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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.06.2024, RV/1100060/2023

Aufwendungen eines Wirtschaftskammerfunktionärs für ein häusliches Arbeitszimmer - Werbungskostenabzug?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. W in der Beschwerdesache des Bf., F-Straße-xx, Gde X, über die Beschwerden vom , gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich, Postfach 260, 1000 Wien, vom betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2015 bis 2020 zu Recht erkannt:

Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge: Bf.) bezog in den streitgegenständlichen Jahren aus seiner Beschäftigung als Zer XY bzw. YZ der Zweigniederlassung A der AB GmbH & Co KG Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Laut Mitteilungen gemäß § 109a EStG 1988 bezog der Bf. in den Beschwerdejahren zusätzlich Funktionsgebühren iSd § 29 Z 4 EStG 1988 (sonstige Einkünfte) von der Wirtschaftskammer Z.

Im Zuge entsprechender abgabenbehördlicher Vorhalteverfahren (vgl. Ergänzungsersuchen vom samt Erinnerung vom ; Ergänzungsersuchen vom und vom ) reichte der Bf. seine Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2015 bis 2020 (elektronisch eingelangt am , , , bzw. am ) ein, in welchen er ua. auch sonstige Einkünfte (Funktionsgebühren) iHv 1.083,82 € (2015), 1.239,03 € (2016), 2.375,42 € (2017), 2.225,35 € (2018), 2.399,64 € (2019) und 3.167,99 € (2020) angab, und legte diesbezüglich mit Eingabe vom entsprechende Einnahmen-Ausgabenrechnungen für die Jahre 2015 bis 2019 vor.

Mit Bescheiden vom wurde der Bf. zur Einkommensteuer für die Jahre 2015 bis 2020 veranlagt; dabei setzte die Abgabenbehörde ua. sonstige Einkünfte (Funktionsgebühren) iHv 3.693,82 € (2015), 4.719,03 € (2016), 5.855,42 € (2017), 5.705,35 € (2018), 5.879,64 € (2019) und 6.647,99 € (2020) an und führte dazu jeweils begründend aus, dass Werbungskosten für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung nur dann vorliegen würden, wenn dieses den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Antragstellers bilde und (nahezu) ausschließlich betrieblich oder beruflich genutzt werde. Diese Voraussetzungen seien im konkreten Fall nicht gegeben, weshalb die diesbezüglich als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen nicht berücksichtigt werden könnten.

Mit Anbringen (FinanzOnline) vom erhob der Bf. gegen diese Einkommensteuerbescheide 2015 bis 2020 Beschwerde(n); dabei wandte er sich dagegen, dass die in Rede stehenden Bescheide vor Fristende des zu beantwortenden Ergänzungsersuchens vom erlassen worden seien und damit eine Stellungnahme nicht abgewartet worden sei. Als Interessensvertreter der Wirtschaftskammer Z sowie der Wirtschaftskammer Österreich (XXX - WK Z, BB des Fachverbandes - WK Österreich sowie BBK für das XY-Gewerbe) habe er natürlich etliche außer Haus Termine. Der Großteil der Arbeit spiele sich allerdings im Arbeitszimmer ab. Es müsse jeder Termin vorbereitet bzw. im Nachhinein entsprechende Maßnahmen gesetzt werden. Außerdem würden sehr viele Online-Sitzungen stattfinden. Dies sei bedingt durch die Situation, dass er auch als Vertreter in der Bundeswirtschaftskammer tätig sei, aber auch in den letzten Jahren durch die Pandemie. Er ersuche daher um einen entsprechenden Ansatz für das notwendige Arbeitszimmer.

Mit Nachtrag zur Beschwerde vom gab der Bf. noch ergänzend an, dass die im Vorhalt vom angeführten Tätigkeitsbereiche nicht mit seiner Tätigkeit als Interessensvertreter bei der Wirtschaftskammer Z bzw. Österreich zu vergleichen seien. Bei ihm handle es sich um eine ehrenamtliche Tätigkeit, für die eine Aufwandsentschädigung 12mal pro Jahr zur Auszahlung gelange. Den aufgelisteten Tätigkeiten läge jedoch ein Monatsentgelt zugrunde, das 14mal pro Jahr zur Auszahlung gelange. Ebenso gelte dies bei den Bezügen für Politiker. Nachdem er sich in einem Dienstverhältnis bei der Fa. ab befinde, sei er normalerweise ausschließlich lohnsteuerpflichtig. Erst durch seine Funktion und der daraus resultierenden Auszahlung einer Funktions- bzw. Aufwandsentschädigung werde er einkommensteuerpflichtig. Im Gegensatz zu etlichen Kollegen, die ebenfalls als Funktionäre im selben Rahmen (allerdings selbstständig) wie er tätig seien und den notwendigen Aufwand für ein Büro oder Arbeitszimmer im Rahmen ihrer Buchhaltung bzw. Gewinnermittlung geltend machen könnten, soll dies bei ihm unverständlicherweise nicht der Fall sein. Es sei für ihn auch nicht nachvollziehbar, warum bei der Auszahlung einer Aufwandsentschädigung zwar die Entschädigung einkommensteuerpflichtig sein soll, der betreffende dazu gehörende Aufwand allerdings nicht steuerlich wirksam geltend gemacht werden könne. Aufgrund der Situation, wonach er für die Ausübung seiner Tätigkeit ein zusätzliches Büro bzw. Arbeitszimmer benötige, sei dieser Aufwand aus seiner Sicht absolut gerechtfertigt. Außerdem weise er noch darauf hin, dass sich 2020 und 2021 die Anzahl von Videokonferenzen deutlich erhöht habe. Dieser Umstand habe die Notwendigkeit von entsprechenden Räumlichkeiten noch verstärkt.

Im Rahmen weiterer Vorhalteverfahren (vgl. Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom sowie vom ) brachte der Bf. mit am elektronisch eingelangtem Anbringen unter Vorlage von vier Fotos von seinem Arbeitszimmer ergänzend vor, dass ihm die Wirtschaftskammer kein Büro zur Verfügung stelle, sich das Arbeitszimmer mit einer Raumgröße von ca. 57 m2 (9,50 m x 6,00 m) im Dachgeschoss befinde, dessen Ausstattung einen Schreibtisch, Bürosessel, Drucker, Scanner, Notebook mit Kamera, Internet, WLAN, Büroschränke, Regale, eine allgemeine Büroausstattung umfasse, er je nach Notwendigkeit zwischen fünf und zehn Stunden oder mehr pro Woche im Arbeitszimmer tätig sei und das Arbeitszimmer der Mittelpunkt der ehrenamtlichen Tätigkeit als WKO-Funktionär sei.
Unter Verweis auf § 50 Abs. 1 und Abs. 4 Wirtschaftskammergesetz erklärte der Bf. mit Anbringen vom weiters, dass seine Funktion prinzipiell ehrenamtlich sei, bei Obleuten und Vorständen die Inanspruchnahme allerdings erheblich sei und daher Aufwandsentschädigungen ausbezahlt würden. Seine Funktionen im Rahmen der Interessenvertretung bei der Wirtschaftskammer hingen im Übrigen nicht mit der Tätigkeit bei der Fa. ab zusammen und seien daher komplett getrennt zu sehen. Natürlich fänden die Sitzungen im Rahmen dieser Interessensvertretung in der Regel in der Kammer oder sonstigen Räumlichkeiten statt. Seit der Pandemie (März 2020) fänden diese auch online und damit in erster Linie im Arbeitszimmer statt. Diese Sitzungen seien vertraulich und sei auch deshalb ein eigenes Arbeitszimmer notwendig. Der größere Anteil seiner Funktion als Interessenvertreter entfalle allerdings auf Vorbereitung und Bearbeitung und dafür benötige er das Arbeitszimmer sehr dringend. Anders als bei seiner Kammerfunktion übe er seine Tätigkeit als ab-XY überwiegend in seinem Büro in A aus.

In weitere Folge wies die Abgabenbehörde mit Beschwerdevorentscheidung(en) vom betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2015 bis 2020 die Beschwerde(n) mit nachstehender Begründung als unbegründet ab:

"Nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung nicht abgezogen werden. Bildet aber ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, so sind die darauf entfallenden Aufwendungen und Ausgaben einschließlich der Kosten seiner Einrichtung abzugsfähig. Der Mittelpunkt der Tätigkeit ist von mehreren Faktoren abhängig. Das Arbeitszimmer muss unbedingt notwendig sein und den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bilden. Ob das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bildet, wird nach dem Berufsbild beurteilt. Bei mehreren Einkunftsquellen wird für jede einzelne Tätigkeit untersucht, ob das Arbeitszimmer den Arbeitsmittelpunkt darstellt.
Mit Vorhalt vom wurden Sie um weitere Erläuterungen und gegebenenfalls um Vorlage entsprechender Unterlagen ersucht. Laut Vorhaltsbeantwortung vom führen Sie an, dass das Arbeitszimmer hauptsächlich für Ihre Funktion als Interessensvertreters der Wirtschaftskammer benötigt wird. Um Ihre Funktionen ausüben zu können, nehmen Sie an verschiedenen Veranstaltungen, Sitzungen, etc. teil und sind daher viel unterwegs. Wie Sie auch bekanntgegeben haben, finden die Sitzungen in der Regel in der Kammer oder sonstigen Räumlichkeiten statt. Auch wenn für diese Tätigkeit eine gewisse Vorbereitungszeit erforderlich ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der materielle Schwerpunkt nach der Verkehrsauffassung im häuslichen Arbeitszimmer liegt. Die außerhalb des Arbeitszimmers ausgeübte Tätigkeitskomponente prägt entscheidend das Berufsbild. Bei der Beurteilung des Berufsbildes ist die mit dieser Tätigkeit verbundene Tätigkeitskomponente, die auf das Arbeitszimmer fällt, nicht wesentlich. Die in diesem Zusammenhang beantragten Aufwendungen konnten daher nicht berücksichtigt werden."

Mit Anbringen (FinanzOnline) vom beantragte der Bf., die Beschwerde(n) dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen. Dabei gab er noch an, dass seiner Ansicht nach ab dem Jahr 2020, aufgrund von Corona für die Jahre 2020 bis 2023, im Rahmen des Homeoffice-Paketes ein Anspruch auf Anerkennung der angesetzten Kosten bestehe. Ab 2020 seien ausschließlich Onlinesitzungen möglich gewesen.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt schließlich - wie dem Bf. mitgeteilt wurde - die in Rede stehende(n) Beschwerde(n) dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Dabei erklärte die Abgabenbehörde unter Verweis auf die Beschwerdevorentscheidung, dass die Beurteilung des Finanzamtes der zu diesem Thema ergangenen Rechtsprechung entspreche (beispielhafter Verweis auf , betreffend ein von einem Funktionär der Kammer der Wirtschaftstreuhänder geltend gemachtes Arbeitszimmer). Im Übrigen könnten auch im Rahmen des Homeoffice-Pakets, auf welches im Vorlageantrag verwiesen werde, die konkreten Kosten des Arbeitszimmers nicht berücksichtigt werden.

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat über die Beschwerden erwogen:


Sachverhaltsbezogen war unstrittig festzustellen, dass der Bf. in den streitgegenständlichen Jahren aus seiner Beschäftigung als Zer XY bzw. YZ der Zweigniederlassung A (R-Straße-yy, GDe A) der AB GmbH & Co KG Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezog.
Laut Mitteilungen gemäß § 109a EStG 1988 bezog er in den Beschwerdejahren zusätzlich als Interessensvertreter bzw. Funktionär (Fachgruppenobmann der NR sowie BBK für das XY-Gewerbe) Funktionsgebühren iSd § 29 Z 4 EStG 1988 (sonstige Einkünfte) von der Wirtschaftskammer Z (R-Straße-xy, Ge Y).
Laut Mitteilung gemäß § 109a EStG 1988 bezog er ab 2021 auch als Funktionär der Wirtschaftskammer Österreich (Bundeswirtschaftskammer; BB des Fachverbandes) Funktionsgebühren iSd § 29 Z 4 EStG 1988 (sonstige Einkünfte).

Funktionäre der Wirtschaftskammer üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich und ohne Bindung an einen Auftrag aus. Sie sind verpflichtet, sich bei der Erfüllung ihrer Aufgaben den Zielsetzungen der Organisationen der gewerblichen Wirtschaft entsprechend zu verhalten, an den Sitzungen der Organe teilzunehmen und die Verschwiegenheitspflicht gemäß § 69 WKG zu beachten. Einzelorgane sind verpflichtet, für die Einhaltung der rechtlichen Vorschriften sowie für die Umsetzung der Beschlüsse der Organe ihrer Wirkungsbereiche Sorge zu tragen.
Aufwandsentschädigungen als pauschalierter Auslagenersatz und Funktionsentschädigungen können nur Funktionären mit erheblicher Inanspruchnahme durch die Funktion gewährt werden. Aufwandsentschädigungen und Funktionsentschädigungen gebühren zwölfmal pro Jahr (vgl. § 50 Abs. 1, 2 und 4 Wirtschaftskammergesetz 1998 - WKG idF BGBl. I Nr. 153/2001).

Unstrittig ist auch die Nutzung des im Wohnungsverband des Bf. (konkret im Dachgeschoss seines Wohnhauses in Gde X, F-Straße-XX) befindlichen 57 m2 großen Arbeitszimmers, welches einen Schreibtisch, Bürosessel, Drucker, Scanner, Notebook mit Kamera, Internet, WLAN, Büroschränke, Regale, eine allgemeine Büroausstattung umfasst (vgl. dazu auch die diesbezüglichen vorgelegten Fotos), für seine Funktionärstätigkeit bei der Wirtschaftskammer. Im gegenständlichen Arbeitszimmer erledigt der Bf. diverse Vor- und Nachbereitungsarbeiten ("Setzen von Maßnahmen") betreffend seine "Außer-Haus-Termine".
Entsprechende Sitzungen finden in der Regel in der Kammer oder sonstigen Räumlichkeiten statt. Wegen der Pandemie und aufgrund seiner Tätigkeit für die Bundeswirtschaftskammer fanden seit 2020 zunehmend bzw. in erster Linie Online-Sitzungen bzw. Video-Konferenzen im Arbeitszimmer statt.
Je nach Notwendigkeit ist der Bf. im gegenständlichen Arbeitszimmer zwischen fünf und zehn Stunden oder mehr pro Woche tätig; entsprechend seinem Vorbringen übt er seine Funktionärstätigkeit - zeitlich gesehen - Großteils im Arbeitszimmer aus.

Streit besteht im konkreten Beschwerdefall betreffend die Jahre 2015 bis 2020 darüber, ob Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer (2015: 2.610,00 €; 2016 - 2020: jeweils 3.480,00 €; kalkulatorische Miet- und Betriebskosten) im Hinblick auf die Tätigkeit des Bf. als Interessensvertreter bzw. Funktionär der Wirtschaftskammer Z als Werbungskosten abzugsfähig sind.

Rechtlich war dazu Folgendes zu sagen:

Nach § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen Werbungskosten. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen. Werbungskosten eines Dienstnehmers sind Aufwendungen oder Ausgaben, die beruflich veranlasst sind. Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen oder Ausgaben
- objektiv in Zusammenhang mit einer nichtselbständigen Tätigkeit stehen und
- subjektiv zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen geleistet werden oder den Steuerpflichtigen unfreiwillig treffen und
- nicht unter ein Abzugsverbot des § 20 EStG 1988 fallen.

Gemäß § 20 Abs. 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften ua. nicht abgezogen werden:
- Die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge.
- Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
- Repräsentationsaufwendungen oder Repräsentationsausgaben.

Die genannte Bestimmung enthält im Wesentlichen ein Abzugsverbot gemischt veranlasster Aufwendungen, dem der Gedanke der Steuergerechtigkeit insoweit zu Grunde liegt, als vermieden werden soll, dass ein Steuerpflichtiger auf Grund der Eigenschaft seines Berufes eine Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen herbeiführt und dadurch Aufwendungen der Lebensführung steuerlich abzugsfähig machen kann, was ungerecht gegenüber jenen Steuerpflichtigen wäre, die eine Tätigkeit ausüben, die eine solche Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen nicht ermöglicht, und derartige Aufwendungen aus ihrem bereits versteuerten Einkommen tragen müssen (vgl. zB ).

Nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 sind Aufwendungen oder Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung sowie für Einrichtungsgegenstände in der Wohnung nicht abzugsfähig. Bildet ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer aber den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, sind die darauf entfallenden Aufwendungen und Ausgaben einschließlich der Kosten seiner Einrichtung abzugsfähig.

Diesbezügliche Aufwendungen bzw. Ausgaben sind bei Vorliegen der vom Gesetz vorgegebenen Tatbestandsmerkmalen - entsprechend den von der Judikatur aufgestellten Kriterien - aber nur dann abzugsfähig, wenn ein beruflich verwendetes Arbeitszimmer nach der Art der Tätigkeit des Steuerpflichtigen unbedingt notwendig ist und der zum Arbeitszimmer bestimmte Raum tatsächlich ausschließlich oder nahezu ausschließlich beruflich genutzt wird. Liegen diese gesetzlich vorgegebenen und von der Judikatur aufgestellten Voraussetzungen nicht vor, so sind die Aufwendungen für im Wohnungsverband gelegene Arbeitsräume - einschließlich jener für Einrichtungsgegenstände - nicht abzugsfähig, selbst wenn im Wohnungsverband umfangreiche berufliche Tätigkeiten durchgeführt werden (vgl. Kofler/Wurm in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20, § 20 Tz 104/1, und die dort zitierten VwGH-Judikate; Krafft in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 20 Anm 34 ff; Jakom/Peyerl EStG, 2024, § 20 Rz 41).

Die genannten Kriterien gelten für den betrieblichen und den außerbetrieblichen Bereich in gleicher Weise (vgl. ; Jakom/Peyerl EStG, 2024, § 20 Rz 41). Mit dem Vorbringen des Bf., selbstständig tätige Kammerfunktionäre könnten den notwendigen Aufwand für ein entsprechendes Arbeitszimmer im Rahmen ihrer Buchhaltung bzw. Gewinnermittlung geltend machen, ist sohin nichts zu gewinnen.

Im konkreten Fall ist unstrittig, dass es sich bei dem in Rede stehenden Raum im Dachgeschoss des bf. Wohnhauses jedenfalls um ein im Wohnungsverband befindliches Arbeitszimmer handelt.
Streit besteht gegenständlich darüber, ob dieses häusliche Arbeitszimmer im Hinblick auf die Einkunftsquelle des Bf. als Interessensvertreter bzw. (hochrangiger) Funktionär der Wirtschaftskammer den Mittelpunkt iSd § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 darstellt (einkunftsquellenbezogene Betrachtungsweise). Dazu ist Folgendes zu sagen:

Für die Begründung der Abzugsfähigkeit muss das Arbeitszimmer - wie bereits oben dargelegt - "den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen" darstellen. Der Umstand, dass der Steuerpflichtige über keinen anderen Arbeitsraum verfügt, weist das häusliche Arbeitszimmer noch nicht zwangsläufig als Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit aus. Ob ein Arbeitszimmer den Tätigkeitsmittelpunkt darstellt, hat nach dem Maßstab der Verkehrsauffassung, sohin nach dem typischen Berufsbild, zu erfolgen. Die Prüfung des Mittelpunktes einer Tätigkeit ist nach ihrem materiellen Schwergewicht zu beurteilen (dh. nicht nach den Gegebenheiten im Einzelfall); nur bei nicht eindeutig festlegbarem materiellem Schwerpunkt wird darauf abgestellt, ob das Arbeitszimmer in zeitlicher Hinsicht für mehr als die Hälfte der Tätigkeit im Rahmen der konkreten Einkunftsquelle genutzt wird. Dient das Arbeitszimmer daher einer Tätigkeit, die im Wesentlichen außerhalb des Arbeitszimmers ausgeübt wird, sind die Aufwendungen generell (also auch unabhängig von der darin verbrachten Zeit) nicht abzugsfähig (vgl. dazu Kofler/Wurm in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20, § 20 Tz 104/4 ff, und die dort zitierten VwGH-Judikate; Althuber in Hofstätter/Reichel (Hrsg), Die Einkommensteuer (EStG 1988) - Kommentar (61. Lfg 2016) zu § 20 EStG Rz 8; Krafft in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 20 Anm 43 f; Jakom/Peyerl EStG, 2024, § 20 Rz 51).

Das Finanzgericht schließt sich den oben im Verfahrensgang dargestellten Ausführungen der Abgabenbehörde in der/den Beschwerdevorentscheidung/en an, wonach der materielle Schwerpunkt der Tätigkeit (des Berufsbildes) eines Funktionärs der Wirtschaftskammer (vergleichbar mit politischen Funktionären) zweifelsfrei nicht im häuslichen Arbeitszimmer liegt, sondern vielmehr dort, wo die verschiedenen Team-, Ausschuss-, Organsitzungen, Sitzungen internationaler Verbände, Tagungen, Informationsveranstaltungen (zB Berufsausbildungsmessen, sonstige branchenspezifische Netzwerkveranstaltungen), branchenspezifische Kontaktpflege zu bzw. Verhandlungen mit politischen Entscheidungsträgern, Vertretern des öffentlichen Dienstes und der Sozialpartner (zB Kollektivvertragsverhandlungen, Lohnverhandlungen), Kontaktpflege mit Funktionären, Mitgliedern und Mitarbeitern, etc. üblicherweise stattfinden bzw. stattfindet; das Tätigkeitsbild des Wirtschaftskammerfunktionärs, so auch jenes des Bf. als Spitzenfunktionär der Wirtschaftskammer, ist entscheidend von Aktivitäten außerhalb des Arbeitszimmers geprägt (vgl. in diesem Zusammenhang auch das Vorbringen des Bf. vom , wonach er selbst ausführt, dass die Sitzungen im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Interessensvertreter der Wirtschaftskammer in der Regel in der Kammer oder sonstigen Räumlichkeiten stattfinden würden; im Übrigen siehe dazu auch zB ; ; -G/09; Jakom/Peyerl EStG, 2024, § 20 Rz 52).
Dem Umstand, dass wegen der Pandemie und aufgrund der Tätigkeit des Bf. für die Bundeswirtschaftskammer (diesbezügliche Aufwands- bzw. Funktionsentschädigungen hat er im Übrigen erst ab 2021 erhalten) seit 2020 zunehmend bzw. in erster Linie Online-Sitzungen bzw. Video-Konferenzen im Arbeitszimmer stattfanden, ist in diesem Zusammenhang nichts zu gewinnen, ändert dieser Umstand doch nichts an der am typischen Berufsbild orientierten Einschätzung, dass sich der Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit der Bf. nicht im gegenständlichen häuslichen Arbeitszimmer befindet.
Die im Arbeitszimmer ausgeübten, zweifellos auch erforderlichen diversen Vor- und Nachbereitungsarbeiten stellen nicht den Schwerpunkt der Funktionärstätigkeit des Bf. dar und können auch nicht zu einer Verlagerung des Mittelpunktes der eigentlichen Kerntätigkeit führen.
Liegt demnach der materielle Schwerpunkt der Tätigkeit (eines Berufsbildes) nicht im häuslichen Arbeitszimmer, ist es auch nicht wesentlich, ob das Arbeitszimmer in zeitlicher Hinsicht zu mehr als der Hälfte der Tätigkeit im Rahmen der konkreten Einkunftsquelle benutzt wird.

Nachdem davon auszugehen war, dass das gegenständliche Arbeitszimmer nicht den Tätigkeitsmittelpunkt der Funktionärstätigkeit des Bf. darstellte, daher im konkreten Fall bereits ein ausdrückliches Tatbestandsmerkmal des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 fehlte, konnte dem Beschwerdebegehren (Berücksichtigung kalkulatorischer Miet- und Betriebskosten als Kostenanteil/Arbeitszimmer als Werbungskosten) kein Erfolg beschieden sein.

Zudem ist im konkreten Fall auch zu beachten, dass als Werbungskosten im Zusammenhang mit einem häuslichen Arbeitszimmer nur jene Aufwendungen und Ausgaben in Betracht kämen, welche (tatsächlich) darauf entfallen, insbesondere somit anteilige Mietkosten, anteilige Betriebskosten (Beheizung, Beleuchtung, etc.), bei Eigenheimen oder Eigentumswohnungen anteilige AfA sowie anteilige Finanzierungskosten. Aufwendungen bzw. Ausgaben für Einrichtungsgegenstände könnten nur dann berücksichtigt werden, wenn sie in einem steuerlich anzuerkennenden Arbeitszimmer Verwendung fänden, (nahezu) ausschließlich der beruflichen Benützung dienten und der Umfang der Tätigkeit solche Gegenstände erfordern würde.
Fiktive Kosten (auch kalkulatorische Kosten sind fiktive Kosten, denen kein oder kein gleichwertiger Aufwand gegenübersteht; sie fallen nur rechnerisch an, tatsächlich werden sie nicht bezahlt) können im Steuerrecht ohne gesetzliche Grundlage generell und könnten sohin auch im konkreten Fall nicht als Werbungskoten abgezogen werden. Sowohl für nach § 16 Abs. 1 EStG 1988 als auch für nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 zu beurteilende Werbungskosten wäre ein Abzug sohin nur insoweit zulässig, als die Werbungskosten auch tatsächlich angefallen sind.

Auch im Rahmen des Homeoffice-Paketes können die geltend gemachten Kosten im Übrigen keine Berücksichtigung finden.

Zulässigkeit der Revision:

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes uneinheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen VwGH-Rechtsprechung beantwortet wurden und solche, welche im Gesetz eindeutig gelöst sind. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab.

Gesamthaft war somit - gerade auch im Sinne einer gleichmäßigen Besteuerung aller Steuerpflichtigen - spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.1100060.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at