ihnen mit Strafverfügung angelastet.

In Ihrem Einspruch blieben Sie bei Ihren bisherigen Ausführungen und legten als Beweis eine beglaubigte Kopie der Organstrafverfügung vor.

Beweis wurde durch Einsichtnahme in den gegenständlichen Verwaltungsstrafakt erhoben.

Dazu wird Folgendes festgestellt:

Unbestritten blieb, dass Sie gegenständliches Fahrzeug an der Tatörtlichkeit abgestellt haben.

Zu Ihrem Vorbringen, weist die Behörde auf folgenden Auszug aus dem Verwaltungsstrafgesetzbuch hin (abgekürztes Verfahren §§ 47-50):

§50 Abs. 4 VStG 1991:

"Eine Organstrafverfügung hat die Tat, die Zeit und den Ort ihrer Begehung, den Strafbetrag und die Behörde, in deren Namen eingeschritten wurde, anzugeben. Falls ein Beleg gemäß Abs. 2 verwendet wird, hat das Organ zusätzlich jene Daten festzuhalten, die für eine allfällige Anzeigenerstattung an die Behörde erforderlich sind."

Demnach ist es für die Behörde laut vorangegangener Erläuterung nicht relevant, ob das zuständige Parkraumüberwachungsorgan der Landespolizeidirektion Wien eine handschriftliche Signatur beifügt, da die automatische Anfügung der Dienstnummer des Organs als ausreichend zu betrachten ist.

Es sind im Zuge des Verfahrens somit keine Tatsachen oder Umstände vorgekommen, die zu dessen Einstellung führen könnten.

Jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstellt, muss bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten (§ 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung).

Abgabepflichtige, die ein mehrspuriges Fahrzeug in einer Kurzparkzone abstellen, haben dafür zu sorgen, dass es während der Dauer seiner Abstellung mit einem richtig angebrachten und richtig entwerteten Parkschein gekennzeichnet oder ein elektronischer Parkschein aktiviert ist (§§ 3 Abs. 1 und 7 Abs. 1 der Kontrolleinrichtungenverordnung, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 33/2008).

Aufgrund der Aktenlage ist daher festzustellen, dass Sie dieser Verpflichtung nicht nahgekommen sind.

Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaubt bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liegt im gegenständlichen Fall nicht vor.

Bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, bei welchem das Tatbild in einem bloßen Verhalten ohne Merkmal des Erfolges besteht, weshalb auch der tatsächliche Eintritt einer Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer zur Verwirklichung des Tatbildes nicht erforderlich ist.

Sie haben daher den objektiven Tatbestand der angelasteten Übertretung verwirklicht.

Zur Strafbarkeit genügt fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört, somit schon die bloße Nichtbefolgung eines Gebotes oder das Zuwiderhandeln gegen ein Verbot eine Strafe nach sich zieht, und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (§ 5 Abs. 1 VStG).

Somit sind im Zuge des Verfahrens keine Tatsachen hervorgekommen, welche zu dessen Einstellung führen hätten können, und das im Spruch näher ausgeführte und Ihnen zur Last gelegte Delikt ist aufgrund der Aktenlage als erwiesen anzusehen.

Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu EUR 365,00 zu bestrafen (§ 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006).

Die verhängte Geldstrafe soll durch ihre Höhe dazu geeignet sein, Sie wirksam von einer Wiederholung abzuhalten.

Grundlage für die Bemessung der Strafe sind gemäß § 19 VStG die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Jedes fahrlässige Verkürzen der Parkometerabgabe, d.h. jedes Abstellen eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone, ohne dass hierfür die nach der Parkometerabgabeverordnung vorgeschriebene Parkometerabgabe durch einen ordnungsgemäß entwerteten Parkschein entrichtet wird, schädigt in nicht unerheblichem Maße sowohl das öffentliche Interesse an der Entrichtung von Abgaben, als auch an der Erleichterung des innerstädtischen Verkehrs und an der Rationierung des in Wien vorhandenen Parkraumes, dem die Strafdrohung dient.

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist im Hinblick auf den Sachverhalt - selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen - nicht gerade gering.

Dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist auf Grund der Tatumstände nicht anzunehmen und es kann daher Ihr Verschulden nicht als geringfügig angesehen werden.

Bei der Strafbemessung wurden Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten, soweit diese der Behörde bekannt waren, berücksichtigt. Zudem wurde auf eventuell vorhandene verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen Bedacht genommen.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis zu EUR 365,00 reichenden Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden ist die verhängte Geldstrafe selbst bei Annahme von ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen, durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal Milderungsgründe nicht hervorgetreten sind.

Die Auferlegung des Beitrages zu den Kosten des Verfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs. 2 des VStG 1991."

Dieser angefochtene Bescheid (Straferkenntnis) vom , GZ. MA67/Zahl1/2024, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 17 Zustellgesetz am Mittwoch, (Beginn der Abholfrist für das bei der Post-Geschäftsstelle hinterlegte Dokument) zugestellt, sodass die gemäß § 7 Abs. 4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) vierwöchige Frist zur Erhebung einer Beschwerde bis Mittwoch lief.

Der Beschwerdeführer erhob mit Schreiben vom (ebenso Postaufgabe) Beschwerde gegen u.a. das vorgenannte Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, GZ. MA67/Zahl1/2024, folglich rechtzeitig. Der Beschwerdeführer führte aus:

"I. Sachverhalt

Am wurden zwei Organstrafverfügungen gemäß § 50 VStG verhängt. Die Organstrafverfügungen enthielten keine die Unterschrift des handelnden Organs.

II. Zulässigkeit und Beschwerdegründe

Der Antragsteller erhebt innerhalb der offenen First Beschwerde. Die Beschwerde ist somit rechtzeitig.

Vorgebracht wird, dass die Organstrafverfügungen keine Unterschrift des handelnden Organs haben und somit formungültig sind. Zum Beweis wurde eine beglaubigte Fotokopie der Organstrafverfügungen beigelegt (Beilage. /).

1. Unter Verweis auf das Erkenntnis des GZ. RV/7500308/2015 (Beilage. /), in welchem die formellen Bestandteile einer Organstrafverfügung aufgezählt werden und kumulativ einzuhalten sind.

Das Erkenntnis lautet auszugsweise wie folgt:
"Durchführung: § 2. Das Formular ist vom Organ im Durchschreibeverfahren in zwei Ausfertigungen auszufüllen, zu datieren und eigenhändig zu unterschreiben.".

Im vorliegenden Fall hat das Organ unterlassen bei der Strafverfügung den formellen Bestandteil "Unterschrift" beizusetzen.

2. Ferner verweist der Beschwerdeführer auf die Verwaltungsformularverordnung -VwFormV - BGBl. II Nr. 400/2013.

Das einschlägige Formular 45 zu § 50 VStG (Organstrafverfügung) positiviert als Bestandteil einer Strafverfügung eine Unterschrift.

Auszugsweise (bildliche Darstellung) lautet die einschlägige Norm wie folgt:

In den entscheidungsgegenständlichen Organstrafverfügungen wurden diese formellen Bestandteile nicht eingehalten, weshalb diese Organstrafverfügungen formell ungültig sind ("Unterschrift"). Richtig ist, dass das Organ dem Gesetz iSd § 50 Abs 4 VStG 1991 entsprochen hat, jedoch nicht der Verwaltungsformularverordnung, als Formerfordernis ("Unterschrift") einer Strafverfügung.

3. Aufgrund des Eingriffs in ein absolut geschütztes Rechtsgut (Eingriff und Verletzung des Eigentums - Artikel 5 Staatsgrundgesetz) kann erwartet werden, dass sich ein Organ anVerordnungen, welche die Formerfordernisse taxativ nennen, hält. Im konkreten Fall "Formular 45 zu § 50 VStG (Organstrafverfügung)" - BGBl. II Nr. 400/2013. Zudem bringt der Beschwerdeführer Artikel 2 Staatsgrundgesetz, Artikel 7 B-VG vor und begründet dies hiermit, dass eine Bezahlung einer formellen ungültigen Strafe dem Gleichheitsgrundsatz widerspricht.

Ferner, führt der Beschwerdeführer das Erkenntnis des GZ. RV/7500308/2015 und die vorliegenden Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Z 1 zweiter Tatbestand VStG 1991, ins Treffen.

Der Antragsteller bringt diesen formellen Mangel ("fehlende Unterschrift des Organs") vor und behält sich zudem vor, auf die materielle Rechtmäßigkeit der Organstrafverfügungen weiter einzugehen (Dauer, Ausladen von Gegenständen).

III. Antrag

1. Beantragt wird, die angefochtenen Strafverfügungen vom sowie die Straferkenntnisse vom zu GZ MA67/andereZahl/2024 und GZ MA67/Zahl1/2024 ersatzlos zu beheben und das Verfahren, wegen offensichtlicher Formmängel, gemäß § 52a VStG, einzustellen. Andernfalls ergeht der Antrag die Beschwerde dem sachlich zuständigen BFG vorzulegen.

2. Die erkennende Behörde wird höflichst ersucht die im Original vorgelegte beglaubigte Kopie, falls gemäß § 52a VStG das Verfahren nicht eingestellt wird, dem Bundesgericht für Finanzen (als Beweismittel), vorzulegen."

Der Magistrat der Stadt Wien legte die Beschwerde vom und den Magistratsakt zur GZ. MA67/Zahl1/2024 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Im Vorlagebericht an das Bundesfinanzgericht führte der Magistrat der Stadt Wien u.a. aus: "Es wird darauf hingewiesen, dass gleichzeitig eine Beschwerde betreffend eine Übertretung der StVO (GZ: MA67/andereZahl/2024) dem Verwaltungsgericht Wien vorgelegt wurde.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt:

  1. Auf der streitgegenständlichen Organstrafverfügung ist unten "Unterschrift des Organs:" vorgedruckt; die Unterschrift fehlt aber. Mit dieser Organstrafverfügung sollte eine Geldstrafe von 36,- Euro festgesetzt werden, weil das Fahrzeug folgendermaßen abgestellt worden sei: [Pkw, hell] "mit dem behördlichen Kennzeichen WienX (A) am um 09:49 Uhr in Wien 09, straßeY, gegenüber ONr. 1 in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone und das Parkometergesetzwie folgt verletzt: * Parkschein/gültiger Parkschein fehlte".

  2. Der Beschwerdeführer stellte das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen WienX in 1090 Wien, straßeY ab, sodass es dort am um 09:49 Uhr ohne Kennzeichnung durch einen gültigen Parkschein stand.

  3. Der Beschwerdeführer erhob mit Schreiben vom (= ebenso Postaufgabe; auch per E-Mail am eingebracht) einen begründeten Einspruch u.a. gegen die Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien vom mit der GZ. MA67/Zahl1/2024. Zwischen Einbringung des Einspruches und dem nicht genau feststellbaren Zustellungsdatum der Strafverfügung lag ein Zeitraum von weniger als zwei Wochen, wie aus der Datierung der Strafverfügung geschlossen werden kann.

Beweiswürdigung:

Die fehlende Unterschrift auf der Organstrafverfügung ist aus der vom Beschwerdeführer eingebrachten, notariell beglaubigten Kopie der Organstrafverfügung zu entnehmen.

Die fehlende Kennzeichnung des in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellten mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen WienX am um 09:49 Uhr mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein ist aufgrund der unbedenklichen dienstlichen Wahrnehmung des kontrollierenden Parkraumüberwachungsorganes nachgewiesen. Wie die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit E-Mail vom dargestellt hat, erfolgt die Erfassung der sachverhaltsbezogenen Angaben durch ein Passwort-geschütztes, mit der EDV-Anlage verbundenes (mobiles) Gerät des Kontrollorgans. Aus anderen Beschwerdefällen, in denen es um die genaue Uhrzeit der Beanstandung durch das Kontrollorgan ging, ist hiergerichtlich auch bekannt, dass die Uhrzeit von sehr genauen Zeitservern bezogen wird, sodass mit dem mobilen Gerät des jeweiligen Kontrollorganes der Beanstandung ein exakter Zeitpunkt zugeordnet werden kann. Hier - im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren gemäß §§ 40 bis 46 VStG - wird nicht gefordert, dass die Angaben zur Tat mittels einer Ausfertigung oder Durchschrift der Organstrafverfügung der Behörde übermittelt werden. In § 3 Abs. 1 und Abs. 3 Organstrafverfügungenverordnung der Bundesregierung, BGBl. II Nr. 510/1999, ist die Möglichkeit vorgesehen, statt einer für die Behörde bestimmten Ausfertigung bzw. Durchschrift der Organstrafverfügung deren Inhalt durch ein mobiles Datenerfassungsgerät zu erfassen. Es ist also unbedenklich, dass das Kontrollorgan seine dienstlichen Wahrnehmungen der Behörde elektronisch übermittelt hat. Für eine formal ordnungsgemäße elektronische Übermittlung ist das Erfordernis einer Unterschrift nicht normiert.

Die Details zum Einspruch des nunmehrigen Beschwerdeführers vom u.a. gegen die Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien vom mit der GZ. MA67/Zahl1/2024 ergeben sich aus der Aktenlage.

Rechtliche Würdigung:

Die Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien vom mit der GZ. MA67/Zahl1/2024 ist durch den rechtzeitigen Einspruch des nunmehrigen Beschwerdeführers vom gemäß § 49 Abs. 2 VStG außer Kraft getreten. Die vom Beschwerdeführer in der Beschwerdeschrift auch beantragte ersatzlose Aufhebung dieser Strafverfügung ist daher nicht mehr möglich.

Gemäß § 49 Abs. 2 VStG gilt der begründete Einspruch des Beschwerdeführers vom gegen die vorgenannte Strafverfügung als Rechtfertigung im Sinne des § 40 VStG; deshalb waren die Ladung des Beschuldigten (§ 41 VStG) und eine Aufforderung (§ 42 VStG) an ihn, sich zu rechtfertigen, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren entbehrlich (Raschauer/Wessely, VStG3 § 49 Rz 20 bis 22).

In dem hier aufgrund der Beschwerde vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , Zahl: MA67/Zahl1/2024, durchzuführenden Beschwerdeverfahren kann nur das verwaltungsbehördliche ordentliche Verwaltungsstrafverfahren gemäß §§ 40 bis 46 VStG, in welchem das vorgenannte Straferkenntnis ergangen ist, beurteilt werden. Ob die vorhergehenden abgekürzten Verfahren gemäß § 50 VStG (hinsichtlich Organstrafverfügung vom ) und gemäß § 49a VStG (hinsichtlich Anonymverfügung vom ) und gemäß §§ 47 bis 49 VStG (hinsichtlich Strafverfügung vom ) ordnungsgemäß durchgeführt worden sind, kann hier nicht beurteilt werden. Denn es gibt in den §§ 40 bis 46 VStG hinsichtlich des ordentlichen Verwaltungsstrafverfahrens keinen Hinweis darauf, dass die Ordnungsmäßigkeit der vorangegangenen abgekürzten Verfahren irgendeine Relevanz hätte.

Gegen Organstrafverfügungen ist kein Rechtsmittel zulässig. Mangels Bescheidqualität scheidet die Erhebung einer Beschwerde an ein Verwaltungsgericht und die Anrufung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts aus. Der Rechtsschutz gegen Organstrafverfügungen ist eigens in § 50 Abs. 6 VStG geregelt und besteht in der Verweigerung der Annahme der Organstrafverfügung oder in der Unterlassung der Zahlung des Strafbetrages, woraufhin die Strafverfügung gegenstandslos wird. (Vgl. Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG3 § 50 Rz 25).
Wegen der gesetzlich nicht vorgesehenen Möglichkeit, ein Rechtsmittel dagegen einzulegen, ist die verfahrensgegenständliche Organstrafverfügung mit der Identifikationsnummer IDnr einer nachträglichen Überprüfung durch das Bundesfinanzgericht, insbesondere auch hinsichtlich der Einhaltung aller rechtlich vorgeschriebenen Formerfordernisse, nicht zugänglich.

Der Beschwerdeführer verweist auf das Erkenntnis des GZ. RV/7500308/2015, in welchem die formellen Bestandteile einer Organstrafverfügung aufgezählt würden und kumulativ einzuhalten seien:

  1. Der Beschwerdeführer zitiert in seinem Einspruch vom gegen die Strafverfügung vom folgendermaßen aus dem vorgenannten BFG-Erkenntnis: "Lt. § 2 Organstrafverfügungenverordnung liegen kumulative Voraussetzungen für die gültigkeit der Organstrafverfügung vor: zwei Ausfertigungen, Datum und eigenhändige Unterschrift, welche in meinen Fall unterlassen wurde."

  2. Der Beschwerdeführer zitiert in seiner Beschwerde vom gegen das Straferkenntnis vom folgendermaßen aus dem vorgenannten BFG-Erkenntnis: "Durchführung: § 2. Das Formular ist vom Organ im Durchschreibeverfahren in zwei Ausfertigungen auszufüllen, zu datieren und eigenhändig zu unterschreiben.".

Damit zitiert der Beschwerdeführer korrekt aus der Begründung des Erkenntnisses des GZ. RV/7500308/2015. Die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens durch jenes Erkenntnis erfolgte laut Spruch gemäß § 45 VStG und zwar laut Begründung im Detail gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 zweiter Tatbestand VStG, d.h. weil die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bilde. Denn die Beschwerdeführerin in jenem Verfahren habe laut Erkenntnisbegründung die Parkometerabgabe korrekt entrichtet und die ihr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob in jenem Verfahren die Einstellung eher gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 erster Tatbestand VStG hätte erfolgen sollen.

Aus dem vorgenannten BFG-Erkenntnis kann auf das Verfahren des Beschwerdeführers lediglich übertragen werden, dass zu beurteilen ist, ob er die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen hat. Eine Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit der vorangegangenen abgekürzten Verfahren kann hier nicht erfolgen, wie bereits dargelegt wurde. Hier kann es deshalb insbesondere dahingestellt bleiben,

  1. ob einerseits die in § 50 Abs. 4 VStG nicht angeführte Anforderung einer Unterschrift auf der Organstrafverfügung

  2. mit andererseits einer Notwendigkeit der Unterschrift auf der Organstrafverfügung gemäß §§ 1 und 2 Organstrafverfügungenverordnung der Bundesregierung in Verbindung mit § 1 und dem angeschlossenen Formular 45 (Organstrafverfügung) der Verwaltungsformularverordnung der Bundesregierung

in einem relevanten Gegensatz stehen.

Gestützt auf § 7 Abs. 5 Finanz-Verfassungsgesetz 1948 (F-VG), ermächtigt § 17 Abs. 3 Finanzausgleichsgesetz (FAG) 2024, die Gemeinden "durch Beschluss der Gemeindevertretung folgende Abgaben vorbehaltlich weitergehender Ermächtigung durch die Landesgesetzgebung auszuschreiben:

5.
Abgaben für das Abstellen mehrspuriger Kraftfahrzeuge in Kurzparkzonen gemäß §25 StVO1960. Ausgenommen sind:

g)
Fahrzeuge, die lediglich zum Zwecke des Aus- und Einsteigens von Personen oder für die Dauer der Durchführung einer Ladetätigkeit halten."

Eine in § 17 Abs. 3 FAG 2024 vorgesehene weitergehende Ermächtigung enthält § 1 Abs. 1 des [Wiener Landes-]Gesetzes über die Regelung der Benützung von Straßen durch abgestellte mehrspurige Kraftfahrzeuge (Parkometergesetz 2006), welcher lautet:
"Die Gemeinde wird ermächtigt, durch Verordnung für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen gemäß § 25 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), BGBl. Nr. 159/1960, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 99/2005, die Entrichtung einer Abgabe auch für mehrspurige Kraftfahrzeuge vorzuschreiben, die lediglich zum Zwecke des Aus- und Einsteigens von Personen oder für die Dauer der Durchführung einer Ladetätigkeit halten."

Somit ist die Gemeinde Wien ermächtigt, mittels Beschlusses der Gemeindevertretung (Wiener Gemeinderat) für die gesamte Dauer des Abgestelltseins eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges in einer Kurzparkzone (innerhalb deren zeitlicher Geltung) eine Abgabe auszuschreiben (auch während Ladetätigkeit und beim Halten nur zum Ein- und Austeigen von Personen) - sofern nicht § 17 Abs. 3 lit. a bis f FAG 2024 eine (hier nicht gegenständliche) Ausnahme vorsehen.

§ 1 der Verordnung des Wiener Gemeinderats, mit der für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird (Parkometerabgabeverordnung) normiert insbesondere:
"Für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO 1960) ist eine Abgabe zu entrichten." sowie "der Begriff ´Abstellen´ umfasst sowohl das Halten im Sinne der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 Z 27 der StVO 1960, als auch das Parken im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 28 der StVO 1960 von mehrspurigen Kraftfahrzeugen".
Gemäß § 2 der Parkometerabgabeverordnung beträgt die Abgabe für jede halbe Stunde Abstellzeit 1,25 Euro, wobei für angefangene halbe Stunden der volle Abgabenbetrag zu entrichten ist.
Damit hat die Gemeinde Wien durch den Wiener Gemeinderat im Rahmen der Ermächtigung die Parkometerabgabe grundsätzlich für die gesamte Dauer des Abgestelltseins eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges während der zeitlichen Geltung einer Kurzparkzone ausgeschrieben, folglich ab der ersten Minute und für jede Minute des Abgestelltseins während der zeitlichen Geltung der Kurzparkzone (idR werktags von Montag bis Freitag und von 9 bis 22 Uhr). Ausnahmen hiervon, wie etwa das abgabenfreie Abstellen für bis zu 15 Minuten, sofern das Fahrzeug mit einem 15-Minuten-Gratis-Parkschein versehen ist, haben im vorliegenden Fall keine ersichtliche Anwendbarkeit. Aufgrund der landesgesetzlichen Ermächtigung durch § 1 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 enthält die Parkometerabgabeverordnung in § 6 die Ausnahmen gemäß § 17 Abs. 3 lit. a bis f FAG 2024, nicht aber die Ausnahme gemäß § 17 Abs. 3 lit. g FAG 2024 (Aus- und Einsteigens von Personen bzw. für die Dauer der Durchführung einer Ladetätigkeit). Zusätzlich gewähren § 6 lit. f und h Parkometerabgabeverordnung Ausnahmen für Taxis während der Kundenaufnahme und -abfertigung sowie für selbständige Hebammen anlässlich der Leistung von Geburtshilfe bei Verwendung einer Tafel gemäß § 24 Abs. 5c StVO 1960. Auch für diese Ausnahmen ist keine Anwendbarkeit im vorliegenden Fall ersichtlich.

§ 5 Parkometerabgabeverordnung normiert:
"(1) Die Abgabe gilt mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.
(2) Zur Entrichtung der Abgabe sind der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten Kontrollmaßnahmen mitzuwirken."

§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 normiert: "Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen."

Der Beschwerdeführer hat das verfahrensgegenständliche Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt, sodass es dort am um 09:49 Uhr ohne Kennzeichnung durch einen gültigen Parkschein stand. Damit hat der Beschwerdeführer die Parkometerabgabe nicht entrichtet, obwohl er dazu gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung für die gesamte Abstelldauer verpflichtet gewesen wäre.

Der Beschwerdeführer hat somit jedenfalls objektiv den Tatbestand der Verkürzung der Parkometerabgabe durch das Unterlassen ihrer Entrichtung verwirklicht.

§ 5 Abs. 1 und 2 VStG normieren:
"(1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte."

Wer ein Kraftfahrzeug lenkt, muss sich mit den Vorschriften, die in dem von ihm befahrenen Gebiet gelten, vertraut machen. Eine allfällige Unkenntnis der gegenständlichen Vorschriften kann somit nicht erwiesenermaßen unverschuldet sein, zumal der Beschwerdeführer solches auch nicht vorbringt.

Die Nichtentrichtung (Verkürzung, Hinterziehung) der Parkometerabgabe infolge des Unterlassens, die Parkometerabgabe zu entrichten, bewirkt einen Schaden für die Stadt Wien. Denn der Stadt Wien entgeht durch die festgestellte Nichtentrichtung der Parkometerabgabe zu einem bestimmten Zeitpunkt die rechtzeitige Einnahme von Parkometerabgabe in Höhe von zumindest 1,25 Euro (für eine angefangene halbe Stunde nach dem derzeitigen Tarif). Eine Verkürzung liegt bereits dann vor, wenn die Abgabe nicht zum vorgesehenen Termin entrichtet wird (vgl. ). Folglich enthält der Tatbestand des § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 durch die Verkürzung der Abgabe (ebenso durch die Hinterziehung der Abgabe) den Eintritt eines Schadens. Deshalb normiert § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 ein Erfolgsdelikt (vgl. auch zur ähnlich formulierten, damaligen Fassung des § 19 Abs. 1 erster Satz Wiener Vergnügungssteuergesetz) und kein sogenanntes Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG. Die widerlegliche Vermutung der Fahrlässigkeit (hinsichtlich der Schuld) des Verhaltens bei Ungehorsamsdelikten ist auf den vorliegenden Fall daher nicht anwendbar; vielmehr ist das Vorliegen von Fahrlässigkeit näher zu untersuchen:

Das VStG definiert den Begriff der Fahrlässigkeit nicht. Diesbezüglich ist nach herrschender Meinung auf § 6 StGB zurückzugreifen (Raschauer/Wessely, VStG3, § 5 Rz 1). § 6 Abs. 1 und 2 StGB lauten: "(1)Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer acht läßt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, daß er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht.
(2)
Fahrlässig handelt auch, wer es für möglich hält, daß er einen solchen Sachverhalt verwirkliche, ihn aber nicht herbeiführen will."

Nach heute herrschender Meinung setzt fahrlässiges Handeln einen doppelten Sorgfaltsverstoß voraus; erforderlich ist zum einen die Verletzung einer den Täter situationsbezogen treffenden objektiven Sorgfaltspflicht; die Anwendung dieser objektiv gebotenen Sorgfaltsanforderungen muss dem Täter aber auch zum anderen nach seinen subjektiven Befähigungen zum Tatzeitpunkt möglich gewesen sein (Lewisch/Fister/Weilguni, VStG3, § 5 Rz 4 mit Verweis auf ).

, Rn 17: "Zur Verschuldensform der Fahrlässigkeit hat der Verwaltungsgerichtshof bereits festgehalten, dass die Außerachtlassung der objektiv gebotenen und subjektiv möglichen Sorgfalt dem Täter im Sinn des §6 Abs.1StGB nur dann vorgeworfen werden kann, wenn es ihm unter dem besonderen Verhältnis des Einzelfalles auch zuzumuten war, sie tatsächlich aufzuwenden. Zur Frage des Ausmaßes der objektiven Sorgfaltspflicht hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen, dass der dafür geltende Maßstab ein objektiv-normativer ist. Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage des Täters versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig hat der Täter folglich nur dann gehandelt, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an seiner Stelle anders verhalten hätte (vgl.etwa VwGH, Ro2019/03/0020, 0021, mwN)."

Unter "Verkehrskreis" im Sinne des VwGH ist hier die Menge der Lenker, die in Wiener Kurzparkzonen ein mehrspuriges Kraftfahrzeug abstellen, zu verstehen. Ein einsichtiger und besonnener Mensch aus diesem "Verkehrskreis" hätte in der Lage des Beschwerdeführers das abgestellte Kraftfahrzeug mit einem ausreichend lange geltenden Parkschein versehen oder die Parkometergebühr elektronisch entrichtet. Der Beschwerdeführer hat daher objektiv sorgfaltswidrig gehandelt.

Zur subjektiv möglichen Sorgfalt: Das Lenken eines Kraftfahrzeuges erfordert wesentlich mehr Sorgfalt als das Nichtvergessen und Durchführen folgender Angelegenheiten: Vorrätighalten von Parkscheinen, das gegebenenfalls nötige Ausfüllen eines Parkscheines und diesen hinter der Windschutzscheibe auf das Armaturenbrett zu legen. Für Autofahrer, welche sich der elektronischen Entrichtung der Parkometerabgabe bedienen, gilt entsprechend, dass für sie das Nichtvergessen der elektronischen Entrichtung und das Abwarten der Bestätigungsmeldung wesentlich weniger Sorgfalt als das Lenken eines Kraftfahrzeuges erfordert. Somit hat der Beschwerdeführer als Autolenker die ihm subjektiv mögliche Sorgfalt außer Acht gelassen.

Zum besonderen Einzelfall: Wer fähig ist, ein Kraftfahrzeug zu lenken und abzustellen, dem ist die Aufbringung der nötigen Sorgfalt zur Entrichtung der Parkometerabgabe zuzumuten.

Der Beschwerdeführer hat es daher fahrlässig unterlassen, die Parkometergebühr zu entrichten.

Somit sind die objektiven und die subjektiven Voraussetzungen der Strafbarkeit der fahrlässigen Verkürzung der Parkometerabgabe erwiesen.

§ 19 VStG normiert:
"(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen."

Die der Bestrafung zu Grunde liegende Verwaltungsübertretung schädigte in nicht unerheblichem Maße das als sehr bedeutend einzustufende öffentliche Interesse an der Bewirtschaftung des ohnehin knappen innerstädtischen Parkraumes sowie an der ordnungsgemäßen und fristgerechten Entrichtung der Parkometerabgabe. Der objektive Unrechtsgehalt der fahrlässigen Abgabenverkürzung kann daher keineswegs als gering angesehen werden (vgl. , mwN, sowie , mwN).

Wegen der zwei rechtskräftigen verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen nach dem Wiener Parkometergesetz kommt dem Beschwerdeführer der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit (§ 19 Abs. 2 VStG in sinngemäßer Verbindung mit § 34 Abs. 1 Z 2 StGB) nicht zu Gute. Die beiden Vormerkungen von rechtskräftigen, noch nicht getilgten Verwaltungsstrafen hinsichtlich Übertretungen der Parkometerabgabeverordnung aus dem Jahr 2022 sind ein Erschwerungsgrund (Raschauer/Wessely, VStG3, § 19 Rz 13 lit. b; Lewisch/Fister/Weilguni, VStG3, § 19 Rz 13).

Da der Beschwerdeführer - was ihm zusteht - keine Angaben zu seiner Einkommens- und Vermögenssituation gemacht hat, ist von durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen auszugehen. Sorgepflichten sind ebenfalls nicht bekannt geworden und können daher nicht berücksichtigt werden.

Angesichts des bis zu € 365,00 reichenden Strafrahmens sowohl für vorsätzliche als auch für fahrlässige Begehung ist die hier wegen Fahrlässigkeit verhängte, weit unter dem Strafrahmen liegende Geldstrafe in Höhe von € 60,00 größenordnungsmäßig angemessen. Unter Bedachtnahme auf die angeführten Strafbemessungsgründe inkl. des einen Erschwerungsgrundes ist die Geldstrafe aber in einer etwas zu geringen Höhe bemessen worden. Sie darf aber in der Entscheidung über die Beschwerde gemäß § 42 VwGVG nicht erhöht werden, sodass die von der belangten Behörde verhängte Höhe der Geldstrafe zu bestätigen ist.

Unter Bedachtnahme auf die angeführten Strafbemessungsgründe (inkl. des Nichtvorliegens von Vorsatz sowie inkl. des Erschwerungsgrundes) ist die gemäß § 16 VStG für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe angemessen und daher zu bestätigen.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach die Bezahlung einer formell ungültigen Strafe im Gegensatz zu Art. 2 und 5 StGG sowie Art. 7 B-VG (Gleichheitsgrundsatz) stehe, ist zu entgegnen, dass es hier nicht mehr um die Bezahlung der 36,00 € laut Organstrafverfügung geht, sondern um die im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren festgesetzte Strafe.

Die Entscheidungsrichtung des vorliegenden Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichtes lautet daher auf Abweisung.

Zum Absehen von einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

Gemäß § 44 Abs. 3 Z 3 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von einer Verhandlung absehen, wenn im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Dies alles trifft hier zu. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass er sich vorbehalte, auf die materielle Rechtmäßigkeit der Organstrafverfügungen einzugehen ("Dauer, Ausladen von Gegenständen") ist kein Anlass, von Amts wegen eine Verhandlung durchzuführen, weil - wie bereits dargestellt wurde - die Ausschreibung der Parkometerabgabe durch den Wiener Gemeinderat

  1. für die gesamte Abstelldauer innerhalb der zeitlichen Geltung der Kurzparkzone erfolgt ist, sodass die Dauer des Abgestelltseins des Fahrzeuges nicht relevant ist,

  2. und ohne Ausnahme für die Durchführung einer Ladetätigkeit erfolgt ist, sodass das Ausladen von Gegenständen nicht relevant ist.

Kostenentscheidung

Da der Kostenbeitrag des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 64 VStG mit 10% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit € 10,00, zu bemessen ist, wurde er mit € 10,00 korrekt festgesetzt.
Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.
Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ist dieser Betrag für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen.
Die beschwerdeführende Partei hat daher gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG weitere € 12,00 als Kostenbeitrag zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu leisten.
Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.

Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.
Hier erweist sich der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).

Zur Unzulässigkeit der Revision

Art. 133 Abs. 4 und 6 B-VG normieren:
"(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.
(6) Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes kann wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben:
1. wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet;
2. die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht; […]

§ 25a Abs. 4 VwGG normiert: "Wenn in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache
1. eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und
2. im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde,
ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig."
Weil nach § 4 Abs. 1 des Wiener Parkometergesetzes 2006 lediglich eine Geldstrafe von bis zu € 365 und keine primäre Freiheitsstrafe verhängt werden darf und eine Geldstrafe in Höhe von € 60 verhängt wurde, ist eine Revision durch die beschwerdeführende Partei unzulässig (vgl. VwGH, , Ra 2022/16/0080, mwN).

Die Revision für die belangte Behörde ist unzulässig, weil sich die fehlende Relevanz formaler Mängel der Organstrafverfügung unmittelbar aus dem Gesetz (§§ 40 bis 46 VStG) ergibt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 50 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 5 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7500267.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at