Fehler und Fehlverhalten in Bilanz- und Steuerrecht

Romuald Bertl

I. S. 16Vorbemerkungen

Der vorliegende Beitrag ist der Versuch einer Grenzziehung zwischen zulässiger Bilanzgestaltung (Bilanzpolitik) und unzulässiger Bilanzmanipulation (Bilanzdelikt). Eindeutig positive oder negative Bilanzierungsregeln werden dabei genauso wenig behandelt wie eindeutige betrügerische Handlungen, wie das Erfassen fiktiver Umsätze oder die Mehrfachverbuchung von Geschäftsfällen. Untersucht wird, ob bilanzrechtliche Normen eindeutig genug sind, damit sie auch einer ebenso eindeutigen (straf-)rechtlichen Beurteilung zugänglich sind. Es wird dabei der zentralen Frage nachgegangen, inwieweit sowohl im UGB als auch im IFRS Norminterpretationen möglich oder sogar notwendig sind, um eine ordnungsgemäße Berichterstattung zu ermöglichen. Die Rechnungswesenforschung hat dazu bisher keine Beiträge geliefert. Die bilanzpolitische (empirisch geprägte) Forschung beschäftigt sich vor allem mit Fragen der Erkennbarkeit und Messbarkeit der Bilanzpolitik oder des Einflusses der Bilanzpolitik auf Unternehmenswert und Kapitalmarkt. Die besondere Aktualität und Relevanz des Themas ergibt sich aus Forschungsergebnissen, die sich mit dem sogenannten Enforcement auseinandersetzen so...