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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 05.06.2024, RV/7100977/2016

Rechtsanwaltskosten im Scheidungsverfahren sind keine außergewöhnliche Belastung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7100977/2016-RS1
In einem Scheidungsverfahren gibt es vor dem Bezirksgericht keine Anwaltspflicht. Rechtsanwaltskosten in einem Scheidungsverfahren können nur dann als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden, wenn besondere Umstände es erforderlich machen. Dies ist eine Sachverhaltsfeststellung. Liegen keine besonderen Umstände wie komplexe Rechtsfragen vor, können Rechtsanwaltskosten in einem Scheidungsverfahren nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden ***1***, die Richterin ***2*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***3*** und ***4*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Heinrich Peter Balaš, Waldgasse 24 Tür 15, 1100 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***6*** nun Finanzamt Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2012 und über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***6*** nun Finanzamt Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2014 zur Steuernummer ***BF1StNr1*** nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***44*** zu Recht erkannt:

Den Beschwerden wird teileweise Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide für 2012 und 2014 werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Herr ***Bf1***, Beschwerdeführer, machte in seinen Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2012 und 2014 Kinderfreibeträge für 2 Kinder und Kosten für Rechtsanwaltskosten im Zusammenhang mit seiner Scheidung als außergewöhnliche Belastung geltend, sowie für 2014 den Alleinerzieherabsetzbetrag.

Nach Ersuchen um Ergänzungen zu seinem Vorbringen durch das Finanzamt und Beantwortung dieser durch den Beschwerdeführer erließ das Finanzamt am für das Jahr 2012 einen endgültigen Bescheid gemäß § 200 Abs. 2 BAO indem es die Rechtsanwaltskosten mit der Begründung, dass

"die strittigen Aufwendungen iHv 9.880,- (RA-Kosten) steuerlich nicht anzuerkennen waren, und zwar aus folgenden Gründen: Eine außergew. Belastung erfordert u.a. das Merkmal der Zwangsläufigkeit, d.h. daß man sich dem betr. Aufwand aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann, der Aufwand darf in diesem Zusammenhang auch nicht Folge eines eigenen (freiwilligen) schuldhaften Verhaltens sein. In dem dem FA vorliegenden Scheidungsurteil ist ausdrücklich festgehalten, daß das Verschulden an der Ehezerrüttung die Parteien "zu gleichen Teilen" treffe. Von einem Aufwand, dem Sie sich keinesfalls entziehen hätten können, kann daher- auch wenn Sie im Prozeß beklagte Partei waren- keine Rede sein, weshalb den betr. Aufwendungen schon alleine wegen des Mangels der Zwangsläufigkeit die steuerl. Anerkennung zu versagen war."

nicht anerkannte.

In dem am vom Finanzamt erlassenen Bescheid für 2014 wurden die begehrten Rechtsanwaltskosten mit dem Hinweis auf die Begründung im Einkommensteuerbescheid 2012 nicht als sonstige außergewöhnliche Belastung anerkannt sowie der Alleinerzieherabsetzbetrag mit der Begründung, dass der Alleinerzieherabsetzbetrag nur demjenigen zusteht, der mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner lebt.

In der gegen den Bescheid 2012 vom erhobenen Beschwerde vom führte der Beschwerdeführer aus, dass

"Die von Ihnen nicht anerkannten außergewöhnlichen Belastungen sind außergewöhnlich, zwangsläufig erwachsen und stellen eine wesentliche Beeinträchtigung meiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit dar.

Als Begründung ich vor:

Die Kosten sind außergewöhnlich, da die nunmehrige Ex-Frau wegen Gewalt in der Familie nach dem Sicherheitspolizeigesetz der Wohnung verwiesen wurde. Die daraus entstandene sehr komplizierte rechtliche Lage ist außergewöhnlich.

Der von meiner nunmehrigen Ex-Frau eingebrachten Scheidungsklage habe ich zuerst mit einer Abweisung und in weiterer Folge mit einer Gegenklage begegnet.

Da es sich aber um ein sehr heikles Verfahren vor dem BG ***10*** handelt, die Richterin wurde bereits von mir abgelehnt, dasie mir bereits in der ersten Verhandlung mitgeteilt hat, dass ich sowieso keine Chance habe, ist die anwaltliche Vertretung sowohl im Scheidungs- als auch Obsorgeverfahren zwangsläufig.

Der nun im Sommer 2014 eingegangene Scheidungsvergleich wurde nur im Hinblick auf das noch immer offene Obsorgeverfahren, Verfahrensdauer 2,5 Jahre(!) zugestimmt, da mir sonst im Obsorgeverfahren vorgeworfen hätte werden können, dass ich zu keinerlei Kompromissen bereit bin.

Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit läßt sich leicht darstellen, da ich bei einem Einkommen als ***11*** von 29.950,63 Euro Zahlungen in der Höhe von 9.880,- Euro, für die anwaltliche Vertretung, zu leisten hatte und dies sind ca. 33% des Einkommens.

Aus all den dargelegten Gründen bitte ich Sie meiner Beschwerde statt zu geben und diese außergewöhnlichen, zwangsläufigen und wirtschaftlich wesentlich beeinträchtigenden Belastungen anzuerkennen."

In der gegen den Bescheid 2014 vom erhobenen Beschwerde führte der Beschwerdeführer aus, dass

"Bei den außergewöhnlichen Belastungen verweise ich auf meine Argumentation zum EStG Bescheid 2012. Bezüglich des Alleinverdienerabsetzbetrages teile ich mit, dass ich seit (Wegweisung der Mutter) nicht mit der Kindesmutter zusammen lebe."

Im Beschwerdeverfahren ersuchte das Finanzamt um folgende Ergänzung:

"Sie werden ersucht, die geltend gemachten sonstigen außergew. Belastungen mit den entsprechenden Honorarnoten und Zahlungsbelegen nachzuweisen. Sofern aus den Honorarnoten nicht ersichtlich, werden Sie ersucht bekannt zu geben, welche Verfahren im Konkreten den beantragten Kosten zugrunde liegen. Falls vorhanden wird um Vorlage etwaiger Urteile bzw. Vergleichsausfertigungen ersucht.

Bezüglich Alleinerhalterabsetzbetrag wird ersucht bekannt zu geben, ab wann tatsächlich Ihre geschiedene Gattin ausgezogen ist bzw. der Wohnung verwiesen wurde. Welche Kinder waren ab diesem Zeitpunkt tatsächlich gemeinsam mit Ihnen im gemeinsamen Haushalt und haben Sie die Familienbeihilfe bezogen?"

Die geforderten Unterlagen wurden im Rahmen einer mündlichen Senatsverhandlung, die ein anderes Verfahren des Beschwerdeführers betraf, vom Beschwerdeführer dem Finanzamt überreicht. Diese Unterlagen waren

  1. ein Amtsvermerk der Polizei vom ,

  2. eine Beschuldigtenvernehmung der damaligen Ehefrau ***7*** durch die Polizei vom ,

  3. eine weitere Beschuldigtenvernehmung der damaligen Ehefrau ***7*** durch die Polizei vom ,

  4. eine Zeugenvernehmung des Beschwerdeführers durch die Polizei vom ,

  5. eine Zeugenvernehmung von ***8*** (hg. Anmerkung: Bruder von Frau ***7***) durch die Polizei vom ,

  6. ein Scheidungsurteil vom ***34***.2014;

  7. eine Vergleichsausfertigung betreffend des Pflegschaftsverfahrens der gemeinsamen Kinder vom ***35***.2015.

Durch seine steuerliche Vertretung (Schreiben vom ***36***.2015) führte der Beschwerdeführer weiters aus:

"Namens und auftrags meiner randvermerkten Mandantschaft bringe ich in Ergänzung zu im Betreff bezeichneter Beschwerde wie folgt vor:

Der Bescheid vom wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts in Folge unrichtiger Anwendung des § 34 Abs 3 EStG angefochten

Der angefochtene Bescheid begründet die Nichtanerkennung der RA Kosten in einem Scheidungsverfahren als außergewöhnliche Belastung, da diese nicht zwangsläufig entstanden seien, sondern eine Folge des eigenen schuldhaften Verhalten meines Mandanten darstellen, weil das vorgelegte Scheidungsurteil ausführt, dass die Ehezerrüttung von beiden Teilen gleichermaßen verschuldet wurde.

Bei richtiger und der ständigen Jud entsprechender Rechtsanwendung hätte die Behörde aber erkennen müssen, dass im gegenständlichen Fall weder eine einvernehmliche Scheidung noch ein überwiegendes Verschulden meines Mandanten vorliegt, und daher die Prozess und RA Kosten sehr wohl zwangsläufig entstanden sind.

Die LStRL RZ 905 nehmen einerseits allgemein zu Zivilprozessen Stellung und führen aus, dass die Zwangsläufigkeit der angefallenen Kosten nicht vorliegt, wenn die Prozessführung lediglich eine direkte oder indirekte Verhaltensfolge des Steuerpflichtigen darstellt. Das bedeutet es liegen keine außergewöhnlichen Belastungen vor, wenn:
a. Der Steuerpflichtige geklagt hat und im Zivilprozess unterliegt. Oder
b. Die Klagsführung gegen ihn eine Folge seines eigenen Verhaltens darstellt.

Diese Ausführung betrifft Zivilprozesse im Allgemeinen.

Hinsichtlich Scheidungsverfahren spezifizieren die RL eingehender, und demnach liegen mangels Zwangsläufigkeit keine anerkennbaren außergewöhlichen Belastungen vor, wenn:
a. Ein gänzlich aussichtsloses Scheidungsverfahren wird verloren
b. Es liegt eine einvernehmliche Scheidung vor
c. Den steuerpflichtigen trifft ein überwiegendes Verschulden an der Scheidung

Im gegenständlichen Fall wurde die Ehe geschieden, weil eine Ehezerrüttung vorliegt, die von beiden Parteien gleichermaßen verschuldet wurde.

Beweis Scheidungsurteil wurde Frau ***9*** am ***37***.2015 am BFG persönlich übergeben.

Aus dem Scheidungsurteil ist erkennbar, dass keine Partei ein Scheidungsverfahren verloren hat (Pkt.a), es liegt keine einvernehmliche Scheidung (Pkt.b) vor, und meinen Mandanten trifft kein überwiegendes Verschulden an der Scheidung (Pkt. c).

Die ständige Jud und Verwaltungspraxis unterscheidet daher, und nur so könne hier die RL verstanden werden - zwischen Zivilprozessen im Allgemeinen und Scheidungsverfahren im Speziellen, andernfalls wäre die Zitierung der unterschiedlichen Fallbeispiele in RZ 905 sinnlos, und im Zweifel wird wohl nicht die Rechtsansicht des BMF als sinnlos angesehen werden können.

Die Historie des Scheidungsverfahrens und auch der davor aufrechten Ehe machen die Zwangsläufigkeit der getätigten Ausgaben noch deutlicher:

Die geschieden Ehegattin unterliegt in Folge einer schweren ***27*** massiven Gemütsschwankungen. Mittlerweile sind Depressionen amtsbekannt. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass die geschiedene Ehegattin ausgebildete ***12*** ist, und Zugang zu Medikamenten hat.

Als Folge der Gemütsschwankungen kam es in der Vergangenheit zu entsprechend schweren Auseinandersetzungen auch verbunden mit häuslicher Gewalt.

Ich selbst konnte dies mit verfolgen. Mein Mandant hat Ende 2010 den Entschluss gefasst, sich im Bereich ***13*** und ***14*** selbstständig zu machen und war von Oktober ***31*** bis Februar ***38*** in meiner Kanzlei geringfügig beschäftigt, um in diesen Bereichen Praxiserfahrung zu sammeln. Allein in diesen 5 Monaten kam es zu unterschiedlichen Vorkommnissen: Einmal kam mein Mandant mit zerschundenem Gesicht, einmal kam er zu mir und zeigte mir Hämatome auf der Brust, nachdem seine Exfrau mit der Metallspitze einer elektrischen Zahnbürste auf ihn eingestochen hat. Ein anderes Mal musste mein Mandant plötzlich eine Besprechung verlassen, nach dem seine Exfrau in einem Supermarkt wegen Ladendiebstahls mit ihren Kindern festgehalten wurde.

Immer wieder kam es vor, dass die Exfrau die Familie verlassen hat und mein Mandant mit einem Säugling und einer fast 5 jährigen Kind 1 alleine waren.

Diese Vorkommnisse haben die berufliche Tätigkeit meines Mandanten behindert. Aussprachen über diese Missstände haben regelmäßig in eskalierenden Streitereien gemündet. Zuletzt im Sommer 2012, wo mein Mandant nach körperlicher Gewaltanwendung gegen ihn und die gemeinsame Kind 1 eine polizeiliche Wegweisung erwirken konnte. Beweis Protokoll wurde Frau ***9*** am ***37***.2015 am BFG persönlich übergeben

Danach hatte die Exfrau die Scheidung gegen meinen Mandanten eingereicht. Wobei beide Parteien jeweils das Verschulden des anderen Geltend gemacht hatten.

Für meinen Mandanten war das Ziel nicht die Scheidung, sondern einfach ein geordnetes Familienleben und vor allem die Sicherheit seiner Kinder. Das Scheidungsverfahren begann am ***39***.06.2012 und dauerte bis September 2014. Letztlich war es die Möglichkeit eines Vergleichs hinsichtlich des Sorgerechts , die meinen Mandant dazu bewogen hat, ein gleiches Verschulden an der Ehezerrüttung einzugestehen, nur so konnte er sicherstellen, dass eine zu mindestens gleiche Aufteilung der Obsorge gewahrt bleibt.

Beweis Vergleich hinsichtlich Sorgerecht wurde Frau ***9*** am ***37***.2015 am BFG persönlich übergeben

Aus diesen Gründen

Häusliche Gewalt der Ehefrau gegen meinen Mandanten. In Folge Inanspruchnahme von polizeilicher Hilfe durch meinen Mandanten, reichte die Ehefrau die Scheidung ein und beantragte die Scheidung aus Verschulden meines Mandanten, und wollte alleiniges Sorgerecht erwirken. Daher musste mein Mandant in den Scheidungsprozess eintreten, die angefallenen Kosten auf sich nehmen und letztlich ein Teilverschulden eingestehen, damit es zu einem tragbaren Vergleich hinsichtlich der Obsorge für die Kinder kommen kann.

Man kann daher nur davon ausgehen, dass die RA Kosten zwangsläufig entstanden sind.

Zwischenzeitlich hat sich herausgestellt, dass die gemeinsame Kind 1 in der Betreuungszeit der Mutter für mehrere Tage in einem Kinderheim untergebracht wurde, und danach wieder in die Obsorge meines Mandanten entlassen wurde.

Ich beantrage daher den Bescheid im Punkt Anerkennung der ag Belastungen iS der Beschwerde abzuändern und die geltend gemachten Kosten unter Berücksichtigung des Selbstbehalts anzuerkennen.

Diese Ausführungen geltend gleichermaßen als Beantwortung für den für die Veranlagungsjahre 2013 und 2014 ergangenen Vorhalt, wobei im Jahr 2013 keine Anwaltskosten geltend gemacht wurden.

Mit der Bitte um antragsgemäße Stattgabe im Rahmen der BVE sowie um antragsgemäße Veranlagung der Jahre 2013 und 2014."

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurde die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 abgewiesen und der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 teilweise stattgegeben.

Das Finanzamt begründete seine Entscheidung für das Jahr 2014, dass

"Der Beschwerde wird hinsichtlich des beantragten Alleinerzieherabsetzbetrages gem. § 33 Abs 4 Z 2 EStG stattgegeben. Die beantragten Prozesskosten für die Scheidung sind keine außergewöhnliche Belastung, es wird auf die gesonderte Begründung (2012 und 2014) verwiesen."

In der gesonderten Begründung für 2012 und 2014 wurde vom Finanzamt ausgeführt, dass

Im Vorlageantrag vom , nach bewilligter Fristverlängerung, wurde durch die steuerliche Vertretung die Vorlage der Beschwerden an das Bundesfinanzgericht gegen die Einkommensteuerbescheide 2012 und 2014 mit folgender Begründung beantragt:

"Vorlageantrag an das BFG gem§§ 243 ff BAO und stelle dieAnträge

I. Auf teilweise Abänderung des angefochtenen Bescheids wegen Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide -nämlich hinsichtlich der Nichtanerkennung der ag Belastungen betreffend Scheidungsverfahren darüberhinaus wird die Anerkennung des Alleinverdiener/Alleinerzieherabsetzbetrages (2012) beantragt

II. Antrag gem § 272 Abs 1Z 1 BAO auf Entscheidung durch den Senat

III. Antrag gem § 274 Abs 1Z 1 BAO auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung

Begründung

a. Sachverhalt

Mein Mandant war von 03.03.***23*** bis ***34***.2014 mit Frau ***15***. ***16*** ***17*** verheiratet. Die Ehe wurde am ***34***.2014 durch Scheidungsurteil des BG ***10*** Abt. 2 geschieden. Beweis ./I Scheidungsurteil ***24***

Aus der Ehe gehen zwei mj Kinder: ***18*** ***19*** geb. ***20***, und ***21*** ***19*** geb. ***22*** hervor.

Hintergrund der Scheidung waren wiederkehrende Gewaltausbrüche der geschiedenen Ehegattin gegen meinen Mandanten. Am nach einem neuerlichen körperlichen Angriff gegen meinen Mandanten und It. dessen Aussage auch gegen die gemeinsame Kind 1, hat mein Mandant eine polizeiliche Anzeige erstattet und konnte eine Wegweisung der nunmehr Geschiedenen erwirken. Beweis ./2 Polizeiakt GZ ***25***

Mein Mandant berichtete schon zuvor, dass seine Exfrau ihn in einem Wutausbruch mit der Metallspitze einer elektrischen Zahnbürste attackiert habe, und dass seine Exfrau ua auchbei einen Ladendiebstahl ertappt wurde und er in Folge dessen seinen Arbeitsplatz verlassen musste um die Situation zu bereinigen. BEWEIS ./3 ***26***

Immer wieder kam es vor, dass die Exfrau die Familie verlassen hat und mein Mandant mit einem Säugling und einer fast 5 jährigen Kind 1 alleine waren. Diesbezüglich ist ein Schadenersatzverfahren anhängig.

Diese Vorkommnisse haben die berufliche Tätigkeit meines Mandanten behindert. Aussprachen über diese Missstände haben regelmäßig in eskalierenden Streitereien gemündet.

Mein Mandant war immer der Ansicht, dass eine massive ***27***, an der seineExfrau leidet, schuld ist an den extrem Gemütsschwankungen und Gewaltausbrüchen. Mittlerweile sind auch schwere Depressionen nachgewiesen Beweis ./ 4 Zusammenfassung und Beantwortung der Fragestellung des Sachverständigengutachtens ***28***

Frau ***15***. ***17*** hat die Scheidung aus Verschulden meines Mandanten beantragt. Wie dem Scheidungsurteil zu entnehmen ist, hat mein Mandant primär die Abweisung der Scheidungsklage und für den Fall der Ehescheidung seinerseits das Verschulden derEhegattin behauptet und It. seinen Auskünften im Verfahren auf den Polizeiakt verwiesen. Parallel zum Scheidungsverfahren war auch ein Sorgerechtsstreit hinsichtlich der zukünftigen Obsorge für die beiden mj Kinder anhängig. Damit dieses letztlich zu einem vorläufigenVergleich kam, haben im Scheidungsurteil beide Parteien gleiches Verschulden an der Ehezerrüttung eingestanden. Beweis ./5 Vergleichsausfertigung vom ***29***

Der Abschluss des Scheidungsverfahrens unter Eingestehung des beiderseitigenVerschuldens war Voraussetzung für gegenständlichen Vergleich im Sorgerechtsverfahren. Durch diesen Vergleich war es meinem Mandanten möglich das überwiegende Sorgerecht für die Kind 1 zu erlangen. Dies war abgesehen von Tatsache, dass mein Mandant ohnedies das Sorgerecht für beide Kinder erlangen wollte, auch notwendig, da die Kind 1 während eines Aufenthalts bei der Mutter in der Schule verhaltensauffällig wurde, und aus der Schule zu einem 10-tägigen Aufenthalt beim Jugendwohlfahrtsträger geholt wurde. Seitdem sind per Gerichtsauftrag regelmäßig Sitzungen beim Kinderbeistand zu absolvieren sind.

Mit Einkommensteuererklärungen 2012 und 2014 machte mein Mandant außergewöhnliche Belastungen hinsichtlich der Prozesskosten geltend:
2012: EUR 9.880,00
2014: EUR 15.829,25

Im Zuge der Veranlagung 2014 hat mein Mandant den Alleinverdienerabsetzbetrag 2014 beantragt und wurde dieser anerkannt, daher wird die Anerkennung auch für 2012 beantragt.

b. Verwaltungsgeschehen

Mit Bescheid vom wurde unter Hinweis des "gleichteiligen" Verschulden an der Ehezerrüttung It. Scheidungsurteil die Nichtanerkennung der geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen ausgesprochen.

Mit Beschwerde vom und Ergänzungsschreiben zur Beschwerde vom ***36***.2015 wurde der oben ausgeführte Sachverhalt dargestellt und argumentiert, dass sich die Bescheidbegründung ausschließlich auf das ergangene Scheidungsurteil und das diesem entnommene Zitat zum gleichteiligen Verschulden stützt, und nicht die tatsächlichen Umstände berücksichtigt. Es wurde auch auf die LStRL Pkt. verwiesen, wonach der Abzug der Prozesskosten bei Scheidungsverfahren anzuerkennen ist, wenn den Steuerpflichtigen kein überwiegendes Verschulden anzulasten ist.

Mit den nunmehr angefochten Beschwerdevorentscheidungen und der dazu gesondert ergangen Begründung vom wurden die Beschwerden abgewiesen und die erstinstanzlichen Bescheide bestätigt.

In der Begründung der Beschwerdevorentscheidung wird die Zwangsläufigkeit angefallenen Prozesskosten verneint, da sich mein Mandant durch den Abschluss des Scheidungsvergleichs zur Beendigung des streitigen Verfahrens "freiwillig" die Verpflichtung zur Tragung der Prozesskosten eingegangen sei.

c. Rechtsausführungen

Ein Bescheid ist wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, wenn der Sachverhalt von der belangten Behörde in einem wesentlichen Punkt aktenwidrig angenommen wurde.

Die Behörde behauptet in der BVE, dass die Wirkungen eines durch Vergleichs beendeten streitigen Scheidungsverfahrens einer einvernehmlichen Scheidung gleichkommt und folglich die Zwangsläufigkeit der angefallenen Prozesskosten zu verneinen sind. Zusätzlich behauptet die Behörde, dass sich mein Mandant durch den Abschluss des gegenständlichen Vergleichs "FREIWILLIG", also aus eigener Veranlassung die gegenständlichen Kosten zu tragen hätte.

Bei der Beurteilung bzw. Feststellung des Sachverhalts hat sich die Behörde ausschließlich auf das Scheidungsurteil, welches von der Behörde als Vergleich herangezogen wurde, beschränkt, und sämtlichen weiteren Sachverhaltselemente negiert.

Hätte die belangte Behörde die angeführte Feststellung aktengemäß getroffen, so wäre sie zu einer anderen Entscheidung, nämlich der Anerkennung der geltend gemachten Prozesskosten, gekommen.

Dass eine hier eine freiwillige Entscheidung vorliegt, ist für meinen Mandanten nicht nachzuvollziehen:

1. Mein Mandant beantragte die Abweisung des Antrags auf Ehescheidung

2. Für den Fall, dass dem Scheidungsbegehren stattgegeben werden sollte, beantragt mein Mandant die Scheidung aus dem Verschulden der Exfrau.

3. Erst das langwierige Verfahren in Verbindung mit dem Sorgerechtsstreit, wobei auf die besondere Situation der Kind 1 verwiesen werden muss, haben meinem Mandanten das Zugeständnis abgerungen, das die Ehezerrüttung auch gleichermaßen auf ihn zurückzuführen sei.

Wenn die Behörde daher meint, dass dieses Zugeständnis aus freien Stücken erfolgt sei, und daher das gesamte Scheidungsverfahren direkte oder indirekte Folge seines Verhaltens sei, dann irrt sie.

Allenfalls ist die Begründung der Behörde für meinen Mandanten an sich nicht nachvollziehbar.

Wenn das Zugeständnis des gleichteiligen Verschuldens an der Ehezerrüttung an sich die Zwangsläufigkeit der Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung ausschließt, dann können Scheidungskosten wohl nie als außergewöhnliche Belastung abgesetzt werden, denn den allgemeinen Grundsätzen zu Folge, kann die unterliegende Partei wegen des Verschuldens an der Ehescheidung keine außergewöhnlichen Belastungen absetzen, den das Anfallen der Kosten erfolgt aus eigenem Verschulden. Die obsiegende Partei kann keine Kosten in Ansatz bringen, da diese regelmäßig von der unterliegenden Partei zu tragen sind. Demzufolge können außergewöhnliche Belastungen ja nur anfallen, wenn keine Partei im streitigen Verfahren ein überwiegendes Verschulden trifft. Sohin wurde die dem Bescheidinhalt zugrunde liegenden Rechtsnormen falsch angewendet wurden. Der inhaltlich rechtswidrige Bescheid beruht sohin auf einer falschen Auslegung des § 34 EStG, welche die belangte Behörde auf den von ihr angenommenen Sachverhalt zur Anwendung brachte (VwSlg 82A/1947; ZI 2317/77).

Da keine einvernehmliche Scheidung vorliegt, sondern ein Urteil im streitigen Verfahren und meinen Mandanten kein überwiegendes Verschulden trifft, hätte die Behörde bei richtiger Sachverhaltsfeststellung und richtiger Anwendung des § 34 EStG (Verweis LStRL RZ 905) die Zwangsläufigkeit der angefallenen Prozesskosten bejahen müssen.

Mein Mandant stellt daher die

d. Anträge

I.Auf teilweise Abänderung des angefochtenen Bescheids wegen Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide -nämlich hinsichtlich der Nichtanerkennung der ag Belastungen betreffend Scheidungsverfahren darüberhinaus wird die Anerkennung des Aileinverdiener/ Alleinerzieherabsetzbetrages (2012) beantragt

II.Antrag gem§ 272 Abs 1Z 1 BAO auf Entscheidung durch den Senat

III. Antrag gem § 274 Abs 1Z 1 BAO auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung

Mit der Bitte um antragsgemäße Stattgabe

Anlagenverzeichnis:
Nr. Bezeichnung
1 Scheidungsurteil BG
***10***
2 Polizeiakt GZ
***25***
3
***26***
4 Zusammenfassung und Beantwortung der Fragestellung des Sachverständigengutachtens
***28***
5 Vergleichsausfertigung vom
***29***"

Die im Anlagenverzeichnis bezeichneten Unterlagen wurden in einem vom Beschwerdeführer vorgelegt.

Das Finanzamt legte die Beschwerden mit folgender Stellungnahme dem Bundesfinanzgericht vor:

"Bezughabende Normen
§ 33 Abs 4,
§ 34 und § 106a EStG 1988

Sachverhalt und Anträge
Sachverhalt:

Es werden die verausgabten Rechtsanwaltskosten für das Scheidungs- und Obsorgeverfahren iHv € 9.880,00 (2012) und € 15.829,25 (2014) beantragt.

Im Vorlageantrag wird zusätzlich bzw. erstmals der Alleinverdiener/Alleinerzieherabsetzbetrag für 2012 beantragt.

Die Kinderabsetzbeträge iSd § 106a EStG wurden beim Bw. für die haushaltszuhörigen Kinder ***18*** und ***21*** mit jeweils € 220,00 berücksichtigt. Es wurde jedoch festgestellt, dass die geschiedene Frau ***15***. ***16*** ***17***-***19*** die Kinderabsetzbeträge mit jeweils € 132,00 beantragt hat und der Steuerbescheid antragsgemäß ausgestellt wurde.

Beweismittel:
Scheidungsurteil des BG
***10*** vom ***34***.2014
Div. Honorarnoten von verschiedenen Rechtsanwälten lt. Aufstellungen vom und
Einkommensteuerbescheid 2012 der geschiedenen Frau
***15***. ***16*** ***17***-***19***
Polizeiprotokolle vom

Stellungnahme:
Zum Standpunkt der Abgabenbehörde wird auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidungen verwiesen. Durch den Vergleich nach
§ 49 EheG vor dem BG ***10*** wurde das Scheidungsverfahren beendet und das Verschulden an der Ehezerrüttung beiden Parteien zugesprochen. Die Zustimmung zum Eingeständnis an der beiderseitigen Zerrüttung der Ehe ist aus steuerlicher Sicht wie eine Scheidung im Einvernehmen anzusehen. Um das Scheidungsverfahren möglichst rasch einem Ende zuzuführen, erfolgte die Zustimmung des Bw. Es ist als Folge eines Verhaltens zu werten, zu dem sich der Bw. aus freien Stücken entschlossen hat. Es ist zwar zutreffend, dass die Klage auf Initiative der geschiedenen Ehefrau eingebracht, der Entschluss zu einem Vergleich jedoch im beiderseitigem Einvernehmen erfolgte, somit durch das eigene Prozessverhalten des Bw. verursacht wurde.

Zur beantragten Berücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrag wird ebenfalls die Abweisung beantragt, weil die Ex-Ehefrau Einkünfte von mehr als € 6.000,00 im Jahr 2012 bezogen hat. Der alternativ beantragte Alleinerzieherabsetzbetrag steht ebenfalls nicht zu, weil die Voraussetzungen des § 33 Abs 4 Z 2 EStG für den Bw. nicht vorliegen. Die eheliche Gemeinschaft hat bis zur Verhängung des Betretungsverbotes für die geschiedene Ehefrau bis bestanden, somit mehr als 6 Monate.

Im Zuge der Beschwerdeerledigung sollen die Kinderabsetzbeträge gem. § 106a Abs 1 2. TS auf € 132,00 pro Kind abgeändert werden, weil im Steuerbescheid der geschiedenen Frau die Kinderabsetzbeträge für zwei Kinder iHv € 264,00 berücksichtigt wurden."

Das Bundesfinanzgericht ersuchte mit Schreiben vom den Beschwerdeführer um Beantwortung folgender Fragen:

"In Ihrer Beschwerde und Ihrem Vorlageantrag zu den Einkommensteuerbescheiden 2012 und 2014 richtet sich Ihr Begehren gegen die Nichtanerkennung der Rechtsanwaltskosten im Zusammenhang mit Ihrer einvernehmlichen Scheidung von Frau ***15***. ***16*** ***17*** als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG.

Die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes führt dazu in seiner Entscheidung zur außerordentlichen Amtsrevision gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7101168/2019 aus:

""Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1Der Mitbeteiligte machte im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagungen für die Jahre 2012 und 2013 Rechtsanwaltskosten im Zusammenhang mit seiner Scheidung als außergewöhnliche Belastungen geltend. Das Finanzamt erkannte diese Aufwendungen nicht als solche an.

2Der Mitbeteiligte erhob gegen die Einkommensteuerbescheide Beschwerde und brachte dazu zusammengefasst vor, die Anwaltskosten seien durch eine unberechtigte Scheidungsklage seiner Ehegattin entstanden. Er habe aufgrund eines anwaltlichen Schreibens erfahren, dass sich seine Ehegattin von ihm habe scheiden lassen wollen. Obwohl er weder eine Scheidung angestrebt, noch Gründe (insbesondere keine Eheverfehlungen) dafür gesetzt habe, sei er bereit gewesen, mit Rücksicht auf die gemeinsame Kind 1 Gespräche über eine einvernehmliche Scheidung zu führen. Seine Ehegattin habe allerdings Scheidungsklage eingebracht und beantragt, die Ehe aus alleinigem Verschulden des Mitbeteiligten zu scheiden. Erst aufgrund der Ankündigung des Mitbeteiligten, den ehewidrigen Umgang seiner Ehegattin mit einem anderen Mann beweisen zu können, habe sie eingelenkt und einer einvernehmlichen Scheidung die schlussendlich zustande gekommen sei zugestimmt. Zusammenfassend ergebe sich daraus, dass die Anwaltskosten dem Mitbeteiligten aufgezwungen worden seien und er sich diesen nicht habe entziehen können.

3Das Finanzamt wies die Beschwerden (in diesem Punkt) mit Beschwerdevorentscheidungen ab und führte zusammengefasst aus, aus den vorgelegten Unterlagen gehe nicht eindeutig hervor, wen in welchem Ausmaß das Verschulden an der Zerrüttung der Ehe treffe. Daher habe nicht eindeutig nachgewiesen werden können, dass die Rechtsanwaltskosten zwangsläufig und somit nicht als Folge des eigenen Verhaltens entstanden seien. Der Mitbeteiligte beantragte die Vorlage der Beschwerden an das Bundesfinanzgericht.

4Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht den Beschwerden des Mitbeteiligten Folge und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

5Das Bundesfinanzgericht führte auf das Wesentliche zusammengefasst aus, aus den vorgelegten Unterlagen (insbesondere dem Gerichtsakt) ergebe sich, dass der Mitbeteiligte wiederholt sein Interesse an einer einvernehmlichen Lösung bekundet habe, während seine wenig konsensbereite Ehegattin keine konkreten Beweise für ein alleiniges Verschulden des Mitbeteiligten an der Zerrüttung der Ehe bzw. für behauptete Eheverfehlungen erbracht habe. Der Mitbeteiligte habe sich demnach nicht freiwillig auf eine Prozessführung eingelassen, vielmehr habe er keine Handlungsalternativen gehabt. Der Umstand, wonach nicht erkennbar sei, wen in welchem Ausmaß das Verschulden an der Zerrüttung der Ehe treffe, sei hingegen entgegen der Ansicht des Finanzamtes nicht entscheidungswesentlich.

6Daraus ergebe sich, dass die Anwaltskosten aufgrund der dem Mitbeteiligten aufgezwungenen Prozessführung zwangsläufig erwachsen und sie daher als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen seien.

7Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Amtsrevision, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Einleitung eines Vorverfahrens, in dem vom Mitbeteiligten eine Revisionsbeantwortung erstattet wurde erwogen hat:

8Das Finanzamt bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, das angefochtene Erkenntnis weiche von der - näher genannten - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil das Bundesfinanzgericht die Zwangsläufigkeit der Anwaltskosten bejaht habe, obwohl im Scheidungsverfahren kein Anwaltszwang bestehe.

9Damit erweist sich die Revision als zulässig und begründet.

"10Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erwachsen Prozesskosten im Allgemeinen nicht zwangsläufig im Sinne des § 34 EStG 1988; eine allgemeine Regel lässt sich allerdings bei aufgezwungener Prozessführung nicht aufstellen. Zwangsläufigkeit von Prozesskosten wird stets dann verneint, wenn die Prozessführung auf Tatsachen zurückzuführen ist, die vom Steuerpflichtigen vorsätzlich herbeigeführt wurden oder die sonst die Folge eines Verhaltens sind, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen hat (vgl. , mwN).

11Selbst wenn eine aufgezwungene Prozessführung vorliegt, sind damit verbundene Anwaltskosten grundsätzlich nicht zwangsläufig, wenn im geführten Verfahren keine absolute Anwaltspflicht besteht (vgl. , mwN). Eine Zwangsläufigkeit kann allerdings gegeben sein, wenn im konkreten Fall das Einschreiten eines Rechtsanwaltes trotz fehlender Anwaltspflicht aus besonderen Gründen unbedingt erforderlich ist (vgl. ; , Ro 2018/13/0002).

12Im vorliegenden Fall ist das Bundesfinanzgericht auf Grundlage der vorgelegten Unterlagen (insbesondere der Gerichtsakten) davon ausgegangen, dem Mitbeteiligten sei die Prozessführung aufgrund der eingebrachten Scheidungsklage seiner Ehegattin aufgezwungen worden. Die dadurch entstandenen Anwaltskosten seien ihm somit zwangsläufig erwachsen. Wie das Finanzamt zutreffend aufzeigt, besteht allerdings in Scheidungsstreitigkeiten keine absolute Anwaltspflicht (§ 27 Abs. 2 ZPO iVm. § 49 Abs. 2 Z 2a JN vgl. auch § 29 Abs. 1 ZPO). Das Bundesfinanzgericht hätte daher die Zwangsläufigkeit der Anwaltskosten trotz Annahme einer aufgezwungenen Prozessführung nur bei Vorliegen besonderer Gründe, die das Einschreiten eines Rechtsanwaltes erforderlich machen, bejahen dürfen.""

Sie werden ersucht Stellung dazu zu nehmen, inwieweit Ihre einvernehmliche Scheidung rechtlich anders zu beurteilen ist als eine einvernehmliche Scheidung durch den Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis beurteilt wird.

Hingewiesen wird, dass im Zuge einer einheitlichen Rechtsprechung Erkenntnisse des Bundesfinanzgerichts der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes gefolgt sind.


RV//7101044/2022

Nach derzeitigem Aktenstand - Vorlage aller Unterlagen - ist nach Rechtsansicht der Berichterstatterin Ihre Beschwerde gegen die Einkommensteuer 2012 abzuweisen und der Beschwerde gegen die Einkommensteuer 2024 im Sinne der Beschwerdevorentscheidung vom teilweise stattzugeben.

Wenn Sie sich der Rechtsansicht der Berichterstatterin anschließen, werden Sie ersucht zwecks Verkürzung des Verfahrens bekanntzugeben, ob Sie die die Vorlageanträge vom gemäß § 264 Abs. 4 lit d BAO iVm § 256 zurücknehmen.

Werden die Vorlageanträge vom zurückgenommen, ist die Einkommensteuer für 2012 und 2014 im Sinne der Beschwerdevorentscheidung vom festgesetzt."

Der Beschwerdeführer beantwortete diese Fragen trotz nachweislicher Zustellung nicht.

In der mündlichen Senatsverhandlung vom wurde folgendes ergänzend vorgebracht:

Über Nachfragen zur Zustellvollmacht erklärte der Bf, dass sich in der letzten Zeit sehr viel getan habe und er nicht sagen könne, ob die Zustellvollmacht für die steuerliche Vertretung noch bestehe.

Alleinverdiener- bzw Alleinerzieherabsetzbetrag

Im Vorlagebericht vom führt das Finanzamt aus, dass im Jahr 2012 der Alleinverdienerabsetzbetrag nicht zusteht, weil das Einkommen ihrer Ex-Gattin im Jahr 2012 mehr als € 6.000 betrug und der Alleinerzieherabsetzbetrag nicht zusteht, weil die eheliche Gemeinschaft bis zur Verhängung des Betretungsverbotes am bestanden habe und daher die geforderte 6-Monats-Frist im Jahr 2012 nicht erfüllt sei.

Der Beschwerdeführer führte aus, dass die Wegweisung am gewesen sei, Familienbeihilfe habe auch immer er bezogen. Die Wohnung habe sich im Haus seines Ex-Schwiegervaters befunden und am sei seine Ex-Gattin plötzlich vor der Tür gestanden und die Situation sei im Laufe des Abends eskaliert.

Der Finanzamtsvertreter replizierte, dass aus Sicht der Abgabenbehörde es unwahrscheinlich sei, dass die eheliche Gemeinschaft vor dem aufgelöst gewesen sei. Andernfalls wäre die Wegweisung nicht sinnvoll gewesen.

Der Beschwerdeführer führt aus, dass beide Kinder jeweils zur Hälfte bei ihm und zur Hälfte bei der Kindesmutter gewesen seien. Die Kindesmutter habe im fraglich Zeitpunkt im Jahr 2012 in einer Wohnung ihrer Eltern gewohnt. Er sei erst 2014 aus dieser Wohnung ausgezogen, zu diesem Zeitpunkt sei seine Ex-Gattin schon lange in einer eigenen Wohnung gewesen.

Über Nachfrage der Berichterstatterin, ab welchem Zeitpunkt die Kindesmutter nicht mehr in der gemeinsamen Wohnung gewesen sei, antwortete der Beschwerdeführer: Seine Ex-Gattin sei in Krems auf Fortbildung gewesen, im Mai 2012, im Zusammenhang mit ihrer Berufstätigkeit als ***12*** im Hinblick darauf, dass sie die ***32*** ihrer Eltern einmal übernehmen Kind 1. Der Beschwerdeführer habe stets die Kinder betreut, sie in den Kindergarten gebracht, wieder abgeholt, war einkaufen und habe sie versorgt. Genaue Zeitangaben könne er keine machen. Soweit er sich erinnere, habe seine Ex-Gattin nach der Fortbildung im Mai 2012 sukzessive Sachen aus der gemeinsamen ehelichen Wohnung geholt und sei in die Wohnung der Ex-Schwiegereltern, die einen Stockwerk oberhalb der ehelichen Wohnung war, gezogen. Sie sei nur mehr in die eheliche Wohnung gekommen, wenn er dort nicht aufhältig gewesen sei um persönliche Sachen zu holen.

Der Beschwerdeführer legte eine E-Mail seiner Gattin an ihn vom ***41***.2012 vor aus dem hervorgeht, dass die Ex-Gattin erklärte, dass sie vorübergehend zu ihren Eltern gehe.

Der Finanzamtsvertreter führte aus, dass aus Sicht der Abgabenbehörde aus dem E-Mail nicht hervorgehe, was "vorübergehend" bedeutet. Fest stehe, dass spätestens mit der Wegweisung die Gemeinschaft aufgelöst war.

Über Frage der Berichterstatterin, wie das Finanzamt die Ausführungen aus dem Scheidungsurteil auf Seite 3 in dem festgehalten wird, dass die Parteien seit Mitte Juni 2012 getrennt leben, sehe, wurde vom Vertreter des Finanzamtes eingeräumt, dass die Angaben zusammenpassen.

Der Beschwerdeführer führte aus, dass bis zum Auszug im Juni/Juli 2012 hat seine Ex-Gattin nicht mehr als € 6.000 verdient habe, für das ganze Jahr könne er keine Angaben machen.

Kinderfreibetrag

Über Vorhalt des Senatsvorsitzenden, dass in den Einkommensteuerbescheiden 2012 und 2014 jeweils € 440 für haushaltszugehörige Kinder geltend gemacht worden seien und die belangte Behörde im Vorlagebericht die Korrektur auf € 264 - somit auf € 132 pro Kind beantrage, weil auch die Ex-Gattin den Kinderfreibetrag geltend gemacht habe, erklärte der Beschwerdeführer nach Erläuterung der Rechtslage, dass es einsichtig sei, dass beiden Elternteilen nur ein anteiliger Kinderfreibetrag zustehe, nicht jedem der gesamte Kinderfreibetrag.

Außergewöhnliche Belastung

Über Frage des Senatsvorsitzenden, dass soweit ersichtlich, nur der Punkt der unter der Kennzahl 735 - andere außergewöhnliche Belastungen - strittig sei, nicht jedoch die als Krankheitskosten oder Kinderbetreuungskosten geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen, wurde dies von den Verfahrensparteien bestätigt.

Der Senatsvorsitzende hält vor, dass mit Schreiben vom das Bundesfinanzgericht ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom (Ra 2020/13/0047) dem Beschwerdeführer übermittelt habe. Darin hat der VwGH betont, dass Anwaltskosten grundsätzlich nicht zwangsläufig und damit keine außergewöhnliche Belastung sind, wenn in einem Verfahren keine Anwaltspflicht besteht.

Der Beschwerdeführer trägt vor, dass aus seiner Sicht ein komplexer Tatbestand vorliege. Als juristischer Laie habe er ohne anwaltliche Hilfe keine Chance beim Bezirksgericht ***10*** gehabt irgendetwas bewirken zu können, weder für ihn noch für seine Kinder.

Der Finanzamtsvertreter repliziert, dass aus Sicht des Finanzamtes die Sachverhalte aus dem VwGH-Erkenntnis und auch ältere Rechtsprechung mit dem beschwerdegegenständlichen Sachverhalt sehr vergleichbar seien. Im Scheidungsverfahren gebe es keine Anwaltspflicht, daher sei aus Sicht der Abgabenbehörde keine Grundlage für außergewöhnliche Belastung gegeben.

Der Beschwerdeführer erläuterte, dass aus seiner Sicht besondere Gründe für die außergewöhnliche Belastung sehr wohl gegeben seien. Anführen möchte er einerseits die Komplexität der Angelegenheit, die Wegweisung, die beantragte Scheidung durch seine Ex-Gattin sowie das Obsorgeverfahren das nach drei Jahren zu einem Vergleich geführt habe.

Über die Frage der Berichterstatterin, worauf die Komplexität genau zurückgeführt werde, beantwortete dies der Beschwerdeführer aus seiner Sicht.

Dazu sei zu ergänzen, dass seine Ex-Gattin depressiv gewesen sei, sie sei bei einem Ladendiebstahl erwischt worden, als der Kind 2 dabei gewesen sei, was zu einer Diversion geführt habe. Ohne anwaltliche Hilfe hätte man beim Bezirksgericht ***10*** absolut nichts erreichen können. Es hätte dann eine ungerechtfertigte Kindesabnahme durch das Jugendamt gegeben. Die Kind 1 sei dann wieder in seine Obhut entlassen worden.

Der Finanzamtsvertreter replizierte darauf, dass die Komplexität vermutlich jedes Scheidungsverfahren mit divergierenden Meinungen betreffe. Weder aus dem Scheidungsurteil noch aus dem Unterhaltsvergleich lasse sich für ihn so eine Komplexität ableiten; vielmehr haben beide Parteien ihr anteiliges Verschulden eingestanden. Er sehe daher keine zwangsläufigen Gründe für das Einschalten eines Rechtsanwaltes.

Der Beschwerdeführer erläutert, dass er auf Anraten seiner damaligen Anwältin dem anteiligen Verschulden zugestimmt habe, dies sei im Hinblick auf das damals noch offene Obsorgeverfahren geschehen um zu vermeiden, dass ihm jegliche Kompromissbereitschaft abgesprochen werde. Die Komplexität gipfelte darin, dass seine Kind 1 2022 und 2023, während der Obsorge seiner Ex-Gattin, zwei Selbstmordversuche durchführte. In Folge dessen sei seine Kind 1 mehrmals stationär und tagesklinisch im ***33*** in der Kinderpsychiatrie behandelt worden.

Im Jahr 2015 sei die gemeinsame Obsorge vereinbart worden, das habe bis ca. 2020 funktioniert. Ab der Pandemie sei seine Kind 1 nicht mehr zu ihm gekommen. Zuerst sei das Kind in Magersucht verfallen, dann habe das Kind Tabletten genommen. das Kind habe ihn dann angerufen und er habe das Kind aus dem Spital abgeholt, weil das Kind unbedingt zu ihm wollte. Von da an erfolgte die Betreuung wie ursprünglich im Obsorgevergleich vorgesehen, zumindest für einige Wochen. Das habe ihn auch seinen Job gekostet.

Über Nachfragen durch die Berichterstatterin sagte der Beschwerdeführer, dass er sich nicht sicher sein konnte, dass er beim Bezirksgericht ***10*** korrekt behandelt werde. Das sehe man auch daran, dass die zuständige Richterin letztlich aus der Justiz entfernt worden sei oder die Justiz verlassen habe. Es habe Beschwerden gegen diese Richterin gegeben, daher sei seine anwaltliche Hilfe nötig gewesen.

Er habe diverse Gutachten beantragt, die nur teilweise durchgeführt worden seien. Ein psychiatrisches Gutachten sei stets abgelehnt worden. Wenn ihn seine Anwältin nicht beraten hätte, wären möglicherweise beide Kinder bereits verstorben.

Der Vertreter des Finanzamtes verwies auf den Vorlagebericht, wobei hinsichtlich des Alleinerzieherabsetzbetrages 2012 für zwei Kinder keine Bedenken bestehen.

Der Beschwerdeführer beantragte der Beschwerde Folge zu geben.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer ***15***. ***30*** ***19*** und ***15***. ***16*** ***17*** waren vom 03.03.***23*** bis zum ***40***.2014 (Rechtskraft der Scheidung) verheiratet. Der Ehe entstammen 2 Kinder, ***23*** und ***31*** geboren.

Das Verhältnis der Eheleute verschlechterte sich in den Ehejahren. Mit E-Mail vom ***41***.2012 teilte die damalige Ehefrau dem Beschwerdeführer mit, dass das Kind vorübergehend zu ihren Eltern gehe. Sie werde auch gerne die Kinder tagsüber nehmen. Am ***42***.2012 reichte Frau ***15***. ***17*** als Klägerin die Scheidung der Ehe aus Verschulden des Beschwerdeführers als Beklagten ein. Im Scheidungsurteil vom ***34***.2014 wurde der Zeitpunkt der Trennung der damaligen Eheleute mit Mitte Juni 2012 festgestellt.

Damit ist der Zeitpunkt der tatsächlichen Trennung der Eheleute spätestens mit Mitte Juni 2012 festzustellen, siehe email der Ehegattin und das Scheidungsurteil.

Nach der tatsächlichen Trennung Mitte Juni 2012 verblieben beide Kinder weiterhin beim Vater wohnhaft.

Der Beschwerdeführer bestritt die Richtigkeit des Klagebegehrens und brachte vor, dass die Klägerin das Scheitern der Beziehung verschuldet habe.

Die Auseinandersetzungen der Eheleute führten auch zu Polizeieinsätzen und mündete am in der Wegweisung der Ehefrau aus der gemeinsamen ehelichen Wohnung (siehe Polizeibericht).

Die Auseinandersetzungen der Eheleute bewirkten bei der Kind 1 ein so auffälliges Verhalten, dass das Jugendamt eingeschaltet war und die Kind 1 vorübergehend aus der elterlichen Obhut genommen wurde.

In der Verhandlung am ***43***.2014 im Scheidungsprozess stellten der Beschwerdeführer und seine damalige Ehefrau außer Streit, dass ihre Ehe unheilbar zerrüttet sei und dass sie das Verschulden an der Ehezerrüttung zu gleichen Teilen treffe (siehe Scheidungsurteil).

Der Beschwerdeführer gestand damit aus freien Stücken zu, dass er ein Verhalten gesetzt hatte, das zur Ehezerrüttung beigetragen hatte und folglich zur Scheidung der Ehe führte.

Nach der Wegweisung der Mutter verblieb der Beschwerdeführer mit beiden Kindern in der damaligen Ehewohnung. Im Mai 2014 bezog der Beschwerdeführer mit beiden Kinder eine neue Wohnung. Erst im Jahr 2015 nach dem Vergleich im Obsorgeverfahren zog der Kind 2 zur Mutter zurück. Dies ergibt sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, den Meldedaten und der Bescheinigung über den Bezug der Familienbeihilfe. Damit waren beide Kindermehr als die Hälfte des Jahres 2014 dem Haushalt des Vaters zugehörig.

Im Jahr 2012 bezogen der Beschwerdeführer und seine Ehegattin Einkünfte aus ihren Erwerbstätigkeiten.

Laut Einkommensteuerbescheid für 2012 erzielte Frau ***15***. ***17*** ein wesentlich höheres Einkommen als € 6.000,00.

Im Jahr 2012 wendete der Beschwerdeführer € 9.880,00 an Honoraren für zwei Rechtsanwälte auf. Im Jahr 2014 wendete er € 15.829,25 auf, wobei darin Rechtsanwaltshonorare für vier Rechtsanwälte in Höhe von € 15.627,00 und Gerichtsgebühren in Höhe von € 202,25 enthalten sind.

2. Beweiswürdigung

Dies steht auf Grund der vorgelegten Unterlagen, dem Vorbringen im Verfahren und der mündlichen Senatsverhandlung fest.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

§ 33 Abs. 4 EStG 1988:

(4) Darüber hinaus stehen folgende Absetzbeträge zu:

1.Alleinverdienenden steht ein Alleinverdienerabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich

-bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro,
-bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro.

Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich.

Alleinverdienende sind Steuerpflichtige mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1), die mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragene Partner sind und von ihren unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten oder eingetragenen Partnern nicht dauernd getrennt leben oder die mehr als sechs Monate mit einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person in einer Lebensgemeinschaft leben. Für Steuerpflichtige im Sinne des § 1 Abs. 4 ist die unbeschränkte Steuerpflicht des Ehegatten oder eingetragenen Partners nicht erforderlich. Voraussetzung ist, dass der (Ehe )Partner (§ 106 Abs. 3) Einkünfte von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt. Die nach § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a, weiters nach § 3 Abs. 1 Z 10, 11 und 32 und auf Grund zwischenstaatlicher oder anderer völkerrechtlicher Vereinbarungen steuerfreien Einkünfte sind in diese Grenzen mit einzubeziehen. Andere steuerfreie Einkünfte sind nicht zu berücksichtigen. Der Alleinverdienerabsetzbetrag steht nur einem der (Ehe )Partner zu. Erfüllen beide (Ehe )Partner die Voraussetzungen im Sinne der vorstehenden Sätze, hat jener (Ehe )Partner Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag, der die höheren Einkünfte im Sinne der Z 1 erzielt. Haben beide (Ehe )Partner keine oder gleich hohe Einkünfte im Sinne der Z 1, steht der Absetzbetrag dem haushaltsführenden (Ehe )Partner zu.

2.Alleinerziehenden steht ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich

-bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro,
-bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro.

Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich. Alleinerziehende sind Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben.

§ 34 EStG 1988:

Außergewöhnliche Belastung

§ 34. (1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:

1.Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2.Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3.Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen

von höchstens 7 300 Euro …………………………………………………………….…………6%.
mehr als 7 300 Euro bis 14 600 Euro ………………………….……………………………
8%.
mehr als 14 600 Euro bis 36 400 Euro ………………………….............................
10%.
mehr als 36 400 Euro ……………………………………………..……………………….........
12%.

Der Selbstbehalt vermindert sich um je einen Prozentpunkt

-wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht

-wenn dem Steuerpflichtigen kein Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht, er aber mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt

-für jedes Kind (§ 106).

§ 106a EStG 1988:

Kinderfreibetrag

§ 106a. (1) Für ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 1 steht ein Kinderfreibetrag zu. Dieser beträgt

-220 Euro jährlich, wenn er von einem Steuerpflichtigen geltend gemacht wird;

-132 Euro jährlich pro Steuerpflichtigem, wenn er für dasselbe Kind von zwei (Ehe)Partnern, die mehr als sechs Monate im Kalenderjahr in einem gemeinsamen Haushalt leben, geltend gemacht wird,

-132 Euro jährlich pro Steuerpflichtigem, wenn einem anderen nicht im selben Haushalt lebenden Steuerpflichtigen für dasselbe Kind ein Kinderfreibetrag nach Abs. 2 zusteht.

(2) Für ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 2 steht ein Kinderfreibetrag in Höhe von 132 Euro jährlich zu.

(3) Steht für ein Kind ein Kinderfreibetrag gemäß Abs. 2 zu, darf für dasselbe Kind ein Kinderfreibetrag gemäß Abs. 1 in Höhe von 132 Euro nur von jenem Steuerpflichtigen geltend gemacht werden, der mehr als sechs Monate Anspruch auf einen Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 hat.

(4) Der Kinderfreibetrag wird im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer berücksichtigt. In der Steuererklärung ist die Versicherungsnummer (§ 31 ASVG) oder die persönliche Kennnummer der Europäischen Krankenversicherungskarte (§ 31a ASVG) jedes Kindes, für das ein Kinderfreibetrag geltend gemacht wird, anzuführen.

Rechtliche Beurteilung für den konkreten Sachverhalt:

1) Alleinverdienerabsetzbetrag für das Jahr 2012:

Gemäß § 33 Abs. Abs. 4 EStG kann der Alleinverdienerabsetzbetrag dann beantragt werden, wenn der Steuerpflichtige mehr als 6 Monate im Kalenderjahr verheiratet ist und der Ehepartner Einkünfte von höchstens € 6.000,00 jährlich erzielt hat.

Der Grenzbetrag ist immer anhand der Jahreseinkünfte des (Ehe-)Partners zu ermitteln, auch wenn die Partnerschaft unterjährig begründet oder beendet wurde (vgl UFS Innsbruck , RV/0508-I/08; Wanke in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG, § 33 Anm 73).

Da Frau ***17*** laut Einkommensteuerbescheid 2012 Einkünfte von mehr als € 6.000,00 erzielt hat, steht dem Beschwerdeführer aufgrund der Gesetzeslage kein Alleinverdienerabsetzbetrag zu. Die Beschwerde ist in diesem Punkt abzuweisen.

2) Alleinerzieherabsetzbetrag für 2012 und 2014:

Wie aus dem bisherigen Verfahren feststeht, lebte der Beschwerdeführer im Jahr 2014 mehr als 6 Monate von seiner damaligen Ehegattin getrennt. Im Jahr 2014 wohnten sowohl die Kind 1 als auch der Kind 2 überwiegend beim Beschwerdeführer. Der Kind 2 war ab bis zum (der Vergleich über die Obsorge wurde von den Eltern am ***35***.2015 abgeschlossen) mit Hauptwohnsitz beim Vater gemeldet, die Kind 1 vom bis mit Hauptwohnsitz beim Vater gemeldet. Der Beschwerdeführer bezog im Jahr 2014 für beide Kinder die Familienbeihilfe.

Damit war der Beschwerdeführer mehr als 6 Monate im Kalenderjahr 2014 alleinerziehend mit zwei Kindern im Sinne des § 33 Abs. 4 Teilstrich 2 EStG.

Dem Beschwerdeführer steht daher für das Jahr 2014 ein Alleinerzieherabsetzbetrag im Betrag von 669,00 € bei zwei Kindern zu.

3) Kinderfreibetrag:

Gemäß § 106a EStG steht für ein Kind ein Kinderfreibetrag von € 132,00 pro Kind zu, wenn beide Steuerpflichtige den Kinderfreibetrag geltend machen.

Wanke in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG, § 106a Anm 7:
"Der Freibetrag von 440 €/220 € (Abs 1) darf nur dann geltend gemacht werden, wenn nicht der Freibetrag von 300 €/132 € vom anderen (Ehe-)Partner geltend gemacht wird, und zwar unabhängig davon, ob sich dieser beim (Ehe-)Partner im Ergebnis steuerlich auswirkt oder nicht."

Da Frau ***17*** für 2012 und für 2014 den Kinderfreibetrag von € 132,00 pro Kind anerkannt bekam, auch nicht darauf verzichtet hat, steht dem Beschwerdeführer nur ein Kinderfreibetrag von € 132,00 pro Kind, in Summe € 264,00 für beide Kinder je für 2012 und 2014 zu. Da in den beschwerdeverfangenen Bescheiden für 2012 und 2014 € 440,00 anerkannt wurden, sind diese in diesem Punkt abzuändern und jeweils ein Kinderfreibetrag von € 264,00 für 2012 und 2014 zu gewähren.

4) Rechtsanwaltskosten als außergewöhnliche Belastung:

Gemäß § 34 EStG muss eine außergewöhnliche Belastung, um steuerlich anerkannt zu werden, die Voraussetzungen der Außergewöhnlichkeit, der Zwangsläufigkeit und der wirtschaftlichen Beeinträchtigung kumulativ aufweisen. Fehlt nur eine dieser Voraussetzungen ist keine außergewöhnliche Belastung im steuerlichen Sinn gegeben.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Prozesskosten im Allgemeinen nicht zwangsläufig erwachsen (vgl. , mwN) und sind insbesondere Rechtsanwaltskosten in einem Verfahren ohne Anwaltspflicht grundsätzlich nicht zwangsläufig (vgl. ). Es müssen besondere Gründe dafür, dass trotz fehlender Anwaltspflicht das Einschreiten eines Rechtsanwaltes erforderlich ist, vorliegen.

Der Verwaltungsgerichtshof legt seine Rechtsansicht zur Zwangsläufigkeit von Rechtsanwaltskosten in einem Scheidungsverfahren in seinem Erkenntnis vom , Ra 2020/13/0047 ausführlich dar.

Diese im VwGH-Erkenntnis getroffenen Aussagen zur Zwangsläufigkeit treffen auch auf den Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall zu.

Es bestand kein Anwaltszwang, die damalige Ehegattin reichte die Scheidung ein und letztendlich gestand der Beschwerdeführer freiwillig ein gleichteiliges Verschulden an der Zerrüttung der Ehe ein. Die von der Rechtsprechung des VwGH geforderten besonderen Umstände zur Beiziehung eines Rechtsanwaltes liegen nicht vor, da zum Vorbringen von ehelichen Verfehlungen der damaligen Ehegattin aus Sicht des Beschwerdeführers kein anwaltlicher Beistand erforderlich war. Die Darlegung der häuslichen Gewalt mit Polizeieinsätzen und einer Wegweisung der damaligen Ehegattin sowie des Ladendiebstahles der damaligen Ehegattin bedürfen keines rechtlichen Beistandes um vom Beschwerdeführer im Scheidungsverfahren geltend gemacht zu werden und vom Gericht im Scheidungsverfahren beurteilt werden zu können.

Der Angaben des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2012, dass die Richterin voreingenommen und befangen gewesen sei, kann nicht gefolgt werden, zumal diese Richterin das Scheidungsverfahren bis zum Verfahrensabschluss führte und aus das Scheidungsurteil verfasste. Wenn eine erfahrene Richterin den Beschwerdeführer über die Rechtslage aufklärt und der Beschwerdeführer dies als Benachteiligung sieht, verkennt er die Rechtslage, indem er den subjektiven Wunsch in allen Belangen nach seinen Vorstellungen recht zu bekommen, nicht die objektive Sach- und Rechtslage erkennt. In einem Zweiparteienverfahren kann auch die andere Partei gute Gründe vorbringen, die beurteilt werden müssen und ebenfalls in eine Entscheidung einfließen. In einem Scheidungsverfahren, insbesondere in einem emotionalen, ist eine Beharrlichkeit, dass die eigene Rechtsmeinung die einzig richtige sei, kein objektiv besonderer Grund, die einen Anwalt erforderlich macht. Die Situation des Beschwerdeführers unterschied sich nicht von der Mehrheit der Personen, die in ein Scheidungsverfahren involviert sind. Im Gegenteil konnte der durch dokumentierte Polizeieinsätze die häusliche Gewalt seitens der Ex-Gattin belegen. Dies ist weder rechtlich komplex noch als schwierig anzusehen.

Der Beschwerdeführer begründete in seiner Beschwerde sowie im Vorlageantrag die Komplexität und besonderen Gründe für die Beiziehung eines Anwaltes mit diesen Umständen.

Diese sind aber nach Ansicht des erkennenden Senates Tatsachen, die belegt sind. Es lagen auch keine Umstände vor, dass der Beschwerdeführer an dem Vorbringen dieser Tatsachen gehindert worden ist.

Vom Beschwerdeführer wurden keine komplexen rechtlichen Bestimmungen, wie zB. Anwendung ausländisches Familien- und Eherecht, rechtlich schwierige Aufteilung gemeinschaftlichen Vermögens oder eines Unternehmens, oder andere rechtlich komplexe Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Auflösung seiner Ehe vorgebracht. Die Schilderungen des Auseinanderlebens und Meinungsverschiedenheiten mit seiner Ex-Gattin sind Sachverhaltsschilderungen, die den Tatsachenbereich betreffen. Deren Vorbringen bedarf im Scheidungsverfahren keines rechtlichen Beistandes. Tatsachen - insbesondere die vom Beschwerdeführer geschilderten gewalttätigen Auseinandersetzungen - vorzubringen, die in einem Scheidungsverfahren vom zuständigen Richter rechtlich zu beurteilen sind, sind keine besonderen Umstände, die eine anwaltliche Hilfe erforderlich machen. Der Beschwerdeführer gestand das Verschulden trotz dieser Aspekte zu gleichen Teilen zu (siehe Scheidungsurteil).

Insbesondere sind Obsorgestreitigkeiten in einem Scheidungsverfahren nicht außergewöhnlich und münden aufgrund der dahinterliegenden Emotionalität sowie des beharrlichen Willens der Durchsetzung des eigenen Rechtsstandspunktes der einzelnen Parteien oft in einem langandauernden Verfahren - unabhängig davon, ob die Ehe aus dem überwiegenden Verschulden eines Ehepartners oder aus einem gleichteiligen Verschulden geschieden wird.

Es liegen daher keine besonderen rechtlichen Umstände vor, die eine anwaltliche Vertretung erforderlich gemacht haben. Der Beschwerdeführer hätte kein Verschulden zu gleichen Teilen an der Zerrüttung der Ehe zugestehen müssen. Damit ist die Zwangsläufigkeit im Sinne der Judikatur des VwGH nicht gegeben.

Hingewiesen wird, dass der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes folgend vom Bundesfinanzgericht in gefestigter Rechtsprechung die Zwangsläufigkeit von Rechtsanwaltskosten im Scheidungsverfahren verneint wurde. Vgl ; ; ; .

Die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten werden daher gemäß der herrschenden Judikatur 2012 und 2014 nicht anerkannt.

Beilagen: 1 Berechnungsblatt für 2012
1 Berechnungsblatt für 2014

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist nicht zulässig, da die Entscheidung den gesetzlichen Bestimmungen und der zitierten herrschenden Judikatur folgt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
außergewöhnliche Belastung
Verschulden
Anwaltspflicht
Zwangsläufigkeit
Rechtsanwaltskosten
Zerrüttung der Ehe
einvernehmliche Scheidung
Verweise

-I/08




ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100977.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at