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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.06.2024, RV/7101573/2023

Wiederaufnahme des Verfahrens aufgrund nach Rechtskraft geänderten rechtlicher Beurteilung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Schwarz & Partner Wirtschaftsprüfung & Steuerberatung GmbH, Gudrunstraße 141, 1100 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** datiert vom betreffend des Antrages auf Wiederaufnahme gemäß § 303 Abs. 1 BAO des mit Einkommensteuerbescheid 2016 datiert vom abgeschlossenen Verfahrens zur Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin wurde aufgrund ihrer elektronischen Abgabenerklärung vom am erklärungsgemäß zur Einkommensteuer 2016 veranlagt.

Am stellte die steuerliche Vertreterin der Beschwerdeführerin die Anträge auf Wiederaufnahme der Verfahren für die Einkommensteuer 2015 und 2016.

Dies wurde damit begründet, dass die Beschwerdeführerin ihre steuerliche Vertretung gewechselt habe, da die Berechnung der Abschreibung für das vermietete Objekt sowie die Aufteilung der Instandsetzungsaufwendungen falsch in den oben angeführten Erklärungen angesetzt worden seien. Das Objekt ***1***, ***2***, werde zur betrieblichen Nutzung vermietet, somit sei die Höhe der Abschreibung mit 2,5 %, nicht wie von der vorhergehenden steuerlichen Vertretung mit 1,5 %, anzusetzen.

Die Kosten der Instandsetzungen seien von der (vorhergehenden) Steuerberaterin aktiviert und somit mit 1,5 % abgeschrieben und nicht gemäß § 28 Abs. 2 EStG 1988 (Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988) gezehntelt worden.

Es werde daher die Wiederaufnahme der Verfahren für die Einkommensteuer 2015 und 2016 gemäß § 303 BAO (Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961) beantragt.

Den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens für die Einkommensteuer 2015 hat das Finanzamt mit Bescheid datiert vom wegen Verjährung der zugrundeliegenden Abgabe rechtskräftig zurückgewiesen.

Abgewiesen hat das Finanzamt den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO für die Einkommensteuer 2016 im Bescheid ebenfalls datiert vom mit der Begründung, dass durch den Antrag auf Wiederaufnahme gemäß § 303 BAO keine neuen Tatsachen hervorgekommen seien. Gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 EStG könnten bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5 % der Bemessungsgrundlage (lit. a bis c leg. cit.) als Absetzung für Abnutzung geltend gemacht werden. Auch die behauptete Aktivierung von Kosten der Instandsetzungen durch die frühere Steuerberatung seine keine neuen (neu hervorgekommenen) Tatsachen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom , in welcher die Beschwerdeführerin behauptet, dass es unrichtig sei, dass sie keine neuen Tatsachen vorgelegt habe.

Erst durch die Aufarbeitung durch die neue Vertreterin sei der Beschwerdeführerin bewusst geworden, dass Aufwendungen nicht berücksichtigt worden seien und der Prozentsatz der Abschreibung nicht in voller Höhe (da betrieblich vermietet) angesetzt worden sei.

Die ehemalige Steuerberaterin habe die Kosten für die Schenkung des Objektes und somit auch für die Errichtung und Eintragung des Fruchtgenussrechtes nicht abgesetzt.

Das Objekt sei renoviert worden und habe die ehemalige Steuerberaterin die Aufwendungen für die Instandsetzung mit 1,5 % abgeschrieben. Richtig wäre jedoch eine Verteilung auf 15 Jahre gewesen. Die Abschreibung dieses betrieblich genutzten Objektes sei mit 1,5 % und nicht mit 2,5 % abgesetzt worden. Darüber hinaus sei es zu einem Diebstahl durch einen Mieter gekommen und seien die "Kosten des Schadens" (wohl bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung) nicht angesetzt worden.

Deshalb beantragte die Beschwerdeführerin, die Kosten der Vertragserrichtung durch den Notar betreffend Fruchtgenuss in Höhe von € 12.224,30 als Aufwand (wohl bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung) anzusetzen, die Aufwendungen für Instansetzung (wohl der oben genannten Immobilie) in Höhe von € 113.942,29 auf 15 Jahre verteilt (wohl als Werbungskosten) zu berücksichtigen, die Abschreibung (wohl Absetzung für Abnutzung) mit 2,5 % statt wie im (angefochtenen) Bescheid mit 1,5 % somit mit € 37.745,71 statt mit € 18.872,85 zu berücksichtigen und den Schaden in Höhe von € 27.316,50, welcher durch den Diebstahl von Inventar entstanden sei, ebenfalls als Aufwand (bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung) anzusetzen.

Schließlich beantragte die Beschwerdeführerin "für den Fall, dass keine Berufungsvorentscheidung (gemeint wohl: Beschwerdevorentscheidung)erlassen wird, eine Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat und die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung."

Mit der Beschwerdevorentscheidung datiert vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und dies damit begründet, dass Wiederaufnahmsgründe im Sinne des § 303 Abs. 1 lit. b BAO vorlägen, wenn Tatsachen oder Beweismittel, welche bereits vorAbschluss des Verfahrens existent gewesen seien, neu hervorgekommen seien, welche im abgeschlossenen Verfahren nicht geltend gemacht worden seien.

Tatsachen seien ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände, also Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis, als vom Bescheid zum Ausdruck gebracht, geführt hätten, etwa Zustände, Vorgänge, Beziehungen, Eigenschaften. Keine Wiederaufnahmsgründe (keine Tatsachen) seien neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung von Sachverhaltselementen, gleichgültig, ob die späteren rechtlichen Erkenntnisse durch die Änderung der Verwaltungspraxis oder Rechtsprechung oder nach vorhergehender Fehlbeurteilung oder Unkenntnis der Gesetzeslage eigenständig gewonnen worden seien sowie auch das Hervorkommen von Rechtsirrtümern. Hinsichtlich der Kenntnis eines Wiederaufnahmsgrundes habe die vertretene Partei sich die Kenntnis des Vertreters zurechnen zu lassen.

Die im Antrag auf Wiederaufnahme gemäß § 303 BAO vom sowie in der Beschwerde vom behauptete unrichtige (rechtliche) Beurteilung der ehemaligen Steuerberaterin könne daher zu keiner Wiederaufnahme gemäß § 303 Abs. 1 führen.

Im Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht vom gemäß § 264 Abs. 1 BAO erklärte die Beschwerdeführerin, dass ihr die zuletzt geschilderte Beschwerdevorentscheidung am zugestellt worden sei und verzichtete auf eine weitere Begründung.

Beigelegt waren in Papier erstellte Abgabenerklärungen zur Einkommensteuererklärung 2016, in welcher die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit € 31.383,07 angegeben waren. Der Einnahmenüberschuss aus der Vermietung der Immobilie ***1***, ***2***, wurde mit € 4.350,16 angegeben, jener für die ***4***, ***3***, mit € 1.358,89, bei der ***6***, ***5***, mit € 12.965,77. Für die ***5***, wurde ein Werbungskostenüberschuss von € -12.852,57 verzeichnet, bei der ***7***, ***3***, € -42.687,32. Weiter beigelegt waren auch entsprechende abgeänderte Abgabenerklärungen für das Jahr 2015, die ursprünglichen Anträge auf Wiederaufnahme der Verfahren für die Einkommensteuer 2015 und 2016 sowie die verfahrensgegenständliche Beschwerdeschrift.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Das Verfahren für die Einkommensteuer 2016 der Beschwerdeführerin wurde mit dem Einkommensteuerbescheid 2016 datiert vom abgeschlossen und ist, da gegen diesen Bescheid kein Rechtsmittel ergriffen wurde, nach Ablauf der einmonatigen Rechtsmittelfrist gemäß § 245 Abs. 1 BAO in Rechtskraft erwachsen.

Mit dem "Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO" vom versuchte die Beschwerdeführerin die Rechtskraft des genannten Bescheides zu durchbrechen und nannte dafür folgende Gründe:

1. Die Beschwerdeführerin habe die steuerliche Vertreterin gewechselt. Die vorhergehende steuerliche Vertreterin habe im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bei der Liegenschaft ***1***, ***2***, (irrtümlich) 1,5 % als Absetzung für Abnutzung geltend gemacht, obwohl dieses Objekt zur gewerblichen Nutzung vermietet werde und daher 2,5 % Absetzung für Abnutzung als Werbungskosten geltend gemacht werden könnten.

2. Die vorhergehende steuerliche Vertreterin habe Instandsetzungsaufwendungen aktiviert und ebenfalls 1,5 % an Absetzung für Abnutzung dafür geltend gemacht, obwohl eine Zehntelung gemäß § 28 Abs. 2 EStG 1988 richtig gewesen wäre.

In der Beschwerde vom gegen den den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens für die Einkommensteuer 2016 abweisenden Bescheid des Finanzamtes datiert vom wiederholte die Beschwerdeführerin das oben genannte Vorbringen und änderte es insofern ab, als die Aufwendungen für die Instandsetzungsarbeiten nicht gezehntelt, sondern auf 15 Jahre abgeschrieben werden sollten.

Darüber hinaus nannte die Beschwerdeführerin zwei weitere Gründe, aufgrund derer der rechtskräftige Einkommensteuerbescheid 2016 abgeändert werden sollte:

3. Es sollten die Kosten der Vetragserrichtung aufgrund der Schenkung des Objektes ***1***, ***2***, unter Zurückbehaltung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes sowie eines Fruchtgenussrechtes als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend gemacht werden.

4. Gleiches gelte für einen Schaden, der aus dem Diebstahl von Inventar durch einen Mieter entstanden sei (€ 27.316,50).

2. Beweiswürdigung

Der festgehaltene Sachverhalt ergibt sich aus dem übereinstimmenden beziehungsweise wechselseitig nicht widersprochenen Vorbringen, den vorgelegten Dokumenten und dem Einblick in die Datenbanken der Finanzverwaltung, soweit sie dem Bundesfinanzgericht zugänglich sind.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

§ 303 BAO in der am geltenden Fassung BGBl. I Nr. 14/2013 lautet:

"(1) Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn

a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder

b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder

c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,

und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

(2) Der Wiederaufnahmsantrag hat zu enthalten:

a) die Bezeichnung des Verfahrens, dessen Wiederaufnahme beantragt wird;

b) die Bezeichnung der Umstände (Abs. 1), auf die der Antrag gestützt wird.

(3) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, durch Verordnung die für die Ermessensübung bedeutsamem Umstände zu bestimmen."

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens und die verfahrensgegenständliche Beschwerdeschrift, lassen erkennen, dass sich die Beschwerdeführerin bei ihrem Begehren die Rechtskraft des Einkommensteuerbescheides 2016 zu durchbrechen, auf § 303 Abs. 1 lit. b BAO stützen will und hat als Tatsachen oder Beweismittel, deren Kenntnis oder in Verbindung mit dem Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anderslautenden Bescheid für ihre Einkommensteuer 2016 herbeigeführt hatte, zwei Grunde genannt.

Erstens seien von der vorhergehenden steuerlichen Vertreterin die Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Immobilie ***1***, ***2*** 170, falsch mit 1,5 % anstelle von 2,5 %, wie bei der Vermietung zu gewerblichen Zwecken richtig, angesetzt worden.

Zweitens habe die vorhergehende steuerliche Vertreterin angefallene Instandsetzungsaufwendungen aktiviert und daher im Rahmen der Absetzung für Abnutzung mit 1,5 % als Werbungskosten geltend gemacht, anstelle diese Aufwendungen zu zehnteln (Antrag auf Wiederaufnahme) beziehungsweise zu fünfzehnteln (Beschwerdeschrift).

Der Gegenstand, die Sache, eines Verfahrens betreffend eines Antrages auf Wiederaufnahme eines Verfahrens gemäß § 303 BAO wird entsprechend § 303 Abs. 2 bestimmt.

Dies sind einerseits nach lit. a leg. cit. die Bezeichnung des Verfahrens, dessen Wiederaufnahme beantragt wird, hier also die Einkommensteuer 2016 und andererseits nach lit. b leg. cit. die Bezeichnung der Umstände, auf welche der Antrag gestützt wird, die Wiederaufnahmsgründe.

Dies sind, wie oben dargestellt, bei der Beschwerdeführerin das Erhöhen der Quote für die Absetzung für Abnutzung bei der oben zuletzt genannten Immobilie von 1,5 % auf 2,5% und das Geltendmachen von Instandsetzungsaufwendungen in Zehnteln beziehungsweise Fünfzehnteln anstelle von 1,5 % pro Jahr.

Damit ist der Gegenstand des Verfahrens festgelegt. Dieser kann im laufenden (Rechtsmittel-) Verfahren weder von der Abgabenbehörde noch von der Beschwerdeführerin durch Nachschieben von weiteren Wiederaufnahmsgründen ausgedehnt werden (herrschende Lehre und Judikatur, siehe etwa Brennsteiner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I BAO3, § 303 Rz 4 und die dort zitierten Fundstellen: zu § 299 BAO auf der Grundlage des dort zitieren Erkenntnisses , ).

Dieses Verfahren ist somit auf das Überprüfen der Frage beschränkt, ob die von der Beschwerdeführerin im Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens für die Einkommensteuer 2016 vom genannten Umstände eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO rechtfertigen würden. Die später von der Beschwerdeführerin in der Beschwerdeschrift genannten Umstände (Aufwendungen für Notariatskosten aufgrund der Schenkung der materiellen Basis der Einkunftsquelle unter Vorbehaltes des Fruchtgenusses und eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes, Diebstahl von Inventar des Vermietungsobjektes durch Mieter) müssen daher außer Betracht bleiben.

Ad II 1.1.: Der erste von der Beschwerdeführerin festgelegte Wiederaufnahmsgrund ist mit ihren Worten:

"Das Objekt ***2*** wird zur betrieblichen Nutzung vermietet, somit ist die Höhe der Abschreibung mit 2,5%, nicht wie von der vorhergehenden steuerlichen Vertretung mit 1,5%, anzusetzen." Weiter führte die Beschwerdeführerin dazu wörtlich aus: "Erst durch die Aufarbeitung von uns - als neuer steuerlicher Vertreter - ist unserer Klientin die Tatsache bewusst geworden, dass … der Prozentsatz der Abschreibung nicht in voller Höhe (betrieblich vermietet) angesetzt wurde."

§ 303 Abs. 1 lit. b BAO setzt nun voraus, dass Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Nach herrschender Lehre und Judikatur siehe (Brennsteiner aaO. Rz 12 und die dort zitierten Fundstellen) sind als Tatsache ausschließliche Umstände anzusehen, welche mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängen. Eine geänderte rechtliche Beurteilung ist keine neu hervorgekommene Tatsache.

Die Beschwerdeführerin hat im Jahr 2016 unter anderen das Objekt ***3***, ***2***, vermietet. Dieses Gebäude diente den Mietern seit Jahren zu gewerblichen Zwecken und war dies der Beschwerdeführerin von je her bekannt.

Nach § 8 Abs. 1 EStG 1988 beträgt bei für Wohnzwecke überlassenen Gebäuden die Absetzung für Abnutzung von den Anschaffungs- und Herstellungskosten bis zu 1,5 %. Bei allen anderen Gebäuden bis zu 2,5 %. Dient aber das Gebäude der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung normiert § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d EStG 1988, dass die Absetzung für Abnutzung ohne Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer auf 1,5 % beschränkt bleibt.

Wie die Beschwerdeführerin argumentiert, hat ihre ehemalige steuerliche Vertreterin irrtümlich den falschen Prozentsatz (nämlich 1,5 % anstelle von 2,5 %) als Absetzung für Abnutzung im Jahr 2016 für dieses für Gewerbezwecke vermiete Gebäude geltend gemacht.

Welchen Prozentsatz man für die Absetzung für Abnutzung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach § 28 EStG geltend macht, ist jedoch keine Tatsache oder Beweismittel, sondern eine nach Ablauf des Besteuerungszeitraumes in der Abgabenerklärung getroffene rechtliche Entscheidung basierend auf § 8 EStG 1988 beziehungsweise § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d EStG 1988. Auf die Art der Nutzung beim Mieter kommt es nicht an.

Wie schon oben dargestellt, sind aber geänderte rechtliche Wertungen keine neuen Tatsachen im Sinne des § 303 Abs. 1 lit. b EStG 1988 und kommt daher die geänderte Höhe der geltend gemachten Absetzung für einen erfolgreichen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nicht in Betracht.

Noch dazu setzt § 303 Abs. 1 lit. b EStG 1988 voraus, dass die für die Wiederaufnahme des Verfahrens relevanten Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren bereits existiert haben, der antragstellenden Partei jedoch nicht bekannt waren (nova reperta, herrschende Lehre und Judikatur, siehe Brennsteiner aaO.).

Der Beschwerdeführerin war allerdings von Anfang an bekannt, an wen und für welche Zwecke sie das Objekt ***3***, ***2***, vermietet hat. Erst mit den jeweiligen Steuererklärungen, hat sie jedoch die rechtliche Entscheidung über die Höhe der geltend gemachten Absetzung für Abnutzung getroffen. Dass die Beschwerdeführerin Jahre nach Rechtskraft des Einkommensteuerbescheides 2016 ihre steuerliche Vertreterin gewechselt hat, welche eine andere Ansicht vertritt als ihre Vorgängerin, ist jedenfalls ein Umstand, der erst nach der Rechtskraft des Einkommensteuerbescheides 2016 eingetreten ist (nova producta) und daher keinesfalls Grund für einen erfolgreichen Antrag nach § 303 Abs. 1 lit. b BAO.

Ad II 1.2.:

Gleichartige Überlegungen gelten für den zweiten von der Beschwerdeführerin als Grund für den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens angeführten Umstände: "Die Kosten der Instandsetzungen wurden von der Steuerberaterin aktiviert (somit mit 1,5 % abgeschrieben) und nicht gemäß § 28 Abs. 2 EStG gezehntelt."

Die Beschwerdeführerin wusste zu jedem Zeitpunkt, für welchen Zweck sie im Jahr 2016 an der oben beschriebenen Immobilie Reparaturen vornehmen hat lassen und ob diese den Nutzungswert oder die Nutzungsdauer wesentlich erhöht haben.

Die rechtliche Entscheidung, ob die Beschwerdeführer für solche Aufwendungen, wenn diese die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 EStG 1988 erfüllen, einen entsprechenden Antrag stellt, diese auf 15 Jahre abzusetzen, obliegt ihr selbst und ist ihr insofern das Handeln ihrer (damaligen) steuerlichen Vertreterin zuzurechnen. Nachträgliche Änderungen vorher getroffener rechtlicher Entscheidungen, sind jedoch keine neuen Tatsachen, welche im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, sondern hier später von der neuen steuerlichen Vertreterin geänderte Rechtsansichten, die erst nach der Rechtskraft des Einkommensteuerbescheides 2016 der Beschwerdeführerin entstanden sind.

Damit sind beide von der Beschwerdeführerin als Wiederaufnahmsgründe vorgebrachten Umstände geänderte rechtliche Würdigungen, welche jeweils ein Wahlrecht der Beschwerdeführerin betreffen, dass sie rechtskonform vor dem Erlassen des Einkommensteuerbescheides 2016 am ausgeübt hat.

Ein späteres Abändern der im rechtskräftig abgeschlossen Verfahren für die Einkommensteuer 2016 getroffenen rechtlichen Wahl ist jedoch kein neues Hervorkommen von Tatsachen oder Beweismitteln im abgeschlossenen Verfahren, weswegen die Beschwerde gegen Bescheid datiert vom betreffend Abweisung des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens für die Einkommensteuer 2016 abzuweisen war.

Da von der Beschwerdeführerin ausschließlich in der Beschwerde das Abhalten einer mündlichen Verhandlung vor dem gesamten Beschwerdesenat (§ 272 Abs. 1 lit. a und § 274 Abs. 1 lit. a BAO) nur für den Fall beantragt wurde, dass das Finanzamt keine Beschwerdevorentscheidung erlassen werde, eine solche aber am vom Finanzamt erstellt wurde, konnte vom Abhalten einer mündlichen Verhandlung beim Beschwerdesenat abgesehen und vom Einzelrichter entschieden werden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich dieses Erkenntnis ausschließlich mit Rechtsfragen beschäftigt, welche von der oben zitierten herrschenden Lehre und Judikatur übereinstimmend beantwortet werden, geht die Wirkung dieses Erkenntnisse nicht über die Entscheidung in dieser Sache hinaus.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 28 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101573.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at