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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.08.2023, RV/7105184/2019

Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7105184/2019-RS1
Erfordert die Art der Tätigkeit kein Arbeitszimmer und lässt sich auch eine überwiegende zeitliche Nutzung des Arbeitszimmers nicht bejahen, sind die Aufwendungen für ein Arbeitszimmer nicht zum Abzug zuzulassen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch KPMG Alpen-Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Krassnigstr 36, 9020 Klagenfurt am Wörthersee, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Baden Mödling vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016 und 2017 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Stand:

Strittig ist die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer des Beschwerdeführers (Bf.) in Ort 1-Ö ("Ort 1-Ö) in Österreich als Werbungskosten.

Der Bf. ist seit mit einem unbefristeten Vertrag bei einer ausländischen Dienstgeberin, der Firma A-Staat 2 ("Firma A-Staat 2", oder auch "Dienstgeberin"), mit Sitz Staat 2 ("Staat 2") als Head of Group Energy Procurement (Leiter des globalen Bereichs Energie) beschäftigt. Die Firma A ist in einer Vielzahl von Staaten tätig.

Der Bf. erklärte Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit mit Lohnsteuerabzug.

Im Dienstvertrag mit der Firma A-Staat 2 (übersetzt von der steuerlichen Vertretung) heißt es - auszugsweise festgehalten - wie folgt:

" … 2. Verpflichtungen

2.1. Der Dienstnehmer bekleidet die Position "Leiter Konzerneinkauf Energie".

2.2. Die Dienstpflichten des Dienstnehmers als Leiter Konzerneinkauf Energie umfassen ohne Eingrenzung die im Anhang 1 zu dieser Vereinbarung festgelegten Pflichten.

2.3. Darüber hinaus hat der Dienstnehmer alle Pflichten zu erfüllen, welche dem Dienstnehmer von oder im Namen von der Dienstgeberin aufgetragen werden und sich auf das Geschäft von der Dienstgeberin beziehen.

2.4. Der Dienstnehmer soll auf Ersuchen der Dienstgeberin zu jeder Zeit auch bereit sein, seine Arbeit für konzernzugehörige Gesellschaften zu erbringen.

3. Arbeitszeit / Überstunden / Arbeitsort

3.1. Der Dienstnehmer hat seine Dienstverpflichtungen nach diesem Vertrag auf Vollzeitbasis (zumindest 40 Wochenstunden) zu erbringen, Die normalen Büroöffnungszeiten der Dienstgeberin sind jeweils von 8h00 bis 18h00 von Montag bis Freitag mit 1 Stunden unbezahlte Mittagspause. Der Dienstnehmer ist verpflichtet jedenfalls in der Kernzeit zwischen 1OhOO und 16h00 von jeweils Montag bis Freitag zu arbeiten (Kernzeitstunden). Der Linienmanager des Dienstnehmers bestätigt dem Dienstnehmer den Arbeitsumfang, welchen der Dienstnehmer in der Normalarbeitszeit und außerhalb der Kernarbeitszeit zu erfüllen hat.

3.2. Der Dienstnehmer muss fallweise auch an Wochenenden und / oder an gesetzlichen Feiertagen und oder auch über 40 Wochenstunden arbeiten, wenn diese Zusatzarbeit erforderlich ist, um die angemessene Erfüllung der Dienstnehmerpflichten nach diesem Vertrag zu erfüllen (Überstundenarbeit).

3.3. Ausreichende Vergütung für Überstundenarbeit gilt mit dem vereinbarten Gehalt als abgegolten und daher besteht kein Anspruch auf zusätzliche Überstundenvergütung.

3.4. Der Dienstnehmer übt grundsätzlich die Arbeit am Sitz der Gesellschaft der Dienstgeberin an der Adresse xxx aus. Die Dienstgeberin ist berechtigt den Arbeitsort des Dienstnehmers auch in das Wohnsitzland oder außerhalb des Wohnsitzlandes zu verlegen.

3.5. Der Dienstnehmer anerkennt und bestätigt, dass er sehr oft und intensiv Reisetätigkeiten zur Erfüllung seines Aufgabengebiets unternehmen wird.

3.6. Dem Dienstnehmer ist es bei Gelegenheiten und mit vorheriger Zustimmung des Linien-Manager erlaubt vom Wohnsitz aus zu arbeiten (Heimarbeit vom Wohnsitz aus).

5. Gehalt

5.1. Dem Dienstnehmer gebührt ein Jahresbruttogehalt in Höhe von xxx.xxx EUR oder entsprechend anteilig, falls das Dienstverhältnis nicht das gesamte Kalenderjahr umfasst (=Gehalt). Das Gehalt wird in 12 monatlichen Teilen mit Monatsende durch Überweisung auf ein Bankkonto, das der Dienstnehmer bekannt gibt, überwiesen.

5.2. Der Dienstnehmer hat keinen Anspruch auf ein zusätzliches Urlaubsgeld. Dieses ist bereits im vereinbarten Jahresgehalt eingerechnet und enthalten. …"

Im Anhang 1 zum Dienstvertrag wird festgehalten:

"Beschreibung der Dienstpflichten des Group Head

1. Die wesentlichste Aufgabe des Dienstnehmers um die Rolle zu erfüllen, ist die Energieeinkaufstrategie der Gruppe zu definieren und zu implementieren. Dies umfasst die Auswahl der richtigen Anbieter und Lieferanten und das Risiko- und Strategiemanagement in jedem Land/Region während der Arbeit für die Dienstgeberin um die Energienachfrage zu steuern und den Verbrauch zu reduzieren, damit der gesamte Energieverbrauch reduziert wird.

2. Der Dienstnehmer soll der Dienstgeberin auch ermöglichen, die Hauptziele der Energiebeschaffung zu erreichen, welche umfassen:

a. die gesamten Energiekosten der Dienstgeberin-Gruppe (=ca. xxx Millionen Pfund) zu optimieren, sodass
i. die Auswirkung der Energiekosten auf die Einkommensvolatilität minimiert wird, ohne einen Preisaufschlag über dem langfristigen Marktpreis zu erleiden
ii. ein hohes Ausmaß an Kostensicherheit im jeweiligen Geschäftsjahr zu gewährleisten
iii. Vermeidung von Preiserhöhungen und Nutzung von Möglichkeiten des Energiepreisverfalls
iv. Klare und einheitliche Unternehmensgrundsätze, welche die Risiken limitieren und
v. einen effizienten und professionellen Beschaffungsvorgangsprozess
einzurichten, der die Integration von Akquisitionen ermöglicht

b. dieSchaffung proaktiver Nachfragemanagementstrategien

c. die effiziente Integration der Anforderungen und die Herbeiführung von Integrationsersparnissen im Ausmaß von x.xxx.xxx Pfund.

3. Der Dienstnehmer ist auch verantwortlich für die Erhöhung der Effizienz und Effektivität der

a. Umsetzungsprozesse: das umfasst auch und ist nicht beschränkt auf Fixierung und Lockerung der Preise, Berichterstattung, Abstimmungsarbeiten, Fakturierung und Rechnungskontrolle; und

b. Strategieprozess: das umfasst auch und ist nicht beschränkt auf Auswahl der Lieferanten, Ausarbeitung von Regelwerken zur Aufgabenerfüllung, Verhandlung von bedeutenden Verträgen, Erreichen von bester Praxis und Nachfragesteuerung

4. Der Dienstnehmer hat in seiner Rolle und mit seiner Funktion auch die Verantwortung die Organisation zu gestalten und die Unternehmensgrundsätze und Prozesse festzulegen, um die Strateg-e zu verbessern und die Wirksamkeit der Arbeitsprozesse besonders in Zusammenhang mit den wichtigen Entscheidungsträgern zu optimieren. …"

In den Einkommensteuerbescheiden 2016 und 2017 versagte das Finanzamt den Abzug der Aufwendungen für das Arbeitszimmer (2016 € 7.170,53, 2017 € 7.146,37). Es seien nur Aufstellungen vorgelegt worden, Unterlagen jedoch nicht.

In der Beschwerde gegen dieEinkommensteuerbescheide 2016 und 2017 brachte der Bf. vor, seine Tätigkeit als Head of Group von seinem Wohnsitz in Österreich auszuüben, dies sei im Dienstvertrag vereinbart. Im Staat 2 habe er kein Büro.

Er behalte seinen Wohnsitz in Österreich bei und begründe im Staat 2 keinen weiteren Wohnsitz. Gemäß Artikel 4 Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) Österreich-Staat 2 sei daher Österreich als Ansässigkeitsstaat zu qualifizieren und stehe nach dem Abkommen Österreich somit das primäre Besteuerungsrecht an seinem weltweiten Einkommen zu. Der Staat 2 habe grundsätzlich nur das Recht, bestimmte Einkünfte aus dem Staat 2 zu besteuern.

Als Werbungskosten für sein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer habe er die Abschreibung bezüglich der Wohnungssanierung sowie Strom, Gas und Wasser, entfallend auf den Anteil seines Arbeitszimmers, angesetzt. Es habe keine Kostenersätze oder Vergütungen seitens des Arbeitgebers gegeben. Diverse Unterlagen waren beigelegt.

Im Vorhalt vom forderte das Finanzamt den Bf. auf, eine Arbeitsplatzbeschreibung seines Arbeitgebers nachzureichen, insbesondere bekannt zu geben, welche Tätigkeiten der Bf. zu erfüllen habe (Dienstreisen, Treffen mit Vertragspartnern, ….) und bekannt zu geben, ob der Bf. einen Kostenersatz für das Arbeitszimmer erhalte.

In der Vorhaltsbeantwortung vom schilderte die steuerliche Vertretung den Tätigkeitsbereich des Bf. wie folgt (Anm: gleich lautend mit dem später vorgelegten Schreiben des Bf. betreffend "Beschreibung der Home-Office-Tätigkeiten 2016/2017"):

  1. "Meine Tätigkeit für die Dienstgeberin als Leiter des globalen Bereichs Energie erfordert, dass ich einerseits die Tätigkeiten im Büro in Ort 1-Staat 2 (im "Ort 1-Staat 2") leite, aber auch bei vielen Dienstgeber-Betrieben europaweit vor Ort Verhandlungen führe/Entscheidungen treffe und das lokale Management unterstütze.

  2. Viele Dienstreisen nach Mittel-, Südost- und Südeuropa starten auf Grund der besseren Flugverbindungen vom Flughafen in Ort 2-Ö und alle Vorbereitungstätigkeiten dazu werden im Home-Office erbracht

  3. Besprechungen mit österreichischen Vertrags- und Geschäftspartnern

  4. Besprechungen, Telefon-, Videokonferenzen und Dienstreisen nach Ungarn für Besprechungen mit einem zentralen Dienstleister im Bereich Energie-Absicherungsgeschäften

  5. Management eines internationalen Expertenteams im Bereich Energie mit Hilfe von Mail, Telefon und Video (auch außerhalb vorgegebener Bürozeiten)

  6. Arbeiten an strategischen und vertraulichen Projekten bzw. Verträgen, welche nicht im Großraumbüro durchführbar sind

  7. Telefongespräche und Videokonferenzen mit internationalen Geschäftspartnern.

Die steuerliche Vertretung führte weiters aus, dass der Bf. von seinem Home-Office aus in Österreich arbeite, weil ihm seine Dienstgeberin kein lokales Büro in Österreich für seine Tätigkeit bereitstelle. Einen Kostenersatz für das Arbeitszimmer erhalte der Bf. nicht. Aufwendungen für Büromaterial (wie beispielsweise Toner oder Papier) würde die Dienstgeberin ersetzen.

Die abweisende Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer 2016 und 2017 begründete das Finanzamt unter Hinweis auf allgemeine rechtliche Ausführungen und Judikatur des VwGH wie folgt:

"… Aufgrund der von Ihnen vorgelegten Arbeitsplatzbeschreibung ist eindeutig erkennbar, dass den Mittelpunkt Ihrer Tätigkeit nicht das Arbeitszimmer bildet.

Selbst wenn Tätigkeiten im häuslichen Arbeitszimmer durchzuführen sind, ist Ihr Hauptaufgabenbereich außerhalb dieses Zimmers und die Kosten daher steuerlich nicht anzuerkennen."

Der Bf. brachte den Vorlageantrag ein.

Im Vorlagebericht blieb das Finanzamt unter Hinweis auf die maßgeblichen Aussagen des VwGH in zB , , bei seiner Ansicht. Der Mittelpunkt einer Tätigkeit sei nach ihrem materiellen Schwerpunkt zu beurteilen.

"Die Frage, ob das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der Tätigkeit darstellt, ist auch nach dem "typischen Berufsbild" der Tätigkeit des Bf. zu beantworten. Die Beurteilung des Stellenwertes eines Arbeitszimmers für die Berufstätigkeit hat nach dem typischen Ablauf der Betätigung zu erfolgen (; , 2000/14/0150; , 98/13/0193) und ist einkunftsquellenbezogen vorzunehmen.

Dient das Arbeitszimmer also der Ausübung von Tätigkeiten, die ihren Ursprung im Wesentlichen außerhalb des Arbeitszimmers haben, so sind die diesbezüglichen Aufwendungen generell nicht abzugsfähig ().Fallweises Arbeiten von zu Hause rechtfertig nicht die Kosten für ein Arbeitszimmer als Werbungskosten.

Aufgrund der Tätigkeitsbeschreibung sei der Bf. als Leiter des globalen Bereichs Energie tätig. Dazu leitet er im Staat 2 (am Sitz des Unternehmens) ein Büro und führt europaweit vor Ort mit Dienstgeberin-Betrieben Verhandlungen. Büroarbeiten zur Vorbereitung bzw. Nachbereitung dieser Reisen im Vorfeld oder Anschluss leistet er - wie im Arbeitsvertrag erlaubt - fallweise von zu Hause.Da aufgrund der obigen Ausführungen somit der Mittelpunkt bzw. Schwerpunkt seiner Tätigkeit eindeutig nicht im häuslichen Arbeitszimmer liegt, stellen die dafür beantragten Kosten keine abzugsfähigen Werbungskosten dar."

Im Vorhalteverfahren beim BFG hat sich Folgendes ergeben:

Die Dienstgeberin ist in der X-Branche tätig.

Über Aufforderung, die vorherige Zustimmungserklärungen des Line Managers zu seiner Tätigkeit im Homeoffice für den Beschwerdezeitraum vorzulegen, gab der Bf. an, dass eine verbale Zustimmungserklärung des Line Managers vorgelegen sei und diese eine ausschlaggebende Grundvoraussetzung für die Unterzeichnung des Dienstvertrages gewesen sei. Es sei noch festgehalten, dass eine schriftliche Zustimmung nicht erforderlich gewesen sei, weil die Dienstgeberin auch schon vor der Pandemie hybrid gearbeitet habe. Es wurde noch darauf hingewiesen, dass der Bf. keinen Line Manager habe, da er "Group Head" sei. Er bot an, eine Zustimmungserklärung des derzeitigen CEO abzuverlangen.

Zur Aufforderung, Abrechnungen über Büromaterial für den Beschwerdezeitraum vorzulegen, brachte er eine Kostenabrechnung für "Pagro office supplies (, € 24,85) und Kabelplus (, € 56,80) bei; weiters eine Kostenabrechnung vom für Kabelplus (€ 25,84) und "Travel costs" (€ 186,51).

Zur Aufforderung, eine Aufstellung vorzulegen, aus der zu ersehen ist, an welchen Tagen im Beschwerdezeitraum der Bf. am Sitz der Dienstgeberin im Staat 2 bzw. auf Dienstreisen, im Homeoffice an seinem Wohnsitz in Österreich und im Urlaub bzw. allenfalls im Krankenstand gewesen sei, legte er vor:

Eine Jahresaufstellung für 2016, in der folgende Arbeitstage bzw. Aufenthalte des Bf. ausgewiesen sind:

  1. 235 (100%) Arbeitstage, davon hat er sich

  2. 116 Tage (49,36 %) in Österreich,

  3. 94 Tage (40 %) im Staat 2 und

  4. 25 Tage (10,64 %) im europäischen Raum aufgehalten.

Weiters sind 21 Tage für "Vacation" und 7 Tage für "National Holiday" ausgewiesen. Die verbleibenden Tage sind "Non-Working"-Tage, wie das Wochenende.

In der vorgelegten Tagesaufstellung für 2017 sind folgende Arbeitstage bzw. Aufenthalte des Bf. ausgewiesen:

  1. 233 (100%) Arbeitstage, davon hat er sich

  2. 117 Tage (50,21%) in Österreich,

  3. 81 Tage (34,76%) im Staat 2,

  4. 27 Tage (11,59%) im europäischen Raum und

  5. 8 Tage (3,43%) in Amerika aufgehalten.

Weiters sind 22 Tage für "Vacation" und 4 Tage für "Holiday" ausgewiesen. Die verbleibenden Tage sind "Non-Working"-Tage, wie das Wochenende.

Nähere Angaben, wie z. B., ob er im Büro oder auf Dienstreise war, sind nicht ausgewiesen.

Die Richterin teilte dem Bf. noch Folgendes mit:

"Sie führen aus, dass Ihre Dienstgeberin Ihnen in Österreich kein Büro zur Verfügung stellt und Sie daher in Österreich ein "Büro" an Ihrem Wohnsitz haben. Soweit eine heutige Abfrage des Herold-Telefonbuchs ergeben hat, ist diesem ein Eintrag mit "Bf. (Anm: Titel, Vor- und Zunahme)" nicht zu entnehmen. Auch wird kein Eintrag ausgeworfen, aus dem eine Verbindung zwischen Ihrer Dienstgeberin und Ihnen ersichtlich ist bzw. die einen Hinweis darauf gibt, dass Sie Ansprechpartner für Ihre Dienstgeberin in Österreich sind."

Dem hielt der Bf. entgegen, dass er als Leiter des Bereiches Energie der Dienstgeberin für den globalen Markt nicht als Ansprechpartner für Österreich angeführt habe werden können. Zwar habe Firma A (andere entity: Firma A-Österreich) im Jahr 2016 ein lokales Büro in Ort 2-Ö eröffnet, dort habe der Bf. jedoch keine Schlüsselgewalt. Aber auch im Falle eines Büros in Ort 2-Ö hätte er aufgrund der weiten Entfernung von Ort 2-Ö im Home-Office gearbeitet.

Der Bf. brachte noch einen Plan des Hauses samt Ermittlung des Anteils des Arbeitszimmers sowie Fotos des Arbeitszimmers bei. Er bot an, das Arbeitszimmer zu besichtigen und auch eine gemeinsame Telefonkonferenz zur Beantwortung etwaiger noch offener Fragen oder auch eine mündliche Verhandlung zu halten.

In Österreich wäre es zu keiner Versteuerung der Einkünfte seit 2012 gekommen, hätte er im Staat 2 gearbeitet. Wesentliche in Österreich steuerpflichtige Bezüge ergaben sich in diesem konkreten Fall nur durch die (vielen) Arbeitstage im Home-Office.

Bezüglich der Aufforderung, für den Beschwerdezeitraum Nachweise für seine Behauptung vorzulegen, seine Tätigkeit im Home-Office ausgeübt zu haben, verwies der Bf. auf die zuvor gemachten Ausführungen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. machte 2016 und 2017 Werbungskosten für die Nutzung eines Arbeitszimmers an seinem Wohnsitz in Österreich im Ort 1-Ö im Rahmen des Home-Office geltend, die das Finanzamt mangels eines Mittelpunktes der Tätigkeit des Bf. im Arbeitszimmer nicht anerkannte (Einkommensteuerbescheide, BVE und Vorlagebericht). Eine Auseinandersetzung mit der Höhe der geltend gemachten Aufwendungen erfolgte nicht.

Der Bf. arbeitete in den Jahren 2016 und 2017 auf Basis des am begonnenen Dienstverhältnisses mit der ausländischen Firma A-Staat 2 als Leiter des globalen Bereichs Energie. Sein in der Vorhaltsbeantwortung vom beschriebenes Tätigkeitsfeld ist unstrittig und wird der Entscheidung zugrunde gelegt.

Der Bf. hatte die Arbeit grundsätzlich am Sitz der Gesellschaft der Dienstgeberin im Ort 1-Staat 2 zu erbringen. Er konnte jedoch "bei Gelegenheiten und mit vorheriger Zustimmung des Linien-Manager" vom Wohnsitz aus arbeiten (Pkt. 3.4. und 3.6. des Dienstvertrages). Er war zu einer intensiven Reisetätigkeit zur Erfüllung seiner Aufgaben verpflichtet (Pkt. 3.5. des Dienstvertrages). Er hat auch tatsächlich viele Dienstreisen unternommen.

Die mündliche Zustimmungserklärung des Line-Managers ist behauptet, jedoch durch Unterlagen nicht dokumentiert.

Dem Bf. stand im Beschwerdezeitraum kein Büro der Dienstgeberin in Österreich zur Verfügung. Im Ort 2-Staat 2 konnte er jedenfalls ein Großraumbüro nutzen.

Im Jahr 2016 war der Bf. 116 Tage (49,36% seiner Arbeitstage) in Österreich und 119 Tage (50,64%) im Staat 2 und anderen europäischen Ländern.

Im Jahr 2017 war der Bf. die überwiegende Anzahl seiner Arbeitstage (117 Tage, 50,21 %) in Österreich und 116 Tage (49,79% seiner Arbeitstage) im Staat 2 oder anderen (europäischen) Staaten.

2. Beweiswürdigung

Die Entscheidung hat ihre Grundlage im vorgelegten Akteninhalt sowie den Vorbringen der Parteien im Beschwerdeverfahren.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zur Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für das Arbeitszimmer

Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 erster Satz EStG 1988 die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Bei den einzelnen Einkünften dürfen gemäß § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a EStG 1988 Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, nicht abgezogen werden.

Aufwendungen oder Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung sowie für Einrichtungsgegenstände der Wohnung dürfen gemäß § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. d EStG 1988 nicht als Werbungskosten abgezogen werden. Bildet ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, sind die darauf entfallenden Aufwendungen und Ausgaben einschließlich der Kosten seiner Einrichtung abzugsfähig.

Im vorliegenden Fall ist daher zu klären, ob das Arbeitszimmer in den Jahren 2016 und 2017 den "Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit" des Bf. bildete.

Dem Erkenntnis des 2008/15/0236, betreffend einen Auditor mit diversen Berechtigungen ist zu entnehmen, dass für die Bestimmung des Mittelpunktes einer Tätigkeit ihr materieller Schwerpunkt maßgebend ist; in Zweifelsfällen ist darauf abzustellen, ob das Arbeitszimmer in zeitlicher Hinsicht für mehr als die Hälfte der Tätigkeit im Rahmen der konkreten Einkunftsquelle benützt wird (vgl. in ständiger Rechtsprechung die hg. Erkenntnisse vom , 2004/15/0060, vom , 2004/13/0025, und vom , 2001/15/0181, VwSlg. 7.955/F).

Wie im Erkenntnis des 2013/15/0165, festgehalten, sind die Aufwendungen für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer, ein sogenanntes häusliches Arbeitszimmer, zusätzlich zu den in § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 normierten Voraussetzungen nach den von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien weiters nur dann anzuerkennen, wenn ein Arbeitszimmer nach der Art der Tätigkeit des Steuerpflichtigen notwendig ist, der zum Arbeitszimmer bestimmte Raum tatsächlich ausschließlich oder nahezu ausschließlich beruflich genutzt und auch entsprechend eingerichtet ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2010/15/0124, mwN).

Die Möglichkeit der Benutzung eines jederzeit zugänglichen Arbeitszimmers beim Arbeitgeber steht der Notwendigkeit eines häuslichen Arbeitszimmers entgegen (vgl. Hofstätter/Reichel, EStG 1988, § 20 Tz 6.1; Doralt/Kofler, EStG11, § 20 Tz 104/9; Krafft in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG 12. GL § 20 Anm 37; Jakom/Baldauf EStG, 2015, § 20 Tz 42; sowie das hg. Erkenntnis vom , 2001/15/0197, VwSlg 7890/F).

Weiters ist den Ausführungen zu entnehmen, dass nach der ständigen Rechtsprechung die steuerliche Anerkennung eines häuslichen Arbeitszimmers voraussetzt, dass dieses sowohl aufgrund der Art der beruflichen/betrieblichen Tätigkeit als auch auslastungsbedingt notwendig ist.

Wie im Erkenntnis des , ausgesprochen, ist für die Bestimmung des Mittelpunktes einer Tätigkeit ihr materieller Schwerpunkt maßgebend; in Zweifelsfällen ist darauf abzustellen, ob das Arbeitszimmer in zeitlicher Hinsicht für mehr als die Hälfte der Tätigkeit im Rahmen der konkreten Einkunftsquelle benützt wird (vgl. in ständiger Rechtsprechung die hg. Erkenntnisse vom , 2004/15/0060, vom , 2004/13/0025, und vom , 2001/15/0181, VwSlg. 7.955/F).

Diesen Kriterien folgt auch das BFG in seiner Rechtsprechung, so z. B. im Erkenntnis des .

Nun darf auf die Beurteilung des hier vorliegenden Sachverhalts eingegangen werden:

Art der Tätigkeit

Vorauszuschicken ist, dass zwischen der Dienstgeberin und dem Bf. als grundsätzlicher Arbeitsort des Bf. das Büro im Ort 1-Staat 2 festgelegt war und hatte er das dortige Büro zu leiten.

Bei der Art der Tätigkeit des Bf. handelt es sich um eine leitende Funktion, die aufgrund der sogar vertraglich vereinbarten Verpflichtung zu einer intensiven Reisetätigkeit auch ein weitreichendes geografisches Gebiet umfasste. Der Bf. war - dafür sprechen die vorgelegten Aufstellungen - häufig unterwegs. Die doch "strategische" Leitungsfunktion des Bf. als "Leiter Konzerneinkauf Energie" mit den von ihm zu besorgenden Aufgaben, die sowohl die Leitung des Büros am Sitz der Dienstgeberin als auch viele Besprechungen in einem auch räumlich weitläufigen Gebiet umfassen, gibt keinen Anhaltspunkt für eine (im Wesentlichen) in einem häuslichen Arbeitszimmer zu besorgende Tätigkeit.

Auch wenn der Bf. Vor- und Nachbereitungsarbeiten in seinem Arbeitszimmer durchführte, so vermag das BFG den zuvor gemachten Ausführungen folgend bezüglich der Art der Tätigkeit beim vorliegenden Sachverhalt nicht zu bejahen, dass im Beschwerdezeitraum der Mittelpunkt der Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer des Bf. gelegen war.

Dem Mittelpunkt des Arbeitszimmers der gesamten beruflichen Tätigkeit steht entgegen, dass dem Bf. nur "bei Gelegenheit" und "gegen vorherige Zustimmung des Line Managers" die Erbringung der Arbeit im Home-Office erlaubt war. Angemerkt werden darf, dass das Vorbringen, die vorherige (mündliche) Zustimmung des Line-Managers zum Home-Office sei Voraussetzung für den Abschluss des Dienstvertrages gewesen, mangels Unterlagen für das BFG nicht verifizierbar ist. Weiters spricht auch bezüglich der Art der Tätigkeit die vereinbarte und tatsächlich durchgeführte intensive Reisetätigkeit gegen das Erfordernis eines Arbeitszimmers.

Im Lichte der Judikatur steht überdies der Umstand, dass dem Bf. im Ort 1-Staat 2 - selbst wenn er kein Einzelbüro gehabt haben sollte - jedenfalls ein Arbeitsplatz in einem Großraumbüro zur Verfügung stand, der Notwendigkeit eines häuslichen Arbeitszimmers entgegen.

Wenn der Bf. die Notwendigkeit seines Arbeitszimmers mit Arbeiten an strategischen und vertraulichen Projekten bzw. Verträgen, welche nicht im Großraumbüro durchführbar sind, begründet, so ist eine Verpflichtung seitens der Dienstgeberin, diese Agenden nur im Arbeitszimmer zu machen, dem Dienstvertrag nicht zu entnehmen. Abgesehen davon wird im Regelfall seitens der Unternehmensführung sehr darauf geachtet werden, dass gerade vertrauliche Angelegenheiten im Unternehmensbereich verbleiben und nicht in den Bereich der privaten Lebensführung gelangen. Daher vermag dieses Vorbringen des Bf. keinen Mittelpunkt der Tätigkeit des Bf. im Arbeitszimmer zu begründen.

Nach all dem Gesagten spricht die Art der Tätigkeit nicht für die Notwendigkeit des häuslichen Arbeitszimmers des Bf.

Aufenthaltsdauer des Bf. im Arbeitszimmer

Es mag nun dahingestellt bleiben, ob eine mündliche Zustimmungserklärung zum Home-Office tatsächlich vorlag oder nicht. Für das BFG ist widersprüchlich, dass der Bf. sagt, die mündliche Zustimmungserklärung des Line-Managers gehabt zu haben, auf der anderen Seite aber behauptet, aufgrund seiner Funktion als "Head of" keinen Line-Manager zu haben.

Das BFG sah sich nicht veranlasst, eine vom Bf. angebotene Zustimmungserklärung des derzeitigen CEO abzuverlangen, da es am Bf. gelegen ist, zu bestimmten Fragen die seiner Ansicht nach relevanten Unterlagen vorzulegen.

Tatsache ist - anderes behauptet auch das Finanzamt nicht- dass der Bf. im Beschwerdezeitraum tatsächlich im Home-Office gearbeitet hat.

Zumal der Bf. 2016 die überwiegende Anzahl seiner Arbeitstage nicht in Österreich, sondern im Staat 2 und anderen europäischen Staaten verbrachte, konnte er jedenfalls seine Arbeitszeit nicht überwiegend im Arbeitszimmer in Österreich verbringen.

Wenn der Bf. im Jahr 2017 50,21% (117 Tage) seiner insgesamt 233 Arbeitstage in Österreich verbracht hat, geht das BFG angesichts des eine rege Reisetätigkeit umfassenden Aufgabengebietes davon aus, dass der Bf. auch 2017 nicht den überwiegenden Anteil seiner Arbeitszeit im Arbeitszimmer verbrachte. Dass der Bf. in Österreich überhaupt keine Reisen zu machen hatte, behauptet selbst er nicht und ist auch eine solche Ausnahme im Dienstvertrag nicht enthalten.

Wenn auch der Bf. unzweifelhaft im Arbeitszimmer Arbeiten erledigte, so kann allein aus einem Verbringen eines Teiles der Arbeitszeit im Arbeitszimmer noch nicht zwingend auf die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen geschlossen werden, sondern ist diese anhand der gesetzlichen Vorschriften bzw. durch die Judikatur gesetzten Parameter zu prüfen.

Was das "Angebot" des Bf. betrifft, eine Besichtigung des Arbeitszimmers vor Ort durchzuführen, so ist dieses aufgrund der vorliegenden Entscheidung, die die Abzugsfähigkeit schon dem Grunde nach versagt, nicht erforderlich.

Eine vom Bf. "angebotene" mündliche Verhandlung wird im gegenständlichen Fall nicht durchgeführt. Ein in der Beschwerde oder im Vorlageantrag gestellter Antrag des Bf., der dem Bf. einen Rechtsanspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verschafft hätte (vgl. § 274 Abs. 1 Z. 1 lit. a und b BAO), liegt nicht vor. Daher ist das BFG zur Abhaltung einer mündlichen Verhandlung nicht verpflichtet.

Die Richterin stellt auch keinen solchen Antrag (vgl. § 274 Abs. 1 Z. 2 BAO), weil sie beim vorliegenden Sachverhalt die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt konnte im Vorhaltswege geklärt werden und liegt angesichts der vorliegenden Rechtsprechung keine zu klärende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Dem Ersuchen, die gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 eingebrachte Beschwerde mit dem gegenständlichen Verfahren mitzuerledigen, wird nicht nachgekommen. Ein Anwendungsfall des § 267 BAO (Verbindung von Verfahren) liegt hier nicht vor. Die Erledigung der chronologisch später eingegangenen Beschwerde wird zu einem späteren Zeitpunkt in einem separaten Erkenntnis des BFG ergehen.

Zusammenfassend darf nun festgehalten werden, dass sowohl die Art der Tätigkeit als auch die zeitliche Nutzung des Arbeitszimmers dagegen sprechen, dass das Arbeitszimmer des Bf. im Beschwerdezeitraum den Mittelpunkt bzw. materiellen Schwerpunkt der Tätigkeit des Bf. bildete.

Nach all dem Gesagten konnte der Beschwerde des Bf. kein Erfolg beschieden sein, weshalb sie als unbegründet abzuweisen war. Zumal schon dem Grunde nach die Abzugsfähigkeit der begehrten Aufwendungen zu verneinen war, erübrigte sich eine Auseinandersetzung mit der Höhe der begehrten Kosten.

3.2. Zur Un/Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die hier zu beurteilende Frage erfolgte im Rahmen der freien Beweiswürdigung und findet die Entscheidung betreffend den Mittelpunkt der Tätigkeit seine Deckung in der in der rechtlichen Beurteilung festgehaltenen Rechtsprechung des VwGH. Eine Revision ist daher nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Werbungskosten
Art der Tätigkeit
beruflich
notwendig
Auslastung
Materieller Schwerpunkt
Häusliches Arbeitszimmer
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7105184.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at