Pflicht zur Entrichtung der Wiener Ortstaxe bei kurzfristiger Vermietung in einem Beherbergungsbetrieb
Rechtssätze
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RV/7400157/2018-RS1 | Steuergegenstand der Wiener Ortstaxe ist das "Aufenthalt nehmen" in einem Beherbergungsbetrieb gegen Entgelt. Bei der Beurteilung, ob ein Beherbergungsbetrieb vorliegt, kommt es auf das Gesamtbild der Tätigkeit und auf den Außenauftritt des Betriebes, das gewerbliche Anbieten auf Internetplattformen, an. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende die Richterin Mag. Katharina Deutsch LL.M., die Richterin Mag. Dr. Simone Huber, BA, den fachkundigen Laienrichter Ing. Mag. Dr. Martin Jilch sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Ulrike Richter in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Arno Hirschvogl, Trattnerhof 2/3/301, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratssabteilung 6,Rechnungs- und Abgabenwesen, Dezernat Abgaben und Recht, Referat Landes- und Gemeindeabgaben vom betreffend Wiener Ortstaxe für das Jahr 2013 gemäß dem Wiener Fremdenverkehrsförderungsgesetz, LGBl. Nr. 13/1955, sowie für die Jahre 2014 bis 2016 gemäß dem Wiener Tourismusförderungsgesetz, LGBl. Nr. 13/1955, und betreffend Verspätungszuschlag für das Jahr 2016, in Anwesenheit der Schriftführerin Christina Seper zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird betreffend Wiener Ortstaxe gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Die Wiener Ortstaxe wird - wie im angefochtenen Bescheid vom - für die Jahre 2013 bis 2016 iHv EUR 10.000,- festgesetzt.
II. Ein Verspätungszuschlag für das Jahr 2016 wird nicht festgesetzt.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Bemessungsbescheid vom setzte der Magistrat der Stadt Wien Ortstaxe für die Jahre 2013 bis 2016 iHv. EUR 10.000,- zusätzlich einem Verspätungszuschlag für das Jahr 2016 iHv. EUR 250,- fest. Mit Schreiben vom erhob der Bf. das Rechtsmittel der Beschwerde. In der Beschwerde brachte der Bf. gegen die Vorschreibung der Ortstaxe vor, dass Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften vorliege und dass kein abgabenrechtlicher Tatbestand aufgrund eines abgabenrechtlich relevanten Sachverhaltes vorläge, weshalb keine Bemessungsgrundlage ermittelt werden könne. Des Weiteren führt der Bf. Rechtswidrigkeit des Inhalts des angefochtenen Bescheides ins Treffen, da klar nachgewiesen sei, dass keine Beherbergungsdienstleistungen vorliegen würden. Eine Pflicht zur Entrichtung der Ortstaxe wäre nach Ansicht des Bf. nicht gegeben.
Der Beschwerdeführer (idF. Bf.) bringt in seiner Beschwerde vor, dass vom Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes (MRG) gemäß § 1 Abs. 2 MRG die kurzfristige Vermietung als Bestandverhältnisse ausgenommen sei, da die vertragsmäßige Dauer ein halbes Jahr nicht übersteigen würde.
Er gab weiters Folgendes an: "Laut den Auskünften unseres Klienten werden seine Wohnungen von Firmen regelmäßig vorübergehend für einen längeren beruflichen Aufenthalt in Wien ("Montagetrupps" als pars pro toto) angemietet. Voraussetzung dafür, dass diese Verträge im Sinne der angeführten Bestimmung auch als solche anerkannt werden sind: • Befristung• auf nicht mehr als sechs Monate• Wohnungen der Ausstattungskategorie A oder B• schriftlich vereinbarte Zweck muss die Vermietung als Zweitwohnung wegen berufsbedingtem vorübergehendem Ortwechsel sein. Die Möglichkeit, mit diesen Mieten aus dem Anwendungsbereich des MRG zu fallen, löst zwar noch nicht das Problem der Ortstaxe, die an einen Beherbergungsbetrieb geknüpft ist; sie kann aber als Argument dienen, welche Art von Kurzzeitvermietungen betrieben wurde: nämlich eine solche, die eine Vermietung der Wohnungen im Altbau außerhalb der Mietzinsbeschränkungen des MRG gestattet. Daher auch die nur auf kurze Zeit befristeten Mietverträge. Der OGH hat sich zur Frage der Abgrenzung der Beherbergung von der bloßen Raummiete auseinandergesetzt und dazu folgendes ausgeführt 50bl31/92 : Der Oberste Gerichtshof sprach bereits in seiner Entscheidung 5 Ob 131,132/92 (MietSlg 44.252/45) aus, dass als Betrieb eines Beherbergungsunternehmens gemäß § 1 Abs 2 Z 1 MRG im Sinne der Einheit der Rechtsordnung die (bei Überschreiten der durch § 2 Abs 1 Z 9 GewO 1973 gezogenen Grenze) konzessionspflichtige Beherbergung von Gästen im Sinne des § 189 Abs 1 Z 1 GewO 1973 zu verstehen sei. Diese erschöpfe sich nicht in der bloßen Raumvermietung, sondern umfasse auch Dienstleistungen, die mit der Vermietung üblicherweise im Zusammenhang stünden. Das Erscheinungsbild aus dem Zusammenwirken aller Umstände müsse, wenngleich im beschränkten Umfang, eine laufende Obsorge des Vermieters für das Bestandobjekt und eine daraus resultierende Betreuung des Gastes erkennen lassen. Sei eine Raumvermietung etwa bloß mit der Beistellung und Übergabe gereinigter Wäsche verbunden, so fehle es an der Summe von Dienstleistungen, die erst den Tatbestand des § 189 Abs 1 Z 1 GewO 1973 verwirkliche, weshalb in einem solchen Fall reine Sachmiete anzunehmen sei. Die Rechtsprechung zum Mietrechtsgesetz (MietSlg 41.171) und schon vorher jene zum Mietengesetz (MietSlg 34.377) habe immer auf die typischen Merkmale der Fremdenbeherbergung abgestellt. Vermietung sei eben weniger als Beherbergung. Die bloße Raumvermietung, zu der die Privatzimmervermietung außerhalb des Anwendungsbereichs des § 189 GewO 1973 gehöre, selbst wenn es sich dabei - auf welche Weise immer - um eine (faktische) Gewerbetätigkeit handle, sei deshalb nicht dem Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 2 Z 1 MRG zu unterstellen, weil sie nicht der Vermietung im Betrieb eines Beherbergungsunternehmens im Sinne des § 1 Abs 2 Z 1 MRG gleichzusetzen sei."
Weiters führte der Bf. die Bestimmungen der Gewerbeordnung ins Treffen wie folgt: "Ob ein Beherbergungsbetrieb vorliegt, ist nach der Gewerbeordnung zu beurteilen. Die bloße Raumvermietung unterliegt nicht der Gewerbeordnung. In der verlinkten VwGH Entscheidung aus dem Jahr 1992 hat sich der VwGH umfangreich mit der Abgrenzung von reiner Raummiete, die nicht der Gewerbeordnung unterliegt und für die auch keine Ortstaxe zu entrichten ist, und der Beherbergung auseinander gesetzt 91/04/0041 .Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem - zur diesbezüglich inhaltlich gleichen Rechtslage nach der GewO 1859 ergangenen - Erkenntnis vom , ZI.1758/62, dargetan hat, ist die Frage, ob gewerbsmäßige Fremdenbeherbergung anzunehmen ist, unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles zu beantworten, und zwar im Besonderen unter Bedachtnahme auf den Gegenstand des Vertrages (bloß Schlafstelle und Wohnraum und dessen Umfang), Dauer des Vertrages, Verabredung in Ansehung von Kündigung und Kündigungsfristen, Nebenverabredung über Beistellung von Bettwäsche und Bettzeug, über Dienstleistungen wie Reinigung der Haupt- und der Nebenräume, der Bettwäsche, der Kleider usw. des Mieters, Beheizung udgl. sowie auf die Art und Weise, in welcher der Betrieb sich nach außen darstellt. Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , ZI. 979/74) liegt eine dem Begriff der Fremdenbeherbergung zuzuordnende Tätigkeit dann vor, wenn gleichzeitig mit der Zurverfügungstellung von Wohnraum damit üblicherweise im Zusammenhang stehende Dienstleistungen erbracht werden. Dazu ist erforderlich, dass das aus dem Zusammenwirken aller Umstände sich ergebende Erscheinungsbild ein Verhalten des Vermieters der Räume erkennen lässt, das, WENN AUCH IN BESCHRÄNKTER FORM, eine laufende Obsorge hinsichtlich der vermieteten Räume im Sinne einer daraus resultierenden Betreuung des Gastes verrät. Im Sinne der erwähnten Judikatur würden unserer Meinung nach folgenden Argumente gegen das Vorliegen eines Beherbergungsbetriebes bei unseren Klienten sprechen: • äußeres Erscheinungsbild; nach außen hin ein Wiener Zinshaus • keine Rezeption • keine Gemeinschaftsräume • keine Gemeinschaftseinrichtungen • Beistellung und Wäsche von Bettwäsche, wird auf die oben angeführte Rechtsprechung des OGH verwiesen, wonach dies alleine noch keinen Beherbergungsbetrieb ausmacht. • keine sonstigen Dienstleistungen, wie zB Frühstück • keine Etablissementbezeichnung (wie zB "***1***") • fehlende Gewerbeberechtigung."
In den Berichten über die Revisionen (Nachschau) betreffend Ortstaxe vom und vom wurde festgestellt, dass für 2013 mangels Aufzeichnungen eine Schätzung vorgenommen wurde. Der Bf. bestreite die Höhe der Schätzung und da er der Rechtsmeinung sei, dass er nicht der Ortstaxenpflicht unterliege, habe er keine Aufzeichnungen geführt, die er dem Magistrat der Stadt Wien vorlegen könne.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies der Magistrat der Stadt Wien die Beschwerde als unbegründet ab. Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde dem Bundesfinanzgericht die Beschwerde zur Entscheidung vor und erstattete die folgende Stellungnahme: "Mit Bemessungsbescheid vom wurde dem Beschwerdeführer aufgrund der nicht anerkannten Revisionsergebnisse vom und die Ortstaxe für den Zeitraum 2013 bis 2016 für die Appartements in ***2*** vorgeschrieben. Der Bescheid wurde am zugestellt. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht. Die Begründung der Beschwerde wurde nach einem Mängelbehebungsauftrag vom und einer beantragten Fristverlängerung vom mit Schreiben vom nachgereicht. Die Beschwerde richtet sich gegen die Vorschreibung der gesamten Ortstaxe. Als Begründung wird Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften angeführt. Es läge kein abgabenrechtlicher Tatbestand aufgrund eines abgabenrechtlich relevanten Sachverhaltes vor, daher könne keine Bemessungsgrundlage ermittelt werden. Des Weiteren wird Rechtswidrigkeit des Inhalts des angefochtenen Bescheides ins Treffen geführt. Es wäre klar nachgewiesen, dass keine Beherberungsdienstleistungen vorlägen und somit keine Ortstaxepflicht gegeben wäre. In der Beschwerdevorentscheidung vom werden die von der Abgabenbehörde im Bemessungsbescheid angeführten Argumente ausführlich erläutert. Im Vorlageantrag vom werden vom Beschwerdeführer keine weiteren Argumente vorgebracht. Die Höhe der errechneten Abgabe sei bisher deshalb nicht in Frage gestellt worden, weil der Beschwerdeführer überzeugt wäre, dass kein Tatbestand für die Pflicht der Entrichtung einer Ortstaxe erfüllt wäre. Sollte die Beschwerde abgewiesen werden, so werde die wertmäßige Richtigkeit der bisher vorgeschriebenen Ortstaxe bestritten. Weiters wird festgehalten, dass neben kurzfristigen auch längerfristige Vermietungen gegeben wären. Beweismittel: Bemessungsakt. Stellungnahme: Die Behörde geht von einer Ortstaxepflicht aus und verweist zur näheren Begründung auf die Ausführungen der im Akt aufliegenden Beschwerdevorentscheidung. Die im Vorlageantrag vorgebrachten Vorbringen bezüglich In-Frage-Stellung der Abgabenhöhe bzw. Bemessungsgrundlage sind für die Behörde nicht nachvollziehbar, da in der Niederschrift vom die ziffernmäßige Richtigkeit bestätigt wurde. Zudem wurde bisher jegliche Mitarbeit des Beschwerdeführers bei der Ermittlung der Abgabenhöhe bzw. der Bemessungsgrundlage konsequent verweigert. Der Beschwerdeführer ließ in der Niederschrift vom festhalten, dass er keine Unterlagen vorlegen wird. Es wäre dem Beschwerdeführer durch seine Mithilfe jederzeit möglich und zumutbar gewesen, eventuelle Einwände zur Abgabenhöhe bereits im bisherigen Verfahren zu klären. Da nach Ansicht der Behörde Ortaxepflicht besteht und davon auszugehen ist, dass ***3*** die oa. Appartements auf eigenen Namen und auf eigene Rechnung betrieben hat, erfolgte die Haftung gegen den Beschwerdeführer daher zu Recht."
Auf Ersuchen des Bundesfinanzgerichtes übermittelte die belangte Behörde mit Schreiben vom weitere Aktenteile: "(…) In den Vorakten konnten jedoch Unterlagen ausfindig gemacht werden, welche wir im Anhang übermitteln: Ergebnisse Internetrecherche vom betreffend Apartment ***4***, Apt. 1, 2, 3, 4; Ergebnisse Internetrecherche vom betreffend Apartment 3; Ergebnisse Internetrecherche vom betreffend Apartment 1,2,3,4; Niederschrift vom ; div. Rechnungen aus dem Jahr 2013; Aufstellungen Apartment ***4*** 1,2,3,4, T 8-9, T 13, T15, T 22. (…)". Aus dem Dokument "Übersicht Apartment ***4***, Apt. 2", ein Ausdruck der Internet Homepage "Apartment Service Austria" (www.apartment.at) geht hervor, dass die betreffende Liegenschaft öffentlich als "Ferienwohnung" im Beschwerdezeitraum wie folgt angeboten wurde: "Übersicht (Objekt ***5***) Ferienwohnung bestehend aus: * Vorzimmer *Wohnzimmer *Küche *Badezimmer *separates WC. Größe: 43 qm, geeignet für 4 Personen, Anzahl der Betten: 4, Mindestaufenthalt 4 Nächte, 4 Apartments im selben Haus. Kurzfristig verfügbar: dieses Apartment steht (…) für ihre kurzfristige Buchung zur Verfügung. Genießen Sie diese geräumige Ferienwohnung für bis zu 4 Personen in der ersten Etage eines Gründerzeithauses in ruhiger, verkehrsgünstiger Lage. 1 Wohn-Schlafzimmer, voll ausgestattete Küche, Bad, WC, Vorzimmer, Kabelfernsehen, automatische Heizung. (…)Preis: 2 Personen pro Nacht EUR 60,-, jede weitere Person EUR 15,-, Barzahlung bei Ankunft. (…) Weitere Apartments dieses Vermieters: Apt. 1 -114 qm, Apt. 3 -75 qm, Apt. 4-45 qm, ***6***.Durchschnittsbewertung aller Appartements: 3.94 von 4 (…) Vermieter: ***7*** ***8*** Link: http:www.unterkunft-wien.at(…) Apartment ist neuwertig möbliert. (…) Gästebuch: sehr saubere und gut ausgestattete Wohnung, ideal gelegen, um Wien mit dem Rad oder den Öffis zu erkunden. Besonders gefallen hat uns die herzliche Begrüßung der Vermieterin sowie ihre guten und vielen Tipps."
Auf der oben angeführten Homepage sind weitere Ausstattungsmerkmale in der Rubrik "Merkmale und Symbole" umfasst: "eine Parkmöglichkeit, Fahrradabstellraum, Badezimmer, Internetanschluss, TV, Sat, Waschmaschine, Safe und Bügeleisen." Beim Anbot der restlichen drei Ferienwohnungen wird in den Bewertungen der Mieter:innen ebenfalls die gute Ausstattung der Ferienwohnung, die verfügbare Betreuung durch die "Vermieterin", die gute Erreichbarkeit der Sehenswürdigkeiten und die gute Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel der Stadt Wien gelobt.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Beschwerdeführer (idF. Bf.) vermietete im Beschwerdezeitraum vier Ferienwohnungen kurzfristig - dh. von mehreren Tagen bis zu mehreren Wochen - in einem Zinshaus aus der Gründerzeit im ***9*** Wiener Gemeindebezirk. Der Bf. hat die als "Apartments" bezeichneten Ferienwohnungen, allgemein zugänglich im Internet auf der Plattform www.apartment.at und auf der Homepage www.unterkunft-wien.at ua. wie folgt beworben: "Genießen Sie diese geräumige Ferienwohnung für bis zu 4 Personen in der ersten Etage eines Gründerzeithauses in ruhiger, verkehrsgünstiger Lage. 1 Wohn-Schlafzimmer, voll ausgestattete Küche, Bad, WC, Vorzimmer, Kabelfernsehen, automatische Heizung". Weiters sind die Ausstattungsmerkmale angeführt, insbesondere, dass die Ferienwohnungen über eine Parkmöglichkeit, einen Fahrradabstellraum, eine Dusche, einen Internetanschluss, ein TV-Gerät mit Kabelfernsehen, eine Waschmaschine, einen Safe und ein Bügeleisen verfügen. Ebenfalls im Preis für eine Übernachtung, EUR 60,- für zwei Personen, der auf der Homepage ersichtlich ist, ist inbegriffen: die Beistellung von Bettwäsche und Bettzeug sowie die Reinigung der Ferienwohnung. Die laufende Betreuung der Gäste durch die als "Vermieterin" bezeichnete ***7*** erfolgte im Beschwerdezeitraum serviceorientiert. Die Wohnungen wurden von Tourist:innen aus europäischen Ländern und von Montagemitarbeiter:innen diverser ausländischer Gesellschaften kurzfristig gemietet. Der Bf. erbringt für seine Ferienwohnungen eine laufende Obsorge und stellt eine Betreuung der Gäste zur Verfügung. Eine bloße Raummiete liegt nicht vor.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen des Bf., aus dem Veranlagungsakt des Magistrates der Stadt Wien, aus den Ergebnissen der durchgeführten Revisionen, festgehalten mit Niederschriften vom vom sowie aus dem dargestellten Internetauftritt des Bf. und den darin festgehaltenen Tatsachen. Das Bewerben der Ferienwohnungen durch den Bf. auf einschlägigen Internetplattformen und auf einer eigenen Homepage zeigt das öffentliche Auftreten und Anbieten durch den Bf. Vertragsgegenstand und Preis sowie der gesamte Ausstattungsumfang der Ferienwohnungen ist öffentlich für jegliche Interessent:innen ersichtlich. Eine Buchung ist rasch durchführbar.
Im Internet verfügbar sind diverse Bewertungen der Mieter:innen die die gute Ausstattung der Ferienwohnungen, die verfügbare Betreuung durch die "Vermieterin", die gute Erreichbarkeit der Sehenswürdigkeiten und die gute Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel der Stadt Wien hervorheben. Durch die Anzahl der Ferienwohnungen, die umfangreiche Ausstattung und die dazutretenden Dienstleistungen erweist sich die Vermietungstätigkeit des Bf. als Beherbergungsbetrieb, da eine laufende Obsorge der Ferienwohnungen und eine Betreuung der Gäste vorliegt.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gem. § 11 Wiener Fremdenverkehrsförderungsgesetz (idF. WFFG) LGBl. Nr. 13/1955 gültig vom bis ist Gegenstand der Ortstaxe: "Wer im Gebiet der Stadt Wien in einem Beherbergungsbetrieb gegen Entgelt Aufenthalt nimmt, hat die Ortstaxe zu entrichten (…)".
Gem. § 11 Wiener Tourismusförderungsgesetz (idF. WTFG) LGBl. Nr. 13/1955 gültig vom bis ist Gegenstand der Ortstaxe: "Wer im Gebiet der Stadt Wien in einem Beherbergungsbetrieb oder in einer Privatunterkunft gegen Entgelt Aufenthalt nimmt (Beherbergung), hat die Ortstaxe zu entrichten."
Gem. § 13 WTFG haben die Inhaber und Inhaberinnen der im § 11 genannten Unterkünfte die Ortstaxe von den Beherbergten einzuheben und bis zum 15. des der Beherbergung nächstfolgenden Monates beim Magistrat zu entrichten sowie bis zum 15. Februar jedes Jahres für die im Vorjahr entstandene Steuerschuld beim Magistrat eine Steuererklärung einzureichen.
Gem. § 15 WTFG haben die Inhaber und Inhaberinnen der im § 11 genannten Unterkünfte die Führung einer solchen Unterkunft innerhalb von zwei Wochen nach Entstehung der Steuerpflicht (§ 11) dem Magistrat anzuzeigen. Die Inhaber und Inhaberinnen der im § 11 genannten Unterkünfte haben bei der Ersichtlichmachung des Preises auch die für die Beherbergung gültige Ortstaxe zu verzeichnen.
Im konkreten Fall handelt es sich bei der Vermietungstätigkeit des Bf. um eine gewerbsmäßige Beherbergung von Gästen gem. § 111 Abs. 1 Z 1 GewO, dh um einen Beherbergungsbetrieb, und nicht- wie vom Bf. vorgebracht - um eine bloße Raummiete. Bei der Beurteilung des Bestehens eines Beherbergungsbetriebes ist nicht allein auf den Vertragsabschluss und auf hinzutretende Dienstleistungen, wie - hier zutreffend - die Bereitstellung von Bettwäsche und Reinigung sowie die laufende Betreuung der Gäste abzustellen, sondern grundsätzlich auf das Erscheinungsbild des Betriebes nach außen.
Der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgend, kommt es nämlich bei der Einordnung der Vermietungstätigkeit einer Ferienwohnung als Beherbergungsbetrieb nicht (mehr) darauf an, ob die üblichen zusätzlichen Dienstleistungen hinzutreten, sondern ob in einem Gesamtbild der Tätigkeit die Grenze zur bloßen Raummiete überschritten ist und im Zusammenhang mit dem Außenauftritt des Betriebes ein Beherbergungsbetrieb vorliegt ().
Somit wird bei der Beurteilung des Vorliegens eines Beherbergungsbetriebes nicht mehr darauf abgestellt, ob eine Privatunterkunft vermietet wird oder nicht, sondern auf das Erscheinungsbild unter Zusammenwirken aller Umstände des Verhaltens des Bf., sodass eine laufende Obsorge der Ferienwohnungen und eine Betreuung der Gäste zu erkennen ist (; , 2008/06/0200).
Da sich das Judikat des Verwaltungsgerichtshofes iZm der kurzfristigen Vermietung von Ferienwohnungen vom , Ra 2018/04/0144, auf den Begriff des (Fremden-) Beherbergungsbetriebes gem. § 111 Abs. 1 Z 1 GewO stützt und § 11 WFFG bereits für das Jahr 2013 als Steuergegenstand an den Rechtsbegriff "Beherbergungsbetrieb" anknüpft, ist seitdem die Rechtslage eindeutig geklärt, dass eine Ortstaxenpflicht für die kurzfristige Vermietung von Privatunterkünften unter den oben angeführten Voraussetzungen schon vor der Neufassung des § 11 WTFG, anzuwenden ab dem , gilt. Diese Rechtsmeinung wird ebenso in der steuerrechtlichen Literatur vertreten (Bleyer, Entrichtung einer Ortstaxe durch Beherbergungsbetrieb, ÖStZB 2017/6).
Das Vorbringen des Bf., dass keine Anwendbarkeit des Mietrechtsgesetzes (idF. MRG) aufgrund der Kurzfristigkeit der Vermietungstätigkeit vorliegt und daher aus diesem Grund keine Steuerpflicht gem. § 11 WTFG bestehen würde, überzeugt nicht, da das WTFG nicht an das MRG anknüpft und keinen Verweis darauf enthält. Somit ist Steuergegenstand das "Aufenthalt nehmen in einem Beherbergungsbetrieb gegen Entgelt" ab dem Jahr 2013, welches im konkreten Fall bei der Vermietungstätigkeit des Bf. für den Beschwerdezeitraum zutrifft.
Zur von der belangten Behörde vorgenommen Schätzung ist auszuführen, dass das Vorbringen des Bf., dass er aufgrund seiner Rechtsmeinung, er sei nicht aufzeichnungspflichtig keine Unterlagen mehr vorzulegen habe, der Magistrat Wien auf Grundlage der vorgelegten Rechnungen aus 2013 zur Schätzung für den Beschwerdezeitraum gem. § 184 BAO verpflichtet war. § 184 Abs. 1 BAO bestimmt, dass wenn die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, sie diese zu schätzen hat. Ob etwaige Umstände vorliegen, die die belangte Behörde nicht berücksichtigt habe, hat der Bf. nicht dargetan. Der Bf. hat gem. § 184 Abs. 2 BAO keine ausreichenden Aufklärungen zur Bemessungsgrundlage der Wiener Ortstaxe gegeben und mit seinem Vorbringen sogar weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen wesentlich sind, weshalb die vorgenommene Schätzung zu Recht erfolgt ist.
Durch das gewerbliche Anbieten mehrerer Ferienwohnungen auf den im Beschwerdezeitraum dazu zur Verfügung stehenden Internetseiten und durch das Zurverfügungstellen der oben genannten Ausstattungen und Dienstleistungen sowie durch das Bereitstellen einer laufenden persönlichen Betreuung hat der Bf. mit seiner Vermietungstätigkeit im Rahmen einer Gesamtbetrachtung im konkreten Fall die Grenze zur bloßen Raummiete überschritten ().
Die Wiener Ortstaxe wird hiermit wie im angefochtenen Bescheid vom für die Jahre 2013 bis 2016 iHv EUR 10.000,- festgesetzt.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Verspätungszuschlag)
Gemäß § 135 BAO kann die Abgabenbehörde Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, einen Zuschlag bis zu 10 Prozent der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist; solange die Voraussetzungen für die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung gegeben sind, tritt an die Stelle des festgesetzten Betrages der selbst berechnete Betrag. Dies gilt sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Eine Verspätung ist nicht entschuldbar, wenn den Abgabepflichtigen daran ein Verschulden trifft; bereits leichte Fahrlässigkeit schließt die Entschuldbarkeit aus (zB ; , Ro 2014/17/0036, 0037). Im konkreten Fall ist gem. § 135 BAO keine Fahrlässigkeit zu erkennen und eine Entschuldbarkeit liegt vor. Der Bf. konnte die vertretbare Rechtsansicht einnehmen, vor allem in Hinblick auf die Stattgabe im Vorjahreszeitraum (), dass keine Abgabenerklärung einzureichen sind (; ).
Ein Verspätungszuschlag gem. § 135 BAO ist somit aufgrund der Änderung der Rechtsprechung nicht festzusetzen.
Aus den oben genannten Gründen ist spruchgemäß zu entscheiden.
3.3. Zu Spruchpunkt III (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Dass der gewerberechtliche Begriff der "Beherbergung von Gästen" gem. § 111 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 für die Auslegung des "Beherbergungsbetriebes" gem. § 11 WTFG heranzuziehen ist, ist bereits seit Ergehen des Erkenntnisses des geklärt. Da das obenstehende Erkenntnis die rechtliche Beurteilung anhand des Erkenntnisses des vornimmt und dieser einheitlichen Judikatur folgt, ist eine ordentliche Revision im konkreten Fall nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Landesabgaben Wien |
betroffene Normen | § 15 WTFG, Wiener Tourismusförderungsgesetz, LGBl. Nr. 13/1955 § 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 135 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 111 Abs. 1 Z 1 GewO 1994, Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194/1994 § 11 WTFG, Wiener Tourismusförderungsgesetz, LGBl. Nr. 13/1955 § 13 WTFG, Wiener Tourismusförderungsgesetz, LGBl. Nr. 13/1955 |
Verweise | |
Anmerkung | Abweichend RV/7400150/2014 vom |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7400157.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at